Beurteilungskriterien BA - Feedback vom Betreuer

Dr Franke Ghostwriter
Mein Betreuer (von einem VWL-Lehrstuhl) hat sich erfreulich viel Zeit genommen, mir nach dem Gutachten zu erläutern, wo die Schwachpunkte in meiner Bachelorarbeit (BA) waren, damit ich es bei der nächsten Arbeit besser machen kann. Einiges war für mich überraschend und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es darauf (auch) ankommt.

Ausgangslage: meine BA wurde mit 2.3 benotet und mein Betreuer wies auf die Punkte hin, die nötig sind, wenn man eine 1.0 anstrebt. Mein Hauptfehler war, dass ich bei einer grösseren mathematischen Herleitung an zwei Stellen Rechenfehler (oder jedenfalls nicht nachvollziehbare Rechenschritte) hatte, die hat er mir erläutert. Da der Textteil meiner Arbeit sehr gut war, gab das insgesamt die recht gute Note, mit der ich auch zufrieden bin.

Hier die für mich überraschenden Punkte, die ich hätte besser machen können:

Herleitungen

Besser JEDEN Rechenschritt in der BA aufführen und/oder erläutern, das erleichtert die Nachkorrektur und stellt die Nachvollziehbarkeit sicher. Auch wenn das Platz kostet. (Meine Herleitung war schon 7 Seiten lang, ich hatte einfachere Zwischenschritte nicht wiedergegeben).

Auf bei einfachen Formeln die Herleitung zeigen, um zu beweisen, dass man sie nicht nur abgeschrieben sondern verstanden hat. Ich hatte im Modell eine stetige Verzinsung und dazu die Formel
[TEX] V= X \cdot e^{(z-\pi) \cdot m} \ \ \ mit (z - \pi) ... Realverzinsung, \ m ...Laufzeit[/TEX]
Ich bin nicht auf die Idee gekommen diese Formel herzuleiten, aber das wird honoriert.


Quellenangaben / Zitate

Auch relativ gängige Fachbegriffe mit Quellenangaben belegen. Ich hatte in der Einleitung, als Abgrenzung, worüber ich nicht schreibe, den Begriff:
"Fiskaltheorie des Preisniveaus („fiscal theory oft he price level")". Zu diesem hätte ich eine Quellenangaben machen sollen.

Auch in der Einleitung hatte ich:
Inflationary finance "is the form of taxation which the public finds hardest to evade and even the weakest Government can enforce, when it can enforce nothing else" (Keynes (1924), S. 46).
Hier fehlt - innerhalb des Zitats - entweder ein abschliessender Punkt (nothing else.") oder die Klarstellung, dass der Satz im Original weitergeht (nothing else [...]")

Nicht zitierbare (unwissenschaftliche) Quellen in jedem Fall vermeiden. Ich hatte, als kleine Randbemerkung in einer Fussnote, die mit dem eigentlich Thema nur wenig zu tun hat, einen Verweis auf eine Radiosendung, mit vollständiger Quellenangabe. Radiosendung sind aber nicht zitierbar.

Für ein "sehr gut" sind insgesamt 30-35 Quellen nötig, davon 7-8 von sehr guter Qualität. Ich hatte insgesamt 23, davon etwa zwei von sehr guter Qualität, neben dem Basistext. Die daraus entnommenen Abschnitte hätte ich mit weiteren guten Quellen als Alternativmeinungen diskutieren sollen (unterstützen oder Gegenargumente).

Formales

Kurz: man kann nicht pingelig genug sein !

Ein paar von meinen formalen Fehlern:
einmal p.a., ein anderes mal p. a.
einmal Abbildung 1 ... sonst immer Abbildung 2: ..., Abbildung 3: ...
ein Leerzeichen zu viel vor einem Fussnotenverweis [TEX]^5[/TEX] (statt Fussnotenverweis[TEX]^5[/TEX])

im Literaturverzeichnis:
bei einer Quelle NBER (abgekürzt), bei einer anderen Quelle National Bureau of Economic Research (ausgeschrieben).
Einmal "Journal of risk and uncertainty" anstatt korrekt "Journal of Risk and Uncertainty"

Bei englischen Literaturquellen sollen auch die Abkürzungen englisch sein (No. statt Nr., Vol. statt Bd., etc.).

Da ich für die Literaturverwaltung Citavi verwendet habe (was ich übrigens sehr empfehle, es gibt eine kostenlose Lizenz bei der FuHagen), sind diese Fehler darüber hereingerutscht. Man sollte im fertigen Text noch einmal drübergehen. Ich dachte allerdings, dass es ausreicht, wenn die Quellenangaben nach einem einheitlichen Schema sind und sie nur ausreichen müssen, die verwendete Literatur leicht und eindeutige finden zu können.


Nochmals: Wegen solcher Fehler fällt man nicht durch, aber ein paar Zehntel kann es schon kosten; für eine 1.0 sollte man das alles korrekt haben. Das ist natürlich die Meinungen von einem Lehrstuhl, bei einem anderen kann das natürlich auch anders gesehen werden.


