Sicherungseigentum in der Insolvenz

Dr Franke Ghostwriter
Der Sicherungsgeber ist insolvent. Hat der Sicherungseigentümer (Sicherungsnehmer) ein Aussonderungsrecht (§ 49 InsO), d.h. kann er Herausgabe (§ 985 BGB) verlangen oder hat der Sicherungsnehmer lediglich ein Absonderungsrecht (§ 47 InsO)?
Danke für die Beantwortung.
 
Aliud,

vielleicht zur Verdeutlichung ein alltägliches Beispiel aus der Praxis:

Ein Mieter verpflichtet sich vor Eintritt der Insolvenz dazu, dem Vermieter eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten zu zahlen. Der Vermieter ist dann verpflichtet, diese mit marktüblichen Zinsen anzulegen.

Wird der Mieter insolvent (und seine Akte landet letztendlich auf meinem Schreibtisch), kommt es nun darauf an. Wird der Vertrag vom Insolvenzverwalter aus der Masse freigegeben (d.h. der Mieter erhält die Erlaubnis, das Mietverhältnis fortzusetzen), ist der Rückzahlungsanspruch noch nicht fällig, sodass sich bis auf weiteres eben für die Masse kein Wert ergibt.

Hat jetzt bspw. der Mieter nur einen PKW-Stellplatz oder einen Hobbyraum angemietet, dann dürfte der Insolvenzverwalter nach § 103 InsO die Nichterfüllung wählen und der Fortsetzung des Mietverhältnisses ausdrücklich widersprechen, sodass der Vermieter den Vertrag abzurechnen hat und das verbleibende Guthaben auf das für die Masse geführte Anderkonto zu überweisen hat.

Detto gilt im Grunde für alle Dauerschuldverhältnisse.


Weiteres Beispiel:

Man nehme an, dass ein Bauträger pleite geht. Dieser hatte sich zuvor zwei Baumaschinen von einem anderen gemietet. Der Insolvenzverwalter entscheidet sich, dieses Mietverhältnis nicht fortzusetzen. In der Praxis läuft es dann so, dass der Vermieter vorbeikommt, die zwei Baumaschinen abholt (und quasi aussondert). Der Mietvertrag wird abgerechnet und das verbleibende Guthaben auf das Anderkonto überwiesen.

Nächstes Beispiel:

Das Grundstück des insolventen Hans Mustermann ist wertausschöpfend mit Grundschulden belastet. Auch hier werden die Grundstücke an den Grundstückseigentümer, also Hans Mustermann, aus der Masse freigegeben, sodass die "Bausparkasse" oder ein anderer Sicherungsnehmer kommen kann und das Grundstück zwangsversteigern darf. Vorteile: Der Insolvenzverwalter braucht die Teile nicht versichern (Masseverbindlichkeiten) und sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Versteigerung auftreten, belasten die Masse nicht. Soweit Gläubiger hier mit ihren Forderungen ausfallen, können die ja immer noch bei uns zur Tabelle anmelden.

Weiteres Beispiel:

Der Schuldner hat ein Grundstück samt Immobilie mit einem Verkehrswert von 250.000 Euro. Im Grundbuch sind Grundschulden und Hypothekten mit einem Gesamtwert von 230.000 Euro eingetragen, so dass man eigentlich tatsächlich davon ausgehen müsste, dass die Immoblie wertausschöpfend belastet ist. Der Insolvenzverwalter bekommt jedoch raus, dass die tatsächlichen Verbindlichkeiten "nur" in der Höhe von 50.000 Euro valutieren, d.h. der Schuldner die restlichen Verbindlichkeiten bereits beglichen hat. Natürlich wird das Ding jetzt nicht aus der Masse freigegeben, sondern einer abgesonderten Verwertung zugeführt. Ergo guckt man, ob man zunächst nicht auf dem freien Markt einen Interessenten findet, da hier ein höherer Erlös zu erwarten ist. Bekommt man das nicht hin, muss man das Grundstück dann leider zwangsversteigern, was sich für die Masse meist nicht ganz so positiv auswirkt. Eine abgesonderte Verwertung heißt hier, dass letztendlich der Insolvenzverwalter die spezielle Sache unabhängig von den restlichen Vermögensgegenständen verwertet, dem Sicherungsnehmenr das ihm zustehende Geld gibt und die verbleibende Summe auf das für die Masse geführte Anderkonto überweist.

Gruß

Sandra

PS (Bei Sicherungseigentum musst Du aufpassen. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung darf der Gläubiger m.E. Drittwiderspruchsklage erheben, in der Insolvenz steht ihm dagegen IMHO nur ein Absonderungsrecht zu)
 
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