schlauer als der Schuldner oder Wie man den betreibenden Gläubiger ärgert

Dr Franke Ghostwriter
schlauer als der Schuldner oder: Wie man den betreibenden Gläubiger ärgert

"Über den Umgang mit Schuldnern und Gläubigern habe ich wenig zu sagen. Man sei menschlich, billig und höflich gegen die ersteren! Man glaube nicht, dass jemand, der uns Geld schuldig ist, deswegen unser Sklave geworden sei, dass er sich alle Arten von Demütigungen von uns müsse gefallen lassen, dass er uns nichts abschlagen dürfe, noch überhaupt, dass der elende Bettel, der Mammon, einen Menschen berechtigen könne, sein Haupt über den anderen emporzuheben! Seine Gläubiger bezahle man pünktlich und halte sein Wort treulich!"

Adolf Freiherr von Knigge, "Über den Umgang mit Menschen"
 
Zuvielmahnung

Gläubigerstrategie:

Einen erhöhten Rechnungsbetrag anmahnen. Mancher Schuldner erklärt daraufhin, dass der korrekte Rechnungsbetrag nur x € betrage. Das stellt rechtlich dann ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis, § 212 I Nr. 1 BGB dar. Eigentor 🙁


... wird fortgesetzt ...
 
kein eigenes Konto - keine Kontenpfändung

G hat gegen S eine titulierte Forderung i.H.v. 5.000 €. S erhält Hartz IV, das er sich auf das Konto seiner erwachsenen Tochter T überweisen lässt. Diese hebt bei Bedarf dann für S Geld ab oder tätigt für ihn Überweisungen. G möchte beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen PFÜB bewirken, um mit diesem an die 5.000 € heran zu kommen.

Wie muss G vorgehen? Hat dieses Vorgehen Aussicht auf Erfolg? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben S und T?
 
Jedem, der später einmal mit der Zwangsvollstreckung in irgend einer Art professionell zu tun haben wird, kann ich dieses Buch empfehlen:


Wir Juristen haben mit den Menschen hinter unseren Mahnungen, Verfügungen, Gerichtsurteilen etc. oft nur "mittelbar" zu tun. Wir beschränken uns darauf, das "Recht" zu "erkennen". Wenn der GV das Recht durchsetzen muss, dann prallt er auf die Wirklichkeit, auf die Menschen, über die geurteilt wurde. Er erfährt unmittelbar all das, was vom Recht nicht erfasst wird, aber dennoch ganz real ist für die Menschen. Etwa auf Silke, die Apothekenhelferin, die in ihrer ganzen Verzweiflung am Vorabend ihrer Zwangsräumung, die nach allen juristischen Methoden aufgrund eines gerechten Urteils anberaumt wurde, sich und ihre vier Kinder umbringt.

Dieses Buch sollte jeder lesen, der wissen will, was er tut.
 
G hat gegen S eine titulierte Forderung i.H.v. 5.000 €. S erhält Hartz IV, das er sich auf das Konto seiner erwachsenen Tochter T überweisen lässt. Diese hebt bei Bedarf dann für S Geld ab oder tätigt für ihn Überweisungen. G möchte beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen PFÜB bewirken, um mit diesem an die 5.000 € heran zu kommen.

Wie muss G vorgehen? Hat dieses Vorgehen Aussicht auf Erfolg? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben S und T?

G kann sich direkt mit dem PFÜB an die ARGE wenden, dann gilt ganz normal die Pfädungstabelle. Hierbei bleibt nur der unpfändbare Teil nach der Tabelle der Sozialleistungen von der Pfändung verschont. Es kann im Einzelfall, wegen Bedrohung der Existenz, darüber entschieden werden ob die Pfändungsfreigrenze ausnahmsweise angehoben wird, § 765a ZPO.
 
...und wie läuft die Sache mit einem Ex-Mann, der sich ins Ausland abgesetzt hat und seinen Kindern 30.000 Euro Unterhalt schuldet...

Wie und wo pfändet man denn da...???

Wenn er sein gesamtes Hab und Gut mit ins Ausland genommen hat, ist das nicht so einfach, denn ein deutsches Urteil kann man nicht so einfach im Ausland vollstrecken. Es gibt zwei Löungsansätze:
1) Klage im Ausland, Erwirkung eines ausländischen Titels und dann Vollstreckung
2) Verfahren zur Anerkennung des deutschen Titels im Ausland.

zu 1) da muss man sich dann mit den ausländischen Sachnormen zum Unterhalt rumschlagen. Meist wenig erfolgversprechend.

zu 2) Wie das funktioniert, wie lange es dauert und ob es Aussicht auf Erfolg hat, hängt vom Land in dem der Ex-Mann sitzt und von den internationalen oder bilateralen Abkommen, die Deutschland und das Land geschlossen haben, ab. Die Vollstreckung erfolgt nach ausländischem Recht.
Das ganze ist ne Wissenschaft für sich und selbst innerhalbs Europas langwierig.

