Unvermögen vs. Unzumutbarkeit

Dr Franke Ghostwriter
ich habe ein Verständnisproblem mit dem Script auf Seite 12.

Nach herrschender Meinung liegt Unvermögen nur vor wenn jegl. Bemühungen des Schuldners aussichtslos erscheint.... Er müsste den Dritten also bewegen können zu leisten.

Die abgrenzung zwischen Abs. 1 und Abs. 2 ist daher nach richtiger, freilich nicht herrschender Auffassung (S. 13).... Bei Pimärpflicht also §275 II; Sekundäranspruch Abs. 1 abstellen.

Geht es hier um das UNmöglichwerden des Sekundäranspruches? In Zusammenhang mit dem darauf folgenden Beispiel auf Seite 14 und dem Hinweis: Auf den Streit kommt es nur an, wenn der Schuldner die Einreide aus §275 2 oder 3 nicht erhoben hat - bin ich allerdings nun vollkommen verwirrt.

Kann mir jemand helfen und am besten anhand eines konkreten Beispiels die Differenzierung erläutern?

Vielen Dank im Voraus.
Stefan Janicz
 
Ich würde sagen, Unvermögen ist eigentlich nur die subjektive Unmöglichkeit ("soweit sie für den SCHULDNER unmöglich ist")
Wenn man sagt, man könnte den Schuldner noch dazu bewegen zu leisten, koste es was es wolle, müsste man eher auf § 275 Abs. 2 gehen.
§ 275 Abs. 1 nimmst du, wenn jedes Bemühen des Schuldner auf Leistung aussichtslos ist (z. B. bei Diebstahl)

wenn du z.b. einen ring verkaufst, der im meer untergeht- dann ist es sicher noch möglich diesen heraufzuholen. Fraglich wäre aber hier, ob es zumutbar ist. Man müsste sicher übermäßige Kosten für die Bergung aufbringen und dies stände nicht im Verhältnis... Hier würdest du § 275 Abs. 2 nehmen...
 
Du wirst lachen, dass tat sie bei mir bis gestern mittag auch.
Ohne Witz. Bin gerade so kurz vor 12 nur noch mal dabei alle Quellen zu lesen und da habe ich halt gedacht, schau ich mir mal die CD an.
Und dann habe ich Deine Frage gesehen...

Grüße und viel Glück bei der Prüfung.

Basti
 
Hallo!

Es gibt auf der Kurs CD BGB II ein Video wo Unvermögen und Unmöglichkeit der Leistung besprochen werden.
Vielleicht hilft das?

Grüße,

Basti

Ich versteh das trotzdem noch nicht.
Prof. Wackerbarth sagt anfangs, Unvermögen liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr leisten kann, wohl aber noch der Dritte.

Später heißt es dann, Schadensersatz nach §283 könne nicht gefordert werden, wenn der Schuldner nicht die Einrede des §275 II erhebt (für den Fall, dass bspw. der SChuldner die geschuldete Sache an einen Dritten weiterveräußert hat).

Versteh ich nicht. Wenn er die Sache an einen Dritten weiterverkauft hat, dann liegt Unvermögen vor (s.o.). Somit ist der Anspruch auf Leistung untergegangen und der Gläubiger kann SchE nach §283 verlangen.
Oder??

Wann ist denn der SChuldner nun unvermögen und was ist es ihn nur unzumutbar? Und wo spielt es rein, ob er den Dritten noch zur Leistung bewegen kann?? 😕 😕

Ich versteh hier nur noch Bahnhof...
 
Ich versteh das trotzdem noch nicht.
Prof. Wackerbarth sagt anfangs, Unvermögen liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr leisten kann, wohl aber noch der Dritte.

Später heißt es dann, Schadensersatz nach §283 könne nicht gefordert werden, wenn der Schuldner nicht die Einrede des §275 II erhebt (für den Fall, dass bspw. der SChuldner die geschuldete Sache an einen Dritten weiterveräußert hat).

Versteh ich nicht. Wenn er die Sache an einen Dritten weiterverkauft hat, dann liegt Unvermögen vor (s.o.). Somit ist der Anspruch auf Leistung untergegangen und der Gläubiger kann SchE nach §283 verlangen.
Oder??

