Edit 2 Wirkung von Mindestlohnerhöhungen auf das Arbeitsangebot

Dr Franke Ghostwriter
Edit 2: Wirkung von Mindestlohnerhöhungen auf das Arbeitsangebot

So - hab grad den Wirtschaftsteil dieser Woche der ZEIT durch und natürlich neben neuen Erkenntnissen auch wieder neue Fragen.

Interessanter Artikel diesmal über die Mindestlöhne in den USA. Es wird in regelmäßigen Abständen wohl eine Umfrage unter 1000 Volkswirten gemacht, ob sie der Meinung sind, dass eine Erhöhung der Mindestlöhne das Arbeitsangebot sinken lässt.

Ich hab gedacht, das können wir auch. Deshalb hier meine Frage an die versammelte cand.-Vw./Kfm.-schaft🙄

Das Ergebnis der offiziellen Umfrage poste ich dann später mal
 
Sorry - hab mich (in Anlehnung an den besagten Artikel) ökonomisch unkorrekt ausgedrückt:

Gemeint ist das Arbeitsangebot der Unternehmen, sprich: die Arbeitsnachfrage😱 .... Arbeitsangebot war im Artikel wohl gemeint im Sinne von offenen Stellen....
 
Ich lös das jetzt mal auf hier:

Also die Umfragen ergaben, dass vor 10 Jahren noch 67% der (befragten) Volkswirte der Meinung waren, die erhöhung des Mindestlohnes vernichte Arbeitsplätze.

Jetzt sind es nur noch weniger als 50%, die das meinen!

Wie kommt's?
 
Ich gebe mal die Lieblingsantwort meines alten Professors:
"Es kommt drauf an..."

Zunaechst mal verteuert ein Mindestlohn die Arbeit im Niedriglohnbereich, was zu einem Nachfragerueckgang der Arbeitgeber fuehren sollte. Es wuerden also Arbeitsplaetze vernichtet.

Die Frage ist dann jedoch, ob die Arbeitgeber andere Moeglichkeiten haben auf die Sie ausweichen koennen.

Einsatz von Maschinen? Sind in der Anschaffung teuer und es ist fraglich, ob sich deren Anschaffung lohnt. Das haengt von den Branchen ab und von der Hoehe des Mindestlohnes. Auch gibt es gerade im Dienstleistungsbereich viele Tätigkeiten wo menschliche Arbeitskraft noch nicht, oder nur schwer ersetzbar ist.

Verzicht auf die Arbeitskraft? Im haeuslichen Bereich kann das vielleicht zutreffen (Beispiel: Ich bezahle keine Putzfrau mehr fuer mein Haus sondern putze selber), aber in den meisten anderen Bereichen klappt das wohl nur bedingt. (Beispiel: Der Putzfirmabesitzer brauch weiterhin soundsoviel Putzen, um die Auftraege alle erfuellen zu koennen).

Abwälzung der Kosten auf die Kunden?
Das koennte bei moderaten Mindestloehnen tatsaechlich klappen. Da alle Mindestloehne zahlen muessen werden alle Anbieter eines Produktes/ einer Dienstleistung teurer. Die Nachfrager finden also niemanden mehr wo sie es billiger kriegen und muessen das teurere Produkt abnehmen oder die Arbeit selbst machen, was ich mir als schwierig vorstelle.

Wie eingangs erwaehnt: Ich denke es kommt drauf an, wie hoch der Mindestlohn ausfaellt und wie die Konsumenten ggf. hoehere Preise bewerten.

D. ist im Vergleich zu anderen Laendern schon jetzt Hochlohnland und von daher kann ich mir Vorstellen, dass es schwierig ist hoehere Kosten auf die Konsumenten abzuwälzen, auch schaetze ich die Gefahr, dass ein Flucht in die Schattenwirtschaft entsteht sehr hoch ist.

Daher komme cih zu dem Schluss: Mindestloehne vernichten arbeitsplaetze.
So und jetzt steinigt mich...
 
Daher komme cih zu dem Schluss: Mindestloehne vernichten arbeitsplaetze.
So und jetzt steinigt mich...

