ökonomische Aussage KW39

Dr Franke Ghostwriter
"Das kann man so organisieren, dass es der Wirtschaft nicht schadet. Mir sagen sogar Unternehmer: Nehmt uns mit hinein, damit wir nicht unterboten werden."
Franz Müntefering, Bundesarbeitsminister, zu gesetzlichen Mindestlöhnen


Wünsche noch einen schönen sonnigen Sonntag euch allen.
 
Mindestlöhne stellen eine bedeutsam restriktive Maßnahme des Staates dar, der allerdings in der Praxis eine eher untergeordnete Bedeutung zukommt. Da in vielen Bereichen durch tarifäre Regelungen per se Mindestlöhne existieren, trifft es vornehmlich die extremen Niedriglohnbereiche, die in Deutschland ohnehin seit Jahren immer weniger werden...
Generell wird in Mindestlöhnen eher eine Verfestigung der strukturellen Arbeitslosigkeit gesehen, als dass sie wirklich vorteilhaft wäre. Denn man darf nicht außer Acht lassen, dass Arbeitsplätze im niedrigen Lohnsektor meist viel flexibler (und daher schneller ins Ausland verlagerbarer) sind, als Hochlohnsparten.

Die Forderung einzelner Unternehmer nach Mindestlöhnen basiert daher meist auf der Tatsache, dass diese Dienstleistungen in Deutschland anbieten und mit ausländischen Dienstleistern in Konkurrenz stehen. Da wäre aber nicht das richtige Mittel, in Deutschland Mindestlöhne aufzubauen, sondern eher fü die ausländischen Unternehmer ähnliche Wettbewerbsstrukturen aufzubauen, wie es die Deutschen schon haben (und ertragen müssen). Das ist aber nicht nur wegen der EU-Dienstleistungsrichtlinie ein frommer Wunsch...

Insgesamt scheint die Mehrheit der führenden Ökonomen wohl Mindestlöhne abzulehnen, wobei es aber auch Ausnahmen (zb Rudolf Hickel) gibt...
 
Mindestlöhne stellen eine bedeutsam restriktive Maßnahme des Staates dar, der allerdings in der Praxis eine eher untergeordnete Bedeutung zukommt. Da in vielen Bereichen durch tarifäre Regelungen per se Mindestlöhne existieren, trifft es vornehmlich die extremen Niedriglohnbereiche, die in Deutschland ohnehin seit Jahren immer weniger werden...
Generell wird in Mindestlöhnen eher eine Verfestigung der strukturellen Arbeitslosigkeit gesehen, als dass sie wirklich vorteilhaft wäre. Denn man darf nicht außer Acht lassen, dass Arbeitsplätze im niedrigen Lohnsektor meist viel flexibler (und daher schneller ins Ausland verlagerbarer) sind, als Hochlohnsparten.

Die Forderung einzelner Unternehmer nach Mindestlöhnen basiert daher meist auf der Tatsache, dass diese Dienstleistungen in Deutschland anbieten und mit ausländischen Dienstleistern in Konkurrenz stehen. Da wäre aber nicht das richtige Mittel, in Deutschland Mindestlöhne aufzubauen, sondern eher fü die ausländischen Unternehmer ähnliche Wettbewerbsstrukturen aufzubauen, wie es die Deutschen schon haben (und ertragen müssen). Das ist aber nicht nur wegen der EU-Dienstleistungsrichtlinie ein frommer Wunsch...

Insgesamt scheint die Mehrheit der führenden Ökonomen wohl Mindestlöhne abzulehnen, wobei es aber auch Ausnahmen (zb Rudolf Hickel) gibt...

Also ist auch diese Aussage ökonomischer Unsinn, da die Mindestlöhne den der Wirtschaft zu Grunde liegenden Wettbewerb aushebeln?

Könnte man die drohende Abwanderung der Betriebe durch einen EU weiten Mindestlohn nicht entgegen wirken?
 
Also ist auch diese Aussage ökonomischer Unsinn, da die Mindestlöhne den der Wirtschaft zu Grunde liegenden Wettbewerb aushebeln?

