Siggi könnte eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 9 II GSG begehen. Danach handelt auch ordnungswidrig, wer pflichtwidrig ein nach dem GSG bestehendes Rauchverbot umgeht. Hier könte Siggi sich dadurch pflichtwidrig verhalten, daß er als Verantwortlicher i.S.v. Art. 7 Nr. 3 GSG ein nach Art. 3 I 1 GSG in seiner "Pinnte" bestehendes Rauchverbot nicht umsetzt, sondern das Rauchen sogar fördert.
Dazu müßte zunächst überhaupt der Anwendungsbereich des GSG eröffnet sein. Gem. Art. 2 Nr. 8 GSG ist das GSG anzuwenden auf Gaststätten i.S.d. GastG, soweit sie öffentlich zugänglich sind.
Bei Siggis "Pinnte" müßte es sich also um eine Gaststätte i.S.d. GastG handeln und diese müßte auch öffentlich zugänglich sein.
Gaststätte i.S.d. GastG
Um eine Gaststätte handelt es sich gem. § 1 I GastG insbesondere dann, wenn - die übrigen Voraussetzungen liegen hier unzweifelhaft vor - der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.
Jedermann kann die Pinnte jedenfalls dann nicht betreten, wenn Siggi zuverlässig dafür Sorge trägt, daß nur die Mitglieder einen klassischen Vereins seine Gaststätte betreten können. Ob dies hier aber tatsächlich der Fall ist kann i.Z.m. der Frage nach der Zugänglichkeit i.S.v. § 1 I GastG jedenfalls dann offen bleiben, wenn die zweite Alternative zutrifft, die Zugänglichkeit für einen bestimmten Personenkreis. Als bestimmter Personenkreis sind auch bestimmte Bevölkerungsgruppen anzusehen. Die Gruppe der Raucher ist eine solche Bevölkerungsgruppe, auch Vereinsmitglieder sind als bestimte Bevölkerungsgruppe anzusehen. Mithin handelt es sich bei Siggis "Pinnte" um eine Gaststätte i.S.d. GastG.
öffentlich zugänglich
Siggis "Pinnte" müßte weiterhin auch "öffentlich zugänglich" sein, Art. 2 Nr. 8 GSG.
Insoweit liegt eine Überschneidung mit dem bereits bejahten Tatbestandsmerkmal des § 1 I GastG vor, der die Zugänglichkeit für einen bestimmten Personenkreis genügen läßt. Das GSG stellt seinem Wortlaut nach zusätzlich auf die öffentliche Zugänglichkeit ab.
Was darunter zu verstehen ist, das ist problematisch und durch Auslegung zu ermitteln. Anzulegen ist der Maßstab eines vernünftig und redlich Denkenden, es ist eine Abwägung aller konkreten Einzelfallumstände vorzunehmen. Ist Siggis Pinnte nach den sich aus dem SV ergebenden Umständen öffentlich zugänglich, dann muß er das Rauchverbot umsetzen, andernfalls bestünde das Rauchverbot mangels Einschlägigkeit des GSG nicht.
Öffentlichkeit eines Vereins ?
Würde bereits der Begriff des Vereins die Nichtöffentlichkeit implizieren, so würde das GSG und somit das Rauchverbot nicht gelten.
Ein Verein im klassischen Begriffsverständnis, das insbesondere durch die §§ 21 ff. BGB konkretisiert wird, entsteht erst durch Eintragung im Vereinsregister beim Amtsgericht, § 21 BGB. Der Verein hat gem. § 25 BGB eine Satzung, aus der sich auch der Vereinszweck ergibt, der im Rahmen der Grenzen der Rechtsordnung von den Mitgliedern grundsätzlich frei bestimmt werden kann. Für den Verein handelt gem. § 26 BGB der Vorstand, dessen Vertretungsmacht sich aus der Satzung ergibt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Satzung den Vorstand umfassend bevollmächtigt, Mitgliedschaften zu begründen. Es existiert eine Mitgliederliste, der Verein hält Sitzungen ab, bei denen Beschlüsse gefasst werden. Wie selten oder häufig solche Sitzungen stattfinden müssen, ergibt sich ebenfalls aus der Satzung. Eine gesetzliche Pflicht, daß Vereinsversammlungen nur einmal im Jahr stattfinden dürfen, exisitiert nicht. Ebenfalls gibt es kein gesetzliches Verbot, das die Unwirksamkeit einer Satzung zur Folge hätte, die bestimmt, daß Vereinssitzungen ständig stattfinden, etwa zu dem Zweck, die Geselligkeit zu pflegen.
Insofern kann allein aus dem Vereinsstatus noch nicht hinreichend bestimmt werden, ob es sich um Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit handelt. Denkbar ist auf der einen Seite ein klassischer Verein mit strenger Satzung und hohen Hürden für die Aufnahme als Mitglied, auf der anderen Seite auch der "offene Verein", bei dem vielleicht die Mitgliedschaft konkludent durch Betreten des Lokals und Einverständnis mit der am Lokaleingang aushängenden Vereinssatzung zustande kommt.
Somit impliziert der Vereinsbegriff allein noch nicht die Nichtöffentlichkeit.
Öffentlichkeit von Siggis "Verein zur ..."
Jedoch könnte Siggis "Verein zur ..." in einer die Öffentlichkeit ausschließenden Art und Weise organisiert sein.
