Abstraktionsprinzip/Trennungsprinzip

Dr Franke Ghostwriter
In KE1 der Privatrechts-Skripten steht auf Seite 42:

Das Trennungsprinzip bedeutet also die Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft.
Das Abstraktionsprinzip setzt die Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft voraus. Es bewirkt, dass die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts weder von dem Vorhandensein noch von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts abhängt.

Auf Seite 44 ist dann aber zu lesen:

Die Trennung zwischen dem Verpflichtungsgeschäft (dem kausalen Geschäft) und dem Verfügungsgeschäft nennt man Abstraktionsprinzip.

Das ist doch irgendwie komisch, oder? Auf Seite 44 findet sich eine Definition des Abstraktionsprinzips, die ungefähr gleich der Definition des Trennungsprinzips auf Seite 42 ist..?

Wo liegt da nun genau der Unterschied?
 
Trennungsprinzip: Das Verpflichtungsgeschäft und die dazugehörigen Verfügungsgeschäfte sind unterschiedliche Rechtsgeschäfte.

Abstraktionsprinzip: Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte sind bezüglich ihrer Wirksamkeit oder Unwirksamkeit unabhängig voneinander, d.h. das Verpflichtungsgeschäft kann wirksam , aber das Verfügungsgeschäft dazu kann unwirksam sein oder andersherum.

Wegen des Trennungsprinzips besteht ein Kauf/Verkauf eben nicht aus einem einzigen Vertrag, sondern aus mindestens drei Verträgen:

1. Kaufvertrag § 433 BGB = Verpflichtungsgeschäft
2. Übereignungsverträge für die Kaufsache (für jeden Gegenstand ein Vertrag), § 929 1 BGB = Verfügungsgeschäft
3. Übereignungsverträge für das Geld (für jeden Gegenstand ein Vertrag), § 929 1 BGB = Verfügungsgeschäft

Wegen des Abstraktionsprinzips können alle Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte unabhängig voneinander wirksam oder unwirksam sein (je nach Rechtslage).

Beipiel:

Kaufvertrag (= Verpflichtungsgeschäft, § 433 BGB) Fahrrad gegen Geld mit einem Minderjährigen ohne Zustimmung (also Einwilligung § 183 1 BGB oder Genehmigung § 184 I BGB) des gesetzlichen Vertreters ist nach § 108 I BGB unwirksam.

Aber die Eigentumsübertragung (Verfügungsgeschäft) des Fahrrades an den Minderjährigen nach § 929 1 BGB ist wirksam, weil dieser Übereignungsvertrag für den Minderjährigen einen lediglich rechtlichen Vorteil hat (§ 107 BGB).

Hier ist das Verpflichtungsgeschäft (der Kaufvertrag) also unwirksam aber das Verfügungsgeschäft "Fahrrad an den minderjährigen Käufer übereignen" ist wirksam. Die Übereignung des Geldes an den Verkäufer durch den Minderjährigen ist bei fehlender Zustimmung des gesetzlichen Vertreters unwirksam (gleicher Grund wie beim Kaufvertrag, § 108 I BGB).

Mit den Regelungen der ungerechtfertigten Bereicherung (Bereicherungsrecht) erhält der Verkäufer das Fahrrad aber zurück, § 812 I 1 BGB.

Liebe Grüße
 
Danke für die verständliche Antwort. 🙂 Ich denke, nun habe ich es verstanden.

Schade, dass die Definitionen im Skript so schwammig/unabgegrenzt waren, dass nahezu ein und dieselbe Definition für Trennungs- und für Abstraktionsprinzip benutzt wurden... sowas hält beim Lernen auf:

Das Trennungsprinzip bedeutet also die Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft.

Die Trennung zwischen dem Verpflichtungsgeschäft (dem kausalen Geschäft) und dem Verfügungsgeschäft nennt man Abstraktionsprinzip.
 
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