So, da ich selbst in der Finanzdienstleistungsbranche tätig bin, möchte ich nunmehr auch meinen qualifizierten Senf dazu geben.
Um es kurz zu machen:
-Riester lohnt sich definitiv (für den einen mehr, für den anderen weniger).
-Riester ist als alleinige Maßnahme für die Altersvorsorge ungeeignet und war auch nie dazu gedacht.
Ich habe einen ähnlichen Artikel wie den o.g. auf der HP der Süddeutschen Zeitung gelesen.
Klar ist, wer wenig im Leben verdient hat (geleistet hat), bekommt auch weniger Altersbezüge. Wer nun wenig verdient, hat auch weniger Geld übrig, um privat vorzusorgen. Die Sparquote liegt in Deutschland seit den 50ern relativ konstant bei 10%.
Doch nun der Reihe nach:
Zunächst möchte ich einmal auf den ARD-Artikel eingehen, bzw. auf die darin enthaltenen Halbwahrheiten.
Herr Schmähl stellt fest:“
Der Renten-Experte Winfried Schmähl warnt, dass zahlreiche Rentner in den kommenden Jahren unter die Grundsicherung abrutschen.“.
Es müsste korrekt heißen, das in den kommenden Jahren
noch mehr Rentner unter die Grundsicherung abrutschen, denn faktisch beziehen schon jetzt ein drittel Rentenbezieher eine Leibrente von unter 400 EUR!
Die unermüdliche Aufklärer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens stellen fest:
“
Stichproben von "Monitor" ergaben, dass in Beratungsgesprächen bei Banken und Versicherungen der Eindruck erweckt wird, der Staat schließe die Versorgungslücke zwischen Rentenanspruch und Grundsicherung und die Riester-Rente werde zusätzlich gezahlt.“
Ich persönlich kenne
keinen Berater, der einen solchen Quatsch verbreiten würde. Riester soll vielmehr die Differenz zwischen dem Rentenbezügen der Deutschen Rentenversicherung und dem 70%-Niveau des letzten Einkommens ausgleichen.
Sollte ein Berater tatsächlich einen solchen Stuß verbreiten, so handelt sich es um eine satte
Falschberatung, und der Berater bzw. das hinter ihm stehende Unternehmen
haftet für den daraus resultierenden
Vermögensschaden.
Ferner wird behauptet:“
Tatsache ist: Wer so wenig gesetzliche Rente erhält, dass er davon nicht leben kann, bekommt staatliche Hilfe. Wurde jedoch mit Riester privat vorgesorgt, so gibt es diese Rente nicht oben drauf, sondern der Staat zahlt entsprechend weniger Zuschuss zum Lebensunterhalt. In diesem Fall spart die Riester-Rente dem Sozialamt Kosten.“
Tatsache ist vielmehr, wer so wenig gesetzliche Rente erhält, hat auch im Berufsleben wenig verdient, also wenig geleistet.
Warum bitte sollte ein Langzeitarbeitsloser die volle Grundsicherung bekommen und darüber hinaus sich seinen Lebensstandard mit Riester Bezügen verbessern, dessen Zulagen jahrelang vom Steuerzahler mitgetragen wurden?
Ein vereinfachtes Beispiel:
alleinerziehende Mutter, 30 Jahre, ungelernt, zwei Kinder, kann einen Riester Vertrag mit 5.- im Monat abschließen. Für 60,00 EUR im Jahr gibt es dann Zulagen i.H.v. 524,00 EUR. Mal angenommen, diese Frau macht nur schlecht bezahlte Niedriglohnjobs und ist bei der ARGE ein sog. Drehtürkunde, also immer wieder arbeitslos.
Mal weiter angenommen, sie wird dann mit 60 in die Rente geschickt, dann bekäme sie nach 30 Jahren Beitragszahlung rund 110,00 EUR monatliche Beginnrente, die sich durch den progressiven Verlauf in 16 Jahren auf rund 160,00 EUR steigert, und das bei einem Eigenbeitragsaufwand von geradezu lachhaften 1.800 EUR! Alleine schon der theoretische Rückkaufswert läge (inkl. Zulagen und Überschüsse) bei rund 26.000 EUR(von der gesamten Ablaufleistung mal ganz zu schweigen). Zugegebenerweise sind 110,00 EUR monatlich nicht viel, und schon gar nicht in 30 Jahren, wenn man die Inflationsrate berücksichtigt, aber dennoch ein satter Zuwachs.
Der Sachverständige Mr. Rürup hält fest:“
Der Berater der Bundesregierung und Vorsitzende des Sachverständigenrates, Bert Rürup, bestätigte, dass es sich für Geringverdiener nicht lohnen könne, einen Riester-Vertrag abzuschließen. Er fordert deshalb Konsequenzen: Wer privat vorsorge, müsse das Geld auch tatsächlich später zusätzlich in der Tasche haben.“
Ein frommer Wunsch.
Wie mein Beispiel schon zeigte, werden dafür die Steuerzahler die Zeche zahlen.
Im Übrigen gehört Riester nicht ins Reich der privaten Vorsorge sondern in die zweite Schicht des drei-Schichten-Modells(Zusatzvorsorge).
Das Geld haben später übrigens auch all diejenigen in der Tasche, die jahrelang hart gearbeitet , sich eine solide Grundrente aufgebaut und zusätzlich privat vorgesorgt haben.
