bayerisches Rauchverbot

Dr Franke Ghostwriter
In Bayern gilt seit dem 1. Januar 2008 ein Rauchverbot (auch) für Gaststätten.

Einige Wirte versuchen dieses Rauchverbot nun auf diverse Arten zu umgehen - allen kreativen "Lösungen" ist gemeinsam, daß sie daruaf abstellen, daß das Rauchverbot nicht für "geschlossene Gesellschaften" gelte, mithin auch nicht für "Vereinsabende".

Selbst das bayerische Justizministerium stellt in einer "Empfehlung" für den Vollzug des Nichtraucherschutzgesetzes auf diese "Raucherclubs" ab und erwähnt die "geschlossene Gesellschaft". Das GSG gelte nur, sofern die Gaststätte "öffentlich zugänglich" sei - das steht aber nirgends ausdrücklich im Gesetz.

Komischerweise kann ich im Gesetzestext diese ominöse Ausnahme nicht finden. Für mich liest sich das Gesetz ganz einfach so, daß das Rauchen in Gaststätten schlicht verboten ist.

Weiß jemand, wie diese "Vereine zur Wahrung der bayerischen Wirshausverräucherungskultur" ihr Modell juristisch rechtfertigen könnten ?

Ich verstehe vor allem nicht, weshalb "Raucherclubs" überhaupt zulässig sein sollen, zumal Sinn und Zweck des Gesetzes doch der Schutz der Bevölkerung vor dem Passivrauchen sein soll (siehe Präambel) - das Rauchverbot würde demnach auch dazu dienen, gaststättenbesuchende Raucher vor dem Passivrauchen zu schützen. Wie kann man so einfach leugnen, daß dieses Gesetz schlicht keine derartigen Ausnahmen enthält - was ja wohl kein Versehen sein dürfte, nachdem frühere Gesetzesentwürfe noch zahlreiche Ausnahmen enthielten, die aber größtenteils gestrichen wurden.

Hier ein Link zum Gesetzestext
 
Vielen Dank für Eure Antworten - dann will ich mal lossubsumieren und lade Euch dazu ein, den Fall (der auch abgeändert werden kann) zu lösen:

Sachverhalt

Siggi Schlau ist Gastwirt im bayerischen Nest und ziemlich sauer über das neue "Raucherdiskriminierungsgesetz", wie er es schmerzvoll nennt. Sein Kumpel, der an der Fernuni Jura in Teilzeit studiert, gibt ihm folgenden Rat:

"Mach einfach n Glubb aus Deiner Binnde. Häng n Schilt an de Dür mit Wordlaud: Zutritt nur für Mitglieder des Vereins zur Förderung der bayerischen Wirtshauskultur. Mitglieder nimmt der Vereinsvorsitzende Siggi jederzeit an der Theke in unseren Verein auf. ACHTUNG: Hier wird geraucht !".

Nachbar Neid verpfeift den Siggi Schlau bei der zuständigen Behörde. Wie wird diese hinsichtlich der Durchsetzung des Rauchverbots und Siggis Zuverlässigkeit i.S.d. GastG entscheiden ?
 
Siggi könnte eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 9 II GSG begehen. Danach handelt auch ordnungswidrig, wer pflichtwidrig ein nach dem GSG bestehendes Rauchverbot umgeht. Hier könte Siggi sich dadurch pflichtwidrig verhalten, daß er als Verantwortlicher i.S.v. Art. 7 Nr. 3 GSG ein nach Art. 3 I 1 GSG in seiner "Pinnte" bestehendes Rauchverbot nicht umsetzt, sondern das Rauchen sogar fördert.

Dazu müßte zunächst überhaupt der Anwendungsbereich des GSG eröffnet sein. Gem. Art. 2 Nr. 8 GSG ist das GSG anzuwenden auf Gaststätten i.S.d. GastG, soweit sie öffentlich zugänglich sind.

Bei Siggis "Pinnte" müßte es sich also um eine Gaststätte i.S.d. GastG handeln und diese müßte auch öffentlich zugänglich sein.

Gaststätte i.S.d. GastG

Um eine Gaststätte handelt es sich gem. § 1 I GastG insbesondere dann, wenn - die übrigen Voraussetzungen liegen hier unzweifelhaft vor - der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.

Jedermann kann die Pinnte jedenfalls dann nicht betreten, wenn Siggi zuverlässig dafür Sorge trägt, daß nur die Mitglieder einen klassischen Vereins seine Gaststätte betreten können. Ob dies hier aber tatsächlich der Fall ist kann i.Z.m. der Frage nach der Zugänglichkeit i.S.v. § 1 I GastG jedenfalls dann offen bleiben, wenn die zweite Alternative zutrifft, die Zugänglichkeit für einen bestimmten Personenkreis. Als bestimmter Personenkreis sind auch bestimmte Bevölkerungsgruppen anzusehen. Die Gruppe der Raucher ist eine solche Bevölkerungsgruppe, auch Vereinsmitglieder sind als bestimte Bevölkerungsgruppe anzusehen. Mithin handelt es sich bei Siggis "Pinnte" um eine Gaststätte i.S.d. GastG.

öffentlich zugänglich

Siggis "Pinnte" müßte weiterhin auch "öffentlich zugänglich" sein, Art. 2 Nr. 8 GSG.

Insoweit liegt eine Überschneidung mit dem bereits bejahten Tatbestandsmerkmal des § 1 I GastG vor, der die Zugänglichkeit für einen bestimmten Personenkreis genügen läßt. Das GSG stellt seinem Wortlaut nach zusätzlich auf die öffentliche Zugänglichkeit ab.

Was darunter zu verstehen ist, das ist problematisch und durch Auslegung zu ermitteln. Anzulegen ist der Maßstab eines vernünftig und redlich Denkenden, es ist eine Abwägung aller konkreten Einzelfallumstände vorzunehmen. Ist Siggis Pinnte nach den sich aus dem SV ergebenden Umständen öffentlich zugänglich, dann muß er das Rauchverbot umsetzen, andernfalls bestünde das Rauchverbot mangels Einschlägigkeit des GSG nicht.

Öffentlichkeit eines Vereins ?

Würde bereits der Begriff des Vereins die Nichtöffentlichkeit implizieren, so würde das GSG und somit das Rauchverbot nicht gelten.

