Makro II Übungsaufgaben, Kapitel 3, Aufgabe 2b

Dr Franke Ghostwriter
Ich habe folgende Frage: Wieso bleibt die IS-Kurve von der Höhe der Inflationserwartungen unbeeinflusst? Diese sind doch mit r (r = i - πe) in der Investitionsfunktion (I = 10 - 4r) enthalten.
 
Ich habe folgende Frage: Wieso bleibt die IS-Kurve von der Höhe der Inflationserwartungen unbeeinflusst? Diese sind doch mit r (r = i - πe) in der Investitionsfunktion (I = 10 - 4r) enthalten.

Beachte, in I(r) = 10 - 4 * r ist r die Funktionsvariable (endogene Variable) und pi "kommt nicht vor". Dass es einen (möglicherweise hunderte) pi-r-Zusammenhänge in Verbindung mit anderen Größen gibt, z.B. r = i - pi ändert daran nichts. In I(r) ist pi nicht "sichtbar"/modelliert.

Liebe Grüße
 
Ja, oder etwas anders ausgedrückt:
r ist in I(r) die unabhängige Variable, d.h. die Unternehmen sind "so schlau" und berücksichtigen bei Ihren Investitionsentscheidungen den realen Zinssatz oder "immerhin" den erwarteten realen Zinssatz, der von der erwarteten Inflationsrate abhängt.

Wie kann sich nun der reale Zinssatz z r, ändern? Hier ein paar Fälle:
Fall 1: i steigt, pi_e bleibt konstant (Dann steigt r)
Fall 2: i bleibt konstant, pi_e steigt (Dann sinkt r)
Fall 3: i sinkt, pi_e sinkt (Dann ist die Änderung von r unbestimmt)

Aber: r ist ja abgetragen auf der Abszisse!
Es spielt keine Rolle in der Investitionsfunktion, weswegen sich r ändert. Bei Änderungen von r bewegen wir uns auf der Kurve - mal nach links, mal nach rechts.


Anders
ist es in dieser Aufgabe bei der Geldnachfrage!

Es ist M = 0,5Y - 3i, d.h. die Haushalte richten ihre Geldnachfrage am Einkommen Y und am Nominalzins i aus.
Was passiert nun, wenn die Haushalte plötzlich ihre Inflationserwartung von pi = 0 auf pi = 0,02 erhöhen?

Sagen wir, der Haushalt habe Y = 6,25 zu Verfügung. Bei einem konstantem Geldangebot von 3 gilt bei pi = 0:
3 = 0,5*6,25 - 3*i
3 = 3,125 - 3*i
3-3,125 = -3*i
-0,125 = -3*i
i = 0,04166, also rund 4,17% als Gleichgewichtszins.

Erhöhen wir pi auf pi = 0,02 - erhalten wir nicht dasselbe für den Gleichgewichtszins?
Schließlich ist die Geldnachfrage doch nur von i abhängig, nicht von pi, so scheint es!
Dass das nicht sein kann, kann man sich einfach damit verbal erklären, dass ja bei steigender erwareteter Inflation die Haushalte davon
ausgehen, dass die Geldhaltung entsprechend teuerer wird. Es macht mehr Sinn, die Transaktionskasse zu reduzieren, mehr in Wertpapiere anzulegen
oder einfach die Sachgüterflucht, was sicher bei 2% erwarteter Inflation nicht geschehen wird. Also: bei jedem herrschenden Nominalzins i wird die
Geldnachfrage nun abnehmen. Die Geldnachfragekurve (nicht zu Verwechseln mit der LM-Kurve) muss sich nach unten verschieben!

Wie kann man das formal herleiten?
Vorher gilt:
M = 0,5*Y-3*i. Nun soll i in Abhängigkeit von L dargestellt werden (siehe Geldnachfragediagramm!)
3*i + M = 0,5*Y
3*i = 0,5*Y - M

i(M) = Y/6 - M/3
Hier ist Y Lageparameter der Kurve
Bei Inflationserwartungen gilt aber approximativ die Gleichung:
r = i - pi
Also: i = r + pi

M = 0,5*Y - 3*(r + pi)
M + 3r + 3pi = 0,5*Y
3r = 0,5*Y - M - 3pi
r(M) = Y/6 - M/3 - pi

Man staune nicht schlecht und erkennt, dass r(M) um pi parallel nach unten verschoben worden ist!
Aber ja: Das war genau die verbale Argumentation. Die Geldhaltung wird zu jedem noch so tollen Nominalzins i einfach zu teuer, die Geldnachfragekurve erschiebt sich nach unten.
Wie sich leicht mit Stift und Papier darstellen lässt, verschiebt sich dann die LM-Kurve nach rechts!
 
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