"Nicht nur Obst und Gemüse" Über das Wiwi-Studium

Ein Artikel, wie er nur in der FAZ stehen kann ......

Da hat es ein Feullitonist wieder mal nicht in die Buch- und Theaterrezension gebracht, dann schreibt er halt nichtssagende Artikel über Themen, mit denen er sich wahrscheinlich gezwungenermaßen oberflächlich beschäftigt hat (deswegen auch Uni Frankfurt...da hat man es nicht zu weit), schließlich bekommt man ja nur für das Schreiben Geld und nicht für das Schweigen über Themen, in denen man nicht kompetent ist.
Sollte sich wieder auf sein philosophisches Terrain begeben, aber da hat die FAZ andere Geister......
 
Karen Horn ist Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion (!) der FAZ und beschäftigt sich mit volkswirtschaftlichen Fragestellungen. Ich finde ihre Einwände durchaus nicht unberechtigt. Wenn man sich volkswirtschaftliche Arbeiten anguckt, in denen es dann heißt, dass eine Maßnahme ergriffen werden soll, wenn ab/(bc+a) > epsilon ist, dann Frage ich mich schon, welche Erkenntnis damit gewonnen ist...
 
bin jetzt ziemlich überrascht über diesen Artikel... Vorab: ich habe keine Ahnung was genau ihr in eurem Wiwistudium so alles durchackern müsst, außer Mathe... hatte aber bei meiner Einschreibung mit meinem Mann ein gespräch, warum ich denn nichts vernünftiges studiere will (mache Biwi) wie zum Beispiel Wiwi (er selber ist Dipl. Wirtschaftsing.)... meine Antwort: 1. bin ich zu blöd für diese ganze Rechnerei und 2. habe ich keine Lust mich noch einmal mit der ganzen Wissenschaftstheorie und Whitehead, Kuhn und co rumzuschlagen (habe Philosophie studiert)...
Ich bin wirklich ganz fest davon ausgegangen, dass das Bestandteil dieses Studiengang ist und wenn man sich mit dwer Wissenschaftstheorie auseinander gesetzt hat und dann noch ein bißchen Menschenverstand hinzupackt erscheint es auch einem "Nichtwissenden" was euer Studium angeht als ganz selbstverständlich, dass eben auch dieser Bereich einmal erarbeitet werden muß... Jetzt stellt mich dafür bitte nicht an die Wand, aber das war so meine subjektive Vorstellung von einem Wiwistudiengang... von daher finde ich den Artikel auch sehr "ansprechend"
Gruß Flo
 
1:
Eine Wissenschaft muss sich nun mal mit der Bildung allgemeiner/abstrakter Modelle beschäftigen, um eine "Vereinfachung" der Realität zu erreichen und evtl. anwendbare Vorhersagen zu erstellen. Die Formalismus der Mathematik ist dabei eben gut geeignet. Es macht ja keinen Sinn, von vornherein zu sagen: "Die Realität ist zu komplex, wir können sie mit Modellen nie ganz exakt erfassen". Ohne allgemeine Modelle müsste man jedes neue Problem von Anfang an aufarbeiten und zu jedem Problem eine eigene Theorie entwickeln (nur um dann festzustellen, dass sich doch alles etwas gleicht ...).
Man darf bei den WiWi nur nicht versuchen allgemeine "Natur"-gesetze hinter der Realität zu vermuten. Aber eine abstrakte Modellbildung zur Realitätsverarbeitung ist unumgänglich.

2:
In dem Artikel ist aber auch ein sachlicher Fehler. Zitat:
"Damit schwindet die Möglichkeit, Theorien mit Hilfe der Empirie je abschließend zu bestätigen oder zu verwerfen."
Der erste Teil stimmt zwar, man kann mit der Empirie eine Theorie nie abschließend beweisen. Aber der zweite Teil? Wenn die Empirie zeigt, dass sich die Realität anders als die Theorie verhält, dann ist das eine eindeutige Aussage, dass die Theorie so falsch ist und verworfen (evtl. angepasst) werden muss.
 
Wenn man sich volkswirtschaftliche Arbeiten anguckt, in denen es dann heißt, dass eine Maßnahme ergriffen werden soll, wenn ab/(bc+a) > epsilon ist, dann Frage ich mich schon, welche Erkenntnis damit gewonnen ist...

Gewonnen ist mit einer Formel, dass man einen allgemeinen Wirkungszusammenhang erkannt hat und darstellt. Über eine Formel kann man sehen, wie sich bestimmte Größen (in der WiWi voraussichtlich, in der Naturwissenschaft/Technik "sicher") beeinflussen und entwickeln.
Außerdem ist eine Formel kompakter, als es in Worte zu fassen und somit schneller zu erfassen.
 
Zitat:
"Was in den volkswirtschaftlichen Curricula heute völlig fehlt, sind die Philosophie und die Wissenschaftstheorie. Auch Geschichte kommt kaum vor. Das zieht sich zumeist durch das ganze Studium."
Geschichte? Wissenschaftstheorie? Philosophie? In meinem Erststudium LRT haben wir uns auch nicht explizit mit der Geschichte der Luft- und Raumfahrt beschäftigt. Was hätte mir das auch direkt gebracht? Dass man sich dann automatisch und aus Interesse mit diesen Themen beschäftigt, kommt von alleine, wenn man mit den entsprechenden Fragen konfrontiert wird. Aber einen direkten Zusammenhang/Einfluss auf das eigentliche "technische" Fachgebiet sehe ich nicht und deshalb auch keinen Platz im Curriculum.
 
