Diskussion und Fälle zur Stellvertretung

Dr Franke Ghostwriter
Fall 1: Der Verkaufskommissionär V verkauft für Rechnung seines Kommittenten K eine Maschine M an den Stammkunden Seite Dabei war S klar, daß V M für Rechnung von K verkauft. Als nach vier Wochen M noch immer nicht bezahlt ist, ruft V bei S an und verlangt Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 270.340 €. S denkt jedoch gar nicht daran, soviel Geld zu bezahlen, sondern fordert V vielmehr dazu auf, seine Bevollmächtigung für den Verkauf nachzuweisen. Wie ist die RL ? :eek
 
Fall 2

Fall 2: Alkoholiker A schickt seine Tochter T auf dem Rückweg von der Grundschule zum Bierholen zum Getränkehändler G. T kauft zwei Flaschen Pils und läßt anschreiben. Am Abend schaut A besoffen selbst noch bei G vorbei und verweigert die Zahlung der angeschriebenen zwei Flaschen Bier mit dem Hinweis, T sei minderjährig und dürfe daher gar kein Bier kaufen.

Wie ist die RL ?

Abwandlung: Wie ist die RL, wenn T auf dem Rückweg vom Kindergarten Bier kauft ?
 
Fall 3

Fall 3: Autohändler A vereinbart mit seinem Stammtischbruder S1, daß dieser für ihn einen alten Golf kaufen soll. Dabei soll der Verkäufer V allerdings um keinen Preis erfahren, daß A hinter dem Kauf steckt. A will später Gewährleistungsrechte geltend machen, da der Unterboden U völlig durchgerostet war. V, der Hobbyjurist ist, verweigert das jedoch mit dem Hinweis daß, wie er mittlerweile von Stammtischbruder S2 doch erfahren hat, der Kaufvertrag nach § 117 nicht wirksam zustande gekommen ist und verlangt statt dessen die Herausgabe des durchgerosteten G. Zu Recht ?
 
studjur schrieb:
Fall: Alkoholiker A schickt seine Tochter T auf dem Rückweg von der Grundschule zum Bierholen zum Getränkehändler G. T kauft zwei Flaschen Pils und läßt anschreiben. Am Abend schaut A besoffen selbst noch bei G vorbei und verweigert die Zahlung der angeschriebenen zwei Flaschen Bier mit dem Hinweis, T sei minderjährig und dürfe daher gar kein Bier kaufen.

Wie ist die RL ?
-----BGB § 165 -----
 
zu Fall 2:
§ 165? Okay, gehen wir davon aus, die T ist älter als 7 Jahre.
Definitiv anders sieht das aber beim Rückweg vom Kindergarten (Abwandlung) aus. Denn hier wäre T max. 6 Jahre alt und deshalb nicht beschränkt geschäftsfähig sondern geschäftunfähig, so dass ihre WE nichtig wäre.

Steffi
 
Fall 4

Fall 4: Autohändler A ist (privat) pleite und bringt sein Auto R (Rostlaube, ehemals G), das er dem V nicht zurück gegeben hat, zu seiner Bank B. A und B vereinbaren und vollziehen die Sicherungsübereignung der R gegen €. Da auch die B kurz vor der I steht, verscheppert sie die R kurzerhand (in eigenem Namen und auf eigene Rechnung) an Schrotthändler Seite A erfährt kurz darauf davon, erklärt dem S, daß B nicht zum Verkauf der R bevollmächtigt war und er "nach Paragraff 177 BGB meine Genehmigung" verweigere. "Ich fordere Sie zur unverzüglichen Herausgabe meines S auf !" Zu Recht ?
 
studjur schrieb:
Fall 4: Autohändler A ist (privat) pleite und bringt sein Auto R (Rostlaube, ehemals G), das er dem V nicht zurück gegeben hat, zu seiner Bank B. A und B vereinbaren und vollziehen die Sicherungsübereignung der R gegen €. Da auch die B kurz vor der I steht, verscheppert sie die R kurzerhand (in eigenem Namen und auf eigene Rechnung) an Schrotthändler Seite A erfährt kurz darauf davon, erklärt dem S, daß B nicht zum Verkauf der R bevollmächtigt war und er "nach Paragraff 177 BGB meine Genehmigung" verweigere. "Ich fordere Sie zur unverzüglichen Herausgabe meines S auf !" Zu Recht ?

Vielleicht solltest Du das Auto einfach als Auto bezeichnen (nicht als R bzw. S). Dann wird alles klarer.
 
Fall 5:

Fall 5: Jetzt ist auch die Bank B tatsächlich insolvent, daran konnte auch der Notverkauf des S nichts mehr ändern. Zur Befriedigung der Gläubigerschar will B ihr Bürogebäude veräußern und schickt dazu ihren Hausmeister H zum Notar. H gibt in gleichzeitiger Anwesenheit des Käufers K für B die Auflassungserklärung ab. Einen Monat später erhebt B auf Anraten ihres Rechtsanwalts R plötzlich Anspruch auf Herausgabe "ihres" Bürogebäudes mit dem Hinweis, daß die Auflassung nach § 925 nicht wirksam erfolgt ist. Konnte der Hausmeister wirksam sie Auflassung erklären ?
 
Fall 6

Fall 6: Adam kauft für Eva eine Birne, macht gegenüber der Obsthändlerin aber nicht genügend deutlich, daß er die Birne nicht für sich selbst sondern stellvertretend für seine Eva kaufen will. Kurz darauf verschmäht Eva jedoch die Birne, weil sie ihr noch zu hart ist. Adam geht zur Obsthändlerin und sagt: "Ich fechte den Birnenkauf an." - darf Adam das ?

P.S.: OK, der Fall ist etwas billig ...
 