Könnte man die drohende Abwanderung der Betriebe durch einen EU weiten Mindestlohn nicht entgegen wirken?

zur ersten Frage:
Zuerst einmal würden sich die Lohnkosten im betreffenden Land erhöhen, falls in den betroffenen Sparten bislang unterhalb des Mindestlohns vergütet würde. Dadurch würde sich (unter der Annahme vollk. Konkurrenz) das Preisniveau erhöhen müssen, was allerdings nur in einer geschlossenen Volkswirtschaft gelten würde. In einer offenen Volkswirtschaft würden sich selbstverständlich ausländische Firmen (bei denen eben nicht der Mindestlohn gilt) mit dem Kostenvorteil auf den Markt drängen, so dass insgesamt nicht von Wettbewerbseinschränkung die Rede sein kann. Nur eben einheimische Unternehmen würden sich einem gewissen Wettbewerbsnachteil (in Höhe der Kostensteigerung) ausgesetzt sehen...

zur zweiten Frage:
Mal abgesehen davon, dass zur Zeit ein Mindestlohn EU-weit eine Utopie darstellt, wären wohl die Effekte ohnehin eher gering. Denn die EU ist schon längst nicht mehr der wichtigste Arbeitsmarkt im Niedriglohnsektor. Da bestimmt Fernost mit Unmengen an "Humanressourcen" die Bühne...
Wenn also überhaupt ein Mindestlohn, dann müsste dieser weltweit gelten, flankiert von ähnlichen Sozialversicherungs- und Fiskalstandarts...Aber davon träumen wohl nicht einmal mehr die kühnsten Optimisten...
 
Wenn also überhaupt ein Mindestlohn, dann müsste dieser weltweit gelten, flankiert von ähnlichen Sozialversicherungs- und Fiskalstandarts...

Das Problem der Abwanderung von Unternehmen ins Ausland wäre damit natürlich gelöst.

Müntefering spricht aber davon, dass "man [das] so organisieren [kann], dass es der Wirtschaft nicht schadet." Und diese Aussage ist meiner Ansicht nach schlicht falsch! Ein (wirksamer) Mindestlohn wird einen Markt immer aus dem Gleichgewicht bringen und der Wirtschaft somit schaden.

Ein Teil derjenigen, die nach Arbeit suchen und zum Marktlohn auch gefunden hätten werden keinen Job bekommen weil ihre Produktivität geringer ist als der Mindestlohn den ihm der Unternehmer zahlen müsste.

Diejenigen, die Arbeit haben und bisher weniger als den neuen Mindestlohn bekamen werden kurzfristig davon profitieren. Durch den Mindestlohn ist nun aber die Arbeit teurer geworden und der Unternehmer wird tendenziell Arbeit durch Maschinen substituieren. Ein Teil derjenigen, die kurzfristig vom Mindestlohn profitierten wird nun also Arbeitslos.

Im Endeffekt werden also gerade diejenigen die Verlierer sein, denen mit einem Mindestlohn geholfen werden sollte.
 
Müntefering spricht aber davon, dass "man [das] so organisieren [kann], dass es der Wirtschaft nicht schadet." Und diese Aussage ist meiner Ansicht nach schlicht falsch! Ein (wirksamer) Mindestlohn wird einen Markt immer aus dem Gleichgewicht bringen und der Wirtschaft somit schaden.

Ein Teil derjenigen, die nach Arbeit suchen und zum Marktlohn auch gefunden hätten werden keinen Job bekommen weil ihre Produktivität geringer ist als der Mindestlohn den ihm der Unternehmer zahlen müsste.

Diejenigen, die Arbeit haben und bisher weniger als den neuen Mindestlohn bekamen werden kurzfristig davon profitieren. Durch den Mindestlohn ist nun aber die Arbeit teurer geworden und der Unternehmer wird tendenziell Arbeit durch Maschinen substituieren. Ein Teil derjenigen, die kurzfristig vom Mindestlohn profitierten wird nun also Arbeitslos.

Im Endeffekt werden also gerade diejenigen die Verlierer sein, denen mit einem Mindestlohn geholfen werden sollte.

Also ob Mindestlöhne tatsächlich der Wirtschaft schaden, ist durchaus fraglich. Hätten wir tatsächlich weltweit einen Mindestsatz für gewisse, gleichartige Tätigkeiten, so würde dies sicher nicht schädlich wirken. Davon sind wir ja aber weit genug entfernt. Und in der Praxis würde es eben den deutschen Betrieben in der Tat höhere Kosten aufbürden, die dann eben nach Alternativen suchen...