In der besagten Studie haben Forscher die Situation von Billigjobs im Fast-Food-Bereich in zwei US-Bundestaaten verglichen. In beiden gab es Mindestlöhne, in einem wurde er raufgesetzt. Beobachtung war, dass die Arbeitsnachfrage in dem mit dem steigenden Mindestlohn stieg.

Die Forscher erklärten das damit, dass die Produktivität der Arbeiter stuieg, weil sie nun nicht mehr mehrere Billigjobs machen mussten und deshalb ausgeruhter und konzentrierter waren.

Das Argument ist für mich ansatzweise nachvollziehbar aber dennoch mit Vorsicht zu genießen:

- Der betrachtete Sektor scheint mir viel zu klein für Repräsentativität
- Wer weiß, warum die Leute in dem einen Staat mehr Burger gekauft haben?
- Wenn man in Deutschland das Institut für Makroökonomie des DGB mit einer solchen Studie beauftragen würde, käme sicher was ähnliches bei raus....
- Außerdem schiebt die ZEIT (wo sie sonst so gut fundiert ist😡 ) seit einiger Zeit massiv in Richtung Mindestlohn. Da kam die Studie sicher gerade Recht.


Was mich aber wirklich stutzig macht sind die sinkenden Umfragewerte unter Volkswirten zur Wirkung auf die Arbeitsnachfrage.
 
Die Forscher erklärten das damit, dass die Produktivität der Arbeiter stuieg, weil sie nun nicht mehr mehrere Billigjobs machen mussten und deshalb ausgeruhter und konzentrierter waren.

Das Argument ist für mich ansatzweise nachvollziehbar aber dennoch mit Vorsicht zu genießen:

- Der betrachtete Sektor scheint mir viel zu klein für Repräsentativität
- Wer weiß, warum die Leute in dem einen Staat mehr Burger gekauft haben?
- Wenn man in Deutschland das Institut für Makroökonomie des DGB mit einer solchen Studie beauftragen würde, käme sicher was ähnliches bei raus....
- Außerdem schiebt die ZEIT (wo sie sonst so gut fundiert ist😡 ) seit einiger Zeit massiv in Richtung Mindestlohn. Da kam die Studie sicher gerade Recht.


Was mich aber wirklich stutzig macht sind die sinkenden Umfragewerte unter Volkswirten zur Wirkung auf die Arbeitsnachfrage.

Wieso? Ich finde das Argument sehr gut. Klar ist Deutschland ein Hochlohnland, aber sehr viele Experten sind sich auch hierzulande einig, dass die meisten Unternehmen schon sehr schlank sind. Unendlich Arbeit kann also nicht eingespart werden.
Zudem denke ich wurde in der Vergangenheit dem psychologischen Effekt des Lohnes zu wenig Beachtung geschenkt (v.a. in den USA). Ob ein Mitarbeiter "nur" seinen Job macht oder ob er sich mit dem Unternehmen identifiziert und das auch jenseits der Fimenmauern ausstrahlt ist schon ein gewaltiger Unterschied. Auch Mitarbeiter im Niedriglohnbereich sind Mitarbeiter und damit Teil des Unternehmens. Das hat nicht nur mit "Ausgeruhtheit" oder "Konzentration" zu tun, sondern mit Mitarbeitermotivation. Und die geschieht meiner Meinung nach am besten durch Lohnanreize. Wenn mehr gezahlt wird, als gezahlt werden "müsste" fühlt sich der Mitarbeiter doch gleich viel wertvoller und das schlägt sich im Idealfall auch auf dessen Leistung nieder. Vor einiger Zeit lief im ZDF eine Doku über Kinderarbeit in Deutschland (ja, das gibt es!). Selbst bei den 10-Jährigen ist schon angekommen, dass Geld mehr ist als nur Bezahlung. Selbst unter denen wollen schon über 2/ 3 arbeiten, wegen und für Geld und der damit verbundenen Anerkennung!
Und ganz ehrlich, wenn die Mitarbeiter in dem einen Staat einfach aufgrund der Bestätigung und dem höheren Lohn glücklicher waren, wen würde es wundern, wenn sie mehr verkaufen? In einem Restaurant oder Cafe mit freundlichem zuvorkommendem Personal wird der Gast im Durchschnitt auch mehr Trinkgeld geben und öfters mal wiederkommen (geht zumindest mir so).