Die öffentlich rechtlichen könnten natürlich auch etwas von ihren jährlichen GEZ-Milliarden sinnvoll in die Deutsche Rentenversicherung umleiten und diese somit konsolidieren.
😛
Als gut verdienender Single mit 1.600 EUR Eigenbeitrag/ jährl. erhält man zwar nur die 154,00 EUR Zulage, aber bekommt rund 540,00 EUR Steuerrückzahlung (Sonderausgabenabzug nach § 10a EkStG). Ergibt auf einen Euro Eigenbeitrag 0,42 € , also schon mal 42% steuerfreier Wertzuwachs noch bevor die Kohle überhaupt verzinst angelegt wurde.
Das sich hier Riester nich lohnt, darf also in Anbetracht dieser Zahlen getrost bezweifelt werden.
Meiner Ansicht nach ist die Anstrengung eine "Absicherung" für´s Rentenalter zu erreichen (wann das für uns mal beginnen wird steht sowieso in den Sternen) blödsinnig. Wo immer sich die Masse auch hinwendet, sei es Riester oder Immobilie oder was auch immer, da wird dann was zu holen sein und die Gesetzeslage entsprechend angepasst werden.
So lange die Leute durch die vielfältigen und oft undurchschaubaren Ansparangebote
beschäftigt sind und vor allem das trügerische Gefühl haben so tatsächlich ihre Alterszukunft verbessern zu können, sind die etwas besänftigt und verhalten sich entsprechend.
Am Ende kommt dann bloß ein großes Ätsch!
In Anbetracht solcher Positionen könnte man auch zu der Erkenntnis kommen, dass es nicht wirklich erforderlich ist, die Banane vor dem Essen zu schälen und Körperpflege überflüssig ist, da man ja ohnehin wieder schmutzig wird.
BILD DIR DEINE MEINUNG!
@klinsi:
Nicht nur für Geringverdiener ist die Riesterrente ein Nonsens, auch für Besserverdienende, die einige Zeit arbeitslos geworden sind, könnte die Riesterrente keinen Sinn machen.
Hast Du für diese These auch Argumente?
Und nun noch zum immer wiederkehrenden Märchen Namens "Mein Haus ist meine Altersvorsorge":
Darf es ein schönes Einfamilienhaus sein? Setzen wir mal so 150.000 EUR dafür an. Vielleicht hat man das Geld schon. Im Regelfall müssen die Menschen jedoch dafür sparen.
Für die weiteren Überlegungen gehe ich mal von einem Eigenkapital i.H.v. 25.000 EUR aus. Weitere 25.000 EUR sollten schon noch dazukommen. Man packt jeden Monat 300 EUR auf die Kante (muss man auch erst mal können!). Mit Zinsen ist man so in fünf Jahren da. Es folgt die Zuteilung des Darlehens und nun beginnt die Rückzahlungsphase. Auf 25 Jahre gestreckt ist man bei einem Zinssatz von 4% mit einer monatlichen Rate i.H.v. 520 EUR dabei.
An der Stelle höre ich meistens "Klingt ja nicht schlecht, denn Miete hätte ich ja sonst auch gezahlt!" . Stimmt, aber wenn da die Heizung im Eimer ist, dann ist das eben auch Vermietersache. Beim Eigenheim darf man selber ran. Hier müssen also auch monatlich Rücklagen gebildet werden, und Betriebskosten fallen natürlich auch an.
Je nach Alter ist man so mit 45-55 Jahren mit dem Abzahlen des Eigenheims fertig (und hat dabei übrigens rund 57.000 EUR an Darlehenszinsen gezahlt!). Man hat ein Haus, aber keine weiteren Maßnahmen zur Altersvorsoge getroffen, da die Bude ja in den letzten 30 Jahren sämtliches Kapital verbrannt hat.
Jetzt kommt man an eine Weggabelung:
1. Situation realistisch erkennen und die nun frei gewordenen 500 EUR verzinst sparen (ich nehme mal 3,5% an), macht bei zehn Jahren dann rund 72.000 EUR. Ist flach gerechnet, grundsätzlich geht da mehr, vor allem durch geschicktes Anlegen in steuerbegünstigte Investments(würde den Rahmen jetzt sprengen).
2. Nachdem man sooo lange hohe monatliche Belastungen hatte, will man jetzt endlich leben und die Kohle wird verprasst...
Aus der Beratungspraxis: 85% der Menschen wählen Weg Nr.2!
Beim Eintritt in die Altersrente hat man zwar ein schönes Eigenheim, dummerweise wird davon aber nicht der Kühlschrank voll.
Um Fehlinterpretationen vorzubeugen: Natürlich ist ein Haus eine feine Sache,
aber nicht als Alternative bzw. Ersatz zur Altersvorsorge.
Bei meinen Berechnungen mag man an dem einen oder anderen Faktor herumdrehen, man landet letztendlich immer in der Nähe dieser Zahlen.
Fazit:
Es stehen für jeden Geldbeutel und Anlegertyp geeignete Finanzinstrumente zur Verfügung, um das Einkommen jenseits der Erwerbstätigkeit zu verbessern.
Egal, ob Riester, Rürup, bAV, Fondssparplan, Fondspolice, oder gar gewinnorientierte Anlagen im Risikokapital- und Derivatebereich, da ist für jeden was drin.
Nach wie vor gilt aber die Devise: Der größte Faktor, der eine gesunde Vermögensbildung verhindert ist die Bequemlichkeit, nichts zu tun, sich nicht zu informieren und sich nicht beraten zu lassen.