Eigentumsverletzung oder Vermögensschaden?

Dr Franke Ghostwriter
ich zerbreche mir gerade den Kopf darüber, ob es in meinem Fall eine Eigentumsverletzung oder (nur) Vermögenseinbuße sein soll.

Der Fall ist, dass ein Zuchtvogel des Z durch einen Kater K, dessen Eigentümer G ist, gerissen wird. Daraufhin macht eine Frau F (nicht Eigentümerin des Katers) eine Speise aus dem Vogel und verzehrt diese.

Ist die Zubereitung und der Verzehr dieser Speise eine Eigentumsverletzung oder nicht?

Noch eine etwas andere Frage dazu:
Dieser Zuchtvogel kostete 50 € lebend. 100g von seinem Fleisch kostet im Laden 3€ (der Vogel war 450g schwer); die Speise ohne Beilage ausm VOgel kostet im Restaurant 18€. Welche Ansprüche kommen in Betracht?

z-g, auf Eigentumsverletzung, 50€ SE
z-f, auf Zubereitung der Speise, 13,5€ SE
z-f, auf Verzehr, 18€ SE

Kommt noch etwas in Betracht?

Bitte um Meinungsstellung!!! Sehr wichtig!!!

DANKE!!!!!!!!!
 
Loool

Ich würde mal sagen, dass im Grunde der Katzenbesitzer (sofern es kein Streuner war, was wir mal nicht unterstellen wollen) für den Schaden auf-kommen muss. Demnach haftet G zumindest mit der Differenz des Wieder-
beschaffungswertes und des Restwertes 😉 Sofern jedoch der Eigentümer Vegetarier ist und ausschließlich am lebenden Tier interessiert ist, dürfte der aufgetretene Schaden mit 50 € anzusetzen sein. In Betracht käme auch ein Ersatz des "immateriellen Schadens", den Z durch den erlittenen Nervenzusammenbruch, der in adäquat kausalem Zusammenhang mit dem heimtückisch begangenen Vogelmord steht, entstanden ist. Immerhin ist der Mensch ja fähig, gefühlsmäßige Bindungen zu seinem Haustier aufzu-bauen. Dass eine Naturalrestitution im vorliegenden Fall unmöglich sein dürfte, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Immerhin kann selbst der
bestausgestopfteste Zuchvogel nicht wieder piep machen.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass es sich um einen Zuchtvogel handelt. Insofern kommt auch ein Schadensersatz durch Aus-
fall einer erfolgreichen Nachzucht in Betracht. Aber wie heißt es bei uns Juristen so schön: "Es kommt darauf an!" Wurde die Katze von einem Bauern als Nutztier zum Mäusefang gehalten oder war die Katze ein Haus-
tier? Bzw. musste der Vogelbesitzer damit rechnen, dass sein Zuchtvogel von der Katze des Nachbarn gerissen werden könnte, so dass hier ein Mit-
verschulden nach § 254 BGB anzunehmen wäre? Dies alles erfordert natürlich eine sehr differenzierte juristische Betrachtung !!!

Ferner muss untersucht werden, ob der Leichnam noch überhaupt einen materiellen Restwert hatte. Gut, die Tatsache, dass das Fleisch des Vogels im Laden pro 100 g noch immerhin 3 € wert ist, spricht dafür hierfür einen Restwert anzunehmen. Da der Besitzer eines Tieres auch grundsätzlich Eigentümer einer Tierleiche sein kann, könnte man durchaus von einer Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 I BGB ausgehen. Durch die Zu-
bereitung und den Verzehr der Tierleiche hat F in jedem Fall das Eigentumsrecht der Vogelbesitzerin verletzt, allerdings stellt sich hier die
Frage, ob F auch vorsätzlich gehandelt hat, d.h. sie müsste vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben ... Sofern man dies unterstellt, kann man durchaus von einem Ersatzanspruch von 13,50 € ausgehen.

Gruß


Sandra
 
Danke maischdro für deine ausführliche Antwort.

Jetzt sehe ich, dass ich vieles nicht gesagt habt, was offensichtlich sehr wichtig war. Also, der Katzenbesitzer war ein 9-jähriger Junge. Der Kater (ein Haustier, kein Luxustier!) war an seine Familie geschenkt. Also, war er Miteigentümer oder so. Und deliktsfähig war er gem. § 828 I auch.

