Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen

Dr Franke Ghostwriter
folgende Frage ist bei mir zu dem auf S.48 des Skriptes (KE2) dargestellten Beispiel 2 aufgetaucht:
Wenn A glaubt, nur etwas mit C zu tun zu haben und C glaubt, nur etwas mit B zu tun zu haben, so wird über das Eck rückabgewickelt, weil die Tilgungsbestimmung aus der Sicht des C entscheidet. Die Leistung des A ist demnach dem B zuzurechnen. Jetzt muss der A sich an den B halten. Ist der Anspruch des A gegen den B nun eine Leistungs- oder Nichtleistungskondiktion? Es müsste doch eigentlich eine Nichtleistungskondiktion sein, da der A doch keine Verbindlichkeit ggü. dem B mit der Leistung tilgen wollte, oder? Wenn es zutrifft, dass es sich hier um eine Nichtleistungskondiktion handelt, wie lehne ich dann die Ansprüche A-C in einem Gutachten ab? Wie und wo begründe ich, dass die Nichtleistungskondiktion A-B vorrang vor der A-C hat?
 
Bastian,

Beispiel 2, Seite 48? Hast Du eine ältere Ausgabe der KE? Meinst Du den Fall mit der Lieferung einer Fertiggarage (bei mir Beispiel 1, Seite 52)?

Ich würde eigentlich von einer Leistungskondiktion ausgehen. C, auf dessen Empfängerhorizont es ankommt, glaubt eine Leistung des B erhalten zu haben. Und daher ist in dieser Leistungsbeziehung zuerst abzuwickeln.

Du machst die Tilgungsbstimmung an B fest, auf dessen Empfängerhorizont es gerade nicht ankommt.

Auf die Leistungskondiktion deutet auch schon der Hinweis, dass übers Eck abgewickelt wird hin. Denn das macht nur Sinn, wenn eine vorrangige Leistungsbezeung besteht.

LG

Claudia
 
Claudia,

vielen Dank für Deine Antwort. Tatsächlich habe ich ein älteres Skript (SS 09), Du hast aber den richtigen Fall angenommen. Ich bin aber immer noch nicht vollständig überzeugt, dass es sich bei der Kondiktion A-B um eine Leistungskondiktion handelt. Es ist klar, dass der A sich an den B halten muss, weil über das Eck abgewickelt wird. Dafür, dass dies jedoch keine Leistungskondiktion sein kann spricht die unter III. 1. (Die Anweisungslage) genannte Definition des Leistungsbegriffs. Hier heißt es: Leistung ist jede bewusste Zuwendung an einen anderen, mit der der Zuwendende überwiegend eigene Zwecke ggü. dem Empfänger verfolgt. Eine bewusste Zuwendung an einen anderen liegt bei dem Aufbau der Garage zwar vor, jedoch muss hier verneint werden, dass der A durch den Aufbau der Garage überwiegend eigene Zwecke ggü. dem B erfüllen möchte, da der A doch ausschließlich Zwecke gegen seinen vermeintlichen Vertragspartner C erbringen möchte. B hingegen ist doch nur der Vertreter. Da die Leistungsdefinition doch gerade die subjektive Sicht des A betrifft, die Intention des A bei der Erbringung der Leistung also ausschlaggebend war, kann ja nicht der Empfängerhorizont darüber entscheiden, ob eine Leistung von A an B erbracht wurde. Dieser kann nur darüber entscheiden, ob A sich an C wenden darf oder nicht.

Gruß

Basti
 
Basti,

diese Dreipersonenfälle sind furchtbar, ich hoffe inständig, dass uns die bei der Klausur erspart bleiben...

Ich bin immernoch der Meinung, dass es sich hier um eine Leistungskondiktion handelt, wobei ich mich zugegebener Maßen wirklich schwer mit der Materie tue.

Du findest im Münchener Kommentar, § 812, B durch Leistung den Unterabschnitt VIII Irrtümliche Eigenleistung, der sich meiner Ansicht nach mit der Fallkonstellation befasst.

Ich glaube , dass unsere unterschiedlichen Meinungen - zumindest auch - daraus resultieren, dass Du davon ausgehst, dass es auf den Horizont von A ankommt. Ich meine hingegen, dass es auf den Empfängerhorizont von C ankommt.

Aus Sicht des C (Empfängerhorizont) ist die Zuwendung des A die Leistung seines Vertragsparners B. Nach der Angabe des B handelt es sich bei A, der die Lieferung vornehmen soll, um seinen Erfüllungsgehilfen.

Damit würde ich die Leistungskondiktion zwischen A und C ablehnen, da aus Sicht des C nur eine Zuwendung, aber keine eiene Leistung des A vorliegt.