Wann ist denn der SChuldner nun unvermögen und was ist es ihn nur unzumutbar? Und wo spielt es rein, ob er den Dritten noch zur Leistung bewegen kann?? 😕 😕

Ich versteh hier nur noch Bahnhof... 🙁

Folgendes:

Unvermögen (= subjektive Unmöglichkeit, § 275 I) bedeutet: Der Schuldner kann nicht leisten, selbst wenn er will. Folge: Anspruchsuntergang, zu berücksichtigen von Amts wegen.

Unzumutbarkeit (= "faktische" oder "praktische Unmöglichkeit nach altem Schuldrecht, § 275 II) bedeutet: Der Schuldner könnte das Leistungshindernis zwar theoretisch beheben und leisten, dies kann aber kein vernünftiger Gläubiger ernsthaft erwarten. Schulbeispiel: der geschuldete Ring auf dem Grund des Sees. Folge: Anspruch nicht durchsetzbar, zu berücksichtigen nur auf Einrede des Schuldners.

Unzumutbarkeit (auch nach altem Schuldrecht nicht als Unmöglichkeit angesehen, § 275 III): Der Schuldner könnte zwar leisten, dies ist ihm aber aus persönlichen Gründen nicht zumutbar. Schulbeispiele: Das Kind des Schuldners ist lebensgefährlich erkrankt. Der Schuldner ist im Ausland zum Wehrdienst einberufen, bei dessen Nichtantritt ihm die Todesstrafe droht. Folge: Anspruch nicht durchsetzbar, zu berücksichtigen nur auf Einrede des Schuldners.

Eine andere Frage ist, ob Schadensersatz nach § 283 BGB zu leisten ist. § 283 BGB setzt zunächst voraus, daß einer der Tatbestände des § 275 erfüllt ist, also entweder Abs. 1, 2 oder 3. Da aber § 275 II, III im Gegensatz zu § 275 I nur die Durchsetzbarkeit (!) des Anspruchs hindert, der Anspruch per se jedoch bestehen bleibt, wird der Schuldner nur schadensersatzpflichtig, wenn er die entsprechende Einrede auch erhebt. Erhebt er sie nicht, muß er ja leisten. Anders bei § 275 I: Diese Vorschrift ist von Amts wegen zu beachten. Bei subjektiver Unmöglichkeit/Unvermögen bedarf es daher keiner Einrede.

So, und jetzt kann man sich über die Grenze zwischen Unvermögen und bloßer Unzumutbarkeit im Sinne des § 275 II streiten. Das haben Prof. Wackerbarth und ich auf der CD-ROM auch ausgiebig getan. Je nachdem, wie man sich entscheidet, muß der Schuldner, um nicht leisten zu müssen, erst eine Einrede erheben und wird dadurch schadensersatzpflichtig (Vertretenmüssen vorausgesetzt natürlich) (§ 275 II, Unzumutbarkeit), bzw. muß er die Einrede nicht erheben, ist quasi automatisch von der Leistungspflicht frei, jedoch zum Schadensersatz verpflichtet (§ 275 I, Unvermögen).

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kreße
 
Folgendes:

Unvermögen (= subjektive Unmöglichkeit, § 275 I) bedeutet: Der Schuldner kann nicht leisten, selbst wenn er will. Folge: Anspruchsuntergang, zu berücksichtigen von Amts wegen.

Unzumutbarkeit (= "faktische" oder "praktische Unmöglichkeit nach altem Schuldrecht, § 275 II) bedeutet: Der Schuldner könnte das Leistungshindernis zwar theoretisch beheben und leisten, dies kann aber kein vernünftiger Gläubiger ernsthaft erwarten. Schulbeispiel: der geschuldete Ring auf dem Grund des Sees. Folge: Anspruch nicht durchsetzbar, zu berücksichtigen nur auf Einrede des Schuldners.

Unzumutbarkeit (auch nach altem Schuldrecht nicht als Unmöglichkeit angesehen, § 275 III): Der Schuldner könnte zwar leisten, dies ist ihm aber aus persönlichen Gründen nicht zumutbar. Schulbeispiele: Das Kind des Schuldners ist lebensgefährlich erkrankt. Der Schuldner ist im Ausland zum Wehrdienst einberufen, bei dessen Nichtantritt ihm die Todesstrafe droht. Folge: Anspruch nicht durchsetzbar, zu berücksichtigen nur auf Einrede des Schuldners.