Vorliegend soll die Vereinsmitgliedschaft jeweils im Einzelfall formlos durch den Vereinsvorsitzenden Siggi begründet werden. Voraussetzungen für die Aufnahme sind lediglich der Wille des Gastes, die Gaststätte zu betreten und der Wille zu akzeptieren, daß im Gastraum geraucht wird. Hinzu kommt Siggis Wille, den Gast auch in den Verein aufzunehmen. Die Bereitschaft des Wirts, Gästen im Einzelfall den Zutritt zum Gastraum zu gewähren oder zu verwehren stellte aber schon nach der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff der "Zugänglichkeit" i.S.d. GastG kein hinreichendes Kriterium dar. Vielmehr konkretisiert sich in diesem Zusammenhang lediglich die Privatautonomie, die es dem Wirt erlaubt, im Einzelfall Gästen den Zutritt zu seiner Gaststätte zu verwehren. Dabei richtet der Wirt aber das Angebot seiner Gaststätte weiterhin an die Öffentlichkeit.
Weitere Zutrittshürden bestehen außerdem nicht.
Siggi führt zudem keine Liste über Ein- und Austritt der Vereinsmitglieder, der Verein hat keine Satzung, er ist nicht im Vereinsregister eingetragen und es finden keine Sitzungen statt, für die im Voraus eine Tagesordnung anberaumt wurde und zu der Einladungen an die Mitglieder verschickt wurden.
Vielmehr soll der Vereinszweck nur darin bestehen, daß Raucher gemeinsam in der Pinnte sitzen, rauchen und dadurch die Rauchkultur bewahren.
Zutritt zu dem "Raucherclub" hat jedermann, der die Gaststätte betritt und den Wirt um Aufnahme in den Verein bittet.
Bei vernünftiger Betrachtung dieser Indizien ist davon auszugehen, daß die Ausgestaltung der "Kneippe" als "Verein zur ..." lediglich zur Umgehung des Rauchverbots dienen soll. Die "Kneippe" wird dadurch aber nicht zum nichtöffentlichen Raum. Vielmehr hat weiterhin die Öffentlichkeit mittelbar Zutritt zur "Kneippe" - der Verein dient nur als "Mittler" zum Zutritt zur Gaststätte.
Diese Auslegung wird zudem vom Sinn und Zweck des GSG gestützt, in dem der Gesetzgeber bewußt darauf verzichtet hat, eine Regelung zu treffen, wie sie zum Teil in anderen Bundesländern existiert, nach der es dem Wirt erlaubt ist, seine Gaststätte als Rauchergaststätte zu deklarieren. Das Rauchverbot im bayerischen Gesundheitsschutzgesetz kennt eine solche Ausnahme nicht. Der Wille des Gesetzgebers war vielmehr, das Rauchverbot auf jede öffentlich zugängliche Gaststätte zu erstrecken. Dieser gesetzgeberische Wille und der Gesetzeszweck, die Gefahren des Passivrauchens zu verringern, darf nicht dadurch umgangen werden, daß eine weiterhin öffentlich zugängliche Gaststätte auf einem Stück Papier zum nichtöffentlichen Raum deklariert wird.
Außerdem ist zu beachten, daß nach § 3 I 1 GastG die Gaststättenerlaubnis das Betreiben einer Gaststätte nur für die in der Erlaubnis genannte Betriebsart erlaubt. Ändert der Gastwirt die Betriebsart seiner Gaststätte so, daß dies Auswirkungen auf die Genehmigungsfähigkeit der Gaststätte haben kann, so muß die Gaststättenerlaubnis neu erteilt werden. Hier will Siggi seine bisher öffentlich zugängliche Gaststätte in einen geschlossenen Club umwandeln, der für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sein soll. Es ist durchaus möglich, daß eine Gaststättenerlaubnis für das Betreiben eines geschlossenen Clubs nur erteilt werden kann, wenn der Gastwirt am Eingang technische Vorkehrungen trifft, die den Zugang zur Gaststätte für Nichtmitglieder ausschließen. In Betracht kommt etwa eine Vorrichtung, die Zugang nur mit einer Chipkarte gewährt. Siggi hat keinerlei solcher Zugangskontrollvorrichtungen installiert. Es ist auch nicht davon auszugehen, daß es ihm möglich ist, permanent und mit der erforderlichen Zuverlässigkeit persönlich zu kontrollieren, ob jeder einzelne die Pinnte betretender Gast Clubmitglied ist oder nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß er dazu nicht in der Lage ist, da er hauptsächlich mit dem Zubereiten und Servieren von Speisen und Getränken beschäftigt sein dürfte, während dessen er nicht in der Lage ist, den Gaststätteneingang im Auge zu behalten. usw. ...
Siggis "Kneippe" ist daher als öffentlich zugängliche Gaststätte anzusehen.
Ergebnis
Siggis "Kneippe" ist trotz des im SV geschilderten Aushangs an der Kneipentür als öffentlich zugängliche Gaststätte i.S.d. GastG anzusehen. Der Anwendungsbereich des GSG ist damit eröffnet. Für Siggis Kneippe gilt das Rauchverbot des GSG. Sofern er nicht dazu beiträgt, das Rauchverbot auch umzusetzen, begeht er gem. Art. 9 II GSG eine Ordnungswidrigkeit, sofern seine Gäste in der "Kneippe" rauchen, begehen sie ihrerseits Ordnungswidrigkeiten nach Art. 9 I GSG. Die zuständige Behörde kann - ggf. nach erfolgloser Abmahnung - ein Bußgeld verhängen.
Inwiefern sich eine fortgesetze Mißachtung des Rauchverbots und behördlicher Anordnungen auf die "Zuverlässigkeit" i.S.d. Gaststättenerlaubnis auswirken, ist in einem weiteren Gutachten zu prüfen.