Fall 7

Fall 7: Eva ist wegen der schlechten Birne sauer und entschließt sich zu einem Schäferstündchen mit Saul. Saul kommt jedoch ein kurzfristiger Termin dazwischen, weshalb er Kain zu Eva schickt. Kain erklärt Eva, er handle stellvertretend für Saul, womit dieser auch einverstanden ist, und zeugt die kleine Maria. Kann Eva von Saul Unterhalt für Maria fordern ?
 
Fall 8

Fall 8: Die millionenschwere F ist in der Spedition ihres Mannes M als LKW-Fahrerin angestellt. F fährt mit ihrem 40-Tonner an die Tankstelle des T, tankt voll und bezahlt nicht. Dabei legt sie weder offen noch ergibt es sich aus dem Umständen, daß sie das Tankgeschäft stellvertretend für M tätigt, insgeheim ist F aber klar, daß sie auf Rechnung ihres M tankt. Kurz darauf verreckt der Motor des LKW, da das Benzin mangelhaft war.

Alt. 1: Kann T von F die Bezahlung der Rechnung für die Tankfüllung verlangen, nachdem die Spedition pleite ist ?

Alt. 2: M bezahlt die Tankrechnung. Kann M von T Schadensersatz für die Motorreparatur verlangen ?
 
Ich möchte ja nicht meckern, aber wenn wir alle Fälle hier einfach so untereinander setzen, motiviert das nicht wirklich zur Diskussion. Oder wolltest du nur die Fälle weitergeben?
Wenn du willst, dass die anderen mit darüber diskutieren, solltest du schon irgendwie dazu auffordern... denke ich... 🙄

Gruß
Steffi
 
SteffiM schrieb:
Ich möchte ja nicht meckern, aber wenn wir alle Fälle hier einfach so untereinander setzen, motiviert das nicht wirklich zur Diskussion. Oder wolltest du nur die Fälle weitergeben?
Wenn du willst, dass die anderen mit darüber diskutieren, solltest du schon irgendwie dazu auffordern... denke ich... 🙄

Gruß
Steffi
Hiermit lade ich alle und jeden dazu ein, eigenen Senf zu den Fällen abzugeben, Lösungsvorschläge zu machen, zu diskutieren und auch zu meckern, außerdem auch dazu, eigene Fälle zur Stellvertretung zu konstruieren 😎 .

Am besten, Ihr zitiert jeweils den Fall zunächst (Button "zitieren"), damit andere nachvollziehen können, auf welchen der Fälle sich die Antwort bezieht.

Gut so ?
 
Lösungsvorschlag zu Fall 2

Fall 2: Alkoholiker A schickt seine Tochter T auf dem Rückweg von der Grundschule zum Bierholen zum Getränkehändler G. T kauft zwei Flaschen Pils und läßt anschreiben. Am Abend schaut A besoffen selbst noch bei G vorbei und verweigert die Zahlung der angeschriebenen zwei Flaschen Bier mit dem Hinweis, T sei minderjährig und dürfe daher gar kein Bier kaufen.

Wie ist die RL ?

SteffiM schrieb:
zu Fall 2:
§ 165? Okay, gehen wir davon aus, die T ist älter als 7 Jahre.
Definitiv anders sieht das aber beim Rückweg vom Kindergarten (Abwandlung) aus. Denn hier wäre T max. 6 Jahre alt und deshalb nicht beschränkt geschäftsfähig sondern geschäftunfähig, so dass ihre WE nichtig wäre.

Steffi
T könnte jedoch auch gar keine eigene WE abgegeben haben, sondern nur als Botin die WE von A übermittelt haben. "Doch ist das Kindlein noch so klein, Botin kann es immer sein". Dann wäre die WE des A, die T dem G übermittelte, wirksam geworden und der Vertrag damit geschlossen. Ob die T geschäftsfähig, beschränkt geschäftsfähig oder geschäftsunfähig war, spielt dann keine Rolle. Der Vertrag ist gültig, A muß die zwei Flaschen Bier bezahlen.
 
Fall 9

Fall 9: Es ist Hauptversammlung bei der WV-AG. In der Pause geht der Vertreter der Englischen Bank, Herr V durch die Reihen der Kleinaktionäre, drückt jedem einen Fuffziger in die Hand und leiht sich dafür massenhaft Inhaberaktien aus. Zur Abstimmung legt Herr V dann einen Packen Inhaberaktien vor und stimmt sodann in seinem Sinne über den Verkauf der WV-AG an einen ausländischen Investor, die Fukuhutschi-Motor-Inc ab, wobei er die Stimmrechte der eingesammelten Inhaberaktien "im Namen derer, die es angeht" pauschal in seinem Sinne ausübt. Liegt eine wirksame Stimmabgabe vor ?
 
Fall 10

Fall 10: Harry fürchtet sich vor seiner histrionisch veranlagten Ehefrau E und will deshalb inkognito bleiben, als er für ein Schäferstündchen (mit seiner Sekretärin S 😱 ) ein Hotelzimmer anmietet. Er schreibt sich unter dem Namen des Millionärs M ein. Wie ist die Rechtslage ?
 
Fall 11

Fall 11: Landstreicher Harry will mal wieder eine Nacht in einem warmen Bett verbringen. Er freut sich insgeheim auch auf die prallvolle Minibar des Hotelzimmers, das er telefonisch (Harry muß sich im Hotel auch erst einmal waschen) unter dem Namen des Millionärs M anmietet. Wie ist die Rechtslage ?
 
