Frage zur Rügepflicht § 377 HGB

Dr Franke Ghostwriter
Kann mir jemand einen Tipp geben?

Bekanntlich muß der Käufer nach § 377 HGB bei Vorliegen eines
Sachmangels unverzüglich rügen,wenn er die Gewährleistungsrechte
aus § 437 BGB nicht verlieren will.
Ein Sachmangel ist auch die Lieferung einer falschen Sache(Aliud)
(§ 434 Abs.3 BGB).

In der KE 2 der "Grundlagen des Privat-und Wirtschaftsrechts"
auf Seite 27 steht nun,daß eine Rüge nicht nötig
ist,wenn die gelieferte Sache so weit von der bestellten abweicht,daß
der Verkäufer die Genehmigung des Käufers nicht erwarten konnte.
Als Beispiel wird die Lieferung eines Kombis statt eines Pkw angeführt.

In der KE 1 des"Handelsrechts" auf Seite 93 ist die Lieferung einer
falschen Sache etwas anders dargestellt.Hier bezieht man sich auf
eine MINDERWERTIGE andere Sache,bei deren Lieferung man sofort rügen
muß,sonst müsste man den vollständigen Preis bezahlen.

Was ist denn nun richtig?


Angenommen der Kombi kostet weniger als der Pkw(z.B.ein Porsche).
Muß man dann nicht rügen,da sich die Sachen sehr unterscheiden und
der Verkäufer eine Genehmigung nicht erwarten konnte
ODER
muß man sofort rügen,da man ein minderwertiges Aliud bekommen hat
und sonst den vollen Preis dafür (also den Preis des Porsche) bezahlen
müsste ??
 
Mit "minderwertigem Aliud" ist meines Wissens die Güteklasse der Ware gemeint.
Ein gebrauchter Dacia Kombi statt eines neuen Porsche GT3 ist dem nicht zuzuordnen, wohl aber, wenn z. B. statt exzellentem Gewürzsalz einfaches Meeressalz geliefert wird. Dies hätte der Besteller dann dadurch feststellen können, daß er einfach mal den feuchten Daumen hineinsteckt und es probiert. Macht er's nicht, verliert er seine Ansprüche.
Ein Dacia statt einem Porsche ist hingegen eine so offensichtliche Abweichung, daß das Versäumen der strengen Rügeobliegenheit ihn nicht ohne weiteres ins Hintertreffen bringen darf.
 
Ja,das macht Sinn.Danke!

Ich habe noch eine etwas kuriose Frage zum § 377 HGB:

Angenommen ein Kaufmann läßt sich von einem anderen 100 kg Äpfel schicken.
Die Ware wird geliefert und kommt leider in sehr üblem Zustand an,völlig verdorben.
Der Empfänger rügt sofort und denkt er könnte nun neue Äpfel als Nacherfüllung
geschickt bekommen.Aber der Absender der Äpfel sagt,daß die Äpfel bei
Gefahrübergang völlig in Ordnung waren(was er auch beweisen kann).
Sehe ich es richtig,daß die Rüge hier tatsächlich sinnlos ist?
 
Bin kein Fachmann, 😀
aber ich würde sagen:

Liegt eine Bringschuld vor, nützt dem Verkäufer der Beweis wenig, denn dann liegt Gefahrübergang erst bei Anlieferung vor, und zu diesem Zeitpunkt waren die Äpfel eben verdorben. Hier macht die Rüge Sinn.

Liegt eine Schickschuld vor, trägt zwar der Käufer die Gefahr des Untergangs (= Verderbs) ab Transport, hier wäre die Rüge aber ebenfalls angebracht!

Denn ein Mangel kann auch darin bestehen, daß die Äpfel ungewöhnlich schnell (nämlich bereits während des Transports) verdarben...
Und wenn nicht, wäre zu prüfen, ob nicht der Frachtführer wegen unsachgemäßen Transports (z. B. im Sommer im ungekühlten Lkw) haftbar gemacht werden kann.
 
Danke für die Hinweise.
Bei der Bringschuld gibt es tatsächlich keine Probleme,ich hatte die
Schickschuld im Blick.Also einmal mehr rügen ist besser als einmal weniger.

Ich habe noch eine Sache zur Falschlieferung.Ich Frage mich,was hierbei
mit dem Anspruch auf Leistung eigentlich passiert.

Liefert der Verkäufer eine mangelhafte Sache,dann ist der Anspruch aus
§ 433 Abs.1 für den Käufer ausgeschlossen,denn der Verkäufer hat ja
eine auf Erfüllung gerichtete Handlung/Leistung erbracht.
Dem Käufer steht dann aber natürlich der Anspruch aus §§ 437,439
auf Nacherfüllung zu.

Aber was ist nun,wenn der Verkäufer eine Sache liefert,die sich sehr,sehr
weit von der bestellten unterscheidet?Also Daccia statt Porsche?
Sehe ich das richtig,daß das NICHT als auf Erfüllung gerichtete Leistung
gewertet werden darf?Der Käufer BEHÄLT seinen Anspruch aus § 433 Abs.1?Dieser geht also durch diese "Falschlieferung" nicht unter?

Ansonsten ergäbe sich die logische Kette
-auf Erfüllung gerichtete Handlung
-Untergang des Anspruchs aus § 433 Abs.1
-Sachmangel im Sinne § 434 Abs.3
-Anspruch aus § 437
-Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge,sonst fiktive Genehmigung

Und diese Rügepflicht hatten wir ja hier verworfen,da der Daccia wirklich
kein Porsche ist.
 
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