Frage bzgl. der Verwertung schuldnerfremder Sachen

Dr Franke Ghostwriter
da ich auf meine letzten Fragen immer so nette und klare Antworten bekommen habe, Frage ich einfach munter weiter, bevor ich mich hier noch stundenlang im stillen Kämmerlein rumquäle.😱

Meine nächste Frage bezieht sich auf die Verwertung schuldnerfremder Sachen (siehe Fall 15 Hemmer/Wüst ZPO II).

Dreh- und Angelpunkt der ganzen Sache ist ja nach meiner Ansicht, ob der Ersteigerer einer schuldnerfremden Sache wirksam Eigentum erwirbt oder nicht, richtig?

Eigentum könnte Ersteigerer gem. § 817 II ZPO erworben haben, da die Ablieferung nach h.M. einen hoheitlichen Akt durch den GV darstellt. Dies wäre nur der Fall, wenn eine wirksame Verstrickung vorlag und das Versteigerungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Verstrickung ist die Beschlagnahme einer Sache oder Forderung durch den hoheitlichen Akt der Pfändung durch den Gerichtsvollziehr, wodurch dem Schuldner die Verfügungsmacht über die gepfändete Sache oder Forderung entzogen wird. Es entsteht ein Veräußerungsgebot, §§ 135,136 BGB. Gleichzeitig erwirbt der Gläubiger durch die Vertsrickung ein Pfändungspfandrecht an der gepfändten Sache oder Forderung. Durch dieses Pfändungspfandrecht erwirbt der Gläubiger das Recht, sich aus der gepfändten Sache oder Forderung nach den Regeln der Zwangsvollstreckung zu befriedigen.

Voraussetzung für eine wirksame Verstrickung ist lediglich die fehlende Nichtigkeit der Zwangsvollstreckung, wobei Nichtigkeit in den seltensten Fällen eintritt (wann tritt sie denn ein ??😕). Liegen lediglich Verfahrensfehler vor, so kann die Zwangsvollstreckung durch die erinnerung gem. § 766 I ZPO angegriffen werden. Aber zur Nichtigkeit führt ein Verfahrensfehler jedenfalls nicht.

So, damit liegt eine wirksame Verstrickung vor.

Als zweites müsste ein ordnungsgemäßes Versteigerungsverfahren durchgeführt wurden sein.

So und hier wird nun der Streit dargestellt, ob der Eigentumsübergang davon abhängig zu machen ist, ob an der versteigerten Sache ein Pfändungspfandrecht besteht.

Nach der privatrechtlichen Theorie ist das gesamte Handeln des GV privatrechtlich zu beurteilen. Danach wird bei der Pfändung einer schuldnerfremden Sache kein Pfändungspfandrecht erworben. Und da kein Pfändungspfandrecht an der Sache erworben wird, kann der Ersteigerer auch kein Eigentum an der ersteigerten Sache erwerben.

Und das versteh ich jetzt nicht. Bei der Prüfung, ob eine wirksame Verstrickung vorliegt wurde doch gesagt, dass bei einer Pfändung durch die Verstrickung immer ein Pfändungspfandrecht an der gepfändten Sache oder Forderung für den Gläubiger entsteht????😕

Nach der privatrechtlichen Theorie kommt bei einer Ersteigerung einer schuldnerfremden Sache magels Erwerb eines Pfändungspfandrechtes durch den Gläubiger nur ein gutgläubiger Eigentumserwerb durch den Ersteigerer in Betracht.


Nach der rein öffentlich-rechtlichen Theorie entsteht durch die Pfändung immer ein Pfändungspfandrecht an der gepfändten Sache bzw. Forderung, unabhängig davon, ob diese schuldnerfremd oder schuldnereigen ist.

Die Ersteigerung der gepfändten Sache ist dann wirksam, egal ob die Sache dem Schulnder gehört hat oder nicht.

Nach der heute herrschenden Meinung wird die gemischt privatrechtlich-öffentlich-rechtlichen Theorie vertreten. Danach handelt der GV hoheitlich und die Pfändung ist daher nach öffentlichem Recht zu beurteilen.

Das Pfändungspfandrecht als solches hat allerdings privatrechtlichen Charakter und entsteht daher auch nur bei der Pfändung von schuldnereigenen Sachen.