Daniel!

Gewonnen ist mit einer Formel, dass man einen allgemeinen Wirkungszusammenhang erkannt hat und darstellt. Über eine Formel kann man sehen, wie sich bestimmte Größen (in der WiWi voraussichtlich, in der Naturwissenschaft/Technik "sicher") beeinflussen und entwickeln.
Außerdem ist eine Formel kompakter, als es in Worte zu fassen und somit schneller zu erfassen.

Im Prinzip bin ich Deiner Meinung. Ich denke auch, dass M&M (Modelle & Mathe) die Forschung erheblich vereinfachen bzw. überhaupt erst möglich machen. Was aber in der VWL sehr oft vorkommt (und was die FAZ-Redakteurin mMn zu Recht kritisiert) ist, dass mit diesen Modellen eine Exaktheit wie in der Physik vorgetäuscht wird. Das führt dann aber dazu , dass man am Ende zu Bedingungen gelangt, in der zentimeterlange (Doppel-)Brüche mit dem halben griechischen Alphabet vorkommen – und die dann ökonomisch kaum noch zu interpretieren sind. Gerne werden dann für die Variablen noch Wertegrenzen vorgegeben, die keinen ökonomischen Sinn machen, sondern nur die Existenz eines GG sichern sollen.

1:
Wenn die Empirie zeigt, dass sich die Realität anders als die Theorie verhält, dann ist das eine eindeutige Aussage, dass die Theorie so falsch ist und verworfen (evtl. angepasst) werden muss.

...sagt der Kollege Popper. Aber gerade in der VWL haben auch Theorien, die sich in der Praxis schlecht bewährt haben (also die Neoklassik), ein erstaunliches Beharrungsvermögen. Der Aufwand, der betrieben wird, diese ja sehr elegante Theorie gegen die Wirklichkeit zu verteidigen, ist enorm...

Lg
Dirk
 
...sagt der Kollege Popper. Aber gerade in der VWL haben auch Theorien, die sich in der Praxis schlecht bewährt haben (also die Neoklassik), ein erstaunliches Beharrungsvermögen. Der Aufwand, der betrieben wird, diese ja sehr elegante Theorie gegen die Wirklichkeit zu verteidigen, ist enorm...
..was für ein Gewohnheitstier wie den Menschen allerdings durchaus üblich ist. Die Aufgabe althergebrachter "Weisheiten" fällt vielen Menschen auch dann richtig schwer, wenn sie einfach nur falsch sind (das zeigt auch die Alltagserfahrung: Viele Leute behaupten Stein und Bein, dass das Essen am Abend dick macht, ansetzt, weil man danach ja nichts mehr macht, sondern ins Bett geht. Das ist zwar großer Unfug, aber man kommt nicht davon ab....ebenso die Behauptung, dass es gesünder sei, vegetarisch zu essen, als Tierisches zu verspeisen....usw.).
Es gibt zum Teil noch heute Wissenschaftler, die an der Leitfähigkeit des Supraleiters zweifeln (um ein Beispiel aus der Naturwissenschaft zu wählen) oder solche, die in Zahlenmystik, eine mathematisch vollends erklärbare Illusion, göttliches Wirken erkennen.
Es gibt sogar viele Menschen, die glauben an Gott und Co. oder andere göttliche Gestalten (der Engelsglaube ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch) und "verteidigen diese ja elegante Theorie gegen die Wirklichkeit". Und der Aufwand, der dazu betrieben wird, ist enorm 😀 .
 
Dass es in der VWL Probleme bei der Exaktheit und "Realität" der Modelle gibt, steht außer Frage. Bei mir hat der Artikel nur den Eindruck einer "Verteufelung" dieser Vorgehensweise erweckt und dass die vorgeschlagenen Alternativen (Wissenschaftstheorie, Geschichte, Psychologie ...) eine bessere Beschreibung/Erklärung der Problem liefere. Leider fehlt diesen eigenständigen Wissenschaftsdisziplinen das Fachwissen aus dem Bereich der VWL. Deswegen kann man sie gut für (neue) Ansätze in der VWL nutzen, aber ganz ohne Mathematik wird man nicht auskommen.
 
Ich glaube der Artikel war auch nicht so gemeint, dass die Mathematik ausgelassen oder verteufeln werden sollte, sondern vielmehr so, dass man sich nicht nur Regeln, Zahlen und Modelle spezialisiert, sondern auch ein Augenmerk darauf wirft, wie man im Laufe der Zeit überhaupt dazu gekommen ist, jetzt an diesem Punkt zu sein, usw. Die Fähigkeit zu reflektieren, die Fähigkeit in der Theorie neue Ansätze zu schaffen und auch zu erkennen warum diese von Nöten sind, die Fähigkeit den Faktor Mensch miteinzubeziehen, usw. sollte auch gegeben sein... Wissenschaftstheorie, Geschichte, Psychologie usw. nicht als Alternativen sondern als zusätzliches Handwerkszeug gedacht
Gruß Flo
 
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