Ein Verein im klassischen Begriffsverständnis, das insbesondere durch die §§ 21 ff. BGB konkretisiert wird, entsteht erst durch Eintragung im Vereinsregister beim Amtsgericht, § 21 BGB. Der Verein hat gem. § 25 BGB eine Satzung, aus der sich auch der Vereinszweck ergibt, der im Rahmen der Grenzen der Rechtsordnung von den Mitgliedern grundsätzlich frei bestimmt werden kann. Für den Verein handelt gem. § 26 BGB der Vorstand, dessen Vertretungsmacht sich aus der Satzung ergibt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Satzung den Vorstand umfassend bevollmächtigt, Mitgliedschaften zu begründen. Es existiert eine Mitgliederliste, der Verein hält Sitzungen ab, bei denen Beschlüsse gefasst werden. Wie selten oder häufig solche Sitzungen stattfinden müssen, ergibt sich ebenfalls aus der Satzung. Eine gesetzliche Pflicht, daß Vereinsversammlungen nur einmal im Jahr stattfinden dürfen, exisitiert nicht. Ebenfalls gibt es kein gesetzliches Verbot, das die Unwirksamkeit einer Satzung zur Folge hätte, die bestimmt, daß Vereinssitzungen ständig stattfinden, etwa zu dem Zweck, die Geselligkeit zu pflegen.

Insofern kann allein aus dem Vereinsstatus noch nicht hinreichend bestimmt werden, ob es sich um Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit handelt. Denkbar ist auf der einen Seite ein klassischer Verein mit strenger Satzung und hohen Hürden für die Aufnahme als Mitglied, auf der anderen Seite auch der "offene Verein", bei dem vielleicht die Mitgliedschaft konkludent durch Betreten des Lokals und Einverständnis mit der am Lokaleingang aushängenden Vereinssatzung zustande kommt.

Somit impliziert der Vereinsbegriff allein noch nicht die Nichtöffentlichkeit.

Öffentlichkeit von Siggis "Verein zur ..."

Jedoch könnte Siggis "Verein zur ..." in einer die Öffentlichkeit ausschließenden Art und Weise organisiert sein.

Vorliegend soll die Vereinsmitgliedschaft jeweils im Einzelfall formlos durch den Vereinsvorsitzenden Siggi begründet werden. Voraussetzungen für die Aufnahme sind lediglich der Wille des Gastes, die Gaststätte zu betreten und der Wille zu akzeptieren, daß im Gastraum geraucht wird. Hinzu kommt Siggis Wille, den Gast auch in den Verein aufzunehmen. Die Bereitschaft des Wirts, Gästen im Einzelfall den Zutritt zum Gastraum zu gewähren oder zu verwehren stellte aber schon nach der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff der "Zugänglichkeit" i.S.d. GastG kein hinreichendes Kriterium dar. Vielmehr konkretisiert sich in diesem Zusammenhang lediglich die Privatautonomie, die es dem Wirt erlaubt, im Einzelfall Gästen den Zutritt zu seiner Gaststätte zu verwehren. Dabei richtet der Wirt aber das Angebot seiner Gaststätte weiterhin an die Öffentlichkeit.

Weitere Zutrittshürden bestehen außerdem nicht.

Siggi führt zudem keine Liste über Ein- und Austritt der Vereinsmitglieder, der Verein hat keine Satzung, er ist nicht im Vereinsregister eingetragen und es finden keine Sitzungen statt, für die im Voraus eine Tagesordnung anberaumt wurde und zu der Einladungen an die Mitglieder verschickt wurden.

Vielmehr soll der Vereinszweck nur darin bestehen, daß Raucher gemeinsam in der Pinnte sitzen, rauchen und dadurch die Rauchkultur bewahren.

Zutritt zu dem "Raucherclub" hat jedermann, der die Gaststätte betritt und den Wirt um Aufnahme in den Verein bittet.

Bei vernünftiger Betrachtung dieser Indizien ist davon auszugehen, daß die Ausgestaltung der "Kneippe" als "Verein zur ..." lediglich zur Umgehung des Rauchverbots dienen soll. Die "Kneippe" wird dadurch aber nicht zum nichtöffentlichen Raum. Vielmehr hat weiterhin die Öffentlichkeit mittelbar Zutritt zur "Kneippe" - der Verein dient nur als "Mittler" zum Zutritt zur Gaststätte.

Diese Auslegung wird zudem vom Sinn und Zweck des GSG gestützt, in dem der Gesetzgeber bewußt darauf verzichtet hat, eine Regelung zu treffen, wie sie zum Teil in anderen Bundesländern existiert, nach der es dem Wirt erlaubt ist, seine Gaststätte als Rauchergaststätte zu deklarieren. Das Rauchverbot im bayerischen Gesundheitsschutzgesetz kennt eine solche Ausnahme nicht. Der Wille des Gesetzgebers war vielmehr, das Rauchverbot auf jede öffentlich zugängliche Gaststätte zu erstrecken. Dieser gesetzgeberische Wille und der Gesetzeszweck, die Gefahren des Passivrauchens zu verringern, darf nicht dadurch umgangen werden, daß eine weiterhin öffentlich zugängliche Gaststätte auf einem Stück Papier zum nichtöffentlichen Raum deklariert wird.

Außerdem ist zu beachten, daß nach § 3 I 1 GastG die Gaststättenerlaubnis das Betreiben einer Gaststätte nur für die in der Erlaubnis genannte Betriebsart erlaubt. Ändert der Gastwirt die Betriebsart seiner Gaststätte so, daß dies Auswirkungen auf die Genehmigungsfähigkeit der Gaststätte haben kann, so muß die Gaststättenerlaubnis neu erteilt werden. Hier will Siggi seine bisher öffentlich zugängliche Gaststätte in einen geschlossenen Club umwandeln, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sein soll. Es ist durchaus möglich, daß eine Gaststättenerlaubnis für das Betreiben eines geschlossenen Clubs nur erteilt werden kann, wenn der Gastwirt am Eingang technische Vorkehrungen trifft, die den Zugang zur Gaststätte für Nichtmitglieder ausschließen. In Betracht kommt etwa eine Vorrichtung, die Zugang nur mit einer Chipkarte gewährt. Siggi hat keinerlei solcher Zugangskontrollvorrichtungen installiert. Es ist auch nicht davon auszugehen, daß es ihm möglich ist, permanent und mit der erforderlichen Zuverlässigkeit persönlich zu kontrollieren, ob jeder einzelne die Pinnte betretender Gast Clubmitglied ist oder nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß er dazu nicht in der Lage ist, da er hauptsächlich mit dem Zubereiten und Servieren von Speisen und Getränken beschäftigt sein dürfte, während dessen er nicht in der Lage ist, den Gaststätteneingang im Auge zu behalten. usw. ...

Siggis "Kneippe" ist daher als öffentlich zugängliche Gaststätte anzusehen.

Ergebnis

Siggis "Kneippe" ist trotz des im SV geschilderten Aushangs an der Kneipentür als öffentlich zugängliche Gaststätte i.S.d. GastG anzusehen. Der Anwendungsbereich des GSG ist damit eröffnet. Für Siggis Kneippe gilt das Rauchverbot des GSG. Sofern er nicht dazu beiträgt, das Rauchverbot auch umzusetzen, begeht er gem. Art. 9 II GSG eine Ordnungswidrigkeit, sofern seine Gäste in der "Kneippe" rauchen, begehen sie ihrerseits Ordnungswidrigkeiten nach Art. 9 I GSG. Die zuständige Behörde kann - ggf. nach erfolgloser Abmahnung - ein Bußgeld verhängen.