Dass Arbeit kontinuierlich gegen Kapital substituiert wird geschieht ohnehin, egal ob mit oder ohne Mindestlöhne, der technische Fortschritt lässt gar keine Alternative zu. Es geht vielmehr um die Frage, ob durch Mindestlöhne soziale Gerechtigkeit erhöht werden kann oder nicht...Ob da wirklich alle Mindestlohnempfänger Verlierer wären, darf auch bezweifelt werden, da man ja jede Menge Wirtschaftsbereiche in Deutschlkand vorfindet, in denen de facto höhere Löhne gezahlt werden, als es bei vollkommener Konkurrenz üblich wäre (man denke zb an den Gesundheitsbereich oder Versorgungsunternehmen).

was den zweiten Teil angeht, so gibt das die Aussage in der Insider-Outsider-Theorie wieder. Nachzulesen zb im Kurs 520, aber in der Praxis nicht unumstritten...
 
Dass Arbeit kontinuierlich gegen Kapital substituiert wird geschieht ohnehin, egal ob mit oder ohne Mindestlöhne, der technische Fortschritt lässt gar keine Alternative zu.

Einspruch Euer Ehren - das geschieht nur, solange die marginale Grenzkosten der Arbeit über denen des Kapitals liegen, in Anhängigkeit von der verwandten Produktionsfunktion.

Prof. Wagner beliebt dazu zu sagen: ".... überlegen Sie doch mal, wo der technische Fortschritt herkommt? Rieselt der wie Manna vom Himmel?..."

Mit dieser Überlegung können wir beantworten, warum es in Deutschland Automaten zum Paketabholen gibt, solche Dinger in den USA aber undenkbar wären.
 
Noch was:

Entgegen dem üblichen Lagerdenken fordert der Präsident des Verbandes der Gebäudereinigungsunternehmen einen Mindestlohn für seine Branche. Lasst uns mal raten, warum ein Unternehmen für staatlichen Protektionismus plädiert?

Zweite Anekdote:

In der letzte Woche wurde der Chef eine Bielefelder Gebäudereinigungsunternehmens durch russische Auftragskiller mit zwei Kopfschüssen in seinem Büro ermordet. Die Ermittlungen gehen auch in die Richtung der so genannten "Reinigungsmafia". (Kein Scherz - traurige Wahrheit!)

Gibt es Zusammenhänge?

Wie entwickelt sich die gesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion, wenn staatlicher protektionismus zur gewaltsame Eroberung des Marktes durch Mitbewerber führt, die dann teuer durch staatliche Maßnahmen wieder abgewehrt werden müssen?
 
Im Endeffekt werden also gerade diejenigen die Verlierer sein, denen mit einem Mindestlohn geholfen werden sollte.

Zu der Gruppe der Verlierer sind noch die Konsumenten des protektionierten Gutes zu rechnen, das künstlich verteuert wird.

Je nach Verlauf der Nachfragekurve wäre auch noch zu ermitteln, ob der Zugewinn der Produzentenrente den Verlust der Konsumentenrente übersteigt. Wenn ja, liegt zumindest ein gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrtszuwachs vor.

Allerdings ist nicht zu erwarten, dass auch nur ein einziger der mitdiskutierenden Politiker oder Lobbyisten sich auch nur im Ansatz Gedanken dieser Art machen werden ....

So - Ihr seid mal wieder dran :rolleyes
 
😕 😕 😕 😕 😕 😕

Hallo Rolf - hilf mal nem alten Mann auf's Fahrrad:

Was ist "soziale Gerechtigkeit"? Wie definiert und wie misst man sie?

Was Du immer alles von mir wissen willst René🙄 😀

Also:Soz.Ger. würde ich als einen Zustand ökonomischer Wohlfahrt titulieren, in dem gewissen Mindeststandarts erfüllt sind, wobei darüber hinaus ökonomische Tätigkeiten auch zu ähnlichen Ergebnissen führen müssen...

Hmm??
 
Einspruch Euer Ehren - das geschieht nur, solange die marginale Grenzkosten der Arbeit über denen des Kapitals liegen, in Anhängigkeit von der verwandten Produktionsfunktion.

Prof. Wagner beliebt dazu zu sagen: ".... überlegen Sie doch mal, wo der technische Fortschritt herkommt? Rieselt der wie Manna vom Himmel?..."

Mit dieser Überlegung können wir beantworten, warum es in Deutschland Automaten zum Paketabholen gibt, solche Dinger in den USA aber undenkbar wären.