Es gibt dann noch den hübschen § 170 StGB, Verletzung der Unterhaltspflicht. Ne Strafanzeige kann schon mal zu einem Haftbefehl führen, der dann wiederrum zu einem Eintrag in Fahndungsbuch führt und dieser führt zu Problemen, wenn der Ex-Ehemann einen neuen Pass im Ausland beantragt. Funktioniert natürlich nur bei deutschen Ex-Ehemännern und auch nur bei solchen, die einen Pass benötigen und nicht einfach ohne Pass leben, was auch in europäischen Ländern über Jahre hinweg problemlos möglich ist.

Du merkst, es ist ein weites Feld und wird zum Glück nicht abgefragt werden in der Klausur 😀

Viele Grüße
Jana
 
...und wie läuft die Sache mit einem Ex-Mann, der sich ins Ausland abgesetzt hat und seinen Kindern 30.000 Euro Unterhalt schuldet...

Wie und wo pfändet man denn da...???


Da gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Jaseki bereits ausgeführt hat.

1. §§ 37-39 AVAG betreffend

Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen

ratifiziert durch:

Vertragsstaaten des
Übereinkommens vom 02.10.1973
über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen

Stand: September 2008

Vertragsparteien in Kraft am
BGBl.
(einschl. Vorbehalten und Erklärungen)

Australien 01.02.2002
2002 II 751
Dänemark 01.01.1988
1988 II 98
Deutschland, Bundesrepublik 01.04.1987
1987 II 220
Estland 01.04.1998
1998 II 684
Finnland 01.07.1983
1987 II 220
Frankreich 01.10.1977
1987 II 220
Griechenland 01.02.2004
2006 II 530
Italien 01.01.1982
1987 II 220
Litauen 01.10.2003
2003 II 1376
Luxemburg 01.06.1981
1987 II 220
Niederlande 01.03.1981
1987 II 220
Norwegen 01.07.1978
1987 II 220
Polen 01.07.1996
1996 II 1073
Portugal 01.08.1976
1987 II 220
Schweden 01.05.1977
1987 II 220
Schweiz 01.08.1976
1987 II 220; 1993 II 1008
Slowakei 01.01.1993
1993 II 2170
Spanien 01.09.1987
1987 II 404
Tschechische Republik 01.01.1993
1993 II 1008
Tschechoslowakei, ehemalige 01.08.1976
1987 II 220
Türkei 01.11.1983
1987 II 220
Ukraine 01.08.2008
--
Vereinigtes Königreich 01.03.1980
1987 II 220; 2006 II 530

hier das Abkommen:

Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen vom 02.10.1973


2. Der Europäische Vollstreckungstitel

Nette Abhandlung dazu :

Auslandsinkasso - Kanzlei Feser


3. § 170 StGB

Jaseki schrieb:
Es gibt dann noch den hübschen § 170 StGB, Verletzung der Unterhaltspflicht. Ne Strafanzeige kann schon mal zu einem Haftbefehl führen, der dann wiederrum zu einem Eintrag in Fahndungsbuch ....

Der Haftbefehl kann über Interpol weltweit ausgeschrieben werden, so dass bei einem Grenzübertritt derjenige aufgrund der Ausschreibung festgesetzt wird. Sollte es kein Haftbefehl sein, kann immerhin die Ausschreibung zur Aufenthaltsfeststellung erfolgen.
 
G hat gegen S eine titulierte Forderung i.H.v. 5.000 €. S erhält Hartz IV, das er sich auf das Konto seiner erwachsenen Tochter T überweisen lässt. Diese hebt bei Bedarf dann für S Geld ab oder tätigt für ihn Überweisungen. G möchte beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen PFÜB bewirken, um mit diesem an die 5.000 € heran zu kommen.

Wie muss G vorgehen? Hat dieses Vorgehen Aussicht auf Erfolg? Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben S und T?

G kann sich direkt mit dem PFÜB an die ARGE wenden, dann gilt ganz normal die Pfädungstabelle. Hierbei bleibt nur der unpfändbare Teil nach der Tabelle der Sozialleistungen von der Pfändung verschont. Es kann im Einzelfall, wegen Bedrohung der Existenz, darüber entschieden werden ob die Pfändungsfreigrenze ausnahmsweise angehoben wird, § 765a ZPO.