Fall 12

Fall 12: F schleicht sich nachts heimlich ins Grundbuchamt und manipuliert einige der die S-GmbH betreffenden Grundbuchblätter dahingehend, daß F als Eigentümerin eingetragen wird. Gleich am nächsten Morgen begibt sich der unwissende M, der Geschäftsführer der S-GmbH ist, zu Notar N mit dem Auftrag und der Vollmacht seiner Frau F, einige ihrer Gundstücke zu verkaufen, die sie sich des Nachts zugeeignet hatte. Bei N erscheint auch der kaufwillige Rentner R. R und M errichten bei N die Kaufvertragsurkunde und erklären auch gleich die Auflassung, bezahlt wird bar. Nach einigen Wochen rückt Insovenzverwalter I dem R auf die Pelle und erklärt ihm, er sei nicht Eigentümer geworden, die Grundstücke gehörten, obgleich R bereits als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen sei, der insolventen S-GmbH und würden demnächst zwangsversteigert. Zu Recht ?
 
studjur schrieb:
Fall 5: Jetzt ist auch die Bank B tatsächlich insolvent, daran konnte auch der Notverkauf des S nichts mehr ändern. Zur Befriedigung der Gläubigerschar will B ihr Bürogebäude veräußern und schickt dazu ihren Hausmeister H zum Notar. H gibt in gleichzeitiger Anwesenheit des Käufers K für B die Auflassungserklärung ab. Einen Monat später erhebt B auf Anraten ihres Rechtsanwalts R plötzlich Anspruch auf Herausgabe "ihres" Bürogebäudes mit dem Hinweis, daß die Auflassung nach § 925 nicht wirksam erfolgt ist. Konnte der Hausmeister wirksam sie Auflassung erklären ?
Nein, weil B und K - Käufer und Verkäufer - nicht gleichzeitig beim Notar waren, wie § 925 es will. 😛
 
studjur schrieb:
Fall 1: Der Verkaufskommissionär V verkauft für Rechnung seines Kommittenten K eine Maschine M an den Stammkunden Seite Dabei war S klar, daß V M für Rechnung von K verkauft. Als nach vier Wochen M noch immer nicht bezahlt ist, ruft V bei S an und verlangt Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 270.340 €. S denkt jedoch gar nicht daran, soviel Geld zu bezahlen, sondern fordert V vielmehr dazu auf, seine Bevollmächtigung für den Verkauf nachzuweisen. Wie ist die RL ? 😱
Hallo, ich seh das so:
V trat als Stellvertreter von K auf, S wußte das. Trotzdem darf S nach § 177 Abs 2 eine Vollmacht verlangen, der Kauf ist solange schwebend wirksam. Relevant ist das aber nicht, denn "S war klar, daß V die Maschine für K verkauft". V hatte also Vertretungsmacht, seine Erklärung erfolgte nach § 164 mit Wirkung für K, so daß S nicht drum rumkommen wird, zu bezahlen 😱 .
 
Fall 5: Jetzt ist auch die Bank B tatsächlich insolvent, daran konnte auch der Notverkauf des S nichts mehr ändern. Zur Befriedigung der Gläubigerschar will B ihr Bürogebäude veräußern und schickt dazu ihren Hausmeister H zum Notar. H gibt in gleichzeitiger Anwesenheit des Käufers K für B die Auflassungserklärung ab. Einen Monat später erhebt B auf Anraten ihres Rechtsanwalts R plötzlich Anspruch auf Herausgabe "ihres" Bürogebäudes mit dem Hinweis, daß die Auflassung nach § 925 nicht wirksam erfolgt ist. Konnte der Hausmeister wirksam sie Auflassung erklären ?
Maria19 schrieb:
Nein, weil B und K - Käufer und Verkäufer - nicht gleichzeitig beim Notar waren, wie § 925 es will. 😛
Nach Larenz / Wolf (§ 46, RdNr. 7) kann aus einer Vorschrift, die lediglich die gleichzeitige Anwesenheit beider Teile fordert, kein Ausschluß der Stellvertretung hereleitet werden. Demnach durfte der Hausmeister die B bei der Auflassungserklärung vor dem Notar vertreten, die Voraussetzung des § 925, daß beide Teile gleichzeitig anwesend sein müssen, ist somit erfüllt, die Auflassung ist wirksam.
 
Fall 1: Der Verkaufskommissionär V verkauft für Rechnung seines Kommittenten K eine Maschine M an den Stammkunden Seite Dabei war S klar, daß V M für Rechnung von K verkauft. Als nach vier Wochen M noch immer nicht bezahlt ist, ruft V bei S an und verlangt Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 270.340 €. S denkt jedoch gar nicht daran, soviel Geld zu bezahlen, sondern fordert V vielmehr dazu auf, seine Bevollmächtigung für den Verkauf nachzuweisen. Wie ist die RL ?
Maria19 schrieb:
Hallo, ich seh das so:
V trat als Stellvertreter von K auf, S wußte das. Trotzdem darf S nach § 177 Abs 2 eine Vollmacht verlangen, der Kauf ist solange schwebend wirksam. Relevant ist das aber nicht, denn "S war klar, daß V die Maschine für K verkauft". V hatte also Vertretungsmacht, seine Erklärung erfolgte nach § 164 mit Wirkung für K, so daß S nicht drum rumkommen wird, zu bezahlen 😱 .
Eine Prüfung der wirksamen Bevollmächtigung ist nicht erforderlich, da V die WE bzgl. des Verkaufs zwar auf Rechnung, nicht jedoch im Namen des K abgab. Das ergibt sich daraus, daß V als Verkaufskommissionär auftrat. Bei Kommissionsgeschäften verpflichtet sich nach der Verkehrssitte der Kommissionär selbst, gibt also eine eigene Willenserklärung - mit Wirkung für sich selbst - ab. Er ist lediglich im Innenverhältnis zum Kommittenten dazu verpflichtet, den Verkaufserlös (je nach Vereinbarung evtl. abzgl. eigener Auslagen und Provisionen etc.) an den Kommittenten abzuführen.
 
