Erfüllungsgehilfe - Verrichtungsgehilfe

Dr Franke Ghostwriter
Erfüllungsgehilfe - Verrichtungsgehilfe

Hallo,

kann mir jemand den Unterschied zwischen einem Erfüllungs- und einem Verrichtungsgehilfen erklären?
Am besten auch mit einem Beispiel?
 
Der Verrichtungsgehilfe hat eine Weisungsgebundenheit, z.B. eine bestimmte Fahrtroute. Gerade bei diesem Beispiel gibt es jedoch einen kleinen Wertungsspielraum. Ein Verrichtungsgehilfe, der von der Fahrtroute abfährt, um z.B. etwas zu essen, bleibt
trotzdem Verrichtungsgehilfe. Erfüllungsgehilfe kann ein Subunternehmer sein, der also einen eigenen Entscheidungsspielraum hat.
Beim Erfüllungsgehilfen ist für Zurechenbarkeit, dessen Verschulden erforderlich (§278).
Beim Verrichtungsgehilfen ist dessen Verschulden nicht erforderlich, die Zurechnung erfolgt also verschuldensunabhängig, wenn der Geschäftsherr sich nicht exkulpieren kann (§ 831)
 
Wenn man den Erfüllungsgehilfen und den Verrichtungsgehilfen vergleichen will, muss man sich zuerst deutlich machen, in welchem Zusammenhang bzw. in welchem Teilbereich des BGB die beiden geregelt sind.

Dabei fällt auf, dass der Erfüllungsgehilfe im Recht der Schuldverhältnisse und der Verrichtungsgehilfe bei den "unerlaubten Handlungen" behandelt wird.

Im ersten Fall existiert also zwischen dem Auftraggeber des Gehilfen und dem Geschädigten ein Schuldverhältnis (ohne den Schaden zu betrachten), in letzterem Fall nicht. Die Verbindung zwischen dem Auftraggeber und dem Geschädigten ist im ersten Fall deutlich enger, so dass der Gesetzgeber hier eine größere Sorgfalt bzw. eine umfangreichere gegenseiteitige Haftung vorgesehen hat. Deshalb kann sich der Auftraggeber also im ersten Fall nicht exculpieren (vulgo rauswinden 😀), im zweiten Fall schon.

Nehmen wir als Schuldverhältnis mal einen Vertrag an. Hier hat der Auftraggeber (A) des Gehilfen (G) besondere vertragliche Verpflichtungen, dazu gehört auch, dass der Vertragspartner (V) nicht geschädigt wird. Da reicht es nicht aus, dass A einfach einen zuverlässigen G auswählt. Für seine Vertraglichen Pflichten haftet A trotzdem, auch wenn G die Pflichtverletzung verursacht.

Gegenüber einem unbeteiligten Dritten, hat A normalerweise keine schuldrechtlichen (i. d. R. vertraglichen) Verpflichtungen. Deshalb ist es hier gerechtfertigt, dass er sich eben der Haftung entziehen kann, wenn er den G sorgfältigt ausgewählt hat.

Es ist grundsätzlich in Klausuren und in der Praxis beides zu prüfen! G kann durchaus Verrichtungsgehilfe und Erfüllungsgehilfe gleichzeitig sein. Das (vertragliche) Schuldverhältnis schließt einen Anspruch aus einer unerlaubten Handlung nämlich nicht aus. Und sinnvoll ist es auch, da sich evtl. unterschiedliche Ansprüche oder Rechtsfolgen ergeben können.

Viele Grüße,

Bernd
 
Ich habe dazu noch eine Frage: Eine Person kann ja gleichzeitig Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfe sein, was hier ja bereits erwähnt wurde, und zwar wenn die schuldrechtliche Pflichtverletzung zugleich auch eine unerlaubte Handlung darstellt.
In den meisten Fällen, die ich bisher bearbeitet habe, war es so, dass genau dies zutraf. Dann lag eine Verletzung der Fürsorgepflichten vor, die gleichzeitig dann eine unerlaubte Handlung war. Gibt es ein typisches Beispiel, wo eine Pflicht nach §242, II BGB verletzt wird, ohne dass eine unerlaubte Handlung vorliegt? Mir würde gerade nur die Verletzung einer Beratungspflicht einfallen, die zu einem Vermögensschaden führt, da dieser nicht unter § 823 BGB subsumiert werden darf.
 
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