Der Zuchtvogel war eine Zuchttaube und der Eigentümer von den Zuchttauben hatte nie im Sinn sie zu essen, er war sehr traurig, als er über den Vorfall erfahren hat (das war allerdings nicht seine letzte Taube!). So wie ich verstehe- geht es hier nicht um Differenzwert, sondern um die ganzen 50 €...

Außerdem muss der Junge nach § 833 haften, oder? Wie prüft man denn §§ 833, 844? Gibt es eine festgelegte Reihenfolge oder einfach nur dem Gesetzestext folgen?

Der Fall passierte auf jeden Fall nicht zwischen Nachbarn. 3 Jungs und ein Kater sind spielen gegangen. Als der Kater die Tauben bemerkte- machte er sich auf die Jagd und keine von den Jungs hat etwas bemerkt...

Und jetzt zu F. Weil die Taube schon tot war, es zu keiner wesentlichen Beeiträchtigung der Sache (Taube) durch die Zubereitung gekommen ist, kann man dennoch eine Eigentumsverletzung annehmen? Ist es denn nicht nur eine Vermögenseinbüße, die Z erleidet? Diese wäre dann durch 13,5€ ausgedrückt und durch § 823 II iVm § 246 StGB strafbar....Zu dem Verschulden der F: sie war ein Mitglied im Taubenzüchterverein, sie hat es gesehen, dass die Taube ein Zuchtvogel war. Sie hat zwar kurz gezögert, entschoß sich aber doch für die Zubereitung des Essens....Also, die F muss auf jeden Fall nach § 826 haften, oder? Ich meine, dass Sittenwidrigkeit gegeben ist....

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Du hast mir auf jeden Fall weitergeholfen!!!

Grüße
 
Ein lustiger, nervtötend verstrickter Fall, in dem sämtliche SE-Probleme auf einmal drin sind ? *g*

Sittenwidrig i.S.v. § 826 war das sicher nicht.

Denk doch mal an die Haftung aus GoA, §§ 687 II, 678. Da fällt das Bejahen des Verschuldens leichter.

Die Frage nach Eigentumsverletzung und Vermögensschaden: Ersatzfähig ist nur der Schaden, der sich adäquat kausal aus der Eigentumsverletzung ergibt. Der Vermögensschaden ist grundsätzlich nicht ersatzfähig, bei keiner AGL außer § 826, die jedoch mangels Sittenwidrigkeit ausscheidet. Deshalb auch kein Ersatz des Schadens für die Taubenzucht - der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb fällt in diesem Fall ebenfalls nicht unter die Rechtsgüter des § 823 I.

Wer die Sache eines anderen ißt, verletzt dessen Eigentum, nicht jedoch dessen Vermögen 🙂

Mit "wesentlicher Beeinträchtigung der Sache" meinst Du wohl, ob es einen Unterschied macht, ob die Taube nur tot oder ob sie tot und zusätzlich gegessen ist - das ist die Frage nach dem Schaden. Man kann doch annehmen, daß der Eigentümer seine tote Taube an ein Gourmet-Restaurant teuer hätte verkaufen können, womit ein Schaden vorläge 🙂 - und zwar gerade deshalb, weil aus der Tatsache, daß auch noch eine tote Taube am Markt für Geld verkauft werden kann folgt, daß sie einen Wert hat, der dann zu ersetzen ist.

Ich würde noch § 104 Nr. 2 prüfen
 
Also, § 104 Nr. 2 gefällt mir sehr. Darf ich den auch bei meinem Prof, der diesen Sachverhalt gestellt hat, prüfen? 🙂

Dennoch zum Fall.

Studjur, ich habe nicht ganz verstanden, was du mit den Ausführungen zu Eigentumsverletzung gemeint hast. Einmal schreibst du, dass es kein kausaler Schaden in der Zubereitung der Taube steckt, und das andere Mal schreibst du, dass wenn jemand etwas isst, das jd anderem gehört, verletzt man sein Eigentum. Wie ist das denn zu verstehen? Etwa, dass der Anspruch "wegen Zubereitung und Verzehrs" geteilt werden muss? Einmal wegen Zubereitung und das andere- wegen Verzehrs?