Die Nichtleistungskondiktion zwischen A und C würde ich am Prüfungspunkt "in sonstiger Weise" scheitern lassen, da vorrangige Leistungsbeziehungen bestehe.

Zwischen B und C liegt dann aus Sicht des C die Leistung. C hat Eigentum und Besitz an der Garage, durch Leistung des B ohne Rechtsgrund erlangt, denn zwischen B und C bestand tatsächlich kein wirksamer Vertrag, denn B hatte von Anfang an geplant, nicht zu erfüllen. (Hier fehlt mir die RGL, Kannst Du helfen?)

A hat dann gegenüber B wiederum einen Anspruch aus Leistungskondiktion. Etwas erlangt - Eigentum und Besitz bw. einen Auszahlungsanspruch, durch Leistung - bewusste und zweckgerichtete Zahlung des C, ohne Rechtsgrund - RGL?

Was meinst Du, oder alle anderen?

Claudia
 
Claudia,

so richtig überzeugt bin ich immer noch nicht. Der Empfängerhorizont des C ist entscheidend, da stimme ich Dir zu. Jedoch ist er meiner Meinung nach nur dafür entscheidend, wer sich an ihn halten kann und wer nicht. Der Empfängerhorizont schützt den C also vor Ansprüchen Dritter, die keinen Vertrag mit ihm haben und beschränkt die Personen, die Ansprüche gegen ihn geltend machen können auf die, die einen Vertrag mit ihm haben (aus seiner Sicht). Der Empfängerhorizont des C kann jedoch nicht aus der Beziehung A-B, bei der der B für den A nie mehr war als ein "Übermittler" eine Leistungsbeziehung machen. Der C ist zwar vor Ansprüchen des A geschützt, jedoch ändert das nichts daran, dass A dem B durch die Zuwendung an C zwar einen Vorteil verschafft hat (weil der B ggü. C nicht mehr zu leisten braucht), jedoch hat A diesen Vorteil an B doch definitiv nicht durch Leistung erbracht, weil er nie bei B etwas tilgen wollte (Leistungsdefinition trifft also nicht zu).
Einig sind wir darüber, dass der A sich wegen des Empfängerhorizontes nicht an den C wenden kann. Einig sind wir auch, dass er sich deshalb an den B wenden muss. Problematisch ist jetzt, dass er (zumindest aus meiner Sicht) gegen B nur eine Nichtleistungskondiktion durchsetzen kann. Um dieses Problem zu Lösen bräuchten wir also eine gute Begründung dafür, warum die Nichtleistungskondiktion A-B eine Leistungskondiktion sein soll (der Empfängerhorizont des C kann das meiner Meinung nach nicht erreichen, weil ja sonst eine Leistungskondiktion trotz fehlender Leistung fingiert wird) und falls es darauf hinauslaufen sollte, dass wir eine Nichtleistungskondiktion A-B annehmen, warum die Vorrang vor der Nichtleistungskondiktion A-C hat.

Was meinst Du?

Basti
 
entschuldigt meine späte Zu-Wort-Meldung, aber ich bin leider erst jetzt bei der Wiederholung dieser KE.

Also ich komme zu folgender Lösung, wenn man es mal stupide durchprüft. Ich weiss allerdings nicht, ob ich die Definition der Leistung nicht etwas zu weit verstehe, daher wäre ich über Hinweise sehr dankbar.

I) Anspruch A -> B aus § 812 I 1 Fall 1 - Leistungskondiktion
1) B hat etwas erlangt + Die Befreiung von der Leistungspflicht aus dem Werkvertrag A - C
2) durch die Leistung des A
a) bewusste Zuwendung an einen anderen + A wollte dem C die Garage zuwenden
Anmerkung: Ich verstehe hier das "an einen anderen" sehr weit und beschränke es nicht auf denjenigen, der "etwas erlangt" hat. Ist dieses Verständnis aus der Luft gegriffen oder hat jemand eine bessere Idee? Zielführend ist es auf jeden Fall.
b) A verfolgt überwiegend eigene Zwecke + A wollte seinen eigenen Werkvertrag mit C erfüllen
=> durch Leistung des A +
3) ohne rechtlichen Grund + Es bestand gar kein Werkvertrag A - C
Rechtsfolge:
1) Herausgabe des Erlangten - wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich
2) Wertersatz gem. § 818 II + B hat die 5000 EUR herauszugeben


II) Anspruch A -> C aus § 812 I 1 Fall 1 - Leistungskondiktion
1) C hat etwas erlangt + die Garage
2) durch Leistung des A - denn der Empfängerhorizont des C ist entscheidend und C denkt A ist der Erfüllungsgehilfe des B. Somit liegt nach der (entscheidenden) Meinung des C eine Leistung des B vor