Fall 13: Zwischen Frau F und der V-GmbH wurde in der Vergangenheit ein Mietvertrag über ein Gewerbeobjekt geschlossen, bei dem zur Kündigung eine Frist von einem Jahr, jeweils zum 31.8. vereinbart wurde. Am 5.8. kündigt die V-GmbH den Mietvertrag, das Kündigungsschreiben ist von zwei ihrer Handlungsbevollmächtigten unterzeichnet, die gemeinsam dazu ermächtigt sind, Kündigungen mit Wirkung für die V-GmbH auszusprechen. Die Kündigung wird per Einschreiben verschickt, am 12.8. kann der Postbote jedoch nur einen Benachrichtigungszettel in den Briefkasten der F werfen, da diese sich zur Zeit, es sind gerade Schulferien, in Urlaub auf Osobuko befindet. Am 13.8. holt T, die 6jährige Tochter der F, das Kündigungsschreiben für ihre Mami bei der Post ab, wobei sie den Empfang des Schreibens mit ihrer sorgfältig in Schönschrift gemalten Unterschrift auf dem Rückschein bestätigt. Als F am 6.9. aus dem Urlaub zurückkehrt, übergibt T ihr das Kündigungsschreiben, dem F gleich am 7.9. widerspricht mit der Begründung, ihr liege keine Vollmacht vor, aus der hervorgehe, daß die Unterzeichner der Kündigungserklärung zur Vornahme der Kündigung auch ermächtigt seien. F liegt tatsächlich keine Vollmacht vor. In der Vergangenheit war die V-GmbH gegenüber der F jedoch bereits mehrfach durch Handlungsbevollmächtigte vertreten worden, jedoch noch nie von den beiden Unterzeichnern der Kündigungserklärung. Ist die Kündigung wirksam ?
 
Fall 14

Fall 14: Tante E (Erna) geht zum Versicherungsvertreter V, füllt dort den Vertragsantrag auf eine Haftpflichtversicherung bei der Nonsorgia (N) aus und unterzeichnet den Antrag. Auch V unterzeichnet. Zum Beginn des Versicherungsschutzes enthält der Antrag keine Angaben. Am nächsten Tag verschuldet Tante Erna einen Hochhauseinsturz, weshalb sie vorsorglich noch am selben Tag die Versicherungsprämie überweist. Muß der Haftpflichtversicherer zahlen ?
 
Fall 15

Fall 15: V vereinbart mit den Mitgliedern einer Studenten-WG (M) per Formularmietvertragsklausel, daß sich alle Mieter gegenseitig zur Entgegennahme mietvertraglicher Erklärungen wie z.B. einer Kündigung bevollmächtigen. Alle WG-Mitglieder unterzeichnen den Mietvertrag und bilden demnach eine Gesellschaft nach den §§ 705 ff. BGB. Kann die Ermächtigungsklausel der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhalten ?
 
Fall 16

Fall 16: A stellt B folgende Urkunde aus und unterzeichnet sie eigenhändig: "Hiermit ermächtige ich, A, den B widerruflich, in eigenem Namen mit Wirkung für mich Verbindlichkeiten einzugehen."

B geht daraufhin zu C und erwirbt einen 7er BMW auf Kredit. Nachdem B die ersten drei Raten nicht begleichen will, erhält er eine Mahnung von C. Dieser widerspricht er mit dem Hinweis, daß er die Verbindlichkeit für A eingegangen sei und daß C sich deshalb an A halten solle. Dabei legt B auch die Urkunde vor. Wer muß zahlen ?
 
Fall 18:

Fall 18: Der aufgrund einer psychischen Erkrankung beschränkt geschäftsfähige Andreas (A) - er darf Angelegenheiten, die sein Vermögen betreffen, aufgrund einer vormundschaftsgerichtlichen Anordnung nicht selbst wahrnehmen - bevollmächtigt den B, für ihn ein Auto zu kaufen. B schließt mit C einen Kaufvertrag.

- Ist der Kaufvertrag wirksam ?
 
studjur schrieb:
Fall 18: Der aufgrund einer psychischen Erkrankung beschränkt geschäftsfähige Andreas (A) - er darf Angelegenheiten, die sein Vermögen betreffen, aufgrund einer vormundschaftsgerichtlich Anordnung nicht selbst wahrnehmen -

Kennt sich jemand damit aus ? Ist jemand, der rechtlich betreut wird, beschränkt geschäftsfähig oder gibt es hier andere Bezeichnungen ? Gelten die Bestimmungen zu beschränkt Geschäftsfähigen Minderjährigenanalog auch hier ?
 
Normalerweise wird vom Gericht ein Betreuer für einen bestimmten Lebensbereich bestellt - hier für alle Vermögensangelegenheiten. Das bedeutet, dass die Bevollmächtigung eines Dritten durch den Betreuten ohne Einverständnis/Hinzuziehung des Betreuers in dieser Sache nicht möglich bzw. wirksam sein kann. Die Vermögensangelegenheiten können daher nur durch den Betreuer geregelt werden.

Gruß
Steffi
 
zum Betreuuungsfall

SteffiM schrieb:
Normalerweise wird vom Gericht ein Betreuer für einen bestimmten Lebensbereich bestellt - hier für alle Vermögensangelegenheiten. Das bedeutet, dass die Bevollmächtigung eines Dritten durch den Betreuten ohne Einverständnis/Hinzuziehung des Betreuers in dieser Sache nicht möglich bzw. wirksam sein kann. Die Vermögensangelegenheiten können daher nur durch den Betreuer geregelt werden.

Gruß
Steffi
Danke für Deine Antwort, Steffi,

ich habe keinen Überblick beim Thema rechtliche Betreuung, sondern weiß nur, wo sie im BGB steht: §§ 1896 ff.

Ich Frage mich, ob der Betreute - der ja nach § 1896 I seine Geschäfte "ganz oder teilweise nicht besorgen" kann, ebenfalls als beschränkt geschäftsfähig gilt oder ob er als geschäftsunfähig bezeichnet wird.