Warum kann § 826 nicht verwirklicht worden sein? Schließlich, war die Frau ja im Taubenzüchterverein und hat sofort begriffen, dass es sich um wertvolle Zuchttauben handelt. Dennoch machte sie die Speise, und wie ich finde- doch sittenwidrig...

Danke auf jeden Fall für die Antwort!!

Liebe Grüße
 
🙂 Also, § 104 Nr. 2 gefällt mir sehr. Darf ich den auch bei meinem Prof, der diesen Sachverhalt gestellt hat, prüfen? 🙂

Dennoch zum Fall.

Studjur, ich habe nicht ganz verstanden, was du mit den Ausführungen zu Eigentumsverletzung gemeint hast. Einmal schreibst du, dass es kein kausaler Schaden in der Zubereitung der Taube steckt, und das andere Mal schreibst du, dass wenn jemand etwas isst, das jd anderem gehört, verletzt man sein Eigentum. Wie ist das denn zu verstehen? Etwa, dass der Anspruch "wegen Zubereitung und Verzehrs" geteilt werden muss? Einmal wegen Zubereitung und das andere- wegen Verzehrs?

Warum kann § 826 nicht verwirklicht worden sein? Schließlich, war die Frau ja im Taubenzüchterverein und hat sofort begriffen, dass es sich um wertvolle Zuchttauben handelt. Dennoch machte sie die Speise, und wie ich finde- doch sittenwidrig...

Danke auf jeden Fall für die Antwort!!

Liebe Grüße
Dein Prof. hat sehr viel Fantasie, das gefällt mir 🙂

§ 823 I schützt nur die in der Norm erwähnten Rechtsgüter, also Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder ein "sonstiges Recht" - also nicht das Vermögen.

Wenn jemand eine fremde Taube zubereitet, verletzt er das Eigentum des Taubeneigentümers. Wenn dem Eigentümer aus der Zubereitung ein kausaler Schaden entsteht, dann ist dieser - wenn auch alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, ersatzfähig - und zwar deshalb, weil der Schaden in unmittelbar kausalem Zusammenhang mit der Eigentumsverletzung steht. Schadensersatz könnte in Höhe des Werts der Taube erfolgen, Naturalrestitution durch Ersatzbeschaffung irgend einer anderen toten Taube wird wohl nicht in Betracht kommen.

Kein unmittelbar kausaler Schaden ist aber der Schaden für die Taubenzucht, da die schädigende Handlung nicht unmittelbar die Taubenzucht geschädigt hat, was jedoch Voraussetzung wäre. Die Taubenzucht ist durch den Ausfall der wichtigsten Zuchttaube durch Verzehr nur mittelbar geschädigt. Das ist über § 823 I nicht ersatzfähig.

Das wäre nur über § 826 gedeckt, wenn der Verzehr einer fremden Taube sittenwidrig wäre. § 826 meint mit Sittenwidrigkeit aber besonders krasse Fälle von Unrecht - etwa Kapitalverbrechen - und zwar an Menschen, nicht an Tauben 🙂

Was sittenwidrig ist, bestimmt sich nach einem objektiven Maßstab, nicht nach dem persönlichen Gefühl des Gutachters 🙂 - ich finds ja auch widerlich, man denke nur an die Vogelpest oder - noch schlimmer - die Vogelgrippe !!!

Und als guter Christ - darf man da überhaupt Tauben essen ? Ist die Taube nicht Glaubenssymbol - die Friedenstaube ?? Hindus essen ja auch keine Kühe ...

Schöne Grüße, Markus
 
Dein Prof. hat sehr viel Fantasie, das gefällt mir 🙂


Was sittenwidrig ist, bestimmt sich nach einem objektiven Maßstab, nicht nach dem persönlichen Gefühl des Gutachters 🙂 - ich finds ja auch widerlich, man denke nur an die Vogelpest oder - noch schlimmer - die Vogelgrippe !!!

Und als guter Christ - darf man da überhaupt Tauben essen ? Ist die Taube nicht Glaubenssymbol - die Friedenstaube ?? Hindus essen ja auch keine Kühe ...