III) Anspruch A -> C aus § 812 I 1 Fall 2 - Nichtleistungskondiktion
1) C hat etwas erlangt + s.o. II) 1)
2) in sonstiger Weise - Vorrang der Leistungskondiktion, denn eine Abwicklung im Leistungsverhältnis A - B ist möglich. (s.o. I) )


Was meint ihr dazu? Hat schon jemand die ultimative Lösung gefunden?

by heinereiner
 
mit II. und III. bin ich einverstanden. Mit I. noch nicht vollständig. Du entscheidest hier die Frage, ob eine Leistungskondiktion vorliegt allein anhand der Leistungskondiktion. In dem vorliegenden Fall wegen der unterschiedlichen Vorstellungen, wer wem eine Leistung erbringt, nicht allein auf die Leistungsdefinition zurückgegriffen werden. Ich tendiere immer mehr zu Claudias Lösung. Demnach müsste die Zuwendung des A an C aus Sicht des C (Empfängerhorizont) für den A eine Leistung an den B darstellen, weil er aus Sicht des C überwiegend Leistet, um eine Schuld bei dem B zu tilgen. Ich verstehe das nun so, dass aufgrund des Empfängerhorizontes eine tatsächlich nicht bestehende Leistungsbeziehung, nämlich die zwischen A und B, fingiert wird. Ich kann mich zwar nur schwer mit diesem Ergebnis anfreunden, weil es der Leistungsdefinition vollständig widerspricht, würde es aber trotzdem wählen, weil nur dieser Weg zu dem gewünschten Ergebnis führt.
Es sei denn, jemandem fällt noch etwas anderes ein...

Gruß

Basti
 
Hi,

hat mir bei meiner Examensvorbereitung sehr geholfen (wirklich lesenswert und verständlich!):

Lorenz, Bereicherungsrechtliche Drittbeziehungen, JuS 2003, 729 - 733 und 839 - 845.

kannst du die Aufsätze scannen und mir per Mail schicken?!? über beck-online bzw. die Elektronische Zeitschriftenbibliothek gibts leider keinen Volltextzugriff auf die JuS

Au ja, das wäre super, wenn du die Aufsätze digital hast. Die würden mich auch interessieren.
Sag mir Bescheid, z.b. per PN, dann gebe ich dir meine EMail-Adresse.

by heinereiner
 
Ich verstehe das nun so, dass aufgrund des Empfängerhorizontes eine tatsächlich nicht bestehende Leistungsbeziehung, nämlich die zwischen A und B, fingiert wird.

Wie kommst du auf die Idee? Also nicht, dass sie schlecht wäre, aber irgendwie habe ich dafür nirgends Anhaltspunkte gefunden. Zielführend ist sie auf alle Fälle.

Wie gesagt richtig überzeugt bin ich von meiner Lösung auch nicht, aber es schien mir die einzig zielführende, weil ich denke in der Beziehung A - B allein auf den Empfängerhorizont des C abzustellen, ist nicht angebracht. Aber die Möglichkeit eine Leistungsbeziehung zwischen A - B aufgrund des Empfängerhorizonts des C zu fingieren ist auch nicht schlecht. Allerdings würde mich dazu eine Begründung interessieren.

by heinereiner
 
Hi,

ich habe die Aufsätze in Printform, allerdings keine Möglichkeit diese zu scannen.
Über die Aufsatzbestellung (Unibibliothek) müsstet ihr die beiden Beiträge allerdings bekommen. Diese werden dann als .pdf-Dokumente an euch gemailt. Kostet pro Ausfsatz eine TAN.

Sebastian.


Bist du irgendwie von der Marketing-Abteilung der Uni-Bib? 🙂

Kannst du uns nicht einfach mitteilen, was die Lösung ist oder weißt ud es selbst nicht mehr? :fiesgrins

by heinereiner
 
diese Literaturangabe bezog sich nicht auf die konkrete Falllösung innerhalb eurer regen Diskussion, sondern versteht sich als allgemeiner Hinweis zur Vorbereitung auf eure anstehende Klausur.

Der Beitrag ist zweiteilig und deckt m. E. einige relevante Fallkonstellationen im Rahmen bereicherungsrechtlicher Mehrpersonenverhältnisse ab!

Gruß Sebastian.!

P. Seite Ich bin natürlich nicht in der Marketing-Abteilung der hiesigen UB!
 
Schade, aber hätte ja sein können, dass du was weißt. Trotzdem danke für den Hinweis und ich werde mal schauen, ob ich den Aufsatz irgendwie organisiert kriege.

by heinereiner

PS: Schon klar, dass du nicht zur UB gehörst, wenn die überhaupt eine Marketingbateilung haben.
 
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