Inwiefern sich eine fortgesetze Mißachtung des Rauchverbots und behördlicher Anordnungen auf die "Zuverlässigkeit" i.S.d. Gaststättenerlaubnis auswirken, ist in einem weiteren Gutachten zu prüfen.
 
Soviel nur mal spontan. Es wäre interessant, ob und wie ein "Verein" bzw. der Gaststättenzugang organisiert sein müßte, daß er vielleicht doch als legaler und nichtöffentlicher "Raucherverein" angesehen werden müßte.

Außerdem wäre natürlich ganz zu Anfang darüber nachzudenken, ob das bayerische Rauchverbot im Gesundheitsschutzgesetz (GSG) verfassungsgemäß ist. In Betracht kommen Bedenken, ob der Staat es einerseits den Rauchern so weitgehend verbieten darf, in der Öffentlichkeit zu rauchen, wenn sie dabei niemand schädigen, der nicht damit einverstanden ist, geschädigt zu werden und damit korrespondierend, ob nicht einem Wirt erlaubt bleiben muß, den Menschen das Rauchen in seiner Rauchergaststätte zu erlauben, die aus freien Stücken aktiv rauchen und sich auch freiwillig passiv zuqualmen lassen wollen ...


Jedenfalls halte ich es, was die Auslegung des GSG angeht, nicht für zulässig, weitgehend und kritiklos vom Vorhandensein einer "geschlossenen Gesellschaft", also einer Nichtöffentlichkeit auszugehen.
 
Abwandlung:

Sepp Superschlau möchte seine Gaststätte im oberbayerischen Tupfing, die er bisher als kleine Schankwirtschaft mit Biertheke und einem Glücksspielautomaten betrieb, künftig nicht mehr der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Vielmehr überlegt er, aus seinem Lokal einen Raucherclub nach dem Vorbild der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in England üblichen Smoking-Clubs zu machen.

Dazu plant er die Gründung eines Vereins, der im Vereinsregister eingetragen werden soll. Zur Aufnahme in den Club soll es erforderlich sein, einen schriftlichen Antrag auszufüllen, auf dem Name und Anschrift anzugeben sind. Im Antrag erteilt jeder Aufnahmewillige den anderen Clubmitlgiedern sein Einverständnis, daß in seiner Anwesenheit geraucht werden darf. Es soll ein Jahresbeitrag i.H.v. 10,- € erhoben werden. Jugendliche dürfen nach der Satzung nicht Clubmitglied werden. Jedes Mitglied erhält eine Chipkarte, mithilfe derer sich die Tür zum Clubraum - Sepps Gaststätte - öffnen läßt. Einmal im Jahr findet eine ordentliche Mitgliederversammlung statt, zu der durch Aushang im Clubraum geladen wird, auf dem auch die Tagesordnung ersichtlich ist. An allen übrigen Tagen im Jahr dient der Clubraum der Pflege der Rauchkultur. Nichtmitgliedern ist der Zutritt zum Clubraum nach der Satzung nicht gestattet, auch dann nicht, wenn sie ein Clubmitglied begleiten. Eine Ausnahme gilt nur für Ehepartner. Sepp will Nichtmitglieder durch Ausübung seines Hausrechts, ggf. mit Hilfe der Polizei, der Gaststätte verweisen. Sepp teilt außerdem der zuständigen Behörde mit, daß seine Gaststätte künftig nicht mehr öffentlich zugänglich sein wird. Daß der Zutritt nur Mitgliedern gestattet ist, das ist auch an der Eingangstüre der Gaststätte durch ein großes, von außen gut lesbares Schild ersichtlich.

Sepp Superschlau fragt uns Fernunistudenten um Rat, ob sein Vorhaben legal ist. Er meint, der Staat dürfe doch niemandem das Passivrauchen verbieten, der sich gerne freiwillig zuqualmen läßt.

Zusatzfrage:

Sepp ist unsicher, ob ihm der Raucherclub wirklich wirtschaftliche Vorteile bringt. Deshalb fragt er auch, ob er seine Gaststätte lediglich einmal wöchentlich - Freitag abends - für die Öffentlichkeit zusperren und nur den Raucherclubmitgliedern - als geschlossener Gesellschaft - zur Verfügung stellen darf. Er würde dann nach Schließung der Gaststätte Samstagnacht imer kräftig durchlüften, wodurch sämtliche Rauchrückstände ins Freie geblasen würden und die Luft wieder rein für seine normale Kundschaft wäre.
 
Oktoberfest - geschlossene Gesellschaft ?

Große Sorgen macht sich auch Seite Hammel, der alljährlich auf dem Oktoberfest ein großes Festzelt bewirtet. Er befürchtet, daß es in seinem Festzelt künftig zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen wird, sollte er seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommen werden müssen, die Einhaltung des Rauchverbots durch seine Gäste durchzusetzen. Seite Hammel befürchtet, daß viele seiner Gäste - bedingt durch den vielen Alkohol, den er ihnen eingeflößt hat - nicht gewillt sein werden, auf das Rauchen zu verzichten.

S. Hammel überlegt deshalb, daß er doch schon bisher quasi immer eine "geschlossene Gesellschaft" bewirtet hat, denn der Zutritt zu seinem stets von Überfüllung bedrohten Festzelt war auch bisher schon nur nach schriftlicher Voranmeldung möglich. Zutritt zum Zelt bekamen nur diejenigen Personen, die am Eingang eine Einladungskarte vorzeigen konnten. Andere Personen wurden von der Security am Betreten des Zelts gehindert.

Könnte Seite Hammel nicht in seine Einladungen den Hinweis mit aufnehmen, daß in seinem Zelt geraucht wird ? Handelt es sich bei seinen Gästen um eine "geschlossene Gesellschaft" oder um ein öffentlich zugängliches Bierzelt, zu dem man freilich nur durch eine rechtzeitige Reservierung einen Platz und somit Zutritt erhält ? Hätte Seite Hammel also ein Schlupfloch gefunden, das Rauchverbot legal, zu umgehen und könnte er so den drohenden Bürgerkrieg verhindern ?
 
P.S.: Arme Kreisverwaltungsreferate - vielleicht hätten die Bayern das Gesetz eindeutiger fassen sollen ? Würde wohl eine Menge Arbeit sparen ...

§ 1 Jeder Wirt muß sich entscheiden, ob seine Kneipe ein Raucher- oder ein Nichtraucherlokal ist. Das Lokal ist von außen deutlich entsprechend zu kennzeichnen.

§ 2 Das Rauchen ist nur in Raucherlokalen gestattet.