Hier kommt wieder meine Frage .......ich dachte immer, dass durch die Verstrickung immer ein Pfaendungspfandrecht an der gepfaendten Sache entsteht ???????

Da die Versteigerung aber einen hoheitlichen Akt darstellt, kommt es bei dem Eigentumserwerb nicht auf den Erwerb des Pfaendungspfandrechts, sondern nur auf die wirksame Verstrickung an (kann man dies voneinander trennen 😕)

Danach erwirbt der Ersteigerer bei wirksamer Verstrickung durch die Ablieferung auch dann wirksam das Eigentum, wenn kein Pfaendungspfandrecht des Glaeubigers an der Sache bestand.

Wird eine nicht wirksam verstrickte Sache abgeliefert, so erwirb der Ersteigerer auch kein Eigentum an der Sache. Ja und jetzt fehlen mir wieder Beispiele, wann keine wirksam Verstrickung entsteht. 😕

Mhm, irgendwie hab ich da noch ganz schoen viele Fragezeichen....🙁

Aber ich hoffe, dass mir jemand helfen kann!!!
 
Ich versuchs mal.

Diese Problematik besteht immer dann, wenn eine schuldnerfremde Sache gepfaendet und versteigert wird.
Die Frage ist: hat der Ersteigerer an der Sache Eigentum erworben (obwohl schuldnerfremd)?

Zunaechst muss natuerlich eine wirksame Verstrickung vorliegen (wirksame Pfaendung der Sache). Die Pfaendung muss wirksam erfolgt sein bzw. darf nicht nichtig sein (dies ist sie bei 'groben und evidenten Verstoessen', also wohl eher selten anzunehmen - kein Titel, schwere Formverstoesse, usw.). Es kann aber auch eine schuldnerfremde Sache wirksam gepfaendet werden.

Dann wird versteigert. Natuerlich muss dieses Verfahren wirksam abgelaufen sein.

Jetzt hat der Ersteigerer die Sache. Aber: hat er rechtliches Eigentum erworben?
Ist dies vom Pfaendungspfandrecht abhaengig? Da eine schuldnerfremde Sache gepfaendet wurde, ist es fraglich ob ueberhaupt ein PPR entstanden ist. Ist fuer Eigentumserwerb aber notwendig, dass dieses wirksam entstanden ist? (Das PPR gibt dem Glaeubiger der ZV ein Verfuegungsrecht ueber die gepfaendete Sache - er darf sie verwerten, festhalten, was auch immer.)

Privatrechtliche Theorie: PPR nur (+), wenn Schuldnereigene Sache gepfaendet. Bei Schuldnerfremden Sache also kein PPR und damit nur gutglaeubiger Eigentumserwerb moeglich.

Oeffentlich-rechtliche Theorie: PPR entsteht auch, wenn schuldnerfremde Sache gepfaendet. Also automatisch durch Pfaendung. Verwertung dann (+) und Eigentumserwerb des Ersteigerers (+).

Gemischte Theorie: die Handlungen GV = hoheitlicher Akt und damit nach oeff. Recht zu beurteilen. PPR ist aber rein privatrechtlich. Es kann nur entstehen, wenn die Sache auch schuldnereigen war. Die Verwertung/Versteigerung ist aber Handlung GV = hoheitlicher Akt. Somit ist es komplett irrelevant ob PPR (+)/(-), da es darauf garnicht ankommt. Kommt nur drauf an ob die Pfaendung wirksam erfolgt ist. Also Wenn Pfaendung (+) und dann Versteigerung (+) = Eigentum des Ersteigerers (+). Wenn aber nicht wirksam gepfaendet wurde, kann auch nicht Eigentum erlangt werden.

So, ich hoffe du kannst mit der Erklaerung was anfangen. Ist eine gute Uebung das mal einfach so in eigenen Worten hinzuschreiben.
 
Ich versuchs mal.

Diese Problematik besteht immer dann, wenn eine schuldnerfremde Sache gepfaendet und versteigert wird.
Die Frage ist: hat der Ersteigerer an der Sache Eigentum erworben (obwohl schuldnerfremd)?