Was die generelle Einführung des Mindestlohns betrifft bin ich allerdings skeptisch. In Einzelfällen mag das eine gute Maßnahme sein, aber flächendeckend?! Vor einigen Tagen erging erst ein HartzIV-Urteil, bei der die Wohnungs-Regelung gekippt wurde. Dannach darf das Land nicht mehr nur in einzelne Abschnitte unterteilt werden, denen eine bestimmte Höchstbedarfs-Grenze zugeordnet wird, sondern es muss individuell entschieden werden!
Ein Mindestlohn in den 3 teuersten Städten der Republik (München, Frankfurt, Hamburg) müsste allein wegen der zum Teil gravierend anderen Lebenshaltungskosten schon anders ausfallen, als in günstigeren Teilen Deutschlands. DieTatsache, dass Deutschland kein völlig homogenes Land ist, das wird in der Diskussion völlig unter den Tisch gekehrt. Ich selbst war offengesagt sehr erstaunt als ich vor gut einem Jahr das erste Mal im Osten war, wieviel man in einer Stadt wie z.B. Dresden für sein Geld bekommt, verglichen mit meiner Heimatstadt München. 😱 Ob da der selbe "Mindestlohn" gerechtfertigt ist, dazu schreibe ich meine Meinung besser nicht öffentlich, sonst werde ich wohl auch noch gesteinigt. 😉 In so einem Fall gehe ich durchaus davon aus, dass dann Arbeitsplätze ganz deutlich schwinden werden, wenn der Lohn nicht dem Lebenskostenniveau angepasst ist, sondern irgendeinem politischen Modell. Von denen hatten wir gelinde gesagt schon genug. :cool
 
habe den Artikel auch nicht gelesen, aber der erste Gedanke, der mir kam, war folgender:

Welche Situationen werden miteinander verglichen?

Ob ein Arbeitnehmer bestehende Arbeitskräfte abbauen kann oder nicht wurde bereits oben diskutiert. Die Frage ist aber doch, ob er geplante Investitionen realisiert und somit neue Arbeitskräfte einstellt.

Im Vergleich zur aktuellen Situation mag somit die Nachfrage konstant bleiben, ein Vergleich der zukünftigen Situationen müßte aber (meiner bescheidenen Meinung nach) ergeben, daß ohne Mindestlohn eine höhere Beschäftigung erreicht werden kann.

Gruß
 
Im Vergleich zur aktuellen Situation mag somit die Nachfrage konstant bleiben, ein Vergleich der zukünftigen Situationen müßte aber (meiner bescheidenen Meinung nach) ergeben, daß ohne Mindeslohn eine höhere Beschäftigung erreicht werden kann.

In der Studie ergab sich allerdings, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften trotz Mindestlohnerhöhung stieg. Man müsste dann folgerichtig vermuten, dass sie ohne ML-Erhöhung noch stärker gestiegen wäre - realistisch?
 
Die Forscher erklärten das damit, dass die Produktivität der Arbeiter stuieg, weil sie nun nicht mehr mehrere Billigjobs machen mussten und deshalb ausgeruhter und konzentrierter waren.

Das funktioniert aber nur, wenn der Mindestlohn in nur einem Bereich raufgesetzt wird. Wird ein allgemeiner Mindestlohn raufgesetzt bzw. eingefuehrt muessten doch die Preise allgemein steigen. Dementsprechend muessten die Arbeitnehmer doch wieder mehr arbeiten, da sie zwar mehr Gehalt bekommen, aber auch hoehere Preise zahlen muessen.

Gibt es tatsaechlich US-Bundesstaaten mit allgemeinen Mindestloehnen?
Hast du nen link wo man mal nen Blick in den Bericht werfen kann?

Achja, warum sollte ein Unternehmer mehr Leute einstellen, wenn ihre Produktivitaet steigt? Bei gleichbleibender Nachfrage sollte er dann doch mit weniger Leuten auskommen koennen.
 
Tja,

das liebe Problem mit der ceteris-paribus-Annahme...

