Nominellen Anker

Dr Franke Ghostwriter
in alten Klausuraufgaben bin ich jetzt schon ein paar Mal über Fragen zum Nominellen Anker gestolpert.

Meist in der Form "Was versteht man unter der Festlegung eines nominellen Ankers? Und welches Ziel verfolgt man damit?"

Ich habe einen Abschnitt in der KE gefunden (Globalisierung und Entw S 128 f)

Mal wieder habe ich große Probleme den Lehrtext zu verstehen. Ich verstehe leider gar nicht um was da geht. Was das soll.

Weiß jemand Bescheid?

Viele Grüße
Susanne
 
Susanne,

Dass ich da besonders gut Bescheid wüsste, kann ich zwar nicht behaupten, aber ich hab' wenigstens eine vage Idee:
Das Problem in vielen modernen Makro-Modellen ist, dass sie multiple Gleichgewichte haben. Insbesondere die nominalen Variablen hängen zwar untereinander alle zusammen, können aber insgesamt oft jedes beliebige Niveau annehmen. Das heißt, man kann einfach alle nominalen Variablen in einem Modell mit einem beliebigen Faktor multiplizieren und es ändert sich gar nix - natürlich abgesehen von der Inflation.
Deshalb hat man es verdammt schwer eine rationale Inflationserwartung zu bilden, wenn man nur dieses Modell vor sich hat.
Die Zentralbank braucht aber, um ihr Inflationsziel erreichen zu können, Inflationserwartungen, die wenigstens in der Nähe des Ziels liegen. Deshalb versucht sie einen nominellen Anker "auszuwerfen", d. h. sie kündigt das Niveau einer nominellen Variable an (Z. B. Geldmenge, Wechselkurs, Preisniveau / Inflation, nominelles BSP etc) und weil ja alle nominalen Größen untereinander zusammenhängen, können sich die privaten Wirtschaftssubjekte dann daraus die Höhe aller anderen nominellen Variablen errechnen und eben die erwarten. Das ganze stabilisiert dann die Inflationserwartungen bzw. die Inflationserwartungen werden auf niedrigem Niveau verankert.
Das funktioniert aber natürlich nur dann, wenn der Anker glaubwürdig ist.
Das ist jetzt ziemlich wirr, aber vielleicht hilft ein Beispiel:
Angenommen, Inflation werde über die Quantitätstheorie erklärt.
Der reale Output Y wird irgendwie durch reale Faktoren bestimmt und die Privaten können aus diesen Faktoren eine Erwartung EY dafür bilden. Ich nehme jetzt einfach EY = 10 an.
Die Geldumlaufgeschwindigkeit V ist konstant und zwar 1.
Die Geldmenge wird durch die Zentralbank bestimmt.
Wie hoch ist denn jetzt die Preisniveauerwartung EP?
Es gilt ja: MV=PY <=> P = MV/Y
EP = EM * V / EY = EM * 1/10 = 0,1 EM
V und EY kennen die Privaten. Die nominalen Variablen Geldmenge und Preisniveau sind aber indeterminiert. Die Privaten können jetzt ebensogut EP=1 (und eben EM=10) wie EP = 100 (und eben EM = 1000) erwarten.
Das ändert sich erst, wenn die Zentralbank eine der beiden Größen verankert. Damit ist dann automatisch auch die andere fixiert und die Inflationserwartung ist stabil.
Nur ganz kurz: Die Zentralbank kann natürlich auch YP als nominelles BSP fixieren, weil ja EY schon real fixiert ist, ist das genausogut wie eine Preisniveau-Fixierung.

In der Praxis kann man z.B. die quantitative Definition von Preisstabilität des EZB-Rats als nominellen Anker ansehen oder eben die Infltionsziele von Inflation Targeting betreibenden Zentralbanken. Bei der Bundesbank war vielleicht der Zielkorridor des Geldmengenwachstums ein nomineller Anker. Wichtig ist eben, dass eine nominelle Größe so glaubwürdig angekündigt wird, dass die Wirtschaftssubjekte ihre Inflationserwartung daran festmachen können.

Viele Grüße
Michael
 
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