§ 3 Ordnungswidrig handelt, wer entgegen diesem Gesetz ...


Gut, daß Politiker immerzu von Bürokratieabbau sprechen
 
Heute hat das hessische Verfassungsgericht den Eilantrag eines hessischen Intensivrauchers abgewiesen, der das hessische Rauchverbot für verfassungswidrig hält und offensichtlich mit seinem Antrag bezweckte, bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit erst mal munter weiter in seiner Stammkneipe qualmen zu dürfen. Die Entscheidung war - oh Wunder - daß er bis dahin erst mal nicht rauchen darf - jedenfalls nicht in der Kneipe, selbstverständlich bei sich zuhaus, im Freien, wo auch immer 🙂

Ein paar Links:

LZG-Bayern

https://shp-rechtsanwaelte.de/dmdocuments/Handout SS 2006 12 06 06.pdf (Danke, Jurex ! 🙂 )
 
NVwZ 1991, 805

Der VGH befasste sich mit der Frage, ob ein Verein, der einen Billard-Club in seinen Vereinsräumen betreibt und dort auch Getränke ausschenkt, als Gaststätte anzusehen ist und daher einer Gaststättenerlaubnis bedarf.

Das interessiert i.Z.m. dem Rauchverbot, weil es entscheidend auch um die Frage ging, ob jedermann oder nur die Vereinsmitglieder Zutritt zum Clublokal haben:

Der VGH nahm an, daß die Vereinsmitglieder als "bestimmter Personenkreis" i.S.v. § 1 I GastG anzusehen sind. Der Kreis der Vereinsmitglieder sei kein Kreis von einzeln individualisierbaren Personen, wie es z.B. bei einer privaten Hochzeitsfeier der Fall ist, sondern der Kreis der Vereinsmitglieder sei ein in seiner Zusammensetzung nicht übersehbarer Personenkreis, der jedoch das TBM "bestimmte Personen" erfülle.

Der VGH unterscheidet also: Der Kreis der Vereinsmitglieder sei ein "bestimmter Personenkreis", bei dem die einzelnen Mitglieder nicht einzeln individualisierbar sind.

Auch Metzner äußert sich in seinem Kommentar zum GastG in den Rn. 67, 68 zum "bestimmten Personenkreis:

Einerseits soll der Verein "American Legion Rhein-Main Post Nr. 5" deshalb eine "geschlossene Gesellschaft darstellen, weil es sich bei den Mitgliedern nur um einen ganz bestimmten, nicht beliebig wechselnden Personenkreis handle, mithin nicht um einen "bestimmten" Personenkreis, sondern um einen individuell bestimmbaren Personenkreis. Dieser Verein darf wohl deshalb in seinen Vereinsräumen ohne Erlaubnis nach dem GastG Getränke verabreichen.

Andererseits soll bei einem "offenen Verein" der Kreis der Mitglieder nicht individuell bestimmbar sein, weil die Mitgliedschaft "in der Praxis schnell und ohne Hinderungsgründe erworben" werdenk könne. Dann liege nur ein bestimmter Personenkreis vor, dieser offene Verein würde also eine Gaststättenerlaubnis erwerben müssen.


Kann man diese Unterscheidung auch für die Abgrenzung "öffentlich zugänglich" - "geschlossene Gesellschaft" fruchtbar machen, die für das bayerische Rauchverbot entscheidend ist ?
 
Familienfeier

Die Familienfeier ist zweifellos nichtöffentlich, die klassische "geschlossene Gesellschaft". Der Kreis der Familienangehörigen ist individuell und eindeutig bestimmbar, die Familie ist klassisch privat. Hier darf geraucht werden, sofern sich keine anderen Gäste im Lokal befinden. Von Familienmitgliedern mitbebrachte Gäste dürften zum weiteren Familienkreis gehören und an der geschlossenen Gesellschaft nichts ändern.

Betriebsfeier

Die Betriebszugehörigkeit ist ebenfalls eindeutig bestimmt. Geschlossene Gesellschaft.

Schützenverein anno 1914

Das für die Gaststättenerlaubnis maßgebliche Kriterium des bestimmten Personenkreises trifft zu - kein Ausschank ohne Erlaubnis.

Was gilt beim für das Rauchverbot maßgeblichen Kriterium der Öffentlichkeit ? Wird schon schwieriger. Der Verein steht wohl jedermann zum Beitritt offen. Gleichwohl dürfte der klassische Schützenverein einen wesentlichst stabileren Mitgliedsbestand haben als der offene Rauchverbotumgehungsverein. Dabei bringen die Schützenbrüder und -schwestern aber häufig Gäste mit zum Vereinsabend, die keine Vereinsmitglieder sind ? Öffentlich oder privat ? Feiern die Vereinsmitglieder Fasching im Lokal, nehme ich aus dem Bauch heraus eine "geschlossene Gesellschaft" an. Ist auch die Öffentlichkeit eingeladen (Plakate, Einladungen, ...) ist Schluß mit Qualm. Wo steht eigentlich, daß ein Verein als privat anzusehen ist ?! Die nichtrauchende Schützenschwester sollte im nur für Vereinsmitglieder zugänglichen Vereinslokal genauso ein Recht auf Schutz vor dem Passivrauchen haben wie der nichtrauchende Lokalbesucher - meine Meinung, tatsächich gilt das Gesetz, dessen Auslegung mir erheblich Kopfzerhrechen bereitet.

Verein zur Umgehung des Rauchverbots I

Ist er so organisiert, daß jedermann einfach "Mitglied" werden kann, dann handelt es sich formal sicher ebenfalls um einen Verein. Sofern die Mitgliederlisten laufend geführt werden (Gast trägt sich beim Betreten des Lokals in die Mitlgiederliste ein), ist auch der Kreis der Vereinsmitglieder individuell bestimmbar. Gleichwohl wird es sich hier um einen "öffentlichen Verein" bzw "offenen Verein" handeln. Ob es sich also um einen Verein handelt oder nicht ist nicht maßgeblich, da der Verein als solcher öffentlich ist. Kriterium der Öffentlichkeit trotz Vereinsqualität erfüllt - ausgequalmt.

Verein zur Umgehung des Rauchverbots II

Die 25 Stammgäste der Pinnte verbünden sich zu einem Raucherclub. Vor der Aufnahme eines neuen Mitglieds in diesen Club muß dieses sich erst einmal ein Jahr lang bewähren und dann eine Mutprobe bestehen. Der Wirt bescheidet sich damit, nur noch 25 Gäste bewirten zu können und geht künftig nebenbei Zeitungsautragen. Geschlossene Gesellschaft. Jungs qualmt, was das Zeug hält, es ist erlaubt !