Ja, sie wäre stärker gestiegen... Allerdings bin auch ich über die gesunkenen Umfragewerte der Volkswirte verwundert.
 
Achja, warum sollte ein Unternehmer mehr Leute einstellen, wenn ihre Produktivitaet steigt? Bei gleichbleibender Nachfrage sollte er dann doch mit weniger Leuten auskommen koennen.


Bei gleichbleibender Nachfrage kommt er mit weniger Mitarbeitern aus. Die Nachfrage ist aber nicht statisch. Der Vorgang sieht doch so aus:

Produktivität steigt --> weniger Arbeiter für gleichen Output --> sinkende Kosten --> sinkende Produktpreise --> mehr Produktnachfrage --> Neueinstellung von Arbeitern um gestiegene Nachfrage zu befriedigen

Es gibt also zwei Effekte, welche die Arbeitsnachfrage der Unternehmen beeinflussen: den der gestiegenen Produktivität und den der gestiegenen Produktnachfrage.

Je nachdem, welcher Effekt nun überwiegt kann die gestiegene Produktivität also entweder mehr oder weniger Arbeitsnachfrage induzieren.


Hat jemand eine Idee, wovon es abhängt welcher Effekt überwiegt?
 
Vorher kommt doch aber:

Setzen/ Erhoehen eines Mindestlohnes-->Produktionskosten steigen
-->steigender Produktpreis bzw. niedrigerer Gewinn fuer den Unternehmer

gleichzeitig gilt:
Produktivität steigt --> weniger Arbeiter für gleichen Output --> sinkende Kosten --> sinkende Produktpreise --> mehr Produktnachfrage --> Neueinstellung von Arbeitern um gestiegene Nachfrage zu befriedigen

Gegen sinken der Preise spricht also die Verteuerung der Arbeit, zumindest wirkt sie dem entgegen.

Ich stimme dir zu, dass die Effekte gegeneinanderlaufen und je nachdem welcher Effekt ueberwiegt mehr oder weniger Arbeitsplaetze bei rauskommen. Wieso weshalb warum weis ich auch nicht....
 
Was haltet Ihr von folgender Wirkungskette:

Forscher ist keynesianisch orientiert ==> überlegt sich, was rauskommen soll ==> sucht sich die passenden Statistiken ==> unterdrückt c.p. gleichgerichtete Wirkungen mit anderer Ursache ==> oh Wunder, es passt
 
Ich muss das Thema noch mal nach vorn bringen:

Vor ca. 14 Tage schrieb der Leiter des Instituts für Makroökonomie (bekanntermaßen ein gewerkschafter) den Gastkommentar im Handelsblatt.

Sein dortiges Argument für Mindestlöhne konnte ich nicht sofort widerlegen:

Er sagt, Lohndumping sei heute in Deutschland vor allen in Branchen zu verzeichnen, die die Jobs eben nicht in billigere Länder auslagern können, wie z.B. Reinigungsgewerbe (siehe aktuelle Diskussion um Hotelputzfrauen), Wachgewerbe, Gaststätten usw. Hingegen sei im Produktionssektor ein Abnehmen der Abwanderung der Arbeitsplätze zu verzeichnen.

Wenn die statistischen Beobachtungen stimmen, krieg ich das mit meinen neoliberalen im Moment mal grad nicht zusammen....

Was meint Ihr?
 
Insbes. hat Hr. Horn (war sein Name glaub ich) auf die schlechte Situation der Arbeitnehmer gg. dem Arbeitgeber in seinem Artikel hingewiesen. Ich will auch gar nicht bestreiten, dass er damit unrecht hat. Die Frage ist ja nur, warum die Situation so schlecht ist. Ursachen könnten durchaus auf politischem Feld zu vermuten sein (auch wenn noch andere Faktoren selbstverständlich eine Rolle spielen können). Hohe Arbeitskosten, Bürokratie, keine Rechtssicherheit (jeden Tag nen § ändern..) usw.! Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen trifft das hart. Ein "freundliches" Klima wird dadurch m.M. nach nicht unbedingt geschaffen. Die Unternehmen, die noch "über" bleiben, haben dementsprechend natürlich auch einen höheren Einfluss. Der Verdacht liegt nahe, dass das Institut lediglich die Auswirkungen bekämpfen möchte und nicht die Symptome. Was meinst du René??
 