Eine andere Frage ist, ob Schadensersatz nach § 283 BGB zu leisten ist. § 283 BGB setzt zunächst voraus, daß einer der Tatbestände des § 275 erfüllt ist, also entweder Abs. 1, 2 oder 3. Da aber § 275 II, III im Gegensatz zu § 275 I nur die Durchsetzbarkeit (!) des Anspruchs hindert, der Anspruch per se jedoch bestehen bleibt, wird der Schuldner nur schadensersatzpflichtig, wenn er die entsprechende Einrede auch erhebt. Erhebt er sie nicht, muß er ja leisten. Anders bei § 275 I: Diese Vorschrift ist von Amts wegen zu beachten. Bei subjektiver Unmöglichkeit/Unvermögen bedarf es daher keiner Einrede.

So, und jetzt kann man sich über die Grenze zwischen Unvermögen und bloßer Unzumutbarkeit im Sinne des § 275 II streiten. Das haben Prof. Wackerbarth und ich auf der CD-ROM auch ausgiebig getan. Je nachdem, wie man sich entscheidet, muß der Schuldner, um nicht leisten zu müssen, erst eine Einrede erheben und wird dadurch schadensersatzpflichtig (Vertretenmüssen vorausgesetzt natürlich) (§ 275 II, Unzumutbarkeit), bzw. muß er die Einrede nicht erheben, ist quasi automatisch von der Leistungspflicht frei, jedoch zum Schadensersatz verpflichtet (§ 275 I, Unvermögen).

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kreße

Lieber Herr Kreße,

vielen Dank erst einmal, dass Sie sich die Zeit nehmen uns auch hier im Forum so zu unterstützen!

Was Sie da alles geschrieben haben, hatte ich durchaus auch so verstanden. Was mich dann allerdings verwirrt, sind nach wie vor die Seiten 12 (unten) und 13 (oben) in Teil 2.

Wo spielt es denn nun eine Rolle, ob er den Dritten noch zur Leistung bewegen kann (das war doch wohl h.M.?)? Für das Unvermögen? Unvermögen kann doch nicht nur vorliegen, wenn auch der Dritte nicht leisten kann/will? Das würde zwar zu dem Satz passen, dass nur wenn "jedes Bemühen um die Leistung aussichtslos ist" (also auch das Bemühen darum, dass der Dritte leistet), Unvermögen vorliegt.

Paßt aber nicht zu dem, was in dem Video gesagt wird, nämlich, dass Unvermögen = wenn der Schuldner nicht leisten kann aber ein Dritter (Dieb) noch könnte.

Oder ist im Rahmen des § 275 II zu gucken, ob es ihm zumutbar ist, den Dritten zur Leistung zu bewegen (einen Taucher zu engagieren um den Ring vom Meeresboden zu holen)?

Oder führt etwa die absolute Unzumutbarkeit (die ja an sich kein Unvermögen ist) zu § 275 I also zum Ausschluss der Leistungspflicht??

Vielleicht könnte mir das nochmal einer erklären...? Für mich irgendwie zu viele Bäume im Wald...
 
Lieber Herr Kreße,

vielen Dank erst einmal, dass Sie sich die Zeit nehmen uns auch hier im Forum so zu unterstützen!

Was Sie da alles geschrieben haben, hatte ich durchaus auch so verstanden. Was mich dann allerdings verwirrt, sind nach wie vor die Seiten 12 (unten) und 13 (oben) in Teil 2.

Wo spielt es denn nun eine Rolle, ob er den Dritten noch zur Leistung bewegen kann (das war doch wohl h.M.?)? Für das Unvermögen? Unvermögen kann doch nicht nur vorliegen, wenn auch der Dritte nicht leisten kann/will? Das würde zwar zu dem Satz passen, dass nur wenn "jedes Bemühen um die Leistung aussichtslos ist" (also auch das Bemühen darum, dass der Dritte leistet), Unvermögen vorliegt.

