Mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Bewerber abgelehnt worden ist, weil er "nur" einen Bachelor-Abschluss und keinen Master hat und "einstellen" gehört zu meinem Spezialgebiet. Die Unterschiede im Entgelt relativieren sich in den meisten Fällen innerhalb der ersten beiden Beschäftigungsjahre und bei einer Beförderung innerhalb des Unternehmens zählt die "Art" des Hochschulabschlusses gar nichts mehr. Dann sind nur noch Erfahrung, Sozialkompetenz, etc. wichtig. In diesem Forum werden so oft weitschweifende Diskussionen über diese Thema geführt, aber mit der tatsächlichen Praxis kennt sich im Grunde kaum jemand wirklich aus. Es wird nur auf Hörensagen zurückgegriffen und Verunsicherung geschürt, die völlig fehl am Platz ist.
Genau so ist es !
Mit der Ergänzung:
Ich denke, besondere Auswirkungen hat dies nur bzw. insbesondere dort, wo es formale Gründe gibt, so z.B. im höheren Dienst in der öffentlichen Verwaltung oder im Forschungsbereich.
Woher ich das weiss?
Ich arbeite seit 30 Jahren in der Informatik, zuletzt ein paar Jahre als Abteilungsleiter und Prokurist in einem grossen Unternehmen. Ich habe etliche neue Mitarbeiter eingestellt, und bewährte befördert. Vor einiger Zeit habe ich mich selbständig gemacht und - hauptsächlich als Freude an der Sache - WiWi studiert (an der FernUni). Meine Bachelorarbeit habe ich vor 2 Tagen abgeschickt.
Meinen Master (Schwerpunkt VWL) möchte ich an der Univ. Zürich machen, weil ich nach wie vor gerne studiere. An die Fernuni kam ich nur, weil die Univ. Zürich meine Österreichisches Abitur (Matura) nicht anerkannt hat.
Direkten beruflichen Nutzen verspreche ich mir von dem Studium nicht, aber natürlich hilft breiteres Wissen immer.
Wenn man den Master auf später verschiebt, muss man sich bewusst sein, dass man vor Beginn des Master-Studiums sich erst einmal wieder auf den notwendigene Wissenstand (wie nach dem Bachelor) bringen muss. Ich habe z. B. vor dem Studiumsbeginn drei Monate Mathematik lernen müssen - alles Dinge, die ich zu Zeiten meines Abiturs natürlich konnte, aber in den Berufsjahren nur zu einem winzigen Teil gebraucht habe.
Noch eine (unerfreuliche) wahre Geschichte: Eine Studienkollegin, die auch gerade ihren Bachelor in WiWi abgeschlossen hat, hat bei ihrem ersten Vorstellungsgespäche eine ziemlich frustrierende Erfahrung gemacht. Ihr potentieller neuer Chef hielt von der Fernuni überhaupt nichts: "Wieso sie denn nicht an einer richtigen Uni studiert habe?", "Wenn die Feruni gleichwertig wäre, bräuchte es ja keine richtigen Universitäten mehr." usw. Man kann sich vorstellen, dass sie nach dem Gespräch am Boden zerstört war: Ein paar Jahre Studium sollen nichts Wert sein!
In meinen Augen war das ein Volli*iot (sorry, anders kann man das nicht sagen).
Erstens hat er keine Ahnung von der Fernuni, zweitens hat sie parallel schon einige Jahre Berufserfahrung gesammelt und ist daher rascher produktiv als ein "Nur-Student", der seinen ersten Job antritt, drittens hat sie einiges Engagement und Selbstmotivation bewiesen, indem sie das Studiume berufsbegleitend absolviert hat und viertens ist er auch ein emotionaler Volli*iot: Völlig gedankenlos und unnötig hat er die Leistungen der letzten Jahre von meiner Kollegin als nutzlos abgestempelt (wenn er sie nicht anstellen will, braucht er das auch nicht. Aber er braucht nicht ihr Selbstbild ruinieren).
Zwei Wochen später hatte sie einen sehr guten Job bei einer Versicherung.
Also, falls ihr mal in eine ähnliche Situation kommt, empfehle ich folgendes: erklärt eurem Gegenüber höflich, dass er/sie sich doch bitte über die Fernuni informieren soll und verabschiedet euch dann. Nehmt auf keinen Fall eine solche Stelle an. Mit so einem Chef wird man nur unglücklich.
Ich hatte immer grossen Respekt vor Bewerbern, die sich berufsbegleitend weitergebildet haben und habe sie immer sehr weit oben auf der Kandidatenliste gehabt. Jeder vernünftige Mensch macht das.