Fall aus der Praxis

Dr Franke Ghostwriter
A verkauft bei einer Onlineversteigerung einen gebrauchten Kinderstuhl. Im Angebot steht, dass er in "sehr gutem Zustand" ist. B ersteigert diesen dann für ca. 70 € und bekommt den Stuhl nach Hause. Dort stellt sie fest, dass der Stuhl erhebliche Mängel aufweist: Lehne muss geleimt werden, am Stuhlbeim guckt scho ein Nagel hervor, ansich ist der Stuhl schon in einem sehr abgenutzten Zustand.
B schreibt A also eine E-Mail, in der steht, dass sie einen solchen abgenutzen Stuhl nicht gebrauche kann und bittet um Rückabwicklung des Kaufs.
A schreibt zurück dass nach §§ 156, 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ein Widerufs- und Rückgaberecht ausgeschlossen ist.
B ist erbost und enttäuscht und stöbert ihrerseits im Gesetz und antwortet ihm darauf, dass sie als Käuferin auch Rechte hat. Sie weist A darauf hin, dass er ihr die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen hat. Da der Stuhl definitiv nicht "in sehr gutem Zustand" ist, läge hier ein Sachmangel nach § 434 I 1 BGB vor, da es an der vereinbarten Beschaffenheit fehle. Eine Nacherfüllung scheidet aus, da er den Stuhl nicht mehr "besser" machen kann und er auch keinen besseren Stuhl mehr hat. Sie erklärt ihm daraufhin nochmals den Rücktritt
Nachdem A gemerkt hat, dass er wohl keine Chance hat, lenkt er ein und erklärt sich mit der Rückabwicklung einverstanden.
Also muss man wieder sagen, dass ein paar Rechtskenntnisse im Leben immer gut zu gebrauchen sind.

Und B freut sich, dass sie dieses Bruchstück wieder losgeworden ist.

LG Jeannette
 
In der "Laienpraxis" scheinen auch oft einige Mißverständnisse aufzutreten:

Eine Onlineversteigerung - also etwa ein Gschäft über ebay - ist keine Versteigerung i.S.v. § 156 BGB, es mangelt am Zuschlag durch einen Auktionator. Es macht für das Bestehen eines Widerrufs- / Rückgaberechts also keinen Unterschied, ob das Gschäft - etwa bei ebay - per "Sofort-Kaufen" oder per ebay-"Auktion" zustande kommt. Es kommt lediglich "ganz normal" darauf an, ob der Verkäufer Unternehmer ist, ob die Mitteilungspflichten ordentlich erfüllt wurden und die Frist damit zu laufen begann und ob die Frist zur Ausübung des Widerrufs- / Rückgaberechts gewahrt wurde. Natürlich kann unabhängig davon auch ein vertragliches Rückgaberecht vereinbart sein. Dann kommt es auf die Vereinbarung an.

Erhebliche Mängel an der Kaufsache (zum maßgeblichen Zeitpunkt) berechtigen den Käufer selbstverständlich, Nacherfüllung zu verlangen. Allerdings wird die Gewährleistung bei ebay häufig ausgeschlossen, was zwischen Verbrauchern zulässig ist. Richtig ist, daß eine Ersatzlieferung bei einem Einzelstück nicht möglich ist. Es bleibt aber immer noch die Mangelbeseitigung. Die Lehne konnte vielleicht geleimt werden, das Stuhlbein ausgetauscht, der Zustand insgesamt durch ein wenig "Aufpolieren" verbessert werden. Ein sofortiger Rücktritt war in diesem Fall also vermutlich nicht gerechtfertigt. B hätte zunächst einmal von A verlangen müssen, daß er den Stuhl auf seine Kosten repariert. Erst nach einer Ablehnung der Mangelbeseitigung durch den Verkäufer oder nach erfolglosem Fristablauf konnte der Rücktritt erklärt werden. Anders wäre es, wenn auch die Mangelbeseitigung aus objektiver Sicht unmöglich oder unzumutbar war. Dann wäre ein sofortiger Rücktritt gerechtfertigt - der Vertrag müßte dann rückabgewickelt werden.


Aber insgesamt bist Du den Müllstuhl zum Glück wieder los - ein paar juristische Sätze wirken also doch Wunder, wie man wieder sieht ...
 
Manche Onlineauktion riecht meiner Erfahrung nach wie vergütete Abfallentsorgung ...

A bietet einen alten, versch(l)issenen (sorry 😀 ) und stark abgenutzten Schaukelstuhl per Onlineauktion feil, wobei er ihn als "in sehr gutem Zustand" beschreibt. Es sind sonst keine Hinweise ersichtlich, daß diese Beschreibung nicht zutreffen könnte ...

Hier wäre natürlich auch die arglistige Täuschung zu prüfen. Nach unverzüglicher Anfechtung bei Erhalt des guten Stücks dürfte es in so einem Fall unerheblich sein, ob ein Rückgaberecht besteht. Das ergibt sich dann aus der Anfechtung und der Vertragsunwirksamkeit.

Schwieriger wird es etwa beim Verkauf zwischen Privaten, wenn nicht eindeutig zu erkennen ist, daß die Kaufsache bereits vor dem Verkauf in üblem Zustand gewesen sein mußte. Bei so einem abgewetzten Stuhl fällt der Nachweis leicht. Oft wird der Verkäufer - ich spreche aus leidiger Erfahrung - aber behaupten, er hätte die Ware in einwandfreiem Zustand verpackt und verschickt, er selbst und seine ganze Großfamilie hätten sich kurz zuvor noch davon überzeugt, daß alles in Ordnung sei. Man gerät dann in Beweisnöte, daß der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag und nicht etwa erst bei sich zu Hause oder auf dem Versandweg entstanden ist ...

Ich bin jedenfalls bei Angeboten äußerst skeptisch, die spärlich und zweideutig beschrieben sind, ohne aussagekräftige Fotos und bei denen obendrein im Kleingedruckten lediglich der Versand als Päckchen angeboten wird - also ohne Versandversicherung ... .

Sehr aufschlußreich sind auch die Reaktionen auf Nachfragen beim Verkäufer vor dem Kauf. Windet er sich oder antwortet er auf konkrete Fragen auch konkret ?

Teure Gegenstände kaufe ich bei ebay nur per Treuhand oder hole sie persönlich ab, um sie erst nach persönlicher Begutachtung bezahlen zu können. Denn leider habe ich bei ebay schon ziemlich viel Schrott gekauft :eek
 
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