Klingt interessant! D. h. Du machst dann alles, was normalerweise (zumindest hat es nach außen den Anschein) der Verwalter selbst macht (also auch Verwertung des Vermögens, Ermittlung der Gläubiger, Anfechtungen, Forderungseinzug, Vorbereitung und Abhaltung der Gläubigerversammlungen, ggfs. Unternehmenssanierungen etc.), nur dass Du eben (noch?) nicht selbst zum Verwalter bestellt wirst? Besteht die Möglichkeit, dass Du nach einiger Zeit auch selbst zum Verwalter bestellt wirst, oder ist das unverändert den Volljuristen in der Kanzlei vorbehalten? Oder ist die Aufgabenverteilung eher so, dass die Volljuristen die "großen" Insolvenzen bearbeiten, und Leute mit anderen Ausbildungen eher den kleineren Fälle betreuen?
Nach Außen tritt quasi immer nur der Insolvenzverwalter auf. Ich führe die Schuldnergespräche, verwerte das Vermögen und bin verantwortlich für die Korrespondenz mit den Verfahrensbeteiligten. Gläubiger muss man i.d.R. nicht selbst "ermitteln", sondern die findet man zunächst für die § 152 InsO bereits in der Gerichtsakte bzw. die werden einem vom Insolvenzschuldner spätestens im Schuldnergespräch mitgeteilt. Insoweit ist der Schuldner zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet. Zugegebenermaßen kommt es regelmäßig vor, dass der Schuldner im Laufe des Verfahrens die ein oder andere Mahnung nachreicht.
Um selbst zum Verwalter bestellt zu werden, ist eigentlich der "Diplom-Wirtschaftsjurist FH" bspw. als Qualifikation ausreichend (das ist ja eigentlich das alte Aquivalent zum LL.B.), allerdings wird man regelmäßig nur dann in die Liste der Insolvenzverwalter bei einem Amtsgericht aufgenommen, wenn man längere Berufserfahrung (mindestens 5 Jahre) bei einer Insolvenzverwaltung nachweisen kann und dort auch selbständig Verfahren abgewickelt hat. Die meisten Gerichte sind ohnehin "closed", sodass man hier weder als LL.B. noch als RA reinkommt ... Solange man in einer Kanzlei als angestellte Juristin arbeitet, wird man ohnehin nicht zum Verwalter bestellt bzw. darf dem eigenen Arbeitgeber keine Konkurrenz machen. Sich bestellen zu lassen bedeutet jedoch auch, dass man den ganzen Kram mit der Berufshaftpflichtversicherung etc. am Hals hat und davon leben können wird man zunächst eher auch nicht, wenn bspw. von einem Amtsgericht monatlich "nur" 4 IK-Verfahren reinkommen (Vergütung hier ca. 800 Euro für komplette Abwicklung bis zum Schlusstermin pro Verfahren, nur 119 Euro für ein Jahr in der Wohlverhaltensperiode) ... Ob man hierauf wirklich scharf sein kann?
Ich persönlich habe mich gerade für den Kleinbereich beworben. Unternehmensinsolvenzen gleichen einem Puzzelspiel, in welchem man unter mühevoller Kleinarbeit eine Buchhaltung der letzten Jahre rekonstruieren muss oder Vermögensgegenstände, die größtenteils mit Ab- oder Aussonderungsrechten belasten sind, zu suchen, wo keiner mehr im Unternehmen weiß, wo der eine "Bohrer", der in der Eröffnungsbilanz eigentlich aufgeführt ist, abgeblieben ist. Spass machen Unternehmensinsolvenzen eigentlich nicht. Sind nur Hammerstress und man kann sich nicht auf ein Verfahren konzentrieren, weil eben aufgrund der Vielzahl der Verfahren überall "die Kacke am Dampfen" ist und man eigentlich nicht weiß, welche Gerichtsfrist man als erste erledigen soll. Regelmäßig sind die Arbeitszeiten "außerirdisch" ... Samstag Abend bspw. ne Disko zu sichern, wenn man schon 60 Std. hinter sich hat und man am Montag Abend weiß, dass in nem anderen Verfahren ein Bericht oder auch noch ne Tabelle zu Gericht muss, ist nicht gerade etwas für "Gemütliche" ...
Zunächst werde ich den kompletten Aufgabenbereich meiner Vorgängerin übernehmen, allerdings hoffe ich, dass ich später die kleinen (relativ stressfreien) Verfahren habe. Hier ist es wirklich spannend und interessant. Die GEZ kann man sich sparen, weil man aufgrund der Vielzahl der Fälle und dahinter stehenden Geschichten, ohnehin keinen Fernseher mehr braucht
😉
Allerdings ist es so, dass auch mal ein Steuerberater oder ein Wirtschaftsjurist mal in einem größeren Insolvenzverfahren zum Verwalter bestellt wird ... aber es ist alles andere als idylisch ... (Wer hat denn Bock über 6000 Forderungsanmeldungen zu prüfen, die alle zum § 175 InsO - Termin dem Gericht als geprüfte Tabelle überreicht werden müssen ...)
Wer weiß, vielleicht haben wir dann irgendwann mal miteinander zu tun, nur dass ich die Gläubiger der Insolvenzschuldner vertrete. Ich Frage aber deshalb so interessiert, weil ich mir vorstellen könnte, in der Zukunft, frühestens aber nach dem Masterabschluss, auch mal die Seiten zu wechseln.
So viel Spass wird das Dir nicht machen. Die Insolvenzgläubiger bekommen von mir den Gerichtsbeschluss mit der Auskunft dass die Abwicklung des Verfahrens nur andauert und bekommen dann oftmals nur eine sehr geringe Quote (oftmals auch 0 euro) ausgeschüttet. Vertrittst Du sog. Massegläubiger, briingt es Dir auch nix, weil ich dann eben Masseunzulänglichkeit anzeige, weil in den meisten Verfahren eben nur mal gerade die Kosten nach §§ 54, 55 InsO gedeckt sind oder diese gerade mal nach § 4 a InsO gestundet sind.
Wenn das Ding beim Insolvenzverwalter erstmal ist, kannst Du demnach als Gläubigervertreter quasi schon eine ziemlich ruhige Kugel schieben