Werkvertrag

Dr Franke Ghostwriter
ich verstehe vielleicht etwas ganz klares nicht, aber kann mir jemand erklären, wie es beim Werkvertrag gemeint ist, wenn es in einem Buch steht, dass zum Werkvertrag Verträge gehören, die zur Herstellung einer körperlichen Sache verpflichten. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass nach § 651 Kaufrecht Anwendung findet, sofern der Vertrag auf Lieferung einer herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sache gerichtet ist.
Beim Werkvertrag muss das hergestellte Werk vom Besteller abgenommen werden. Der Unternehmer ist also nicht verpflichtet dem Besteller das Werk zu liefern. Ist das der einzige Unterschied zu der Situation, bei der man dann Kaufrecht anweden muss? Wenn ich mir also eine bewegliche Sache vom Unternehmer fertigen lasse und keine Lieferung deren verlange, wird es heißen, dass es sich um einen Werkvertrag mit der Anwendung des Werkrechts handelt?
 
Genauso habe ich es auch verstanden: Wenn der Vertragspartner die Sache bei sich herstellt (oder wo auch immer) und sie mir nicht liefert, findet nur das Werkvertragsrecht Anwendung. Wenn ich eine herzustellende Sache "bestelle", so dass sie mir geliefert wird, findet Kaufrecht Anwendung.
Gruß
Hannah
 
Danke, Raskir, für den Link. 🙂
Da steht wieder etwas anderes in dem Merkblatt... Man spricht dort von der Modernisierung des Schuldrechts (2002), doch der Auszug, den ich oben geschrieben habe, ist aus einem nach der Modernisierung verfassten kommentierten BGB (2003). Ich habe noch ein anderes Buch (2009) dazu, und dort steht es: Haben sich die Parteien über die Lieferung einer herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sache geeinigt, so liegt ein Werklieferungsvertrag vor, § 651, auf den die Vorschriften über den Kauf Anwendung finden. Da steht aber wieder nichts darüber, wie die Situation aussieht, wenn die Sache nicht geliefert werden soll. Falls ich es richtig verstanden habe, sagt das Merkblatt, dass beim Vertrag über die Herstellung einer Sache Kaufrecht Anwendung findet. Ist es also egal, ob die Sache nicht geliefert werden soll oder nicht?
 
So habe ich es bei der bearbeitung von BGB2 verstanden. Das Werkvertragsrecht findet nur noch ssehr selten Anwendung, z.B. bei geistigen Eigentum. Laut den Musterlösungen der Übungsfälle die ich bearbeitet habe, hies es dann immer:
- Es liegt ein Werkvertrag vor, aber
- § 651 Anwendung des Kaufrechts

Zur Lieferung (Beck-Online hilft):
Der Begriff der Lieferung bezeichnet nach dem Sprachgebrauch des BGB die Verschaffung von Eigentum und Besitz (So auch Erman/Schwenker Rn 13; Jauernig/Mansel Rn 1; MünchKommBGB/Busche Rn 4; Palandt/Sprau Rn 2; Voit BauR 2002, 145, 146 f; unabhängig von der Frage einer Bring- oder Holschuld vgl Langenecker in Englert/Motzke/Wirth Rn 8; aA offenbar – unter § 651 fallen Verträge, in denen der Besteller den Hauptstoff zur Verfügung stellt – AnwK-BGB/Raab Rn 5; Das neue Schuldrecht/Haas Kap 6 Rn 66; „Lieferung“ stellt nur klar, dass eine Partei herstellt und die andere bezahlt, Thewalt CR 2002, 1, 4).
 
ich habe wieder ein Problem mit dem Werkvertrag. Jetzt geht es um Mängelansprüche. In meinem Land ist die Voraussetzung für die Mängelansprüche die unverzügliche Informierung des Unternehmers durch den Besteller über den Mangel des Werkes. Der Unternehmer ist nur für die Mängel verantwortlich, die bei der Übergabe des Werkes existierten. Für Mängel, die erst später aufgetreten sind, hat der Unternehmer die Verantwortlichkeit nur falls sie wegen seiner Pflichtverletzung entstanden sind. Wie sieht die Situation im deutschen Recht? Ich habe etwa gelesen, dass der Unternehmer für alle Mängel (im Zeitpunkt der Übergabe als auch danach) auch ohne Verschulden verantwortlich ist. Der Besteller fordert seine Mängelansprüche vor Gericht, ohne den Unternehmer zuerst über die Mängel informieren zu müssen und auch ohne nur mit dem Unternehmer (also ohne Gerichtsverfahren) seine Mängelansprüche geltend machen zu können. Ist es so richtig?
 
