Marktforschungsexperimente

Dr Franke Ghostwriter
ich habe Verständnisprobleme mit den Gruppenexperimente.

Das allgemeine Ziel von Marktforschungsexperimenten ist mir klar. Ich verstehe nur nicht, wann man genau ein 2 Gruppenexperiment ohne/mit Pretest oder 3 Gruppenexperiment bzw. 4 Gruppenexperiment als Untersuchungsdesign nehmen sollte.

Vielleicht kann mir jmd. von Euch nochmal kurz die Thematik in Nicht-Marketing-Deutsch erklären.

Vielen Dank!

F.C.
 
ich habs so verstanden:

2 Gruppen ohne Pretest, wenn ich den Effekt des Stimuls bestmöglich berechnen will. Du bildest die Differenz zwischen den beiden Werten Y in der KG und der UG, die Störeinflüsse U fallen somit weg und es bleiben E und Ieu (der Interaktionseffekt Ieu ist immer dabei, aber eigentlich nicht so dramatisch, weil ja auch in der Realität Störeinflüsse wirken). Beispiel: eine Gruppe bekommt Werbung gezeigt, die andere keine, danach werden beide Gruppen bzgl. Kaufbereitschaft befragt. Was interessiert ist die Differenz zwischen den beiden Gruppenmittelwerten (ist die Kaufbereitschaft bei den Leuten, die die Werbung gesehen haben höher?).

2 Gruppen mit Pretest, wenn du v.a. den interindividuellen Unterschied berechnen willst (vorher/nachher). Hier geht es also v.a. um die Veränderung der ursprünglichen Werte durch den Stimulus E. Wieder ziehst du die beiden Gruppen voneinander ab und erhälst den Stimulus Effekt E + Ipe (Interaktion Stimulus und Pretest) + Ieu (Interaktion Stimulus /Störeinflüsse) + Ipeu (Interaktion der drei). Vorteil beim Pretest ist, dass du die Veränderung gut messen kannst und weniger Versuchspersonen brauchst, Nachteil: Aufwand durch Prestest und Pretesteffekt + Interaktionseffekte (z.B. Person wurde zu Beginn hinsichtlich ihrer Kaufbereitschaft gefragt, bekommt dann Werbung gezeigt, wird wieder befragt. Die erste Befragung hat aber schon einen Effekt, z.B. kann es sein, dass die Person schon über einen Kauf nachdenkt, z.B. aktiv Infos über das Produkt sammelt etc.) und deshalb (nicht nur auf Grund des Stimulus Werbung) beim zweiten Test eine höhere Kaufbereitschaft zeigt.)
3 Gruppen mit Pretest: Hier sind ist der Stimuluseffekt durch den Vergleich zwischen UG und KG gut feststellbar (wie beim 2 Gruppen Experiment ohne Pretest) und der Prestesteffekt ist auch gut zu errechnen, durch Vergleich der beiden KGs (einmal mit einmal ohne Pretest). Interaktion zwischen Stimulus und Pretest wird vermieden.
Beim 4 Gruppenexperiment kannst du gut den Stimuluseffekt und den Pretesteffekt/interindividuelle Veränderungen berechnen, allerdings brauchst du mehr Versuchspersonen.

VG

Ch
 
Ch,

vielen Dank für deine Erklärungen. Nun leuchtet es mir ein. Man muss es mit Zahlen belegen...dann ist es einfacher zu verstehen:

1. 2 Gruppen ohne Pretest
t0 => keine Werte über Kaufbereitschaft vorhanden
t1 => Werbung = E
t2 => Y1 = 40% und Y2 = 30% (Werte sind frei erfunden)

d1-d2=Y2-Y1=E+Ieu
E+Ieu = 30-40 = -10. (Ich weiss zwar nicht warum der Wert negativ ist, aber die Werbung hat die Kaufbereitschaft um 10% angehoben)

2. 2 Gruppen mit Pretest
t0 = X3 = 20 und X4 = 30 (Müssen die Werte hier identisch sein, also X1=X2?)
t1 = Werbung = E
t2 = Y3 = 30 und Y4 = 30

d3-d4=X3-Y3-(X4-Y4)=E+Ipe+Ieu+Ipeu
20-30-(30-30) = - 10

Meine Frage nun: Wozu benötige ich die Kontrollgruppe, wenn ich eigentlich mich für den dritten Datensatz (X3, Y3) interessiere. Hier soll doch eigentlich nur ein Vorher-/Nachherwert ermittelt werden?