Dagegen spricht § 1896 III vom "Betreuten" und seinem "Bevollmächtigten"

und in § 1902 steht etwas von "Vertretung des Betreuten": "In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich".

--> demnach wären auf den Betreuer als Vertreter des Betreuten auch die allgemeinen Vorschriften der Vertretung anwendbar ?

§ 1901 III, wo es um die Pflichten des Betreuers und die Wünsche des Betreuten geht, spricht von "ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen wohl nicht zuwiderläuft" (und vermutlich auch, sofern der Betreute überhaupt bei Bewußtsein ist) ...

--> Das spricht wieder dafür, daß der Betreute gänzlich geschäftsunfähig ist - hier wird doch schon vorausgesetzt, daß der Betreuer eigentlich eine eigene Entscheidung trifft und diese erst, nachdem er sich entschieden hat, mit dem Betreuten bespricht - das heißt, daß hier eine grundsätzlich umfassende Vertretungsmacht (innerhalb des Betreuungsbereichs) dennoch eingeschränkt ist in den Fällen, in denen die Entscheidung nicht dem Wohl des Betreuten entspricht ? Was ist jedoch, wenn der Betreuer in diesem Sinne seine Vertretungsmacht überschreitet ? Dann kollidiert der Vertrauensschutz des Geschäftsgegners mit dem Interesse des Betreuten - welche Vorschriften sind anzuwenden ?

Ich vermute, daß der Betreute in dem Bereich, für den die Betreuung angeordnet ist - also zum Beispiel Vermögens- oder Gesundheitssorge - als völlig geschäftsunfähig gilt ? Andererseits schiene es mir sinnvoll, daß ein Betreuter beispielsweise auch Geschäfte des täglichen Lebens - ähnlich wie beim Taschengeldparagrafen - auch selbst vornehmen darf ?

Ich finde nur keine Vorschriften dazu und würde deshalb gerne wissen, welche der normalen Vorschriften zu Vertretung, Einwilligung und Genehmigung in entsprechenden Fällen analog anwendbar sind - kennt sich damit jemand aus ?

Also für den Fall ganz am Anfang: Der Vertrag, den der vom Betreuten "Bevollmächtigte" geschlossen hat, dürfte nach den Vorschriften der Vertretung ohne Vertretungsmacht - der Betreute konnte ohne den Btreuer keine Vollmacht erteilen, deshalb ist der "Vertreter" von vornherein Vertreter ohne Vertretungsmacht ? - zunächst schwebend unwirksam sein, der Betreuer könnte ihn jedoch nach § 177 nachträglich genehmigen ?

Schöne Grüße
Markus

P.S.: Sorry - die Antworten stehen in KE 5 § 10 II 12. - Lesen bildet
 
Fall 18a

Fall 18a - Abwandlung zur Vertretung i.Z.m. der Betreuung

Das Vormundschaftsgericht hat für Andrea (A), die aufgrund der Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas an einem neurologischen Defizit leidet, für den Bereich der Vermögenssorge den B als Betreuer bestellt.
B verkauft, indem er sich als Betreuer ausweist, das Einfamilienhaus der A, ohne dies vorher mit A besprochen zu haben. Wie ist die Rechtslage ?

Variation: B verkauft das Auto der A, das diese objektiv begründbar nicht mehr braucht, ohne sich als Betreuer auszuweisen und ohne daß es aus den Umständen hervorginge, daß B nicht in eigenem Namen handelt. Wie ist die Rechtslage ?
 
Fall 19

Fall 19: Vater V schenkt seinem Söhnchen S (5 Jahre) seine Eigentumswohnung (deren Eigentümer monatlich Hausgeld i.H.v. 300,- € an die Eigentümergemeinschaft bezahlen darf). Er geht allein zum Notar und gibt dort alle erforderlichen Erklärungen ab.

  • Ist die Schenkung wirksam ?
  • Ist S Eigentümer geworden ?
Varation: V bestellt seinen Kumpel K als Untervertreter und geht mit diesem zum Notar. Ist die Schenkung nun wirksam und ist S Eigentümer geworden ?
 
Fall 20

Fall 20: Bankangestellter P hat für sein Häuschen von der Bank B, seinem Arbeitgeber, ein Hypothekendarlehen erhalten und dieses nun vollständig abgezahlt. Die Bank bevollmächtigt ihn deshalb zur Abgabe der Erklärung, daß die Bank die Hypothek aufgebe.

Alternative 1: B erklärt die Aufgabe der Hypothek in einem inbrünstigen Monolog an sich selbst.

Alternative 2: B gibt die Erklärung beim Grundbuchamt ab.

Ist die Hypothek erloschen, nachdem der Grundbucheintrag gelöscht wurde ?
 
Fall 21:

Fall 21: Manager M sitzt gleichzeitig im Aufsichtsrat der Unternehmen A und B, die gerade ein Geschäft miteinander abschließen wollen.

Unternehmen A bevollmächtigt M zum Abschluß des Geschäfts mit Unternehmen B. Gleichzeitig bevollmächtigt Unternehmen B den M zum Abschluß des Geschäfts mit Unternehmen A. Dabei fanden bereits vorab detaillierte Vertragsverhandlungen zwischen anderen Mitarbeitern der beiden Unternehmen statt, so daß M lediglich noch seine Unterschriften unter die Vertragsexemplare zu setzen braucht und er deshalb de facto nicht in die Gefahr einer Interessenkollision kommen kann.

Kann M den Vertrag wirksam kontrahieren ?
 
Fall 22

Fall 22: Adam bevollmächtigt Eva zum Eingehen einer Bürgschaftsverpflichtung in seinem Namen. Eva unterschreibt daraufhin unter Vorlage der Vollmacht bei der Bank die Bürgschaft, die Adam verpflichtet und aufgrund derer Eva bei der Bank Kredit erhält.