Zwischenformen

Dazwischen wird es undenkbar viele Schattierungen geben. In jedem Einzelfall muß die Behörde Hinweisen nachgehen, selbst Indizien sammeln, ob und wie einfach Laufkundschaft Zutritt zum Raucherclub hat. Ein lustiges Katz-und-Mausspiel, das das Gesundheitsschutzgesetz sicher nicht bezweckt (bei dem die Behörden vermutlich auch nicht in der Lage sind, das Gesetz effektiv durchzusetzen). Zum Schutz der Gesundheit könnte der Begriff "öffentlich" eng auszulegen sein. Anhand geeigneter Kriterien sind echte Vereine von Rauchverbotumgehungsvereinen abzugrenzen. Überwiegt etwa der Vereinszweck "gemeinsames Rauchen" und kann jedermann einfach zum Vereinsmitglied werden, dann muß das Rauchverbot gelten.

Alternative

Der Gesetzgeber ändert das Gesundheitsschutzgesetz und läßt dem Wirt die freie Wahl, ob er ein Raucher- oder ein Nichtraucherlokal betreibt. Oder die Rechtsprechung macht die Arbeit des Gesetzgebers und entwickelt einen Katalog von Fallgruppen.

Materialien zur Entstehungsgeschichte des GSG

Kennt jemand einen Link zur parlamentarischen Diskussion / zur Entstehungsgeschichte des GSG ? Ich habe gerüchteweise gehört, daß ein Gesetz möglichst ohne Ausnahmen bezweckt war. Insofern ist das Begriffspaar öffentlich - privat tatsächlich sehr eng auszulegen auf den Kernbereich der Begriffsbedeutung. Für mich würde da bereits die Betriebsfeier nicht mehr dazugehören

Oktoberfestzutritt nur mit Einladung

Kreis der Gäste eindeutig individuell bestimmbar, weil nur derjenige Zutritt hat, der vom Wirt eine Platzreservierung erhalten hat - für die evtl. sogar bezahlt wurde. Bei Festzeltgästen handelt es sich aber klassischerweise um Öffentlichkeit und nicht um eine private Veranstaltung. Ausgeraucht, keine "geschlossene Gesellschaft" i.S.d. GSG. Anders, wenn Siemens sich den Schottenhammel für seine Beschäftigten mietet (und seinen Mitarbeitern den Qualm auch zumuten will).

Betriebsfeier

Irgendwo habe ich gelesen, daß bei einer Betriebsfeier in einer Gaststätte, bei der die Betriebsangehörigen unter sich sind, der Chef bestimmen dürfen soll, ob geraucht wird oder nicht. Tolle Regelung. Gesundheitsschutz derjenigen Mitarbeiter, die was gegen Qualm haben ? Muß man dann erst ausdiskutieren ? So ein Käse. Das klappt doch schon bei der Familienfeier nicht wirklich ... - wer legt sich mit dem Chef oder seinen Kollegen deswegen an ?


Bin ich militant ?
 
Freitags qualmts

Gibt es was dagegen einzuwenden, daß der Wirt die Aschenbecher nur freitags hinstellt und freitags nur der Raucherclub in die Kneipe darf, der aus den Stammgästen besteht ?

Wenn sichergestellt ist, daß an Freitagen keine Laufkundschaft Zutritt hat und am nächsten Tag keine Qualmrückstände mehr in der Luft verbleiben - ich sehe nicht, was dagegen sprechen könnte, wenn man den Raucherclub an sich als zulässig ansieht ? Schließlich wird der Wirt doch auch mal am Sonntag das ganze Lokal an Opa zur Feier seines Geburtstags vermieten dürfen, bei dem dann privat gequalmt wird.
 
GSG verfassungswidrig ?

Was ich wohl noch zu wenig gewichtet habe sind die durch das Rauchverbot verletzten Grundrechte der Raucher:

Zwar ist "Ziel dieses Gesetzes (...) der Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren durch Passivrauchen", es stellt sich aber die Frage, ob der Staat auch den Teil der Bevölkerung zwangsweise schützen darf, der in die Verletzung des Rechtsgutes (seiner eigenen Gesundheit) einwilligt.

Es muß auch der grundrechtlich geschützten Handlungsfreiheit des Rauchers angemessenes Gewicht zugebilligt werden. Die Handlungsfreiheit des Rauchers geht vermutlich so weit, wie nicht die Gesundheit anderer geschädigt wird, die nicht in die Schädigung eingewilligt haben. Dieser Grundrechtsverzicht dürfte hier zulässig sein, die Handlungsfreiheit gibt dem Einzelnen grundsätzlich auch das Recht, seinen eigenen Körper zu schädigen. Wenn sich also nur solche Personen im Gastraum befinden, die alle wirksam eingewilligt haben, zugequalmt zu werden, dann fehlt es an dem Erfordernis, die Gesundheit anderer zu schützen. Die Handlungsfreiheit des Rauchers muß dann voll zur Geltung kommen - es muß geraucht werden dürfen.

Insofern stellt sich hier die Frage, ob das Kriterium des GSG - die "Öffentlichkeit" - überhaupt erforderlich ist, um maximalen Grundrechtsschutz für beide Seiten zu gewähren. Denn aus der Sicht der Grundrechtsoptimierung - es müssen sowohl der Gesundheitsschutz der Passivqualmablehner und die Freiheit des Rauchers, rauchen zu dürfen, maximal zur Geltung kommen können - würde auch ein weniger grundrechtseinschränkendes Kriterium, das die selbe Wirkung erzielt, genügen. Zum Beispiel folgende Kennzeichnungspflicht. Der Wirt muß seine Gaststätte eindeutig als Raucher- oder als Nichtraucherbereich kennzeichnen. Jedermann hat dann die freie Wahl, ob er die Gaststätte betritt oder nicht. Betritt jemand die als Raucherbereich gekennzeichnete Gaststätte, so liegt darin ein konkludenter Verzicht auf den Passivrauchschutz. Schon damit wäre verhindert, daß jemand ohne sein Wollen zugequalmt wird. Insofern könnte das GSG verfassungswidrig sein, weil es das Übermaßverbot nicht beachtet.

Eine solche Regelung wäre nur dann nicht zulässig, wenn sie gegen ein Gleichheitsgrundrecht verstoßen würde. Bei einem Rauchverbot, das eine öffentliche Behörde angeht, wäre so eine Regelung unzulässig, weil die Behörde aus Gleichheitserwägungen jedermann gleichen freien Zutritt gewähren muß. Eine Regelung "niemand muß das raucherfreundliche Rathaus betreten" würde eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Nichtraucher darstellen, denn der Staat hat das Gleichheitsgebot uneingeschränkt zu beachten. Der Bürger muß freien Zugang zur Behörde haben. Wird der Bürger beim Behördengang durch Raucher in seiner Gesundheit geschädigt, dann ist das eine unzumutbare Zugangsbehinderung.

Fraglich ist aber, ob das auch der private Wirt muß ?

