Passive latente Steuern beim Ansatz von Verbindlichkeiten

Dr Franke Ghostwriter
eine grundsätzliche Frage bezogen auf Kurs 41460, S. 130. Wenn auf Basis der IFRS-Bilanz Verbindlichkeiten verglichen mit der Steuerbilanz zu niedrig angesetzt werden, sollen laut Kurs passive latente Steuern anzusetzen sein. Meine Frage hierzu : werden Verbindlichkeiten zu niedrig angesetzt, ist auch der in den Folgeperioden ausgewiesene Aufwand ( Zins- und Tilgung ) verglichen mit der Steuerbilanz zu niedrig.. M.a.W. wäre aus Sicht der Steuerbilanz doch ein höherer Aufwand anzusetzen als auf Grundlage der IFRS-Bilanz. Dann träte ein Steuerbegünstigungseffekt ein, denn aus Sicht der Steuerbilanz fiele der Jahresüberschuss ja niedriger aus als aus Sicht der IFRS-Bilanz. Wieso wird dann genau der gegenteilige Effekt angenommen ? Wieso werden hier nicht aktive latente Steuern angesetzt ?

Vielen Dank für eine Antwort
Gert
 
So wie ich es bisher verstanden habe (bin zwar nicht im obigen Modul, habe aber mit Steuern beruflich zu tun) geht es nicht um die zukünftigen Zins- und Tilgungszahlungen, sondern darum dass in der laufenden Periode der Gewinn in der Handelsbilanz durch die zu niedrig angesetzten Verbindlichkeiten höher ist als in der Steuerbilanz. Dadurch wird in der laufenden Periode weniger an Steuern laut Steuerbilanz bezahlt, als laut Handelsbilanz zu erwarten wäre. In den zukünftigen Perioden müsste sich der Effekt umkehren, sodass ein Mehr an Steuern aus der Steuerbilanz gegenüber der Handelsbilanz zu erwarten ist. In der Handelsbilanz müssen daher passive latente Steuern für die Folgeperioden ausgewiesen werden.
 
Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort ! Hierzu hätte ich noch eine Nachfrage und hoffe, die Geduld nicht überzustrapazieren : Wie oder wodurch kehrt sich der Effekt denn bei anfänglich zu niedrig angesetzten Verbindlichkeiten um? Im Falle von Abschreibungen ist dies einleuchtend, da ja zunächst aus steuerlicher Sicht zu hoch bzw. zu niedrig angesetzte Abschreibungen später in zu niedrige bzw. zu hoch angesetzte Folgeabschreibungen münden. Wie funktioniert der Umkehrmechanismus bei Verbindlichkeiten oder gar bei Rückstellungen ?
 
Ich würde sagen, dass immer dann eine automatische Umkehr eintritt, und zwar unabhängig davon ob die latenten Steuern aktiv oder passiv sind, wenn der betreffende Posten in der Handelsbilanz irgendwann mit ziemlicher Sicherheit, d.h. 'voraussichtlich' gemäß §274 I,HGB verschwindet:
- bei Vermögensgegenständen durch Abschreibungen
- bei Krediten durch Abbezahlen
- bei Forderungen durch deren Begleichung sofern sie voraussichtlich beglichen werden
- bei Rückstellungen durch deren Auflösung, die immer sicher ist, denn entweder benutzt man die Rückstellung wofür sie gebildet wurde, oder man nimmt sie wieder aus der Bilanz raus
usw. usw.

Permanente Unterschiede entstehen z.B. durch steuerfreie Abschreibungen laut Steuergesetz. Diese stellen eine Einnahme dar, und werden in der Handelsbilanz ertragswirksam verbucht, in der Steuerbilanz tauchen sie nicht auf. Offensichtlich gibt es keine Möglichkeit sie aus der Handelsbilanz wieder zu entfernen. Sie sind also permanent vorhanden, und deshalb werden für sie keine passiven latenten Steuern gebildet.
 
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