3. 3 Gruppentest
t0 => X1 und X2 unbekannt; X4 = 20
t1 => Werbung nur bei X1
t2 => Y1 = 30, Y2 = 20 und Y4 = 20

d1-d2=Y2-Y1=E+Ieu => 20-30 => -10
d4-d2=Y2-Y4=P+Ipu => 20-20 => 0

==>> E = -10 und P = 0. Was sagt uns diese Werte jetzt?

Beim 4 Gruppenexperiment kann man noch zusätzlich d4-d3 rechnen und somit den Wert "E+Ipe+Ieu+Ipeu" erhalten. Diese gibt dann den Stimulus beim trotz Pretest an, oder?

Eine Frage habe ich da noch:
Warum benötigt man beim 2 Gruppen mit Pretest weniger Versuchspersonen? Kann im Zweifel eine Gruppe aus 1 Person bestehen?

Vielen Dank und schöne Grüße


FC
 
Pretest Werte müssen nicht identisch sein. Nur wenn man keinen macht, wird der Einfacheit halber angenommen, dass sich beide Gruppe vor dem Experiment nicht unterschieden haben.

2-Gruppen-Experiment mit Pretest: Du brauchst die KG um U rauszurechnen (s.S 11). Ohne KG hättest du P+E+U+Ipe+Ipu+Ieu+Ipeu als Ergebnis. Beispiel: Während dem Experiment ändert sich plötzlich das Wetter und die Sonne kommt raus (Störgröße U), was sich - frei erfunden -positiv auf die Kauffreude auswirkt, sowohl in UG als auch in KG. Ohne die KG würdest du den Effekt der Werbung überschätzen.

zu den Werten, bin mir nicht ganz sicher: wenn Y1 größr Y2 würde das auf einen Stimuluseffekt E hinweisen, d.h. die Leute, die die Werbung gesehen haben, kaufen mehr als die Leute, die keinen gesehen haben. Y2=Y4 würde für mich darauf hindeuten, dass es keinen Pretest-Effekt gab, denn die Gruppe mit der nichts gemacht wurde (außer der Testung Y2), hat die gleiche Kaufbereitschaft wie die Gruppe, die vorher einen Pretest hatte.

Ja, E+Ipe+Ieu+Ipeu gibt den Effekt des Stimulus und der drei Interaktionen an.

Zu der Gruppengröße, glaube ich, dass das so ne Testtheoretische Sache ist. Man kann sich ja vorstellen, dass man diese ganzen Effekte per Varianzanalyse berechnet (ich finde es dann ein bissel einfacher zum Vorstellen). Das bedeutet, mich interessiert die Varianz innerhalb und die Varianz zwischen den Gruppen. Innerhalb jeder Gruppe ist Varianz, z.B. weil sich die Leute immer ein wenig in Bezug auf ihre Kaufbereitschaft unterscheiden. Was mich aber eigentlich interessiert ist die Varianz zwischen den Gruppen, d.h. kaufen die Leute die Werbung gesehen haben nachher mehr als die anderen. Ich teste ja die MeanSqares gegeneinander (praktisch Varianz zwischen durch Varianz innerhalb (unter Berücksichtigung der Freiheitsgrade)). Gut ist, wenn die Varianz zwischen größer ist als die innerhalb. Wenn ich also jetzt eine Messwiederholung mache (d.h. Pretest, Posttest) an jeweils den selben Personen pro Gruppe, ist ja immer schon ein wenig Varian innerhalb aufgeklärt dadurch, dass es die gleichen Individuen sind und der eine z.B. immer eine etwas höhere und der andere immer eine etwas niedrigere Kaufbereitschaft hat. Mit Varianzaufklärung finde ich es einfacher in der Vorstellung als mit den Mittelwerten...
 
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