Paßt aber nicht zu dem, was in dem Video gesagt wird, nämlich, dass Unvermögen = wenn der Schuldner nicht leisten kann aber ein Dritter (Dieb) noch könnte.

Oder ist im Rahmen des § 275 II zu gucken, ob es ihm zumutbar ist, den Dritten zur Leistung zu bewegen (einen Taucher zu engagieren um den Ring vom Meeresboden zu holen)?

Oder führt etwa die absolute Unzumutbarkeit (die ja an sich kein Unvermögen ist) zu § 275 I also zum Ausschluss der Leistungspflicht??

Vielleicht könnte mir das nochmal einer erklären...? Für mich irgendwie zu viele Bäume im Wald...

Aufbautechnisch müssen Sie das zum allerersten Zeitpunkt prüfen, zu dem es relevant wird, also folgendermaßen:

...
2. Anspruch untergegangen?
§ 275 I Unmöglichkeit?
Objektive Unmöglichkeit (-), weil jedenfalls z. B. der Dieb ja noch leisten kann.
Subjektive Unmöglichkeit/Unvermögen?
Der Schuldner selbst kann momentan nicht leisten, weil sich die Sache beim Dieb befindet. Fraglich ist, ob deshalb subjektive Unmöglichkeit des Schuldners anzunehmen ist Sodann gibt es verschiedene Varianten, z. B.:
Der Dieb ist dem Schuldner nicht bekannt, so daß der Schuldner die Sache auch nicht zum Zwecke der Leistung wiedererlangen kann. Folge nach h.M.: Unvermögen (+). Oder: Auch vom Dieb könnte der Schuldner die Sache nicht zurückerlangen, weil der Dieb die Sache gleichfalls nicht mehr hat und auch nicht weiß, wo sie ist. Folge nach h.M.: Unvermögen (+). Oder: Der Dieb ist bekannt, hat die Sache auch noch, will sie aber nicht rausrücken. Folge nach h. M.: Unvermögen (+). Oder: Der Dieb ist bekannt, hat die Sache auch noch, ist auch grundsätzlich bereit, sie rauszurücken. Folge (allg. M.): Unvermögen (-), evtl. Unzumutbarkeit (+).

Wackerbarth käme in den ersten drei Fällen allerdings zu dem Ergebnis, daß Unvermögen (-), weil der Schuldner theoretisch doch noch leisten könnte: Hat der Dieb die Sache noch, will sie aber nicht rausrücken, so könnte man ihm entweder eine (möglicherweise unzumutbar hohe, aber in diesem Zusammenhang ist das egal) Summe bieten, damit er die Sache zurückgibt (Wackerbarth: "Das ist immer eine Frage des Geldes", womit er eigentlich recht hat; Problem aber m.E.: Wenn der Schuldner nicht soviel Geld hat wie der Dieb haben will, ist es dem Schuldner eben unmöglich, die Bedingungen des Diebes zu erfüllen, und dann sind wir doch wieder beim Unvermögen - dagegen Wackerbarth: "Geldschulden sind immer möglich"), oder man könnte (theoretisch) für viel Geld Söldner von Russisch Inkasso anheuern, die dem Dieb die Sache mit Gewalt wieder abnehmen. In den anderen Fällen (Aufenthaltsort der Sache unbekannt) könne man durch den Einsatz von Technik und das Anheuern riesiger Suchteams die Sache doch noch finden. Fazit für Wackerbarth: Subjektiv möglich ist es dem Schuldner, die Sache zurückzuerhalten und sie dem Gläubiger zu übereignen. Allerdings ist das wirtschaftlich nicht realisierbar, so daß Unzumutbarkeit vorliegt. _Das_ aber unterfällt dann § 275 II und eben nicht § 275 I BGB. Daher müßten Sie, wenn sie Wackerbarths Ansicht folgen, nach der Prüfung (und Verneinung) des § 275 I auf § 275 II eingehen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kreße
 
Es ist wirklich toll, dass Sie beide immer alles so schön mit Beispielen erklären! Das macht dieses Selbststudium doch um einiges einfacher und weniger trocken.

Von wegen Juristen hätten keinen Humor 🙂

Recht herzlichen Dank und gute Nacht...
 
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