Also: Stellt das Rauchverbot einen Kontrahierungszwang für Wirte dar ? Kann ein Wirt vom Staat dazu gezwungen werden, seine Gaststätte gegen seinen Willen auch Nichtrauchern frei zugänglich zu machen ?

Nö, oder ?

Insofern müßte die Zulässigkeit von Raucherclubs wieder deutlich anders bewertet werden müssen. Der Handlungsfreiheit des Wirts muß maximal mögliche Geltung zugebilligt werden. Der Begriff "öffentlich" muß verfassungskonform ausgelegt werden.

Also Schild "Hier wird geraucht. Wer hier eintritt, verzichtet auf seinen Nichtraucherschutz": Der unbestimmte Rechtsbegriff "öffentlich" ist verfassungskonform im Hinblick auf die Privatautonomie des Wirts auszulegen. Dann würde das Schild an der Tür so zu qualifizieren sein, daß ein mit so einem Schild gekennzeichnetes Lokal als nicht "öffentlich zugänglich" anzusehen wäre. Vielmehr befinden sich in so einem Lokal ausschließlich Personen, die in den Eingriff in ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eingewilligt haben, weshalb diese Personen auch nicht vor dem Passivrauchen geschützt werden dürfen. Die Nichtraucher brauchen ebenfalls in einer so gekennzeichneten Gaststätte nicht geschützt zu werden, weil sie sie nicht betreten. Ein Anspruch darauf, eine bestimmte Gaststätte zu betreten, besteht nicht, da der Wirt privatautonom bestimmen darf, wen er bewirtet und wen nicht. Es bei dieser Sichtweise also keine unzulässige Umgehung des Rauchverbots vor.

Es mag politisch dagegen einzuwenden sein, daß solche Regelungen nur dazu führen, daß es keine Nichtraucherlokale gibt und insofern dem Nichtraucherschutz insgesamt noch weniger Rechnung getragen würde. Das kann rechtlich aber dann keine Rolle spielen, wenn dem Gesetz, das die "Volksgesundheit" schützen mag die Grundrechte Einzelner entgegen stehen. Das GG gibt dem Einzelnen maximalen Grundrechtsschutz. Der Gesetzgeber darf die Grundrechte des Einzelnen beim Schutz der Volksgesundheit nicht unzulässig einschränken.


Von diesem Thema wird wohl noch länger zu hören sein. Bin gespannt, wie die Behörden auf Raucherclubs reagieren und wie irgendwann die Verfassungsgerichte dazu Stellung nehmen !
 
neue VerfG-Entscheidung:

Gericht setzt Rauchverbot in Rheinland-Pfalz aus - Nachrichten-Newsticker von Welt Online - ständig aktuelle Nachrichten und Informationen - WELT ONLINE

Dort geht es um das rheinland-bällziche Rauchverbot. Das wird wohl das Qualmen nur in abgetrennten Räumen erlauben, die aber kleiner sein müssen als der qualmfreie Hauptraum, was zur Folge hat, daß in kleinen Einraumkneipen zwangsweise überhaupt nicht geraucht wird werden dürfen.

Dagegen haben jetzt einige Wirte solcher Minieinraumkneipen geklagt - und "vorläufigen Rechtsschutz" erhalten. Das Gericht setzte die entsprechende Regelung erst mal aus, bis es über die Frage im Hauptsacheverfahren eingehender nachdenken wird. Das hat nun erst mal allgemeine Auswirkung, niemand braucht diesen Teil der Regelung einstweilen zu beachten.

Die Begründung war wohl, daß die Wirte plausibel die Möglichkeit dargelegt haben, daß das Einraumqualmverbot ihre Existenz zerstört ("80% meiner Gäst sin Raucher !!") und daß nicht völlig ausgeschlossen ist, daß so eine Regelung Gleichheitsrechte verletzt (die kleine Kneipe darf de facto nicht, die große mit den entsprechenden räumlichen Möglichkeiten darf und hat so einen Wettbewerbsvorteil).
 
Zuschrift einer Leserin

Es kam ein interessanter Diskussionsbeitrag per Mail von jemand, der sich für den Nichtraucherschutz einsetzt.

Dort wird die Frage aufgeworfen, wie es um eine Fürsorgepflicht des Staates steht.

Habe nicht der Staat auch die Aufgabe, die Bürger "vor sich selbst" zu schützen ? Mache das der Staat nicht auch schon zuweilen, etwa wenn er den Autofahrer dazu anhält, sich anzugurten oder Motorradfahrer dazu, einen Helm zu tragen ?

Müsse man einer solche Schutzpflicht nicht auch sehr viel Gewicht beimessen - angesichts der Bürger, die an den Folgen des Aktiv- oder Passivrauchens sterben ?

Müsse man nicht das Nikotin wie andere Drogen behandeln, mithin den freien Verkauf verbieten ?

Könnten sich Politiker strafbar machen, die untätig bleiben, anstatt den Bürger zu schützen ?


Es darf diskutiert werden
 
Zur Schutzpflicht und zu Strafbarkeit der Politiker:

Das Grundgesetz schütz menschliches Leben und körperliche Unversehrtheit in Art. 2 II 1. Daraus leitet sich auch eine staatliche Schutzpflicht ab. Der Staat muß, u.a. durch geeignete Gesetze auch dafür Sorgen, daß Bürger vor Gefahren geschützt werden, die ihre Gesundheit beeinträchtigen könnten. Deshalb gibt es beispielsweise Lärmschutzvorschriften, Sicherheitsvorschriften für gefährliche Industrieanlagen - und neuerdings auch Gesetze, die vor den Gefährdungen schützen sollen, die von den Emissionen rauchender Mitmenschen ausgehen. Diese staatliche Schutzpflicht steht im Grundgesetz sogar an oberster Stelle und hat enorme Bedeutung.

Gleich im nächsten Satz, in Art. 2 II 2 GG, schützt das Grundgesetz aber auch die Freiheit der Person. Jeder Bürger soll, etwas laps ausgedrückt, "tun und lassen können, was er will". Auch dieses Grundrecht - die allgemeine Handlungsfreiheit - steht an oberster Stelle des Grundgesetzes und hat oberste Priorität.

Wenn es also um Sachverhalte geht, bei denen beide Vorschriften miteinander in Konflikt geraten, muß man einen Kompromiß finden, der beide Grundrechte optimal zur Geltung bringt.