In meinem Land ist die Voraussetzung für die Mängelansprüche die unverzügliche Informierung des Unternehmers durch den Besteller über den Mangel des Werkes. Der Unternehmer ist nur für die Mängel verantwortlich, die bei der Übergabe des Werkes existierten. Für Mängel, die erst später aufgetreten sind, hat der Unternehmer die Verantwortlichkeit nur falls sie wegen seiner Pflichtverletzung entstanden sind. Wie sieht die Situation im deutschen Recht? Ich habe etwa gelesen, dass der Unternehmer für alle Mängel (im Zeitpunkt der Übergabe als auch danach) auch ohne Verschulden verantwortlich ist.

Dazu schreiben Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, Rn 277:

Vor allem bei Sach- und Werkleistungen taucht häufig die Frage auf, ob ein Mangel schon im Zeitpunkt der Leistung vorgelegen hat (so daß er dem Schuldner zur Last fällt) oder ob er erst später entstanden ist (so daß er den Gläubiger belastet, s. aber § 476 für den Verbrauchsgüterkauf).Für diese Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung geht § 363 davon aus, daß regelmäßig der Schuldner die Ordnungsmäßigkeit seiner Leistung beweisen muß. Das soll sich aber ändern, wenn der Gläubiger die Leistung "als Erfüllung angenommen" hat. Dafür läßt die Rspr. schon die Annahme als "im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung" genügen (BGH NJW 2007, 2394 Tz. 25).

Zur gerichtlichen Durchsetzung kann ich spontan nichts weiterführendes sagen.
 
Danke für deine Antwort. Ich habe aber leider die Erläuterungen des Auszugs nicht verstanden. Nach der Abnahme des Werkes durch den Besteller entsteht ein Mangel bei dem Werk. Kann der Besteller gegenüber dem Unternehmer seine Mängelansprüche geltend machen? Oder muss er zuerst beweisen, dass der Mangel durch eine Pflichtverletzung des Bestellers verursacht worden ist? Oder was kann er beanspruchen?
 
Ich habe wieder im Internet recherchiert und folgendes gefunden:

Die Gewährleistung umfasst nur Mängel, die bei Lieferung oder Abnahme
vorhanden sind (auch versteckte Mängel); nicht einbezogen sind später
verursachte oder entstehende Mängel. (BGH NJW 2003,1316)
Der Besteller hat also nach der Abnahme des Werkes gegenüber dem Unternehmer Mängelansprüche nur im Fall von Mängeln, die im Zeitpunkt der Abnahme bestanden. Diese Tatsache muss er aber auch beweisen. Ist es so wahr? Falls ja, gilt diese Regelung auch für den Fall des Schadenersatzanspruchs? Ich habe nämlich gelesen, dass der Schadenersatzanspruch aus Mängeln des Werkes nur dann besteht, wenn der Mangel durch das Verschulden des Unternehmers bewirkt worden ist.
 
Die Abnahme ist ja dafür da, um eventuelle Mängel zu rügen. Wenn es um versteckte Mängel geht, kann der Besteller auch später Ansprüche geltend machen, falls die Mängel im Zeitpunkt der Übergabe, bzw. Abnahme vorlagen. Soweit ist es ja relativ klar.
Jetzt zu der Frage der Beweislast:
Ich würde prüfen, ob man § 476 BGB analog anwenden kann.
§ 476 BGB: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

Wie schon festgegstellt, greift in den meisten Fällen des Werkvertragsrecht das Kaufrecht. Dann müsste ja auch der Verbrauchsgüterkauf anwendbar sein, wenn es sich um einen Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher handelt.

