Fallbeispiel 3: Grundlagen BGB

Dr Franke Ghostwriter
Freunde!

Fallbeispiel 3:
Welche der folgenden Aussagen ist/sind zutreffend?

A Durch die Vereinbarung einer Bedingung im Sinne des § 158 BGB kann der Tatbestand einer Norm von einem ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden.
B Durch eine Bedingung kann der Eintritt einer Rechtsfolge von einem ungewissen Ereignis abhänging gemacht werden.
C Verträge können stets unter eine Bedingung gestellt werden. Nur einsietige Willenserklärungen sind bedingungsfeindlich, da dem anderen Teil eine Schwebelage nicht einseitig aufgedrängt werden darf.
D Insbesondere Gestaltungsrechte dürfen nicht unter einer Bedingung ausgübt werden.
E Nur der Rücktritt und die Aufrechung (§388)sind als bedingungfeindlich anzusehen.
Wer kann helfen?
Beste Grüße
Gary
 
Unter Vorbehalt
A) ist richtig (Das ist das Wesen der Bedingung. Das Rechtsgeschäft steht unter einer Bedingung, wenn es von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhänig gemacht wird.)
B) ist richtig (Bei der auflösenden Bedingung tritt die Rechtsänderung ein, sobald die Bedingung eintritt.)
C) ist m.E. falsch (zwar gibt es den Schutz des Empfängers einseitiger Rechtsgeschäfte, allerdings stört mich das "stets". Die Auflassung bei Grundstücksgeschäften ist m.W. bedingungsfeindlich § 925 BGB - auch die Ehe wird in der Literatur genannt. 1311 oder so.
D) keine Ahnung (tendiere zu falsch, wg. AGB-Bedingungen)
E) ist meiner Meinung nach falsch (wg nicht zulässige Bedingung bei Grundstücksgeschäften; Ehe)
 
A Durch die Vereinbarung einer Bedingung im Sinne des § 158 BGB kann der Tatbestand einer Norm von einem ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden.
A ist falsch. Eine Bedingung regelt die Wirksamkeit von Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäftes. Tatbestände einer Norm sind notwendig oder nicht bzw. erlaubt oder nicht, die kann man nicht unter eine Bedingung stellen.

Wenn beispielsweise eine Norm die Einwilligung (§ 183 1 BGB) eines Dritten für die Rechtsfolge voraussetzt (z.B. in § 111 1 BGB, lesen!), dann kann die Notwendigkeit der Einwilligung nicht unter eine Bedingung gestellt und davon abhängig gemacht werden, ob ein ungewisses Ereignis eintritt oder nicht. Die Einwilligung (also die tatbestandliche Voraussetzung) ist in § 111 1 BGB immer notwendig.

Aussage A ist inhaltlich Quatsch und eher als Wort-Verwirrspiel (Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäfts vs. Tatbestand einer Norm) anzusehen.

Liebe Grüße
 
C, D und E sind m.E. auch falsch.

C ist falsch. Eine Auflassung ist nach § 925 II BGB ein bedingungsfeindliches Verfügungsgeschäft (Vertrag).

D ist auch falsch. Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Gestaltungserklärungen wie Anfechtung, Kündigung, Aufrechnung, Auslobung § 657 BGB) sind immer dann bedingungsfeindlich, wenn die Bedingung für den Erklärungsempfänger einen Schwebezustand (einen Zustand der Rechtsunsicherheit) herbeiführt, den der Erklärungsempfänger alleine nicht beenden kann.

Beispiel: A zu B: "Ich fechte den Vertrag, wenn meine Ex-Frau wieder heiratet". Hier steht eine Anfechtung im Raum (Schwebezustand) und es liegt nicht in der Hand des Erklärungsempfängers B, diesen Schwebezustand zu beenden.

Diese Anfechtungserklärung ist nicht wirksam, weil der Erklärungsempfänger geschützt werden soll. Er soll deshalb geschützt werden, weil er den Schwebezstand nicht alleine beenden kann und das als ein unzumutbarer Zustand für den Erklärungsempfänger angesehen wird.

