Fälle zum CISG?

Dr Franke Ghostwriter
kennt jemand von euch ein gutes Fallbuch mit vielen Fällen zum CISG? In den meisten Büchern sind ja nur 1 bis 2 Fälle zum Un-Kaufrecht :/
 
Im Alpmann/Schmidt ist ein Fall mit 2 Abwandlungen, im Niederle 1 Fall.

Ich koennte mir vorstellen, dass sowas aehnliches wie beim Alpmann/Schmidt Fall kommt, CISG (Anspruch Schadenersatz aus Vertrag) inkl. externer Luecke (Gueltigkeit Vertrag) und dadurch Anwendung der Rom I VO.
 
Danke Flurina, diese Fälle hab ich auch. Hab noch einige andere mühselig gesammelt, ich hab nur gedacht, dass vielleicht jemand noch ein Buch mit Fällen besonders zum CISG kennt, was ich vielleicht einfach nur übersehen habe. Naja, dann muss es auch so gehen.

Ich denke auch, dass es nicht nur reines UN-Kaufrecht wird, obwol das allein auch sehr knifflig sein kann. Vielleicht auch mit Zusatzfrage nach deliktsrechtlichen Ansprüchen.

Danke noch mal!
 
du musst auch den Anwendungsbereich der Rom-I-Vo prüfen, denn nur, wenn diese anwendbar ist, kann sich das für die Lücke relevante Recht nach ihr bestimmen. Wenn sie es nicht ist, erfolgt die Lückenschließung nach Maßgabe der nationalen Kollisionsnormen.
 
heute, beim Auswendiglernen und Wiederholen sind mir hinsichtlich externer Lücken ein paar Interessante Gedanken gekommen. Ich schreibe sie mal zum Kommentieren und Korrigieren herunter:

Zur Behandlung externer Lücken allgemein: Art. 7 II CISG: Also entweder nach den allgemeinen Grundsätzen des CISG, oder, falls dies nicht möglich, nach dem IPR des Forumsstaates.

Beispiele externer Lücken, die ich im Zuge von Übungsfällen gefunen habe:

  • Rechtsfähigkeit: Gem. Art. 7 II Alt. 2 CISG nach autonomen nationalem Recht anzuknüpfen, Deutschland: Art. 7 EGBGB
  • Produkthaftung: dito, Gem. Art. 5 Rom-II-VO
  • Aufrechnung: dito, nach nationalem autonomen deutschem Kollisionsrecht jedoch nicht geregelt, Lösung des BGH: Aufrechnung hat prozessorischen Einschlag, daher Anknüpfung an IPR Forumsstaat, Deutsches Prozessrecht: Akzessorische Anknüpfung an das Statut der Passivforderung, also der Forderung der Person, der die Aufrechnung erklärt wird.
  • Vertretungsmacht: Äußerst Umstritten, es ist zwischen 3 Rechtsverhältnissen zu unterscheiden, nämlich erstens dem Grundverhältnis (Auftrag, etc...), zweitens dem Vertretergeschäft und drittens dem Vollmachtstatut (Rechtliches Können des Vertreters) Anknüpfung (aus der Sicht eines deutschen Richters): Grundverhältnis: Rom-I-VO, Vertretergeschäft: dito, Vollmachtstatut: strittig, a) Wirkungsort, wo der Vertreter tätig werden soll, und b) Statut des Wirkungsortes, an dem der Vertreter tatsächlich tätig wird (letzte Meinung wird vom Lehrstuhl favorisiert).
  • Sonderanknüpfungen Vollmachtstatut: Handelsvertreter mit Niederlassung: Statut des Niederlassungsortes, Vollmachtsstatut i.V.m. Immobiliengeschäften: lex rei sitae, Duldungs-und Anscheinsvollmacht und Folgen: Vollmachtstatut (siehe oben), Folgen fehlender Vertretungsmacht sowie: Möglichkeit der Genehmigung in diesem Falle: strittig, a) Vollmachtstatut b) lex causae, also Geschäftsstatut
  • Jetzt ein schwieriger Fall mit Beispiel: Zufällige Schadensverlagerung: Ware wird eingeschifft, dann erst verkauft, danach durch ein Feuer auf dem Schiff zerstört. Lex-Causae= CISG. Problem: Käufer kann aufgrund der Tatsache, dass Gefahrenübergang gem. Art. 68 CISG bei Spezieskauf mit Abschluss des Kaufvertrages auf den Käufer übergeht keine Nachbesserung, Minderung oder SchE verlangen. Er hat zwar einen Anspruch auf Erfüllung gem. Art. 46 I CISG, der ist aber, da Ware zerstört, in einen Anspruch auf Ersatzlieferung übergegangen, der weiteren Voraussetzungen unterliegt. Käufer muss also dem Verkäufer Kaufpreis zahlen, bekommt aber nur beschädigte Ware. Standardfall der zufälligen Schadensverlagerung. Ist im CISG nicht geregelt, also eine Externe Lücke. Lösung deutsches Recht: Käufer erwirbt Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums gem. § 285 I BGB i.V.m. den Grundsätzen der Drittschadensliquidation (Hier: Fall der Obligatorischen Gefahrenentlastung). Das CISG kennt aber eine dem § 285 I BGB vergleichbare Vorschrift nicht. Lösung des BGH: In Einklang mit Art. 7 II Alt. 1 CISG erfolgt die Lösung in analoger Anwendung des Rechtsgedankens aus Art. 84 II CISG. Der Käufer erwirbt ein Anspruch gegen den Verkäufer auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums gem. den Grundsätzen der Drittschadensliquidation i.V.m. dem Rechtsgedaneken aus Art. 84 II CISG analog. Im Klartext: Käufer kann von Verkäufer die Abtretung des Anspruches auf Schadensersatz gegen den verantwortlichen des Schadens verlangen (z.B. Reederei, auf deren Schiff es gebrannt hat) und geht so nicht leer aus.
Nichts gefunden habe ich für die externen Lücken der Sittenwidrigkeit und der Behandlung von Willensmängeln. Vielleicht könnt Ihr mir damit weiterhelfen? Auch für Anregungen, Kritik und Korrekturen meiner oben genannten Ansätze bin ich dankbar.
 