Wie ist die Rechtslage ?

Variation: Eva legt keine Vollmacht vor und die Bank weiß, daß Eva hoch verschuldet ist.
 
Fall 23

Fall 23: Die zwei Prokuristen der A-GmbH kontrahieren für die GmbH einen Vertrag mit dem allein vertretungsberechtigten Vorstand eines rechtsfähigen Vereins, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist.

Wie ist die Rechtslage ?
 
Fall 19: Vater V schenkt seinem Söhnchen S (5 Jahre) seine Eigentumswohnung (deren Eigentümer monatlich Hausgeld i.H.v. 300,- € an die Eigentümergemeinschaft bezahlen darf). Er geht allein zum Notar und gibt dort alle erforderlichen Erklärungen ab.
  • Ist die Schenkung wirksam ?
  • Ist S Eigentümer geworden ?
Insichgeschäft --> Selbstkontrahierung: grds. schwebend unwirksam, es sei denn, das Geschäft ist für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft. Ob dies hier der Fall ist, ist umstritten. Die Schenkung einer Wohnung erscheint vorteilhaft (Vermögensmehrung). Da der S allerdings zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet wird, ist davon auszugehen, dass es nicht lediglich vorteilhaft für ihn ist. Schenkung unwirksam --> S ist nicht Eigentümer.
Andere Ansichten?

Steffi
 
zu Fall 19

SteffiM schrieb:
Insichgeschäft --> Selbstkontrahierung: grds. schwebend unwirksam, es sei denn, das Geschäft ist für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft. Ob dies hier der Fall ist, ist umstritten. Die Schenkung einer Wohnung erscheint vorteilhaft (Vermögensmehrung). Da der S allerdings zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet wird, ist davon auszugehen, dass es nicht lediglich vorteilhaft für ihn ist. Schenkung unwirksam --> S ist nicht Eigentümer.
Andere Ansichten?

Steffi
Guten Morgen,

ich stimme Dir weitestgehend zu 🙂 und möchte noch ergänzen:

Schon interessant, daß in § 181 steht, daß niemand ein Geschäft auf dem Weg des Selbstkontrahierens schließen "kann" und es dennoch richtig ist, daß das Geschäft nach § 177 ff. schwebend unwirksam ist und nicht, wie man aus dem Wortlaut des § 181 annehmen könnte, gänzlich unwirksam.

Genehmigen könnte das Geschäft ein Pfleger oder der geschäftsfähig gewordene S.

Zwar ist die Schenkung des V durch Selbstkontrahieren bei separater Betrachtung möglich - denn dem S entsteht lediglich ein rechtlicher Vorteil - mit dem Verfügungsgeschäft (Eigentumserwerb durch Auflassung) entstehen dem S dann jedoch auch Nachteile (Pflichten, Kosten). Man muß also eine Gesamtbetrachtung vornehmen und eine sog. Rückausnahme des Inhalts, weshalb die Gesamtheit der durch die Schenkung verursachten Geschäfte für S als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen sind.

Demnach dürfte die Schenkung im Moment schwebend unwirksam sein.

Ich überblicke aber im Augenblick nicht ganz, wie es sich mit dem Eigentum verhält:

In dem Fall wird wohl V bei der gem. § 925 "zuständigen Stelle" gewesen sein und dort die Auflassung erklärt haben - einmal für sich selbst als Schenker und einmal "stellvertretend" für S als Beschenktem. Die Auflassung ist - nach dem Abstraktionsprinzip - vom Verpflichtungsgeschäft Schenkung unabhängig. "Auflassung" ist die "Einigung des Veräußerers und des Erwerbers", daß das Eigentum übergehen soll. Diese Einigung nimmt V auf dem Weg des Selbstkontrahierens vor, was nach § 181 nicht möglich ist. Auch die Auflassung dürfte also schwebend unwirksam sein.

Aber wie verhält es sich mit dem Grundbucheintrag ? Nach § 892, "Öffentlicher Glaube des Grundbuchs" dürfte es noch etwas komplizierter werden, wenn S die Wohnung weiterverkauft, obwohl er trotz Grundbucheintrag gar nicht Eigentümer ist - aber das geht jetzt wohl zu weit.

Nachdem auch die Auflassung schwebend unwirksam ist, dürfte S also im Moment weder Eigentümer noch Nichteigentümer sein. Erteilt ein dazu Befugter irgendwann die erforderliche Zustimmung, dann gilt S von Anfang an als Eigenümer. Erfolgt keine Zustimmung, dann weiß man nachträglich, daß S niemals Eigentümer war.

Ist das einigermaßen richtig ?

Und wie sind die Variationen zu sehen ? 😎

Schöne Grüße, Markus
 
Fall 24

Fall 24: Die mittellose Frau E geht zu Media-Markt und kauft eine neue Waschmaschine auf Raten. Sie unterschreibt mit "Frau E", nimmt die Maschine gleich mit und präsentiert abends stolz ihrem berufstätigen Ehemann im gemeinsamen Einfamilienhaus, wie sauber dessen Unterwäsche dank der technischen Neuerung geworden ist. Herr und Frau E verweigern allerdings jegliche Zahlung. Wie ist die Rechtslage ?

Variation: Herr und Frau E leben getrennt.

Variation 2: Herr und Frau E leben wieder zusammen, kurz nach Frau E geht auch Herr E zu Media-Markt und kauft - aufgrund eines Versehens des Verkaufsangestellten - die bereits verkaufte Waschmaschine ein zweites mal, bezahlt bar und nimmt die Maschine, die nun erst noch an Frau E geliefert werden sollte, gleich mit.
 