Generelle Erfahrungen

Kontakt zum Betreuer halten, ich habe 5 lange Telefonate mit ihm gehabt und er war wirklich sehr engagiert und hilfreich. Anfangs sagte er, ich kann ihn alles fragen, das hat keinen Einfluss auf die Beurteilung. Es zählt nur, was in der Arbeit geschrieben ist. Natürlich sagte er auf manche Frage "Dazu kann er nichts sagen, das ist mein Job, das herauszufinden".

Citavi verwenden !

Ich konnte alle Zeitschriftenaufsätze im Internet finden und herunterladen (bei einer Bibliothek oder direkt mit google); ich musste keinen Artikel beim Verlag kaufen.

Fürs Übersetzen sehr hilfreich ist Linguee (https://www.linguee.de/deutsch-englisch?query=loss aversion&source=english), neben Leo (https://dict.leo.org/)

Mit einer Studienkollegin (einem Studienkollegen) vereinbaren, dass man die BA gegenseitig korrekturliest. Das hat mir (und ihr) SEHR geholfen. Die Abgabetermine sollten ein paar Wochen auseinander liegen, damit nicht beide gleichzeitig im Abgabestress sind.

Text mit dem Duden-Korrektor Programm prüfen lassen ist VIEL besser als die Rechtschreibkorrektur in Word. Es kostet ein paar Euro.

Der Text sollte mindestens eine Woche vor Abgabetermin fertig sein. Das Finish braucht mehr Zeit als man glaubt.



Viel Erfolg bei euren Arbeiten !
 
Vielen Dank,
dass Du Dein BA-Feedback hier in dieser Ausführlichkeit zur Verfügung stellst!

Was mich aktuell (beim Schreiben meiner VWL-Seminararbeit) interessieren würde, ist, wie man gute von sehr guten Quellen unterscheidet und wie man da ran kommt...
Recherchetechnisch scheine ich mir ein schwieriges Thema ausgesucht zu haben, das meist technisch und nicht wirtschaftlich betrachtet wird :confused
 
Wie man die Qualität von Quellen einschätzt ist mir auch nicht wirklich klar, vor allem, wenn man sich in ein Thema erst einliest. 😕

Ich bin da mit etwas Bauchgefühl bei der Beurteilung des Inhalts herangegangen (Neu, überzeugende Darstellung, neuer Aspekt, ...) und über die "Prominenz" des Autors. Wenn bei einem Thema oft ein bestimmter Author als Quelle genannt ist (nicht nur im Literaturverzeichnis, sondern auch im Text) ist er wohl eine Kapazität auf dem Gebiet. Wenn es dann von ihm/ihr neue Veröffentlichungen gibt, sind die sicher lesenswert. Plus die dort genannten natürlich.

Wenn es auf eine relativ neue Publikation schon viele Reaktionen (in weiteren Publikationen) gibt, ist das sicher auch nicht schlecht.

Ein gutes / bekanntes/ etc. Buch von einem Autor zum Thema ist wohl auch ein Indiz.

Wahrscheinlich ist auch die Zeitschrift, in der publiziert wurde, ein recht guter Indikator, aber dazu muss man diese erst einschätzen können ...

Letztlich habe ich aber ein zustimmendes Gegrummelt vom Betreuer als Hauptmassstab gehabt, als ich mit ihm (beim Exzerpt) meine Quellen besprochen habe. Deshalb ist telefonieren besser als e-mail 🙄



Vielleicht kann jemand dazu noch Konkreteres sagen, würde mich auch interessieren.
 
ich bin bei der seminararbeit so vorgegangen, dass ich das literaturverzeichnis der einstiegsliteratur u.a. als ausgangsbasis benutzt habe. dann weiß man schon mal, dass die quellen von hoher qualität sind. außerdem kann man die qualität ganz gut abschätzen, indem man guckt wo bspw. ein artikel erschienen ist und was der autor für einen "status" in der wissenschaft hat. einfach mal den autor googlen und schaun ob's bspw. bei wiki etwas über ihn gibt.
ich suche fast ausschließlich über google scholar. da bekommt man auch so ziemlich jeden artikel gratis wenn man gründlich sucht😉 viele grüße
thomas
 
Anmerkungen zum Literaturverzeichnis: Ich glaube auch, dass sich Fehler oft über die automatische Zitation von Internetseiten (bieten ja viele mittlerweile einen Import zu Citavi an) und Literaturverzeichnisse einschleichen. Vertrau nichts, was du nicht selbst gebaut hast, ich habe mich mit einer Excel rumgeschlagen, in die ich Komma für Komma, Klammer für Klammer eingesetzt habe. Wenn man sich diese schicke Aufgabe über mehrere Tage verteilt, und immer mal zwischendurch zwei drei Titel so zurechtmacht, ist es gar nicht so ein Horror.
 
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