Verständnisfrage zu 267 BGB

Dr Franke Ghostwriter
ich habe ein Verständnisproblem zu 267,2.
Ist es wirklich so zu verstehen, dass ein Dritter gegen den
Willen des Schuldners mit Einverständnis des
Gläubigers leisten kann? Wenn A mit B einen Vertrag hat
und C erfüllt einfach gegen den Willen des A für ihn,
weil er ihn moralisch unter Druck setzen will, dann
darf er das? Weiß jemand, warum?
 
Regine,

Wenn in Deinem Beispiel C erfüllt, dann erlischt damit das dazugehörige Schuldverhältnis (im engeren Sinne) nach § 362 I. Dem Schuldner A und dem Gläubiger B entsteht durch die Leistung des Dritten C jedenfalls kein rechtlicher Nachteil, nehme ich an.

Mit der Moral ist das so eine Sache. Auch der Gläubiger B könnte Moraldruck erleiden, wenn C für A zahlt, denn beachte: Gläubiger B gerät in Annahmeverzug (§§ 293 ff.), wenn er die Leistung ablehnt ohne dass A widersprochen hat, d.h. der Gläubiger muss dann auch die Erfüllung hinnehmen. Und schließlich könnte auch C Moraldruck erleiden, weil er die Möglichkeit hat, für A zu zahlen. Selbst wenn § 267 II die Zustimmung aller drei für die Erfüllung des Dritten forderte, ist C möglicherweise immer noch in der Moralfalle.

Ich gehe daher davon aus, dass solche Fragen keinen Niederschlag fanden, als diese Norm eingeführt wurde.

Ich finde § 267 II praktisch: Gegen den Willen von Schuldner und Gläubiger kann sich kein Dritter einmischen und der Gläubiger darf die Leistung des Dritten nicht deshalb ablehnen, weil anstatt des Schuldners ein Dritter leistet.

Liebe Grüße
 
danke für deine Antwort. Insofern hast du mir schon mal weitergeholfen, weil ich zunächst dachte, dass ich das missverstehe. Offenbar habe ich es aber richtig verstanden.
Was mich an dem § so irritiert: Ein Dritter kann sich gegen den Willen EINER Partei einmischen. Ich habe in Erinnerung, dass von Verträgen immer nur die Vertragsparteien betroffen sein können. Da halte ich es für konsequent, wenn sich umgekehrt auch keiner einmischen kann.
Irgendwo in den Skripten stand mal, dass man sich immer auch überlegen soll, was man für gerecht hält.
Mir fallen jede Menge Beispiele aus dem wahren Leben ein, wo es nicht willkommen sein könnte, wenn ein Dritter sich einmischt. Angenommen, ich habe den Maler bestellt und die von ihm geleistete Arbeit ist umstritten. Ich zahle nicht oder nur teilweise, weil ich finde, dass er Ausbesserungsarbeiten machen muss oder die Arbeit so noch nicht fertiggestellt wurde. Er würde das evtl. auch machen. Der Maler gehört aber zu den Freunden meiner Eltern und so zahlen sie, damit es zwischen ihnen keinen Stress gibt. Jetzt wirst du sagen, dass man ja vor Gericht durchsetzen kann, wenn man meint, der Vertragspartner habe nicht vertragsgemäß geleistet. Aber bei Bagatellen macht man das ja wohl eher nicht, oder? Diesen Umstand kann ich mir ersparen, wenn ich mich direkt mit ihm einigen kann.
Mir wird quasi die Möglichkeit genommen, mich selbständig mit einem Vertragspartner auseinanderzusetzen, man ist wie "entmündigt".
Eine für mich verständliche Ausnahme: Wenn ein Dritter ein berechtigtes Interesse hat, dass die Schuld beglichen wird.
Aber es geht hier ja nicht darum, den Sinn der Gesetze zu diskutieren, sondern ihren Inhalt verstehen und anwenden zu können. Also danke
für die Antwort!
Gruß Regine
 
Angenommen, ich habe den Maler bestellt und die von ihm geleistete Arbeit ist umstritten. Ich zahle nicht oder nur teilweise, weil ich finde, dass er Ausbesserungsarbeiten machen muss oder die Arbeit so noch nicht fertiggestellt wurde. Er würde das evtl. auch machen. Der Maler gehört aber zu den Freunden meiner Eltern und so zahlen sie, damit es zwischen ihnen keinen Stress gibt. Jetzt wirst du sagen, dass man ja vor Gericht durchsetzen kann, wenn man meint, der Vertragspartner habe nicht vertragsgemäß geleistet. Aber bei Bagatellen macht man das ja wohl eher nicht, oder? Diesen Umstand kann ich mir ersparen, wenn ich mich direkt mit ihm einigen kann.

Diesen Einwand verstehe ich nicht. Trenne Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Die Erfüllung durch die Eltern wirkt nicht auf die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts (Vertrag). Es ist egal, ob Du oder ein Dritter erfüllt, das ändert nichts an dem Umstand, dass auch nach der Erfüllung das Verpflichtungsgeschäft unwirksam werden oder neue Schuldverhältnissse begründen kann, sei es durch eine einvernehmliche Vertragsaufhebung zwischen Dir und dem Maler oder einer vorhandenen Einwendung oder gerichtlich anerkannten Einrede einer der Vertragsparteien. Hinsichtlich des Vertrags und dem rechtlichen Verhältnis zwischen Dir und dem Maler macht es keinen Unterschied, ob Du selber oder ein Dritter erfüllt. Nach der Erfüllung ist das zugehörige Schuldverhältnis (der Zahlungsanspruch des Malers gegen Dich) erloschen. Neue Ansprüche (Schuldverhältnisse) können entstehen, z.b. Anspruch auf Mängelbeseitigung oder Rückgewähransprüche durch Rücktritt.

Diesen Umstand kann ich mir ersparen, wenn ich mich direkt mit ihm einigen kann.

Was ersparst Du Dir? Die Erfüllung durch die Eltern ändert gar nichts an den Einigungsmöglichkeiten zwischen Dir und dem Maler. Wieder: Trenne Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft. Deine rechtlichen Möglichkeiten oder die des Malers haben sich nicht dadurch geändert, dass bereits erfüllt wurde (egal, ob der Schuldner selber oder ein Dritter erfüllt hat).

Liebe Grüße
 
Aber es geht hier ja nicht darum, den Sinn der Gesetze zu diskutieren, sondern ihren Inhalt verstehen und anwenden zu können.

Für die einzelnen Normen empfehle ich unbedingt einen Kommentar zu studieren, z.B. Münchener Kommentar in beck-online der Uni-Hagen Bibliothek: UB Hagen: Off-Campus Zugang zu lizensierten Angeboten der Universit

Da erhälst Du zum § 267 BGB fundierte Informationen zu Normzweck, Anwendungsbereich, Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

Ich habe mir vor einiger Zeit den "Studienkommentar BGB" von Jan Kropholler gekauft. Der Kommentar besteht aus einem Band, ist handlich, informativ, appetitanregend und nicht so fürchterlich überladen wie die großen Kommentare.


Liebe Grüße
 
ich war im Skript bei dieser Stelle ( zu 267)
regelrecht hängen geblieben, weil mir das nicht
einleuchtete. Nun ist schon etwas Licht im dunkel.

Ein guter Vorschlag, sich das Nachschlagewerk zu
besorgen, denn nicht immer hat man das Internet und
Beck- online griffbereit.

Danke für den Tipp!





Grüße, Regine
 
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