§8 Nr. 1 GewStG - Freibetrag bei Hinzurechnungen

Dr Franke Ghostwriter
§8 Nr.1 GewStG - Freibetrag bei Hinzurechnungen

Hallo allerseits,

ich möchte auf folgende Problematik hinweisen und eine kleine Diskussion anzetteln.
Von der Summe aller nach § 8 Nr.1 GewStG zu erfassenden Beträge ist nach dem letzten Halbsatz dieser Rechtsnorm ein Freibetrag von 100.000€ abzuziehen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang das Zusammenwirken der Hinzurechnung lediglich eines Viertels der Aufwendungen iSd. § 8 Nr.1 GewStG und des Freibetrags von 100.000€. Hieraus ergibt sich, dass die Finanzierungsanteile in der Summe mehr als 400.000€ betragen müssen, damit es überhaupt zu einer Hinzurechnung kommen kann.

In der Musterlösung zu der nachfolgenden Übungsaufgabe Nr. 33 (Aufgabe S.176; ML S.531) wird wie folgt gerechnet:
Summe § 8 Nr.1 lit. a) bis f): 2.934.702
ein Viertel der Summe: 733.676
Von diesem Betrag ist der sich aus § 8 Nr.1 GewStG ergebende Freibetrag von 100.000€ abzuziehen: -100.000
Hinzurechnung nach § 8 Nr.1 GewStG demnach: 633.676

Meines Erachtens stimmt dieses Vorgehen aber nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes überein.
Gesetzestext § 8 Nr. 1 GewStG: schrieb:
Ein Viertel der Summe aus
a) - f)
soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt.

Der Freibetrag bezieht sich dem Wortlaut zufolge auf die zu ermittelnde Summe und nicht auf das zu errechnende Viertel. Demnach müsste obige Rechnung wie folgt lauten:
Summe § 8 Nr.1 lit. a) bis f): 2.934.702
ermittelte Summe, soweit sie 100.000 übersteigt: 2.834.702
davon ein Viertel: 708.675,5
Hinzurechnung nach § 8 Nr.1 GewStG demnach: 708.675

Die Differenz der beiden Rechnungen beträgt satte: 708.675 - 633.676 = 74.999 €. Außerdem hat mein Ansatz zur Folge, dass es eben nicht erst bei mehr als 400.000 € Finanzierungsanteile zu einer Hinzurechnung kommt, sondern schon ab 100.000 €. Darüber hinaus beträgt der auf den Gewerbeertrag bezogene Freibetrag lediglich 25.000 € (1/4 der 100.000).
Wollte man das Ergebnis erreichen, wie es von Schneeloch berechnet wurde, müsste man § 8 Nr.1 GewStG z.B. folgendermaßen formulieren: "Ein Viertel der Summe aus a) bis f), soweit das Produkt den Betrag von 100.000 übersteigt."

Nach kurzer Internetrecherche finde ich meine These untermauert in: Quelle
Entwurf: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl. I S.1912 schrieb:
Rn 44:
Die Bemessungsgrundlage für den Freibetrag nach § 8 Nr.1 GewStG ist die Summe der sich aus § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG ergebenden Finanzierungsanteile. Diese Summe, vermindert um den Freibetrag von 100.000 €, ist Ausgangsgröße für die Anwendung des Faktors von 25%.

Wie seht ihr das?
 
ceepeebee,

Du hast Recht. Sowohl der Text auf Seite 171 als auch die ML im Schneeloch-Buch ist falsch. In Deinem Zitat aus dem Schneeloch-Buch müsste man ..Summe mehr als 400.000... € durch ...100.000 €... ersetzen.
Der von Dir genannte Entwurf des Anwendungserlasses ist inzwischen unverändert veröffentlicht worden. Ich finde es allerdings schon schwach, wenn man zu einem eigentlich banalen Thema wie einem Freibetrag noch einen Anwendungserlass benötigt. Dies spricht dafür, dass die Gesetzesformulierung eben doch missverständlich ausgelegt werden kann. Es könnte sein, dass die Norm im Gesetzgebungsprozess nochmals geändert wurde und Schneeloch sein Buch nicht mehr angepasst hat. Anbei noch eine schöne Darstellung zu diesem Thema als Anlage.
Faktisch kommt also nur 25 % des Freibetrags im Ergebnis zum Tragen.
Ich denke, Du solltest eine Mail an den LS senden.

Gruß
Karl
 

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weiß jemand, ob der Lehrstuhl das mittlerweile auch weiß?
Ich habe im aktuellen Skript für dieses Semester auch noch die falsche Musterlösung stehen. Das sind immerhin jetzt schon 3 Jahre nach dem Anwendungserlass und diesem Thread hier. Auch bei den Korrekturen auf der Lehrstuhlseite finde ich nichts.
 
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