Zunaechst muss natuerlich eine wirksame Verstrickung vorliegen (wirksame Pfaendung der Sache). Die Pfaendung muss wirksam erfolgt sein bzw. darf nicht nichtig sein (dies ist sie bei 'groben und evidenten Verstoessen', also wohl eher selten anzunehmen - kein Titel, schwere Formverstoesse, usw.). Es kann aber auch eine schuldnerfremde Sache wirksam gepfaendet werden.

Dann wird versteigert. Natuerlich muss dieses Verfahren wirksam abgelaufen sein.

Jetzt hat der Ersteigerer die Sache. Aber: hat er rechtliches Eigentum erworben?
Ist dies vom Pfaendungspfandrecht abhaengig? Da eine schuldnerfremde Sache gepfaendet wurde, ist es fraglich ob ueberhaupt ein PPR entstanden ist. Ist fuer Eigentumserwerb aber notwendig, dass dieses wirksam entstanden ist? (Das PPR gibt dem Glaeubiger der ZV ein Verfuegungsrecht ueber die gepfaendete Sache - er darf sie verwerten, festhalten, was auch immer.)

Privatrechtliche Theorie: PPR nur (+), wenn Schuldnereigene Sache gepfaendet. Bei Schuldnerfremden Sache also kein PPR und damit nur gutglaeubiger Eigentumserwerb moeglich.

Oeffentlich-rechtliche Theorie: PPR entsteht auch, wenn schuldnerfremde Sache gepfaendet. Also automatisch durch Pfaendung. Verwertung dann (+) und Eigentumserwerb des Ersteigerers (+).

Gemischte Theorie: die Handlungen GV = hoheitlicher Akt und damit nach oeff. Recht zu beurteilen. PPR ist aber rein privatrechtlich. Es kann nur entstehen, wenn die Sache auch schuldnereigen war. Die Verwertung/Versteigerung ist aber Handlung GV = hoheitlicher Akt. Somit ist es komplett irrelevant ob PPR (+)/(-), da es darauf garnicht ankommt. Kommt nur drauf an ob die Pfaendung wirksam erfolgt ist. Also Wenn Pfaendung (+) und dann Versteigerung (+) = Eigentum des Ersteigerers (+). Wenn aber nicht wirksam gepfaendet wurde, kann auch nicht Eigentum erlangt werden.

So, ich hoffe du kannst mit der Erklaerung was anfangen. Ist eine gute Uebung das mal einfach so in eigenen Worten hinzuschreiben.
🙂


Hallo eelefau,

erstmal vielen Dank für Deine Ausführungen! 😀 Ich finde auch, dass es eine ganz gute Übung ist, dass nochmal hier zu schreiben, deswegen hab´ich das einfach mal gemacht. 🙂

Was mich irgendwie nur verwundert ist, dass ich immer dachte, dass bei der Pfändung einer schuldnerfremden Sache NIE ein Pfändungspfandrecht an der Sache entstehen kann, da ja auch nur der EIGENTÜMER ein Pfandrecht bestellen kann, vgl. §§ 1205, 1207 BGB 😕:eek
 
Und was ist jetzt der Unterschied zwischen Faustpfandrecht und Pfändungspfandrecht ???🙄

Ich find es in dem Fall von Hemmer/Wüst nur irgendwie etwas unübersichtlich. Obersatz lautet, dass die Frage, ob zu einem wirksamen Eigentumserwerb der Erwerb des Pfändungspfandrechts durch den Gläubiger erforderlich ist, umstritten ist. Und innerhalb dieses Meinungsstreites wird dann der zweite Streit aufgemacht, ob an einer schulnderfremden Sache überhaupt ein Pfändungspfandrecht erworben werden kann. Das sind doch im Endeffekt zwei Streits, oder???:confused
 
Das Faustpfandrecht ist das vertragliche Pfandrecht iSd §§ 1204 ff BGB.

Na ja, die beiden gehoeren schon zusammen.
Um die Erforderlichkeit des PPR zu pruefen, muss erstmal festgestellt werden wie dieses rechtlich ueberhaupt einzuordnen ist.
Wenn wir das PPR oeffentlich-rechtlich einordnen, kann es fuer den Eigentumserwerb (privatrechtlich) ja garnicht als Voraussetzung dienen.
 
Also ich hab mir das Ganze jetzt so gemerkt: 🙂

Der Ersteigerer könnte das Eigentum an der Sache durch Abliefrung gem. § 817 II ZPO erworben haben.