Diesen Kompromiß zu finden ist Aufgabe des demokratisch legitimierten parlamentarischen Gesetzgebers, also Aufgabe "der Politiker". Es gibt kein absolutes "richtig" oder "falsch". In der Demokratie entscheidet die Mehrheit. Dahinter steckt die Idee, daß die "Intelligenz der Vielen" gute Entscheidungen zustande bringen wird. Der einzelne Abgeordnete entscheidet dabei frei, er ist bei seiner Entscheidung nur seinem Gewissen verpflichtet. Das kommt etwa im Indemnitätsprinzip des Art. 46 I GG zum Ausdruck, nach dem ein Abgeordneter "zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung (...) gerichtlich (...) verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden" darf. Wenn ein Abgeordneter also der Meinung ist, Schutz vor dem Passivrauchen ist überflüssig und Zigaretten müssen frei käuflich sein, dann macht er sich damit nicht strafbar. Das ist auch gut so. Es ließe sich sinnvoll auch gar nicht anders regeln, denn die Gesetze, aufgrund derer sich der Abgeordnete strafbar machen würde, würden wiederum vom Parlament erlassen werden.

Eine andere Frage wäre, inwieweit "der Gesetzgeber" insgesamt untätig bleiben darf - manchmal wird der Gesetzgeber auch vom Verfassungsgericht dazu verpflichtet, in einer bestimmten Richtung tätig zu werden, aber das darzustellen führt jetzt ein wenig zu weit.

Unsere Demokratie hat sich bei verschiedenen solcher Kompromißfragen zum Beispiel so entschieden:

Suizid:

Beim Suizid ist das menschliche Leben in Gefahr. Die Schutzpflicht hält den Staat einerseits dazu an, den Suizid zu verhindern, andererseits reicht die allgemeine Handlungsfreiheit sogar so weit, daß jedermann "frei" über sein Leben verfügen darf. Inwieweit jemand, der Suizidgedanken hegt, in diesem Moment wirklich frei entscheidet und nicht vielleicht in seiner freien Willensbildung durch eine psychische Krankheit beeinträchtigt wird, ist natürlich eine andere Frage. Jedenfalls ist der Suizidversuch straffrei. Sieht die Polizei aber jemand auf der Brücke stehen, dann muß sie ihn am Springen hindern. Die Polizei erfüllt dann die staatliche Schutzpflicht und schränkt gleichzeitig die Freiheit des Bürgers ein.

Anders sieht es schon aus bei einem schweren Alkoholiker. Auch der begeht eine Art Suizid, nur daß es etwas länger dauert. Objektiv gesehen schädigt der schwere Alkoholiker in jedem Fall seine eigene Gesundheit schwer. Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber hat aber entschieden, daß dennoch Alkohol - jedenfalls für Erwachsene - frei verkäuflich ist. Einen gewissen Kompromiß aufgrund der Schutzpflicht stellt dar, daß man "offensichtlich Betrunkenen" keinen Alkohol verkaufen darf. Dabei geht man davon aus, daß jemand in diesem Zustand ebenfalls nicht mehr frei entscheidet. Der Staat stellt dem Alkoholiker außerdem eine Fülle von Hilfeangeboten zur Verfügung. Die Entscheidung, diese wahrzunehmen muß der Alkoholiker aber selbst treffen.

Kann man also dem Raucher verbieten, so lange zu qualmen, bis er qualvoll vom Lungenkrebs dahingerafft wird ? Die Mehrheit hat sich bisher nicht dazu entschieden, Zigaretten einfach zu verbieten und so die Schutzpflicht weitestgehend zu erfüllen.

Vielmehr wird auf "Aufklärung" gesetzt. Spätestens seit es die großen Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln gibt, weiß jedermann, daß er seiner Gesundheit beim Rauchen nichts gutes tut. Er macht es dennoch. Es wird vielmehr dem Einzelnen die Freiheit gelassen, selbst zu entscheiden. Bei der Aufklärung gibt es natürlich noch das Problem der "Waffenungleichheit". Der Staat stellt für die Aufklärung weit weniger Geld zur Verfügung, als die Zigarettenwirtschaft für Werbekampagnen zur Verfügung hat.

Daß Rauchen auch Passivraucher schädigt, das hat jetzt lange gedauert, bis es auch die Parlamentarier wirklich ernst genommen haben. Der Passivraucher entscheidet ja gerade nicht selbst, sondern ist dem schädlichen Qualm einfach ausgesetzt. "der kann ja dem Rauch aus dem Weg gehen" würde wiederum dessen Freiheit unzulässig einschränken. Nichtraucherschutzgesetze waren also überfällig. Jetzt nimmt der Staat seine Schutzpflicht gegenüber den Passivrauchern endlich wahr.

Aber den Rauchern das Rauchen zu verbieten, wenn sie niemand anderen damit schädigen, der nicht auch selbst raucht ? Wenn man sich von der Brücke stürzen darf, dann wäre es jedenfalls konsequent, daß man auch in der Raucherkneipe rauchen darf.


In nächster Zukunft sorgen vermutlich genügend Raucher mit einer Klageflut dafür, daß die Entscheidungen der Landesparlamente gerichtlich auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung und damit genau auf die dargestellte Pflichtenkollission hin überprüft werden.
 
Gurt und Schutzhelm

Diese Beispiele zeigen, daß der Gesetzgeber sich auch schon recht weit aus dem Fenster gelehnt hat, also die Freiheit des Einzelnen zum Schutz vor sich selbst eingeschränkt hat.

Der Motorradfahrer muß einen Helm tragen, auch wenn er gerne ohne fahren würde. Der Kompromiß ist, daß ihm ja nicht das Fahren an sich verboten wird. Er darf (auf der Autobahn !) so schnell und so weit fahren wie er will, muß halt nur einen Helm tragen.

Bei der Gurtpflicht spielt wohl nicht nur der Schutz vor sich selbst eine Rolle. Ein nicht angeschnallter Autofahrer, der beim Crash wie eine Bombe durch die Windschutzscheibe aus seinem Auto raus durch die Luft fliegt ist auch eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.

Jedenfalls hat der Gesetzgeber eine recht weit gehende Einschätzungsprärogative. Wenn also hinter dem bayerischen Rauchverbot beispielsweise die Überlegung steckt, der Raucher darf ja weiter rauchen, nur halt nicht in der Kneipe, nicht einmal im Raucherclub, dann kann ein Gericht diese Wertung nicht ohne weiteres durch seine eigene Wertung ersetzen, außer sie liegt völlig außerhalb eines akzeptablen Rahmens. Das Gericht darf nämlich auch nicht demokratisch legitimierter Gesetzgeber spielen und die Entscheidung des Parlaments durch eine eigene Entscheidung ersetzen.

Wenn aber etwa hinter dem Rauchverbot "nur" der Schutz von Nichtrauchern steht, dann würde das Rauchverbot "übers Ziel hinaus schießen". Die Verfassung enthält ein Übermaßverbot. Der Gesetzgeber darf nur soweit regelnd eingreifen, wie es unbedingt erforderlich ist. Darauf könnte sich auch ein Gericht stützen und die parlamentarische Entscheidung deswegen doch kippen. Also: Jemand, der sich freiwillig in die Gesellschaft von Rauchern begibt, braucht deswegen nicht geschützt zu werden, weil er nicht geschützt werden will und dieser Wille auch legitim ist. Denn mit welcher Begründung soll der Staat vorschreiben dürfen, wo man seine Gesundheit schädigt, wenn er es gleichzeitig generell zuläßt, daß man seine eigene Gesundheit schädigt ?

