Maple / Mathematica als algebraischer Rechner

Dr Franke Ghostwriter
Offenbar nutzen hier nicht sehr viele ein algebraisches Rechenprogramm am Computer (Computer Algebra System, CAS), wie z. B.: Maple oder Mathematica.

Ich habe mir jetzt Maple besorgt. Es ist für Studenten direkt bei Maplesoft für € 100.- zu bekommen. Mathematica ist ein wenig teurer, Octave oder Gias/Xcas gibt es kostenlos.
Für nicht-Studenten ist Maple etwas teurer: € 2'280.-

Ich habe mich für Maple entschieden, da es - nach ein bisschen internet-Recherche - offenbar etwas einfacher zu bedienen ist als Mathematica und eindeutig einfacher als Octave.

Was es kann ist toll !
Es kann algebraisch (und numerisch) rechnen. Man tippt die Formel ein und sagt dem Programm, es möge sie doch bitte vereinfachen, differenzieren, ein Graph zeichnen oder nach einer Variablen auflösen, etc.
Eine Lagrange Optimierung kann man in einer Zeile lösen: Die Zielfunktion(en) und die Nebenbedingung(en) als Argumente einer Funktion tippen und einen Wimpernschlag später hat man das Ergebnis. Egal ob numerisch oder allgemein (algebraisch). Wenn man die Rechnung "manuell" machen will, um z. B. eine eigene Berechnung zu überprüfen, geht das natürlich auch. Man muss dann die einzelnen Rechenschritte "befehlen".

Zur Illustration habe ich zwei Beispiele hochgeladen. Lagrange allgemein und numerisch. Links, in schwarz, stehen meine Eingabebefehle, in der Mitte, in blau, was Maple rechnet.
Wenn man so ein Rechenblatt erstellt hat, muss man nur die Zielfunktion und die Nebenbedingung eintippen und erhält auf Knopfdruck die gesamte Rechnung.

Für Gleichungslösung (Cramersche Regel) habe ich mir auch schon eines gemacht. (Natürlich kann Maple das auch in einer Zeile.)

Die Grenzen von Maple liegen weit über dem, was ich je an Mathematik brauchen werde. Matrizenrechnung, lineare Optimierung, Statistik, Gleichungen in mehreren Unbekannten - alles ein klacks. Von den 1345 lösbaren Differenzialgleichungen, die in Kramkes Kompendium verzeichnet sind, kann Maple 1311 lösen.

Plötzlich fühle ich mich mathematisch übermotorisiert: Woher nehme ich bloss ein Gleichungssystem mit 15 unbekannten? 😀

Der Nutzen für mich ist vor allem, dass ich Übungsaufgaben, die ich selber rechne, schnell und sicher kontrollieren kann.
Sehr praktisch zum Lernen sind auch die sogenannten "Tutoren". Damit kann man z. B. Integrieren oder das Lösen von Differenzialgleichungen üben. Man tippt die zu lösende Formel ein und erhält einen textlichen Hinweis, was man probieren könnte. Wenn das nicht reicht, kann man sich den nächsten Rechenschritt vorführen lassen.

Schwächen?
Ja, doch.

Der Einstieg war langwieriger als gedacht. Das hat ein paar Gründe. Zum einen, die schiere Grösse: Buchstäblich tausende mathematische Funktionen.
Ausserdem merkt man dem Programm an, dass es im Kern schon über 20 Jahre alt und immer weiter gewachsen ist. Die Befehle sind nicht immer logisch und teilweise uneinheitlich in der Reihenfolge der Parameter.
Um den Einstieg zu erleichtern, wurden - offenbar mehrmals - einfachere Benutzeroberflächen hinzugefügt, die die eingebauten Befehle leichter zugänglich machen. In den Demo-Videos sieht das gut aus, wie man sich Rechnungen zusammenklickt. In der Praxis muss man dann doch recht bald auf die Befehlseingabe - und ist angesichts der verschiedenen Benutzeroberflächen immer wieder einmal verwirrt.
Die Manuals als Einführungs-Texte sind auch nur eine begrenzte Hilfe.
Maple gibt es in einer Hand voll Sprachen, aber nicht in Deutsch. Für die reine Bedienung ist das nicht so ein Problem, für das Nachlesen in der Hilfe (was man oft braucht!) schon, obwohl ich recht gut Englisch kann. Hinzu kommt, dass in der Hilfe auch ein gewisses mathematisches Wissens vorausgesetzt wird.

Die reine Bedienung ist eigentlich nicht schwierig, aber z. B. Variablen in der bei Ökonomen beliebten Form zu schreiben, bringt man nicht so leicht hin.
An [tex] \bar Y^* [/tex] bin ich zum Beispiel (bisher) gescheitert. Natürlich kann man den Querstrich weglassen, oder einen einfacheren Namen verwenden.

Mein Tipp: Gleich am Anfang ein Buch kaufen, das den Einstieg erklärt.

Sehr nützlich ist https://www.mapleprimes.com/ . Dort kann man Fragen stellen und erhält sehr rasch sehr gute Hilfe. Das Diskussionsniveau ist allerdings hoch - ich trau mir da keine banalen Bedienungsfragen zu stellen.

Alles in allem: Ich denke es lohnt sich, sich in Maple einzuarbeiten. Natürlich muss man im Studium viel mit der Hand rechnen, alleine schon, um bei der Prüfung genug Übung zu haben. Aber für Kontrollrechnungen, später für Seminare oder Abschlussarbeiten und im Beruf werde ich es nicht missen wollen.
Die Studenten-Lizenz darf man übrigens auch nach Ende des Studiums verwenden.

Noch zum Schluss: es gibt Computer-Algebra-Systeme auch fürs Handy (z. B.: PocketCAS), für eine handvoll Euro oder sogar kostenlos (wenn noch jemand Windows Mobile hat).

Man kann also endlich Differenzialgleichungen lösen, während man auf den Bus wartet.
 

Anhänge

deine aufzählung stimmt nicht ganz...

Octave ist kein Computer-Algebra-Programm wie Maple oder Mathematica ...

Ocatave ist wie Matlab ein numerische Programm ...

Ich an deiner Stelle hätte mir eher Matlab angeschafft. Da für Nicht-Mathematiker die numerischen Programme interessanter sein dürften.
 
Danke für die Korrektur bezüglich Octave. Da habe ich wohl nicht genau genug gelesen.

Für Ökonomie finde ich es gerade von Vorteil, dass Maple (und Mathematica) algebraische Lösungen errechnen kann. Gerade in der Makroökonomie wird viel mit theoretischen Modellen - also nichtnumerisch - hantiert. Numerische Lösungen sind erst gefragt, wenn man mit wirklichen Daten arbeitet, das kann Maple dann auch.
 
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