Einführung allg. Mindestlohn

Dr Franke Ghostwriter
Nachdem die Chancen nicht schlecht stehn, dass ein aktuelles Thema in der ALO-Klausur drankommt, können wir dem ja schon mal vorgreifen und üben.

Also: Was passiert, wenn ein allgemeiner Mindestlohn für alle Branchen eingeführt wird?
Wie ändert sich das Modell, wenn man verschiedene Arbeitsqualitäten unterstellt?
Ist Vollbeschäftigung in diesem Szenario noch möglich??



Schön diskutieren, aber bitte präzise sein, vielleicht liest die Bundesregierung mit und braucht "Hard-Facts"
 
Aus der Presse - Mindestlohngewinner

Hier habe ich mal einen Artikel aus der "Frankfurter Rundschau" zum Thema
Mindestlohn!

Mindestlohngewinner

Der Postmindestlohn hat einen bislang unbekannten Gewinner: Fahrradkuriere rechnen mit neuen Kunden, falls Private Postzusteller wie PIN Beschäftigte entlassen und sich aus dem Markt zurückziehen.
"Wir haben schon jetzt einige Aufträge zurückerhalten", sagt Rita Rohlfing, Vorsitzende des Bundesverbandes der Fahrradkuriere in Bielefeld.
Langfristig würden die etwa 100 Radbetriebe in Deutschland Aufträge von PIN und TNT übernehmen können. "hier können viele Arbeitsplätze entstehen" , so Rohfing.
aus Redaktion "Dialog"

Frage bleibt, wie hoch ist der Mindestlohn hier?! Würde mich einmal brennend interessieren
 
Katja,

Dein Bsp zeigt wieder, dass offensichtlich durch Einführung eines Mindestlohns Arbeitsplätze im geschützen Sektor abgebaut werden, wenn es noch einen flexiblen Sektor gibt, in dem diese Arbeitsplätze besetzt werden können.

Nun bleibt als Frage, was denn passieren würde, wenn für alle Menschen ein Mindestlohn gelten würde?
Würden nur die Preise soweit steigen, dass gerade die LOhnniveauerhöhung wieder aufgebraucht wäre und es gar keine Konsequenzen für reale Größen wie das BIP oder die Beschäftigung gäbe?
Oder würde die ALO zunehmen?

Grüsse
Jo
 
Die Antwort ist: das kommt darauf an! 😀

Nehmen wir ein ganz einfaches, handelsübliches Makromodell. Der Lohn, den ein Arbeitgeber bezahlt, orientiert sich ja an der Produktivität der Arbeitskraft. Gehen wir davon aus, dass wir in der Volkswirtschaft eine Produktionsfunktion haben und dass die Grenzproduktivität der Arbeit positiv aber fallend ist.

Im Gewinnmaximum haben wir dann: Lohn = Wertgrenzproduktivität.

Nun können wir zwei Fälle unterscheiden:

1. Der Mindestlohn liegt unter der Wertgrenzproduktivität im Gewinnmaximum.

Dann passiert nix, denn offenbar werden die Leute schon besser bezahlt als der Mindestlohn.

2. Der Mindestlohn liegt darüber

Dann muss die Volkswirtschaft sich wieder ins Gewinnmaximum begeben. Da der Lohn nun höher ist muss auch die rechte Seite rauf (also die Wertgrenzproduktivität muss steigen). Diese ist ja [tex]pF_L[/tex]. Wir hatten gesagt, dass [tex]F_L[/tex] zwar positiv, aber fallend ist. Damit [tex]F_L[/tex] also größer wird, muss der Arbeitseinsatz sinken.

Es wird also weniger Arbeit nachgefragt, die Arbeitslosigkeit steigt.

Das ist natürlich eine sehr grobe Argumentation, denn reale Volkswirtschaften produzieren nicht mit einer einzigen Produktionsfunktion. Aber das Argument gibt über den Daumen gepeilt einen Anhaltspunkt, wo's langgeht: Jobs, deren Produktivität unter dem Mindestlohn liegt, werden verschwinden oder gar nicht erst entstehen.

Das sehen wir jetzt bei der PIN-Group. Die Produktivität eines grünen Briefträgers ist kleiner als die eines gelben, ganz einfach, weil er weniger Briefe zum Austragen hat. Da die Produktivität offenbar nicht hoch genug ist, den Mindestlohn wieder reinzuholen, macht man jetzt den Laden dicht. Das Verschwinden von einigen Tausend Arbeitsplätzen wird dann noch als sozialpolitische Wohltat verkauft. Aber das ist eine andere Geschichte...

So, nun gibt es noch das Argument mit der gestiegenen Kaufkraft durch einen Mindestlohn. Aber das konjugiert der Lehrtext ja ausführlich durch.
 
Die Antwort ist: das kommt darauf an! 😀

2. Der Mindestlohn liegt darüber

Dann muss die Volkswirtschaft sich wieder ins Gewinnmaximum begeben. Da der Lohn nun höher ist muss auch die rechte Seite rauf (also die Wertgrenzproduktivität muss steigen). Diese ist ja [tex]pF_L[/tex]. Wir hatten gesagt, dass [tex]F_L[/tex] zwar positiv, aber fallend ist. Damit [tex]F_L[/tex] also größer wird, muss der Arbeitseinsatz sinken.

Es wird also weniger Arbeit nachgefragt, die Arbeitslosigkeit steigt.