Zigaretten und Drogen

Wer Drogen nimmt, schädigt sich ebenfalls selbst, der Drogenverkauf ist verboten, die "Nikotindroge" darf frei verkauft werden.

Selbst bei den Drogen, die oft als "harmlos" hingestellt werden, etwa Cannabis, kann bereits der einmalige Konsum zu schweren neurologischen Schäden führen. Drogeninduzierte Psychosen sind nicht selten. Deshalb scheint es angemessen, wenn der Staat hier eine verstärkte Schutzpflicht sieht und Drogen verbietet. Das Argument "ich will aber kiffen" wiegt gegenüber der schweren Gesundheitsschädigung nicht viel.

Zigarettenkonsum führt ebenfalls zu äußerst schweren Gesundheitsschäden - Bilder von qualvoll verreckenden Raucherlungenkrebspatienten sprechen eine deutliche Sprache. Im Unterschied zu den "anderen" Drogen ist Ursache der Schädigung aber nicht einmaliger oder kurzzeitiger Konsum. Vielmehr hat der Lungenkrebs seine Ursache in tausenden von Zigaretten, die über ein ganzes Leben lang einzeln konsumiert wurden, so daß es völlig fehlginge, den Konsum einzelner Zigaretten zu verbieten.

Mir scheint es hier angebrachter, daß der Staat seiner Schutzpflicht auf andere Weise nachkommt - indem er ordentlich aufklärt, auf die Gefahren des Rauchens hinweist und vor allem: Jugendliche vor dem Rauchen schützt. Meiner Ansicht nach müßte hier viel mehr getan werden. Vor allem der Schutz der Kinder und Jugendlichen steht wohl hauptsächlich auf dem Papier, ist aber nicht genügend effektiv.
 
Politiker

Nachdem die CSU bei den Kommunalwahlen kein Traumergebnis erzielt hat hört man jetzt plötzlich Stimmen, das Rauchverbotsgesetz müsse wieder abgeschafft werden.

Andere politische Stimmen wollen nur den Vollzug lockern - wobei ich mich - als jetzt VerwR-"Expertin" - schon frage, ob sich nicht auch in Bayern die Verwaltungsbehörden nach dem Gesetz zu richten haben und nicht nach der Stammtischhoheit bzw. den sich öfter mal kurzfristig ändernden Ansichten der Politik ?!

Die Kneipe bei mir umme Ecke jedenfalls hat ein schönes Schild an der Tür, "Hier wird geraucht", der Wirt kontrolliert definitiv nicht, wer Zugang zu seiner Kneipe hat sondern freut sich über jeden Gast - und keine Behörde kontrolliert ebenfalls nichts. Hartnäckige Nichtraucher zählen zudem nicht zu seinen Gästen.
 
Behörden überwachen ordnungsgemäße Umgehung des Rauchverbots

Ein nettes Affentheater, das sich derzeit in Bayern abspielt:

Nachdem in manch bayerischer Gemeinde mittlerweile 50% der Gaststätten zum Raucherclub mutiert sind, werden jetzt auch die Behörden tätig: Es wird kontrolliert, ob die Clubs das Rauchverbotsgesetz auch wirklich "ordnungsgemäß" umgehen, ob also tatsächlich Einlaßkontrollen stattfinden, ein Mitgliedsbeitrag erhoben wird, die Namen der Gaststättenbsucher bekannt sind etc.

Sollte nicht die bayerische Nichtraucherlösung die "schärfste" in ganz Deutschland sein ? Offensichtlich bezweckte der Gesetzgeber doch gerade nicht, daß das Rauchverbot inflationär umgangen werden kann. Ich erinnere mich an die Zielsetzung, daß es möglichst keine Ausnahmen geben sollte. Offenbar sollte die Gesetzesformulierung doch "wasserdicht" sein ?

Jetzt hat die Regierungsmannschaft gewechselt und plötzlich wähnt man die "Hoheit über die bayerischen Stammtische" und damit Wählerstimmen flöten gehen. Nur so ist es zu erklären, daß der gesunde Menschenverstand zur Zeit außer Kraft gesetzt ist und das schärfste Nichtrauchergesetz Deutschlands nun die bayerischen Nichtraucher nur auf dem Papier schützt - weil die Behörden ihre Aufgabe, das Gesetz durchzusetzen, schlicht nicht wahrnehmen.

Der Begriff "öffentlich zugänglich" könnte schlicht restriktiv ausgelegt werden, um den Sinn und Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes zur Geltung zu bringen: In Gaststätten soll nicht geraucht werden, außer in den eng begrenzten Fällen, daß etwa eine rauchwillige private Geburtstagsfeier tagt. Wenn aber jedermann Zutritt zur rauchenden Gaststätte hat, dann ist die Gaststätte öffentlich zugänglich, weil sie eben jedermann betreten kann. Irgendwelche Schilder oder "Mitgliederlisten" ändern daran nichts, sondern sind nur Umgehungstaktiken. Die Umgehung des Nichtraucherschutzgesetzes entgegen seinem Sinn und Zweck ist unzulässig.

Aber da traut sich im Moment niemand ran. Vermutlich kostet dieses Hin und Her dennoch einige Wählerstimmen. Wer will schon von Leuten regiert werden, die heute dies und morgen das erzählen, wie es ihnen gerade opprtun erscheint ?

Ob Raucher dann in ihrem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt sind, wäre vom Verfassungsgericht zu klären. Bis dahin sollte es eigentlich keine Raucherclubs geben dürfen.
 
eine kurze Spinnerei

Habe ich anzubieten. Ich bin zwar selber Raucher - finde aber eine Umgehung dieses Gesetzes einfach nur lächerlich. Alle Argumente zählen nichts. Für mich ist es die bloße Sturheit. Die ganze Welt hat Rauchen in Kneipen verboten - nur die Bayern streuben sich. Egal... Ich will mich nicht aufregen.

Meine Frage lautet - und damit will ich ehrlich gesagt den Wirten ein bißchen Probleme bereiten - falls ich in diesem "Verein", was er ja offensichtlich ist, einfach reinspazieren kann um die Kultur des Rauchens zu fördern, dann ist der Zweck doch mit dem Rauchen erfüllt. Also müsste ich doch im Umkehrschluß NICHTS essen und NICHTS trinken, oder? Ich will sogar noch weiter gehen - eigentlich könnte ich ja zu unseren Clubmeeting sogar mein eigenes Essen mitnehmen, oder? Und mein eigenes Trinken?

Vielen Dank für eure Zeit
Rat
 
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