Abgrenzung GoA von Stellvertretung ohne Vollmacht

Dr Franke Ghostwriter
vielleicht stehe ich auch einfach auf dem Schlauch. Aber sind GoA und Stellvertretung ohne Vollmacht nicht verdammt ähnlich?

In beiden Fällen wird eine Person für eine andere aktiv, ohne dass der Vertretene / Geschäftsherr es weiß.

Vielen Dank für ein paar Tipps.

Vielleicht auch einfach Literatur, wo man es nachlesen kann?

Sylvia
 
Sylvia74 schrieb:
Hallo,

vielleicht stehe ich auch einfach auf dem Schlauch. Aber sind GoA und Stellvertretung ohne Vollmacht nicht verdammt ähnlich?

In beiden Fällen wird eine Person für eine andere aktiv, ohne dass der Vertretene / Geschäftsherr es weiß.

Vielen Dank für ein paar Tipps.

Vielleicht auch einfach Literatur, wo man es nachlesen kann?

Sylvia
Hallo,

(abgeändert)

zunächst mußt Du begrifflich sauber anfangen:

"Stellvertretung ohne Vollmacht" - es ist besser, von "Stellvertretung ohne Vertretungsmacht" auszugehen: Die Vollmacht ist nur ein Fall der Vertretungsmacht, nämlich die rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht. Daneben gibt es auch die Fälle, wo jemand aufgrund eines Gesetzes Vertretungsmacht hat, etwa die Eltern für das geschäftsunfähige Kind.

Du hast Recht, daß in beiden Fällen jemand ein Fremdgeschäft vornimmt, ohne daß derjenige, für den das Geschäft durchgeführt wird, dies weiß.

Du mußt also abgrenzen: Sinnvollerweise erst prüfen, ob die Voraussetzungen für GoA erfüllt sind,

§ 677, "ohne (...) dazu berechtigt zu sein" - es darf also keine Vertretungsmacht bestehen, weder gesetzliche, noch rechtsgeschäftliche noch sonst eine (kraft Fiktion, Anscheinsvollmacht o.Ä.), es darf auch kein Auftragsverhältnis bestehen.

Dann weiter prüfen, ob, obwohl kein Auftrag und keine Vertretungsmacht bestehen, die Geschäftsführung dennoch "im Interesse des Geschäftsherrn" ist oder "dessen mutmaßlichem Willen" entspricht, näheres regeln die §§ 677.

Liegen die Voraussetzungen vor, so entsteht eine gesetzliche Vertretungsmacht.

Wenn Du also bejahst, daß eine GoA vorliegt, dann kann es kein Fall der Vertretung ohne Vertretungsmacht mehr sein, denn dann besteht eben für den Vertreter die Vertretungsmacht - hier kraft den Vorschriften zur GoA.

Die Unterscheidung zwischen dem vollmachtlosen Vertreter und demjenigen, der ein Geschäft für jemand anders in dessen Interesse tätigt, erscheint auch gerecht, denn warum sollte man es demjenigen, für den jemand aus guten Gründen (die in den §§ 677 ff. genannt sind) ein Geschäft erledigt hat zugestehen, daß er davon profitiert und dennoch dem Geschäftsführer deswegen Nachteile entstehen ? Dagegen treffen denjenigen Geschäftsführer, der unberechtigt das Geschäft eines anderen und womöglich noch zu dessen Nachteil führt, die "Sanktionen" der §§ 164 ff. doch zu Recht ?

M.a.W.: Weshalb soll man denjenigen, der die geplatzte Wasserleitung im Haus des Nachbarn wegen dessen Abwesenheit von einem Klempner reparieren ließ, um Schaden abzuwenden, genau so behandeln wie denjenigen, der "für den Nachbarn" einen Rasenmäher kauft, obwohl der Nachbar weder einen Rasenmäher will noch einen braucht ...

Die GoA ist gewissermaßen die von der Rechtsordnung gebilligte Form der Vertretung ohne Vertretungsmacht bzw. geben die Vorschriften der GoA dem Geschäftsführer ohne Vertretungsmacht eine Art nachträgliche gesetzliche Vertretungsmacht - bitte diese Erklärung nicht für dogmatisch einwandfrei nehmen ...

Ist meine Erklärung einigermaßen verständlich ?

Schöne GRüße, Markus
 
Markus,

ja Danke, das macht es ein bisschen klarer. Und klar hatte ich die Stellvertretung ohne Vertretungsmacht gemeint, habe heute Morgen etwas gehuschelt, sorry.