Das ist natürlich eine sehr grobe Argumentation, denn reale Volkswirtschaften produzieren nicht mit einer einzigen Produktionsfunktion. Aber das Argument gibt über den Daumen gepeilt einen Anhaltspunkt, wo's langgeht: Jobs, deren Produktivität unter dem Mindestlohn liegt, werden verschwinden oder gar nicht erst entstehen.

Dann könnte der Staat dahin gehend regulieren, das die Transferleistungen an den Leistungsempfänger gekürzt werden also niedriger wird.
Somit haben wir nicht nur geringere Einnahmen, auch geringere Ausgaben🙄
Das Modell könnte doch so weiter gesponnen werden...

Bliebe dann zusehen, wie in welchen Branchen sich die Arbeitslosenquote sich verändert?!
 
Ja, aber von Transferzahlungen war ja überhaupt nicht die Rede.

Erstens weil sie in dem Modell gar nicht vorkommen – und zweitens, weil die Arbeitslosigkeit, die durch den Mindestlohn entsteht, ja im neoklassischen Sinne nicht freiwillig ist. Die Leute würden zum Mindestlohn ja arbeiten – wenn es die Jobs gäbe. Aber die Jobs wurden ja gestrichen (oder ökonomisch: die Arbeitsnachfrage der Unternehmen wurde gesenkt), um ins Gewinnmaximum zurückzukommen.
 
Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Briefdienstleistungen

BMAS strebt eine Verordnung ab den 01.01.2008 an, über zwingende Arbeitsbedingungen für Briefdienstleistungen. Es soll eine Laufzeit bis zum 30.04.2010 geben und verpflichtet alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen, die gewerbs- o. geschäftsmäßig Briefsendungen befördern, ihren AN den Mindestlohn zu zahlen.
Der soll für Briefdienstleist4er allgemein 8,40 € und für Briefzusteller 9,80 € betragen.
Witzig ist, das auch hier weiterhin unterschieden wird in West und Ostdeutschland. In Ostdeutschland soll es dann 8,00 € sein und der Briefzusteller bekommt 9,00 €,
Eine Erhöhung ist nicht vorgesehen.

Was meint IHr zu der Höhe des Mindestlohnes?
 
Stand Briefmarkt und der Mindestlohn

Hier gibts mal wieder eine Neuigkeit vom BMAS:

"
Zu dem heutigen Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin über die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Branche Briefdienstleistungen erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
Die Bundesregierung hat eine klare und fundierte Rechtsauffassung zur Rechtmäßigkeit der Mindestlohn-Verordnung Briefdienstleistungen.
Bundesregierung und Bundestag hatten im vergangenen Jahr entschieden, die vollständige Öffnung des Briefmarktes mit einem Mindestlohn zu flankieren. Daher hat sich der Gesetzgeber zum Schutz der Beschäftigten in der Branche für einen Mindestlohn ausgesprochen und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz erweitert.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hält die Entscheidung für falsch und hat bereits Berufung eingelegt. Die Entscheidung weicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts ab.
"

Die Verordnung bleibt wohl erstmal weiterhin in Kraft!

Tss, Kampf des Briefmarktes und ihre Preise :tuedelue
 
Neue Diskussion zu den Mindestlöhnen IAB-Newsletter 8/2008

Hier mal wieder eine neue Diskussion zu den Mindestlöhen aus dem IAB-Newsletter:

"
1. Neue Ausgabe der Zeitschrift fuer ArbeitsmarktForschung (ZAF) erschienen

Debatte um Mindestlohn: Mit Wolfgang Franz und Gerhard Bosch konnten wir zwei
gleichermassen streitbare wie renommierte Oekonomen dafuer gewinnen, ihre
kontroversen Positionen zum Thema Mindestlohn in dieser Ausgabe der ZAF
(Heft 4/2007) zu verfechten. Wolfgang Franz haelt bindende Mindestloehne
gleich welcher Ausgestaltung fuer beschaeftigungs- und sozialpolitisch
verfehlt.
Die Einfuehrung eines Mindestlohnes fuer Briefzusteller, so Franz,
sei ein schwerwiegender wirtschaftspolitischer Fehler gewesen. Demgegenueber
betrachtet Bosch Mindestloehne als ein notwendiges Instrument, um die
Lohndifferenzierung nach unten zu begrenzen.
Bei einer schrittweisen
Einfuehrung und einer begleitenden Evaluation - wie dies in Grossbritannien der Fall sei - koennten die Risiken auch in Deutschland beherrschbar bleiben.

Weitere Aufsaetze in Heft 4/2007 beschaeftigen sich mit dem gewerkschaftlichen
Einfluss auf die Weiterbildungsaktivitaeten ....
"

Tja, welche Meinung würde ihr den vertreten?
 
Mindestlohn hilft nicht!

Mittlerweile habe ich den Eindruck das der Mindestlohn nicht viel hilft.
Entweder ist er sooo niedrig das ökonomisch nicht schadet, dann nutzt er auch nichts gegen Armut oder er ist so hoch das er zum Verlust von Arbeitsplätzen führt, dann verschärft er die Armut.

Meine Meinung die Kluft Arm und Reich ist größer geworden und die Reichen haben kein Bock auf ein schickes Umfeld. Nachdem Motto Dagobert Duck, stirb krank und einsam!
 
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