Hattet ihr kein Mitbestimmungsrecht bei der Wahl des Themas?
Schon.
Allerdings war hier das Problem, dass meine Themenvorschläge berechtigterweise bei Prof. Waas auf Widerstand gestoßen sind. In meiner Naivität (also noch bevor ich einen Blick auf die Komplexität des Themas werfen konnte) sagte ich dem Prof. dass ich mir als das Diskriminierungsmerkmal "Religion- und Weltanschauung" vorstellen könnte.
Noch als der Prof. mir mein Thema mitteilte, wunderte ich mich, weshalb er es mit "Problematik von Benachteiligung auf Grund Religion- und Welt-
ansschauung" umschrieb.
Nachdem ich mich jetzt in die Materie eingearbeitet habe, habe ich erkannt, dass man im Bereich der Kirche (mit Waas hatte ich mich auf das kirchliche Arbeitsrecht geeinigt, um das Thema wenigstens etwas einzu-
grenzen) immer auf zwei Rechtsquellen stößt und nicht "nur" auf die arbeitsrechtliche Sicht abstellen darf.
Die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts werden auf nationaler Ebene eben einerseits durch die arbeitsrechtlichen Vorschriften, aber auch durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs.3 Satz 1 WRV bestimmt.
Auf europäischer Ebene ist dies eigentlich genauso.
Man hat die Religionsfreiheit (also auch teilweise die korporative, wenn auch hier eher ein Tendenzschutz vorliegt, der quasi auf die Bereiche Liturgie, Gottesdienst und Sakrament beschränkt ist) und dann die arbeitsrechtlichen Diskriminierungsregelungen, wobei jedoch auch nicht außer Acht bleiben darf, dass u.U. eben die Ausnahmeregelung für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aus Art. 4 Abs.2 RL 2000/78/EG Auswirkungen auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit haben können. Plump gesagt: der Norden ist protestantisch, der Süden evangelisch. Daher ist äußerst fraglich, ob ein Schwede in einem italienischen Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft als Putzmann oder Pfleger (Art. 39 EG) arbeiten kann. Wichtig ist natürlich auch: inwieweit ist unsere Verfassung europafest. Sind die Weimarer Kirchenartikel unabdingbar?
Angesichts der vielen internationalen Verträge hatte ich wirklich Probleme das "europäische Kirchen- bzw. Religionsrecht" zu fassen. Wo grenzt man ab? Was lässt man weg? Wie bringt man Art. 9 EMRK oder Art. 10 GRC knackig auf den Punkt?
Wenn ich wieder im Bereich des AGG gelandet bin, dürfte die Arbeit auch etwas zügiger vorangehen. Dann sind die Grundsatzfragen eigentlich geklärt, man muss gucken, ob der nationale Gesetzgeber § 9 AGG richtlinienkonform umgesetzt hat bzw. welche Auswirkungen dies jetzt auf das kirchliche Arbeitsrecht haben könnte. Da hier eigentlich noch nix entschieden ist, streitet die Literatur noch ... Das ist jedoch nicht so komplex!
Grüßle
Sandra