Wenn der Erklärungsempfänger aber nicht schützenswert ist, weil er selber den durch die Bedingung herbeigeführten Schwebezustand alleine beenden kann (sog. Potestativbedingung), dann ist eine Bedingung auch bei einer Gestaltungserklärung zulässig.

Beispiel: A zu B: "Ich fechte an, wenn Du innerhalb der nächsten zwei Wochen die Fenster putzt". Hier liegt es in der Hand des Erklärungsempfängers B, die Bedingung eintreten zu lassen oder nicht, d.h. es handelt sich um eine Potestativbedingung, d.h. diese bedingte Anfechtung ist wirksam.

Ein prominentes Beispiel für eine wirksame bedingte Gestaltungserklärung ist die sog. Änderungskündigung: Arbeitgeber A zu seinem Angestellten B: "Ich kündige unseren Arbeitsvertrag, wenn Du mein Angebot für einen neuen Arbeitsvertrag annimmst". Das ist eine wirksame bedingte Kündigung, weil es nur vom Erklärungsempfänger abhängt, ob die Bedingung eintritt oder nicht.

E ist auch falsch. Die Anfechtung ist wie oben beschrieben auch bedingungsfeindlich, wenn die Bedingung keine Potestativbedingung ist.

Liebe Grüße
 
Freunde,
Danke für euere gezielten Hinweise, dennoch, jetzt bin ich etwas unsicher.
Antwort "D" ist doch richtig, denn eine Reihe von Willenserklärungen wie z. B. bei Gestaltungserklärungen ist eine Bedingung nicht zulässig, denn ein bestehendes Rechtsverhältnis darf nicht umgestaltet werden und zwar weil dieses dann in einen fremden Rechtsbereich eingreifen würde.
Antwort "A" ist falsch, das sehe ich auch so, dank euerer Hinweise!
Antwort "C", hier komme ich ins Schleudern, obwohl s.o. Chrissi, die Thematik konkret erklärt hat.
Zunächst stört mich ebenfalls wie PeterL auch das "stets", denn im Script steht " Häufig besteht das Bedürfnis, die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts davon abhängig zu machen, dass ein Ereignis in Zukunft stattfindet bzw. nicht stattfindet". Von "stets" (=immer) ist dim Script nicht die Rede.
Also Antwort "C" ist ebenfalls falsch und zwar wegen des ersten Satzes, so denke ich.
Beste Grüße
Gary
 
stört mich ebenfalls wie PeterL auch das "stets", denn im Script steht " Häufig besteht das Bedürfnis, die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts davon abhängig zu machen, dass ein Ereignis in Zukunft stattfindet bzw. nicht stattfindet". Von "stets" (=immer) ist dim Script nicht die Rede.

Hallo Gary,

Das "stets" aus Aussage C und das "häufig" im Skript stehen in keinem Zusammenhang. Mit dem "stets" in der Aussage wird behauptet, dass es immer zulässig ist, einen Vertrag (genauer die Wirksamkeit seiner Rechtsfolgen) unter eine Bedingung zu stellen. Das "häufig" im Skript bedeutet etwas völlig anderes, nämlich dass die Vertragspartner den Vertrag oft unter eine Bedingung stellen wollen. Du erkennst: Die Frage, ob etwas immer zulässig ist und die Frage, ob die Vertragspartner etwas wollen oder nicht, sind zwei völlig verschiedene Fragen.

C ist falsch, denn nicht jeder Vertrag darf unter eine Bedingung gestellt werden, das Gegenbeispiel habe ich oben gegeben: Eine Auflassung ist nach § 925 II BGB ein bedingungsfeindliches Verfügungsgeschäft (Vertrag). Also: Eine Auflassung ist ein bedingungfeindlicher Vertrag (er darf nicht unter eine Bedingung gestellt werden). Ein anderes Beispiel: Der Ehevertrag darf auch nicht unter eine Bedingung gestellt werden.

Liebe Grüße
 
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