Ein weiteres Problem bei der GoA:

hier wird ja rein das Innenverhältnis geklärt, d.h. welche Recht hat der Geschäftsführer und welche der Geschäftsherr. Was ist aber mit dem Dritten, der u.U. für die Leistung von Diensten beauftragt wurde, der die Leistung auch erbracht und entsprechend auch ein Recht auf seine Bezahlung hat.

Wo gibt es Regeln hierzu? Oder betrachtet man das ganz abstrakt zwischen Geschäftsführer und Dritten (da der Geschäftsführer beauftragt hat) oder Geschäftsherrn und Dritten (da der Geschäftsherr u.U. den Vorteil und Nutzen aus der Leistung hat)?

Das ist mir insgesamt sehr abstrakt und suspekt...

Ich werde aber auch weiterhin schauen, was ich in der Literatur noch so finden kann.

Trotzdem schon mal vorab.

Vielen Dank!

Sylvia
 
Das Schuldverhältnis kommt halt zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten zustande, im Prinzip so, als hätte der Geschäftsführer den Vertrag im Namen und für Rechnung des Geschäftsherrn, der bei der Vertretung eigentlich Vertretener hieße, abgeschlossen.

So ganz richtig ist das in meinem vorigen Beitrag nicht formuliert, daß die GoA eine gesetzliche Vertretungsmacht begründen würde - aber es leuchtet für die Abgrenzung irgendwie ein.

Und was das Verhältnis Geschäftsherr - Geschäftsführer betrifft, das steht doch in den § 677 ff. - der Gschäftsführer, ich nenn ihn mal GF, muß sein Geschäft so führen, daß es dem Interesse des GH mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert, § 677. Tut er das nicht und hätte er das erkennen müssen, dann haftet der GF dem GH für den Schaden, der GH muß das Geschäft gegenüber dem Dritten aber so gegen sich gelten lassen, wie es der GF geführt hat, § 678. Ausnahmsweise ist auch die Geschäftsführung gegen den Willen des GH ok, wenn eine Pflicht des GH erfüllt wird, die im öffentlichen Intersse liegt, § 679.

Ist es eine "berechtigte" GoA, dann hat der GF Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen gegen den GH, § 683.

So in etwa grob ...
 
Das Schuldverhältnis kommt halt zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten zustande, im Prinzip so, als hätte der Geschäftsführer den Vertrag im Namen und für Rechnung des Geschäftsherrn, der bei der Vertretung eigentlich Vertretener hieße, abgeschlossen.

So ganz richtig ist das in meinem vorigen Beitrag nicht formuliert, daß die GoA eine gesetzliche Vertretungsmacht begründen würde - aber es leuchtet für die Abgrenzung irgendwie ein.
So in etwa grob ...

Hallo Ihr 2. Ich bin durch Zufall auf Eure interessante Diskussion gestoßen und dachte, dass ich dazu vielleicht etwas korrigierend beitragen könnte. Denn in Eure Abgrenzung zwischen GoA und Vertreter ohne Vertretungsmacht-Problematik hat sich ein ganz großer Fehler eingeschlichen.

Zur Klartstellung nur dieser Hinweis: Nicht einmal die berechtigte GoA (§§ 677, 683 bzw. §§ 677, 684 S.2, 683), die unstreitig ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen GF und GH begründet, rechtfertigt den Schluss, der GF könne den GH wirksam gegenüber Dritten vertreten. Denn: Der GF hat durch die berechtigte GoA noch keine, schon gar keine gesetzliche, Vertretungsmacht erlangt (vgl. auch P/B, Einf v § 677, Rdnr. 3).

Bsp.: Brennt es beim Nachbarn (GH) und muss der GF den Schlüsseldienst (SD) beauftragen, damit er den brennenden Herd ausschalten kann, ist es nicht möglich, den Werkvertrag zwischen SD und dem GH als Vertretenem abzuschließen. Vielmehr kommt der Vertrag zwischen GF und SD zustande.

Dies folgt nicht nur aus den Grundsätzen, die für die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenverhältnis gelten, sondern ist auch interessengerecht. Denn schließlich bedarf der Dritte (SD) auch Schutz. Schließlich möchte er nicht das Insolvenzrisiko des GH und das Prozessrisiko (wen soll er denn überhaupt verklagen?) tragen.


--- Schreien verändert die Rechtslage nicht ---
 
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