Aber wenn der Haushalt sich plötzlich eine neue Indifferenzkurve zusammenfrickelt, was ja auch möglich ist, da er plötzlich seine Rangliste abändert, weil er (Fallbeispiel) durch mehr Bildung nicht nur mehr Einkommen (Rechtsverschiebung der ursprünglichen Kurve) hat, sondern auch weiss, wofür er lieber in Zukunft mehr Geld ausgeben sollte, kann es zum Schnittpunkt kommen (unterschiedliche Ableitungen der Indifferenzkurve).
Ähm, nein, so funktioniert das nicht.
Zum einen sind die Güter, die auf den Achsen stehen, fest. Wenn ein armer Schlucker Indifferenzkurven für Brot und Nudeln hat, wird er nicht - nach einem Lottogewinn - plötzlich das Brot gegen Fleisch tauschen. Das wäre eine völlig andere Indifferenzkurve, und auch ein völlig anderes Indifferenzkurvenfeld. Es gibt also keine Grafik, wo bis zum Einkommen x Brot auf einer Achse steht und danach dann Fleisch.
In dem Modell (und es ist nur ein Modell) wird angenommen, dass ein höheres Einkommen zu mehr Konsum der Güter führt, die auf den Achsen stehen. Das ist natürlich eine heroische Annahme, aber es macht die Sache einigermaßen übersichtlich. In der Theorie werden auch Güter diskutiert, von denen weniger konsumiert wird, wenn das Einkommen steigt. Man nennt sie Giffen-Güter, aber die sind hier eigentlich ausgeschlossen.
Was allerdings wichtig ist: Durch eine Einkommenserhöhung wird sich nicht (!) die Indifferenzkurve verschieben. Die Präferenzen eines Haushalts sind zunächst mal unabhängig von seinem Einkommen. Der Haushalt könnte also Indifferenzkurven für Mischungen von Gold und Diamanten angeben, die denselben Nutzen ergeben – auch wenn er sich keines von beidem leisten kann.
Das Einkommen kommt erst mit der Budgetgerade ins Spiel (sorry, ich kennen den E-Wiwi-Kurs nicht und weiß nicht, ob das da schon vorkommt, aber ich versuche das mal halbwegs einfach zu erklären). Die Budgetgerade ist eine fallende Gerade von der einen Achse zur anderen, und sie begrenzt die Kombinationen der beiden Güter, die der Haushalt sich leisten kann. Der Haushalt wird schließlich eine Güterkombination wählen, die den höchsten Nutzen bringt, der für das Einkommen erreichbar ist. Das ist dann die eine Indifferenzkurve, die die Budgetgerade tangiert.
Wenn das Einkommen steigt, verschiebt sich die Budgetgerade vom Nullpunkt weg, es sind also auch Kombinationen erreichbar, die größere Mengen umfassen. Und damit wird der Haushalt auf einer Indifferenzkurve landen, die weiter weg vom Nullpunkt ist (nämlich wieder die eine, die die Gerade tangiert).
Also: nur die Budgetgerade verschiebt sich, nicht die Indifferenzkurve.