Er sagt, Lohndumping sei heute in Deutschland vor allen in Branchen zu verzeichnen, die die Jobs eben nicht in billigere Länder auslagern können, wie z.B. Reinigungsgewerbe (siehe aktuelle Diskussion um Hotelputzfrauen), Wachgewerbe, Gaststätten usw. Hingegen sei im Produktionssektor ein Abnehmen der Abwanderung der Arbeitsplätze zu verzeichnen.
Hab den Artikel nicht gelesen. Aber wenn ich das richtig verstehe, sagt der Autor, ein Mindestlohn habe keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung da die Unternehmen in den relevanten Branchen nicht ins Ausland "flüchten" können. Richtig?

Die Aussage unterstellt aber, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland die einzig mögliche Reaktion einer Volkswirtschaft auf Mindestlöhne sei. Was aber wird ein Unternehmer machen, der seine Dienstleistung aufgrund gestiegener Lohnkosten nicht mehr kostendeckend anbieten kann und dem eine Abwanderung ins Ausland nicht möglich ist?

Laut dem Autor des Artikels würde dieser Unternehmer einfach weiter arbeiten, denn das günstige Ausland bleibt ihm ja verwehrt. Wenn der Unternehmer vernünftig ist wird er das aber nicht tun. Vielmehr wird er seinen Laden dicht machen und die Angestellten entlassen!
 
Das stimmt so nicht ganz, denn es gibt ja noch Nachfrage nach dieser Tätigkeit. Der Unternehmer kann aufgrund des höheren Lohnes nur noch höhere Preise verlangen, um seine Kosten zu decken. Zu dem höheren Preis wird dann weniger nachgefragt, aber es gibt eine positive Nachfrage - ergo: neues Gleichgewicht bei höherem Preis und geringerem Angebot, c.p.
 
Na, da sind wir üblichen Verdächtigen ja mal wieder beieinander. 😀

Auch ich bin bei der Frage hin- und hergerissen. Florian hat zum Teil recht: Wenn die Dienstleitungen zu teuer sind, werden sie nicht mehr nachgefragt. Die Frage ist: wäre das schlimm?

Nein, weil viele der Jobs ja gemacht werden müssen: Betten im Hotel, Flure wischen im Büro. Es kann mit keiner sagen, dass diese Dienstleitungen nicht mehr nachgefragt würden, wenn man den Leuten 7,50 Euro/Std. statt nur 3 zahlen würde.

Nein, weil wer nicht bereit ist, beim Friseur so viel Geld auszugeben, dass der davon auskömmlich leben kann, soll sich eben selbst die Haare schneiden – und mit dem Ergebnis leben.

Das Problem ist: die Firmen, die solche Hungerlöhne zahlen, nutzen ein Erpressungspotenzial aus – arbeite dafür oder lass es. Sie könnten wahrscheinlich auch mehr zahlen. Jobs, die so wenig einbringen, dass die Leute zusätzlich auf Transfers angewiesen sind, können keine Lösung sein. Es stellt sich natürlich die Frage nach der Alternative: nicht arbeiten und vollständig von Transfers leben?
 
Der Unternehmer kann aufgrund des höheren Lohnes nur noch höhere Preise verlangen, um seine Kosten zu decken. Zu dem höheren Preis wird dann weniger nachgefragt, aber es gibt eine positive Nachfrage - ergo: neues Gleichgewicht bei höherem Preis und geringerem Angebot, c.p.

So wie ich es formuliert habe ist es natürlich ein Extrem. Selbstverständlich wird er nicht sofort den Laden dicht machen und alle entlassen. Er wird höhere Preise verlangen müssen, seine Kunden werden darauf reagieren. Am Bsp. der Reinigungsfirma: Der eine Kunde wird seine Büroräume weiterhin reinigen lassen wie immer, ein anderer lässt die Reinigungsfirma nur noch ein mal die Woche statt alle zwei Tage kommen und wieder ein anderer putzt seinen Laden in Zukunft lieber selbst, weil er sich den neuen Preis nicht leisten kann oder will. Ich weiß nun nicht wie elastisch die Nachfrage ist aber es dürfte wohl feststehen, dass die Beschäftigung in der Tendenz nach unten geht.

