Dieser Tag wollte nicht enden, obwohl alles einen Sinn ergab. Eigentlich hatte es schon in der Nacht mit diesem seltsamen Traum begonnen.
Ich hatte keine Wahl, das wusste ich. Trotzdem wollte ich nicht tatenlos zusehen.Der U-Bahntunnel ging mir nicht aus dem Kopf. Ich stand also auf und zog mich an. Als ich 40 Minuten später auf meine U-Bahn wartete überkam mich wieder dieses seltsame Gefühl welches ich schon im Traum hatte. Ein gleichzeitiges Drängen und Ziehen erfüllte mich und eine Sehnsucht nach etwas, was ich nicht näher beschreiben konnte. Ich ging nicht weiter darauf ein, dafür war jetzt nicht die richtige Zeit.
Dieser U-Bahntunnel übte eine geradezu magische Anziehungskraft auf mich aus - ein Gefühl der inneren Taubheit füllte mein Inneres, aber die Neugierde übermannte alle diese Emotionen.
Ich sah und hörte die Leute an mir vorbeilaufen und versuchte ein paar Wortfetzen dieses babylonischen Sprachengewirrs aufzufangen.
Die Hitze aus dem Tunnel umgarnte mich, ich roch den immer gleichen, muffigen Geruch der U-Bahn und spürte das kleine Erdbeben, als meine Bahn einfuhr.
Dabei erinnerte ich mich wieder an den seltsamen Traum in der vergangenen Nacht und meinte, auch dort schon einmal dieses kleine Erdbeben gespürt zu haben.
Plötzlich fiel mir dieser kleine, dürre, ältere Mann auf, der in seinem grauen Wollmantel neben mir stand, zitternd und sich mit den Händen den grauen Bart zwirbelnd.
Genau diese Handbewegung erinnerte mich an einen ehemaligen Bekannten aus einer früheren Zeit, den zu treffen ich heute in meiner U-Bahn-Station jedoch nicht wahr haben wollte.
Meine Gemütslage war im Moment sowieso nicht auf andere Menschen ausgelegt, denn ich fühlte mich, wie ein Zuschauer, der direkt auf der Theaterbühne im Sessel sitzt und die Handlung von dort aus beobachtet. Doch keiner wusste davon und keiner konnte mir sagen ob all das normal war, denn ich hätte es so keinem vermitteln können.
Ich gab mir selbst einen kleinen Schubs um in die U-Bahn zu steigen und schaffte gerade noch, einen senkrecht von der Wagendecke hängenden Haltegriff zu ergattern, um die Schankungen beim Anfahren der Bahn abzufedern, als ich den älteren Mann mit dem grauen Wollmantel ganz ruhig und bedächtig neben mir stehen sah. Es schien als ob er das Getümmel in der Bahn nicht bemerkte, er fixierte mich und mir lief ein Schauer über den Rücken, er war nicht der, für den ich Ihn anfangs hielt.
"He!", sprach mich der der graue, muffige Wollmantel mit knarriger, tiefer Stimme an; Seine Alkoholfahne stockte mir den Atem. Und während ich immer noch überlegte, woher ich den alten Mann mit der den Bart zwirbelnden Handbewegung kannte, schien es mir, würde die Welt um mich herum versinken und ich plötzlich aus meinem Zuschauersitz auf die Theaterbühne gestoßen worden zu sein; zusammen mit einem Akteur der mir unheimlich vorkam.