Schöne Grüße, Markus

Danke-danke für die Antwort!!!🙂

Du leidest anscheinend auch nicht an Faltasielosigkeit! 🙂

Beste Grüße
 
Ich kenn den Fall wie gesagt nicht - will mich jetzt auch nicht zu sehr reindenken - aber das noch als Anregung:

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist "sonstiges Recht" i.S.v. § 823 I. Wenn man bedenkt, daß die Verspeiserin wußte, daß sie eine Zuchttaube ißt, könnte man im Verspeisen gerade einer ZUCHT-Taube einen unmittelbaren Eingriff in diesen Gewerbebetrieb sehen - vergleichbar mit dem Fall, daß jemand die Produktionsmaschine eines Industriebestriebs vorsätzlich sabotiert - wenn man den Schaden dann daran knüpft, ist er vielleicht doch noch ersatzfähig.
 
Wenn man bedenkt, daß die Verspeiserin wußte, daß sie eine Zuchttaube ißt, könnte man im Verspeisen gerade einer ZUCHT-Taube einen unmittelbaren Eingriff in diesen Gewerbebetrieb sehen - vergleichbar mit dem Fall, daß jemand die Produktionsmaschine eines Industriebestriebs vorsätzlich sabotiert - wenn man den Schaden dann daran knüpft, ist er vielleicht doch noch ersatzfähig.

Ein interessanter Gedanke, allerdings denke ich nicht, dass Z der einzige Zuchttaubenhalter in der fraglichen Stadt/... ist. Meinst du, es soll genügen, dass "irgendein" Industriebetrieb betroffen ist?😕

Danke für deine Anregung, Markus!

Grüße
Marianne
 
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist "sonstiges Recht" i.S.v. § 823 I. Wenn man bedenkt, daß die Verspeiserin wußte, daß sie eine Zuchttaube ißt, könnte man im Verspeisen gerade einer ZUCHT-Taube einen unmittelbaren Eingriff in diesen Gewerbebetrieb sehen - vergleichbar mit dem Fall, daß jemand die Produktionsmaschine eines Industriebestriebs vorsätzlich sabotiert - wenn man den Schaden dann daran knüpft, ist er vielleicht doch noch ersatzfähig.

loool

Wenn man gut begründet, lässt sich vieles vertreten. Ich glaube, ich würde bei dem Fall wohl glatt 30 bis 40 Seiten zusammen bekommen 😉

Deine Idee mit dem "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbe- betrieb" ist wirklich klasse ... !!!

Gruß


Sandra
 
Marianne,

lass den Kopf nicht hängen. Ich habe auch in den Sommerferien mal kurz eine 30-seitige Seminararbeit schreiben müssen und dann noch nach Hagen fahren, um zwei Vorträge zu halten ...

Zu meinem Thema gabs damals 4.600.000 Links in der google-Suchmaschine, was mich an den Rande eines Nervenzusammenbruchs führte.

Hier an der Fernuni ist es normal, dass ein Rewi-Student, wenns mal zeitlich eng wird, am WE zwei Gutachten "aus dem Ärmel schüttet", die dann spätestens Dienstag an der Fernuni sein müssen ... Wir studieren hier nämlich neben unserer Voll- zeitbeschäftigung in der Freizeit 😉

Gruß


Sandra
 
Um nochmal auf die GoA-Idee zurück zu kommen:

Geht das Verspeisen einer fremden Taube in dem Wissen, es handelt sich um das Tier eines Dritten, als angemaßte Eigengeschäftsführung durch, § 687 II ?
  • Verspeisen ist Geschäft des Züchters ? "Geschäft" ist sehr weit zu verstehen, rein tatsächliches Handeln genügt, nach einer anderen Definition fallen nur tatsächliche Handlungen mit wirtschaftlichen Folgen unter den Begriff(+/-) ???
  • positive Kenntnis der Fremdheit des Geschäfts ? objektiv fremdes Geschäft liegt vor, wenn das Geschäft schon nach seinem objektiven Erscheinungsbild nicht zum Rechtskreis des GF gehört, fremdes Geschäft (+), positive Kenntnis davon lt. SV (+)
  • positivie Kenntnis der Nichtberechtigung - Achtung Beweislast ! was sagt der SV ?
  • also: § 687 II (+) ?
  • § 678, Übernahmeverschulden ? Widerspruch zum mutmaßlichen Willen des GH, Erkennenmüssen bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt, also Übernahmeverschulden (+)
  • also: SE aus §§ 687 II, 678 (+): Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens
na ich weiß nicht so Recht ... :eek
 
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