Fall 25

Fall 25: In D-Dorf wurde gerade der Verein zur Fürsorge für umherstreunende Hundewelpen gegründet. V, der bei der konstituierenden Sitzung zum Vereinsvorstand gewählt wurde, kauft auf dem Weg zum Registergericht, wo er die Eintragung des Vereins veranlassen möchte, im Namen des Vereins im Geschäft G einige Hundekörbchen aus feinstem Bambusgeflecht. Zwei Wochen später liegt im Briefkasten des V Post für den Verein, nämlich eine Zahlungserinnerung wegen des Körbchenkaufs. Der Verein ist im Augenblick jedoch finanziell noch klamm, so daß V erst einmal nicht bezahlt. Kann G von V Zahlung des kaufpreises verlangen ?
 
Fall 26

Fall 26: A bittet den minderjährigen B, bei einer Versteigerung stellvertretend für ihn ein bestimmtes Gemälde zu erwerben. B ersteigert das Gemälde im Namen des A und erhält dafür das versprochene Entgelt. Nun erfahren die Eltern E des B von der Sache und erklären gegenüber dem A, daß sie mit der Sache nicht einverstanden sind. Daraufhin ist B bockig und behält das Gemälde für sich.

Wie ist die Rechtslage ?
 
Fall 27

Fall 27: Fritzchen ist gerade 12 geworden und geht Fahrradkaufen. Der Verkäufer ist jedoch skeptisch, ob Fritzchen das überhaupt darf und ruft deshalb bei Pappi an, der das Geschäft daraufhin genehmigt. Pappi ist von Mammi getrennt lebend, das Sorgerecht üben beide gemeinsam aus. Beim letzten Anwaltsbesuch konnte Mammi jedoch Pappi die Erklärung abringen, daß er die Ausübung des Sorgerechts vollständig auf Mammi übertrage und Mammi gleichzeitig bevollmächtige, das Sorgerecht auch in seinem Namen auszuüben. Mammi ruft den Verkäufer an und verweigert die Genehmigung des Fahrradkaufs. Ist der Kaufvertrag wirksam ?
 
Fall 28

Fall 28: Max und Marie haben gemeinsam eine Wohnung gemietet. Bei Einzug unterschrieben sie beide den Mietvertrag. Im Mietvertrag haben sich beide jeweils gegenseitig auch zur Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen für den jeweils anderen bevollmächtigt.

Max schickt dem Vermieter eine fristgerechte Kündigung, Marie schickt dem Vermieter eine (berechtigte) fristlose Kündigung, die kurz nach Max Kündigung beim Vermieter eintrifft. Wann endet der Mietvertrag bzw. wann endet er für Max und wann für Marie ?
 
Fall 29

Fall 29: Herr Andratschek (A) erteilt Fau Marischka (M) Generalvollmacht für alle seine Geschäfte. M will gar nicht bevollmächtigt werden, schweigt jedoch.

Ist die Vollmacht wirksam ?

Auf welcher Rechtsgrundlage darf M die Vollmacht später zurückweisen ?
 
Fall 30 - zur Empfangsbedürftigkeit der Vollmachterteilung

Fall 30: Der Alleingeschäftsführer der X-GmbH läßt durch Zeitungsanzeige in Ystad (was ausnahmsweise in der BRD liegt ;o) bekanntmachen, daß die Z-Treuhand von der X-GmbH generalbevollmächtigt ist. Kurz darauf gibt T, der für die Z-Treuhand vertretungsberechtigt ist, im Namen der X-GmbH gegenüber Herrn Huber (H) die Erklärung ab, daß er Herrn Hs Angebot, dessen Auto zu kaufen, annehme. H, der ebenfalls in Ystad wohnt, die Zeitungsanzeige jedoch nicht gelesen hat, verlangt jedoch die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht, was T jedoch verweigert. Ist der Kaufvertrag wirksam ?
 
Fall 32

Fall 32: Der Milliarär G ist dermaßen schwachsinnig, daß er ständig an einer freien Willensbildung gehindert ist. Sein Schwachsinn ist jedoch von außen nicht erkennbar. G erteilt seinem Freund F umfassende Handlungsvollmacht für Geschäfte bis zu 5 Millionen €.

F schließt im Namen von G einen Vertrag mit der S-Stiftung, in der der G verpflichtet wird, der Stiftung 5 Millionen € zu schenken.

Wie ist die Rechtslage ?

P.S.: Die Welt ist manchmal sehr ungerecht :eek
 
Fall 33

Fall 33: Frau V arbeitet als Verkäuferin beim Möbelhaus M-GmbH. Sie verkauft sehr wenig und flirtet oft mit Kunden, was den Filialleiter F so verärgert, daß er ihr eines Tages erklärt, sie brauche "ab dem nächsten Ersten nicht mehr zu erscheinen". Gleichzeitig übergibt er ihr einen entsprechenden Kündigungsbrief auf einem Briefbogen der M-GmbH. Den zuständigen Personalchef P hat F zuvor nicht informiert, weil er sich dessen Einverständnis sicher glaubte.

Frau V verwahrt sich jedoch gegen F und erklärt ihm, das sei ja wohl nicht seine Angelegenheit. Am nächsten Tag informiert F den P, der wie erwartet dem F gegenüber sein Einverständnis mit der Kündigung erklärt.

Ist die Kündigung wirksam ?
 
Lösungsversuch zu Fall 33

studjur schrieb:
Fall 33: Frau V arbeitet als Verkäuferin beim Möbelhaus M-GmbH. Sie verkauft sehr wenig und flirtet oft mit Kunden, was den Filialleiter F eines Tages so verärgert, daß er ihr kurzum erklärt, sie brauche "ab dem nächsten Ersten nicht mehr zu erscheinen". Gleichzeitig übergibt er ihr einen entsprechenden Kündigungsbrief auf einem Briefbogen der M-GmbH. Den zuständigen Personalchef P hat F zuvor nicht informiert, weil er sich dessen Einverständnis sicher glaubte.