Allgemein anerkannt ist, dass es dazu zunächst einer wirksamen Verstrickung und einer ordnungsgemäßen Durchführung der Versteigerung bedarf.

Die Verstrickung entsteht durch wirksame Pfändung der Sache, § 803 ZPO.
Verstrickung bedeutet die Beschlagnahme der Sache durch Hoheitsakt des GV und dem daraus folgenden Verfügungsverbot über die Sache für den Schuldner, §§ 136,137 BGB.

Eine wirksame Verstrickung liegt bei fehlender Nichtigkeit der Pfändungsmaßnahme stehts vor. Die Nichtigkeit der Pfändung ergibt sich nur bei evidenten Verstößen gegen die Zwangsvollstreckungsvssen, z.B. Fehlen eines Titels. Ansonsten entsteht bei Verfahrensfehlern lediglich die Anfechtbarkeit der Pfändung durch Erinnerung gem. § 677 ZPO.

Umstritten ist allerdings, ob zu einem wirksamen Eigentumserwerb, der Gläubiger das Pfändungspfandrecht (PPR) an der gepfändeten Sache erworben haben muss. Da es sich bei der gepfändten Sache um eine schuldnerfremde Sache handelt, ist zudem fraglich, ob der Gläubiger überhaupt ein PPR an der gepfändeten Sache erwirbt.

(1) rein privatrechtliche Theorie
Nach der überholten rein privatrechtlichen Theorie ist das gesamte HAndeln des GV privatrechtlich zu beurteilen.

Da der Gläubiger bei der Pfändung einer schuldnerfremden Sache kein PPR an der Sache erwirbt und dieses jedoch für der wirksamen Eigentumserwerb erforderlich ist, kann der Ersteigerer nie wirksam Eigentum an einer schulnderfremden Sache erwerben. Es kommt lediglich ein gutgläubiger Erwerb gem. § 1244 BGB in Betracht.

(2) rein öffentlichrechtliche Theorie
Nach der rein öffentlichrechtl. Theorie stellt das Handeln des GV einen Hoheitsakt dar und ist daher nach den Vorschriften des öffentl. Rechts zu beurteilen. Ein PPR kann immer erworben werden. Es entsteht unabhängig davon, ob die Sache schuldnerfremd oder schuldnereigen ist automatisch durch Verstrickung. Die Verwertung ist rechtmäßig, auch wenn die Sache nicht zum Vermögens des Schuldners gehört.

(3) gemischte Theorie
Die h.M. geht von der gemischten Theorie aus. Dies berücksichtigt, dass die Pfändung durch den GV einen Hoheitsakt darstellt und daher nach öffentl. Recht zu beurteilen ist.
Das PPR hat jedoch ausschließlich privatrechtlichen Charakter und entsteht daher nur bei schuldnereigenen Sachen.
Da die Versteigerung ebenfalls eine hoheitliche Tätigkeit ist, iat ihre Grundlage gerade nicht der Erwerb des PPR, sondern lediglich die wirksame Verstrickung.

Danach erlangt der Erwerber bei wirksamer Verstrickung durch balieferung der Sache auch Eigentum an der Sache, wenn der Gläubiger kein PPR erworben hat.

(5) Ergebnis
Da weder die rein öffentlichrechtliche Theorie, noch die gemischte Theorie auf die Notwendigkeit des Erwerbs des PPR für die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs bestehen, kann eine Streitentscheidung dahinstehen.

So, ich hoffe, dass ich dafür ein paar Pünktchen bekommen würde.
 
Genau so.

Das einzige was ich anders machen wuerde ist:

Es ist fraglich, ob der Glaeubiger bei Verwertung der Sache (hier schuldnerfremd) ein Pfaendungspfandrecht haben musste, damit der Ersteigerer wirksam das Eigentum an dieser erwerben konnte. Es bedarf zur Loesung der rechtlichen Einordnung des PPR, welche umstritten ist.

Vielleicht nicht die beste Formulierung, aber dass ist das Problem welches geloest werden muss.
So. Soviel zu diesem Thema. Diese Diskussion hat sehr geholfen dieses Problem nochmal zu festigen.
Also vielen Dank dafuer.
 
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