Jetset,

ich glaub du hast einen kleinen Denkfehler in deinen Ausführungen. Externe Lücken werden nicht nach Art. 7 II CISG behandelt, sondern nur die internen Lücken werden nach Art. 7 II CISG behandelt.

Externe Lücken werden nach dem IPR des Gerichtsstaates angeknüpft (siehe auch dazu Skript Teil 4, S. 19 Rn. 35).

Gruß
 
  • Aufrechnung: dito, nach nationalem autonomen deutschem Kollisionsrecht jedoch nicht geregelt, Lösung des BGH: Aufrechnung hat prozessorischen Einschlag, daher Anknüpfung an IPR Forumsstaat, Deutsches Prozessrecht: Akzessorische Anknüpfung an das Statut der Passivforderung, also der Forderung der Person, der die Aufrechnung erklärt wird.
Bei Anwendbarkeit der Rom-I-VO geht das aber doch schon aus Art. 17 hervor, oder nicht?
Wo liegt hier mein Denkfehler?
 
Gera,

du hast Recht, die Aufrechnung ergibt sich schon aus Art. 17 Rom-I-VO.

Es sieht so aus, dass die BGH-Entscheidung aus der Zeit vor der Geltung der Rom-I-VO stammt, da es im autonomen deutschen IPR damals in den Art. 27-37 EGBGB keine Regelung für die Aufrechnung bei vertraglichen Schuldverhältnissen enthielt (soweit ich mich erinnere).
 
  • Produkthaftung: dito, Gem. Art. 5 Rom-II-VO

Soweit man mit der h.M. geht, aber nur für vorsätzliche Schädigung oder arglistiger Täuschung.


Nichts gefunden habe ich für die externen Lücken der Sittenwidrigkeit und der Behandlung von Willensmängeln. Vielleicht könnt Ihr mir damit weiterhelfen? Auch für Anregungen, Kritik und Korrekturen meiner oben genannten Ansätze bin ich dankbar.

Willensmängel unterfallen nach meinem Verständnis Art. 10 I Rom-I-VO, danach also dem Recht, was anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre.

edit: Bei Sittenwidrigkeit auch.
 
In der Fußnote 16 zur Rom I-VO steht, dass Groß Britannien sich nun auch an der Annahme der Rom I beteiligt. Gilt für GB die Rom I nun genauso wie für die anderen Mitgliedstaaten (außer Dänemark)? Oder habe ich noch etwas übersehen? Im Skript Teil 4 Rn 14 steht dass sie nicht für GB gilt.
 
Oh, das hatte ich ganz übersehen, ich war noch auf dem Stand des Skripts.

Aber das ist so richtig - Großbritannien hat erst nachträglich, nach Verabschiedung der Rom I-VO, das opt-in erklärt, jetzt gilt sie aber auch für GB. (Ferrari/Kieninger/Mankowski u.a., Internationales Vertragsrecht - 2. Auflage 2011)
 
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