Frau V verwahrt sich jedoch gegen F und erklärt ihm, das sei ja wohl nicht seine Angelegenheit. Am nächsten Tag informiert F den P, der wie erwartet dem F gegenüber sein Einverständnis mit der Kündigung erklärt.

Ist die Kündigung wirksam ?

Die Kündigung müßte wirksam erklärt worden sein.

Fraglich ist, ob die mündlich erklärte Kündigung wirksam wurde. Nach § 623 BGB bedarf die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die mündliche erklärte Kündigung konnte demnach nicht wirksam werden.

In Betracht kommt jedoch der Kündigungsbrief, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB genügt. F könnte mit dem Kündigungsbrief eine Kündigung erklärt haben, die gem. § 164 I BGB für die M-GmbH wirken könnte.

Aus dem Gesetz ergeben sich keine Gründe, die Stellvertretung bei einer Kündigungserklärung ausschließen würden.

F müßte zunächst als Vertreter aufgetreten sein. Nach § 164 I S 2 2. Hs genügt es, daß die Umstände ergeben, daß die Erklärung nicht im eigenen, sondern im fremden Namen erfolgen soll. Maßgeblich ist dabei, wie ein unvoreingenommener Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, § 242 BGB, die Erklärung verstehen durfte. Die Kündigung war "auf einem Briefbogen der M-GmbH" abgedruckt und erfolgte demnach ersichtlich im Namen der M-GmbH. F trat als Vertreter auf.

Weiterhin müßte F eine eigene Erklärung abgegeben und nicht etwa nur eine fremde Erklärung als Bote übermittelt haben. F sprach die Kündigung, nachdem er von der schlechten Arbeitsmoral der V erfuhr (häufiges Flirten, schlechte Verkaufszahlen) aufgrund eigener Willensbildung aus und überbrachte nicht lediglich die bereits vorgefertigte Erklärung eines Dritten. F gab eine eigene Erklärung ab.

Außerdem müßte F Vertretungsmacht zur Kündigung gehabt haben. In der M-GmbH ist jedoch nur der Personalchef für Kündigungen "zuständig", also bevollmächtigt. F war nicht bevollmächtigt und hatte auch keine gesetzliche Vertretungsmacht.

F erklärte die Kündigung demnach als Vertreter ohne Vertretungsmacht.

Dies könnte jedoch nach § 180 Seite 1 grundsätzlich unzulässig sein. Dazu müßte es sich bei einer Kündigung um ein einseitiges Rechtsgeschäft handeln. Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Deshalb war die erfolgte Kündigung ohne Vertretungsmacht grundsätzlich unzulässig.

Dies würde nur dann nicht gelten, wenn ein Ausnahmefall des § 180 Seite 2 vorläge. Dazu müßte die Kündigung zunächst gegenüber V vorzunehmen gewesen sein. Bei der Kündigung ist der andere Teil Erklärungsgegner, Vertragsparteien sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Die Kündigung war also gegenüber V vorzunehmen.

Weiterhin müßte V nach § 180 Seite 2 die Vertretungsmacht des F, die er behauptete, nicht beanstandet haben. V erklärte jedoch gegenüber F, "das [die Kündigung] sei ja wohl nicht seine Angelegenheit", womit sie beanstandete, daß F überhaupt keine Vertretungsmacht zur Kündigung hatte. V war demnach auch nicht mit der Vornahme der Kündigung durch F ohne Vertretungsmacht einverstanden. Es liegt kein Ausnahmefall gem. § 180 Seite 2 vor.

Demnach tritt die Rechtsfolge des § 180 Seite 1 ein. Die Kündigung ohne Vertretungsmacht war unzulässig, die Kündigung ist unwirksam.

(Erläuterung: Daß P am nächsten Tag der Kündigung zustimmt, ist unerheblich, da § 177 I lediglich auf Verträge anwendbar ist, nicht jedoch auf einseitige Willenserklärungen.)


Wer möchte an dieser Lösung Kritik üben - wie würde sie in der Klausur BGB I bewertet ?

Wer möchte einen eigenen Lösungsvorschlag schreiben ?

Schöne Grüße, Markus
 
lewhellyen schrieb:
Dieser Fall gehört wohl eher zu Modul 6 - Arbeitsvertragsrecht. Ob die Kündigung wirksam ist, ist hier keine Frage der Stellvertretung.
Weshalb denn, ob die Kündigungsfrist eingehalten wurde etc. wird doch überhaupt nicht problematisiert.

Ok, daß die V flirtet könnte man auch so verstehen, daß ein entsprechender Kündigungsgrund geprüft werden soll - soll aber hier nicht. Die Passage soll wohl darauf hinweisen, daß der F eine eigene WE gebildet hat, ist etwas blöd formuliert, geb ich ja zu ...

Kannst mir schon glauben - ich habe den Fall aus der Fallsammlung von Schwab / Löhnig, wo er unter dem Thema Stellvertretung steht :cool
 
Jein, wenn es um die Wirksamkeit der Kündigung im arbeitsrechtlichen Sinne geht, ist einiges mehr zu berücksichtigen und die Lösung ohne Kenntnisse im ArbR nicht möglich.
Lässt man das aber außen vor, geht es wohl bzgl. der Stellvertretung um den VoV und die nachträgliche Vertretungsmacht...

Steffi
 
SteffiM schrieb:
Jein, wenn es um die Wirksamkeit der Kündigung im arbeitsrechtlichen Sinne geht, ist einiges mehr zu berücksichtigen und die Lösung ohne Kenntnisse im ArbR nicht möglich.
Lässt man das aber außen vor, geht es wohl bzgl. der Stellvertretung um den VoV und die nachträgliche Vertretungsmacht...

Steffi
Was meinst Du mit "nachträglicher Vertretungsmacht" ?
 
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