Alle Angaben selbstverständlich ohne Gewähr
 
Vielen Dank für deine Erläuterung. 🙂 Jetzt habe ich nur noch Problem mit dem Schadenersatzanspruch. Ich vermute, dass es auf das Verschulden des Bestellers nur beim Schadenersatzanspruch ankommt. Kann es so sein? Und kann man den Schadenersatz, wenn Mängel auftreten, auch nur dann verlangen, wenn sich um solche Mängel handelt, die bei der Übergabe (auch versteckt) existierten oder egal wann die entstanden sind, Hauptsache der Unternehmer sie verschuldet hat?
Nun bleibt bei mir immer noch die Frage der Durchsetzung. Soll der Besteller die Geltendmachung der Ansprüche einfach vom Unternehmer verlangen oder muss dies nur vor Gericht erfolgen? Eigentlich sehe ich kein Problem dabei, wenn die zwei Parteien nur das Problem selbst lösen und nur falls Streitigkeiten auftreten, zum Gericht gehen.
 
Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen prüfst du im Grunde genauso wie beim Kaufvertag. Erst nacherfüllung, dann Rücktritt / Minderung, dann Schadensersatz.
Wenn der Schadensersatz durch eine Pflichtverletzung gem. § 280 begründet wird, kommt es natürlich auf das Vertretenmüssen gem. § 276 an (auch hier genauso wie beim Kaufvertrag).
Zur gerichtlichen Geltendmachung brauchst du dir noch gar keine Gedanken machen. Das ist erst in BGB IV relevant. In BGB II prüfst du nur, OB Ansprüche bestehen. WIE diese dann durchgesetzt werden ist hier erstmal vollkommen egal.

Aber zu deiner Frage: Natürlich können die Parteien sich außergerichtlich einig werden. Wenn A gegen B einen Schadensersatzanspruch hat und B diesen Anspruch akzeptiert, dann braucht man ja nicht extra vor gericht ziehen. Wenn jemand dein Auto zerdeppert und du sagst dem Verursacher: Die Reparatur bezahlst du mir! Der Verursacher daraufhin akzeptiert und bezahlt, ist ein Gerichtsverfahren entbehrlich. 😉

Anders liegt die Sache wenn ein Anspruch begründet ist und der Ersatzpflichtige sich weigert zu zahlen. Dann muss natürlich ein Gericht bemüht werden, um den Anspruch durchzusetzen. Aber das ist wie gesagt erst in BGB IV relevant.
 
Vielen Dank noch mal! Sehr schön von dir erklärt. 🙂 Nur ob ich es richtig verstanden habe: Der Besteller kann Schadenersatz entweder im Rahmen der Reihe Nacherfüllung, ..., Schadenersatz verlangen, auch wenn die Mängel der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Oder der Besteller kann den Schadenersatz für die Mängel verlangen, wenn diese nicht bei der Abnahme (auch versteckt) existierten, aber nur wenn der Unternehmer die Mängel verschuldet hat. Ist es so richtig?
 
Gehen wir davon aus, dass du einen SchE Anspruch nach § 280 BGB prüfst.

1. Pflichtverletzung: Die kann man in dem mangelhaften Werk sehen.

2. Vertretenmüssen: richtet sich nach § 276 BGB
2.1 Vertretenmüssen des Schuldners: Vorsatz und Fahrlässigkeit
2.2 Fahrlässigkeit: Wer die im Verkehr erforderlich Sorgfaltspflicht ausser acht lässt.

Hat der Schuldner (also der Hersteller) fahrlässig gehandelt, ist er Schadensersatzpflichtig.

Beachte aber auch noch weitere Prüfungspunkte wie z.B. Frist zur Nacherfüllung (§ 636), oder Haftungsausschluss (§639).

Wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat, dürfte es regelmäßig nicht an der Abnahme scheitern. Es sei denn, du hast im Sachverhalt ganz klare hinweise, dass z.B. der Abnehmer einen Mangel gesehen hat, aber diesen nicht gerügt hat und das Werk als Einwandfrei abgenommen hat.

Aber ansonsten: Wenn Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, der Hersteller die Pflichtverletzung zu vertreten hat und alle anderen Voraussetzungen vorliegen, besteht ein Anspruch auf SchE.

Soweit klar?
 
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