Hallo!

Kontopfändung bei T

Einen PFÜB für das Konto der Tochter dürfte G erst gar nicht erhalten, denn nach §§ 828 ff. sind nur Forderungen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner pfändbar. Vorliegend würde aber eine Forderung der T gegen ihre Bank gepfändet und T ist nicht Schuldnerin des G. Das Vollstreckungsgericht (§§ 828 I, 764 I, 802) würde den Pfändungsantrag daher (durch Beschluss, § 764 III) ablehnen.

Pfändung des Anspruchs auf ALG II bei der ARGE

Der ALG-II-Anspruch ist nach § 54 IV SGB I "wie Arbeitseinkommen pfändbar".

Ausgenommen sind Ansprüche auf Dienst- oder Sachleistungen, eingeschränkt pfändbar sind einmalige Sozialleistungen (Billigkeitserfordernis, § 54 II SGB I).

Wird "auf das Konto des Berechtigten bei einem Geldinstitut" überwiesen, gilt nach § 55 I SGB I eine 7tägige Schonfrist. Innerhalb von 7 Tagen seit der Gutschrift der Überweisung kann der Sch. trotz PFÜB zur Bank gehen, den ALG-II-Bescheid vorlegen (§ 55 II SGB I) und Auszahlung bis zur Höhe dieser einen Überweisung verlangen. Der PFÜB wirkt insoweit nicht, die Bank muss und wird auszahlen bzw. Überweisungen ausführen. Gesonderte Gebühren darf sie dafür nicht verlangen. In den Genuss dieses Pfändungsschutzes kommt S vorliegend aber nicht, da das ALG-II nicht auf sein, sondern auf das Konto seiner Tochter überwiesen wird.

S sollte nach Erhalt des PFÜB die Unpfändbarkeit aus § 54 IV SGB I durch Erinnerung, § 766, geltend machen. Welcher Teil der ALG-II-Zahlung unpfändbar ist, bestimmt sich dann - wegen der Verweisung in § 54 IV SGB I) - nach den §§ 850 ff.

Allerdings wird der ALG-II-Anspruch regelmäßig geringer sein als der unpfändbare Betrag nach § 850c I, so dass die Pfändung direkt bei der ARGE regelmäßig ins Leere laufen wird. Kindergeld wäre nur i.Z.m. mit Unterhaltsvollstreckungen pfändbar, § 54 V SGB I.

Interessant zu wissen wäre, ob S jeden Monat aufs Neue Erinnerung einlegen muss, oder ob er Guthabenschutz auf die laufenden ALG-II-Zahlungen nach § 850k analog erreichen kann.

Pfändung des Herausgabeanspruchs aus § ... BGB gegen T


Sofern G davon Kenntnis hat, dass die ALG-II-Zahlungen auf das Konto der T gelangen (z.B. aus der OV), kann er auch entsprechende Herausgabe- / Zahlungsansprüche des S gegen T pfänden lassen. Welche Forderung aus welchem Rechtsverhältnis gepfändet werden soll, muss im PFÜB-Antrag hinreichend konkret dargelegt werden. Es kommt also darauf an, welches Rechtsverhältnis hier zwischen S und T besteht. S "lässt auf das Konto der T überweisen", diese "hebt bei Bedarf für S Geld ab oder tätigt Überweisungen". Zu denken ist an einen Auftrag, § 662 BGB. Gepfändet werden kann dann zunächst der Auskunftsanspruch aus § 666 BGB des S gegen T. T muss dan etwa auch Auskunft darüber geben, wie der "Kontostand" des S auf ihrem Konto ist. G erfährt dadurch auch, ob von Zahlungen aus den Vormonaten noch etwas übrig ist. Diese Auskunft ist auch einklagbar, im Gegensatz zur Auskunft des Drittschuldners i.Z.m. dem PFÜB. Außerdem kann G den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB pfänden lassen. T muss dann das Geld des T an G herausgeben. Weigert sie sich, so kann dieser Anspruch eingeklagt, tituliert und anschließend doch per Pfändung des Kontos der T realisiert werden, da dann auch T Schuldnerin des G ist.

Interessante Frage: Gelten auch hier die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen, oder etwa § 811 Nr. 8 oder könnte man argumentieren, dass der S hier auf das Geld anscheinend nicht angewiesen ist, nachdem er es seiner Tochter zur Verfügung gestellt hat und das Geld daher vollumfänglich pfändbar ist?
 
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