Was Dirk schreibt, nämlich das die Jobs ja gemacht werden müssen, die Nachfrage also sehr unelastisch ist, klingt erstmal plausibel. Hab mir darüber schon öfter Gedanken gemacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass diese Jobs eben nicht zwingend gemacht werden müssen. Der Preis muss nur hoch genug sein, dann wird man auf die Durchführung der Dienstleistung verzichten.Mit dem Anstieg des Preises wird die Nachfrage nach solchen Dienstleistungen und damit auch die Beschäftigung sinken. Dies würde natürlich nicht passieren, wenn die entspr. Unternehmen tatsächlich ein "Erpressungspotenzial" ausnützen und es sich leisten könnten deutlich mehr zu zahlen. Und sicher gibt es auch solche Fälle. Aber ob das auf alle Niedriglohnbranchen zutrifft? Ich weiß es nicht, kann es mir aber nicht vorstellen.
 
Was Dirk schreibt, nämlich das die Jobs ja gemacht werden müssen, die Nachfrage also sehr unelastisch ist, klingt erstmal plausibel. Hab mir darüber schon öfter Gedanken gemacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass diese Jobs eben nicht zwingend gemacht werden müssen. Der Preis muss nur hoch genug sein, dann wird man auf die Durchführung der Dienstleistung verzichten.

Das stimmt. Die Nachfrage-Elastizitäten sind unterschiedlich – beim Büroputz wird man eher drauf verzichten können (es sei denn, es gibt irgendweine Vorschrift), aber ein nobles Hotel wird das Bettenmachen nicht an den Kunden outsourcen (fänd ich jedenfalls seltsam, wenn ich im Adlon nochmal durch die Dusche wischen müsste... 😀). Doch Ausbeutung gibt es hier wie da.

Aber ob das auf alle Niedriglohnbranchen zutrifft? Ich weiß es nicht, kann es mir aber nicht vorstellen.

Nein, natürlich nicht. Friseure in Ostdeutschland verdienen 3,50 Euro –Tariflohn (!). Da kommt sonst keiner mehr zum Haare schneiden, wenn es teurer würde – weil man es dann lieber schwarz machen lässt.
 
aber ein nobles Hotel wird das Bettenmachen nicht an den Kunden outsourcen (fänd ich jedenfalls seltsam, wenn ich im Adlon nochmal durch die Dusche wischen müsste... 😀).

Hatte in Karlsruhe mal ein Zimmer, da hätte ich erst noch Pizzakartons, Kippen und Bierflaschen des Vormieters wegräumen müssen. Hab dann aber doch beschlossen nach nem anderen Hotel zu suchen. 😀 Das Hotel gehörte allerdings auch nicht unbedingt in die Kategorie "Nobelhotel".
 
Achtung, hier kommt die Hardcore-Anarchokapitalismusantwort😀 :

Was haltet Ihr von der These, dass der Unternehmer nur deswegen seine niedrigen preise am (Arbeits-)markt durchsetzen kann, weil er auf den staat als Existenzsicherer vertrauen kann!?

Ergo: Gäbe es keine Sozialhilfe, könnte der Unternehmer den Lohn nicht durchsetzen, weil niemand dafür arbeiten würde!
 
Da ist durchaus was dran.

Das Problem ist nur: Ohne den Staat und seine Institutionen ist der Unternehmer auch nicht gut dran...
 
passt vielleicht nicht 1 zu 1 in diesen Thread. Aber ich finde das Interview hier sehr interessant. René kennt es bestimmt schon

https://www.brandeins.de/home/inhal...=8&MagID=84&sid=su19520034508127774&umenuid=1

Natürlich kenne ich das - sowohl vom Lesen des Artikels als auch aus meiner täglichen Arbeit: je höher die gezahlten Transferleistungen, umso ärmer die gesellschaft - hurra - man kann nur dem Rest der Welt wünschen, ein ähnliches Armutsniveau zu erreichen....
 
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