Fall 1

Dr Franke Ghostwriter
Einsendearbeit Nr. 1 vom SS 2004 zu den Kurseinheiten 1 & 2

SACHVERHALT:

Student S hat Probleme mit seinem Vermieter. Mit den andauernden Streichen seiner Katze hat er sich gründlich unbeliebt gemacht. Deshalb sucht S eine neue, katzenfreundliche Bude. Auf ein Inserat hin ruft er H an und will dessen Zimmer zum 1. September mieten. Dieser versteht aufgrund der schlechten Verbindung jedoch 1. Dezember und sagt zu. Am 2. August reicht es V endgültig, da die Katze aus dem möbilierten Zimmer des S in seine Wohnung gelangt ist und dort eine wertvolle Perserbrücke zerstört habe. Er schiebt S eine schriftliche Kündigung unter der Zimmertür hindurch. Als S abends müde aus der Universitätsbibliothek heimkehrt, findet er diese jedoch nicht mehr vor, da sich die Katze aus Langeweile die Zeit so intensiv damit vertrieben hat, dass nichts mehr übrig ist. Am 1. September will V den S hinauswerfen, H ihn nicht einziehen lassen.

Zu Recht?

1. Ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende empfangsbedüftige Willenserklärungen zustande.

2. Eine Kündigungserklärung ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, also kein Vertrag.

3. Auf die §§ 535, 542, 546, 549, 573 c BGB wird hiermit verwiesen. Andere Vorschriften oder Kenntnisse aus dem Schuldrecht benötigen Sie für die Lösung nicht. Es reicht, die genannten Vorschriften dem Wortlaut nach anzuwenden und den Sachverhalt darunter zu sbsumieren. Eingehende Erörterung wird nur bei Problemen aus dem Allgemeinen Teil des BGB erwartet.
 
Lösungsskizze (nach Prof. Wackerbarth):

I. Anspruch S gegen H aus § 535 I 1 BGB
1.) Zustandekommen eines Mietvertrages
a) Vorliegen zweiter übereinstimmender Willenserklärungen
-> Angebot und Annahme
aa) Angebot
(1) objektiver Tatbestand einer WE (+)
(2) subjektiver Tatbestand einer WE (+)
(a) Handlungswille (+)
(b) Erklärungsbewusstsein (+)
(c) Rechtsfolgewille (+)
-> Vorliegen einer wirksamen Willenserklärung des S (Angebot) (+)
bb) Abgabe durch Aussprechen des Angebots (+)
cc) Zugang einer WE unter Anwesenden (-)
(1) Möglichkeit zur Wahrnehmung (+)
(2) Tatsächliche Wahrnehmung der WE durch H (-)
(3) Mögliche Korrektur im Interesse des Verkehrsschutzes des Erklärenden (-)
-> Zugang (-)

Ergebnis:
Kein Mietvertrag

II. Anspruch des V gegen S gem. § 546 I BGB
1.) Kündigungserklärung (+)
a) objektiver Tatbestand (+)
b) subjektiver Tatbestand (+)
aa) Handlungswille (+)
bb) Erklärungsbewusstsein (+)
cc) Geschäftswille (+)
c) Abgabe (+)
d) Zugang
aa) in den Machtbereich des Empfängers (+)
bb) Möglichkeit zur Kenntnisnahme (+) unter normalen Umständen (+)
-> Verhalten der Katze im Risikobereich des S
-> Kenntnis des V über Verhalten der Katze (-)
-> Zugang (+)
-> Vorliegen einer wirksamen Kündigungserklärung (+)
2.) Kündigungsgrund
Ausnahmetatbestand des § 549 II Nr.2 BGB
aa) Mietverhältnis über Wohnraum (+)
bb) innerhalb vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung (+)
cc) Wohnraum mit Einrichtungsgegenständen des Vermieters ausgestattet (+)
-> kein Grund erforderlich
3. Ablauf der Kündigungsfrist
-> § 573 c I BGB
Fristende 31.10.
Ausnahme: verkürzte Kündigungsfrist des § 573 c III BGB
Fristende: 31.09.

Ergebnis:
V gegen S Anspruch aus § 548 I BGB auf Rückgabe der Mietsache
 
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