Kein zweifel, dass dem so ist, nur mit der Zeit werden die grenzkosten (was sind denn marginale Grenzkosten?? ist das nicht doppelt gemoppelt?) der Arbeit ohnehin grösser werden als die des Kapitals...
Das lässt sich doch dauerhaft gar nicht verhindern...
Und in den USA gibt es jede Menge Automatik in der Paketlogistisk😛
 
Also:Soz.Ger. würde ich als einen Zustand ökonomischer Wohlfahrt titulieren, in dem gewissen Mindeststandarts erfüllt sind, wobei darüber hinaus ökonomische Tätigkeiten auch zu ähnlichen Ergebnissen führen müssen.

Mit Verlaub: Das ist nichts! Das ist keine Definition, sondern allenfalls die Ersetzung von zwei miteinander kombinierten unverständlichen Ausdrücken ("soziale Gerechtigkeit") durch 20 miteinander kombinierte Ausdrücken, die in dieser Kombination auch keinen sinn machen.....

:fiesgrins
 
Kein zweifel, dass dem so ist, nur mit der Zeit werden die grenzkosten der Arbeit ohnehin grösser werden als die des Kapitals...
Das lässt sich doch dauerhaft gar nicht verhindern...

Warum lässt sich das nicht verhindern? Das hängt doch von der Produktionsfunktion ab.

Die Produktionsfunktion einer Haarfrisur - sagen wir, der von Hillary Clinton....😀 - dürfte auf absehbare Zeit dafür sorgen, dass eben nicht Arbeit durch Kapital ersetzt wird. Sollte es aber doch geschehen, dann wird es in Deutschland aufgrund der höheren Arbeitskosten eher geschehen als in den USA... (hihi, **gespannt bin**, wie die dann aussieht.... 😀 😀 )
 
Mit Verlaub: Das ist nichts! Das ist keine Definition, sondern allenfalls die Ersetzung von zwei miteinander kombinierten unverständlichen Ausdrücken ("soziale Gerechtigkeit") durch 20 miteinander kombinierte Ausdrücken, die in dieser Kombination auch keinen sinn machen.....

:fiesgrins:

Du scheinst mit meiner superguten Def. nicht ganz zufrieden zu sein?😀
Nun, ich dachte mir das so:
Wenn zwei Erwerbstätige eine ähnliche Arbeit verrichten, dann sollte das zu ähnlichen Ergebnissen (Lohn) führen, wobei natürlich die jeweiligen Besonderheiten (Behinderungen etc) zu beachten wären. Darunter würde ich schonmal eine gerechte Verteilung verstehen.
Sozial ist für mich eine Gerechtigkeitsform dann, wenn sie eben ganz bewusst auf die Schwächen und Stärken des Einzelnen abhebt...
Dass sowas in der Praxis nicht so leicht zu bestimmen ist, ist klar. Aber dennoch haben wir ja viele soziale Regelungen (man denke an Steuervergünstigungen wie außergewöhnliche Belastungen etc)

Nu besser??
 
Warum lässt sich das nicht verhindern? Das hängt doch von der Produktionsfunktion ab.

Die Produktionsfunktion einer Haarfrisur - sagen wir, der von Hillary Clinton....😀 - dürfte auf absehbare Zeit dafür sorgen, dass eben nicht Arbeit durch Kapital ersetzt wird. Sollte es aber doch geschehen, dann wird es in Deutschland aufgrund der höheren Arbeitskosten eher geschehen als in den USA... (hihi, **gespannt bin**, wie die dann aussieht.... 😀 😀 )

Du gehst von einer branchenspezifischen Pf. aus, das hat aber nichts mit der aggregierten makroök. Pf. zu tun. Natürlich wird in einzelnen Bereichen nicht einfach die Arbeit durch Maschinen ersetzt werden können, aber wolkswirtschaftlich in der Gesamtheit passiert das tendenziell schon immer mehr...
Man denke zb nur mal an den Quantenrechner. In ein paar Jahren wird das ding soweit sein, dass es problemlos beste Spracherkennungssoftware umsetzen können wird. Die Folge werden dramatische Veränderungen bei Callcentern sein. Verrechne das mal mit den Hillary Frisören😉
 

Nein, bedaure, da musst Du noch mal nacharbeiten....

Wenn zwei Erwerbstätige eine ähnliche Arbeit verrichten, dann sollte das zu ähnlichen Ergebnissen (Lohn) führen, wobei natürlich die jeweiligen Besonderheiten (Behinderungen etc) zu beachten wären.

Da geht das Theater ja schon los!

Wieso soll ein behinderter Mensch der angenommen aufgrund seiner speziellen Behinderung (Achtung: Das ist hier keine Diskriminierung!!) nur 80% der Leistung eines nicht behinderten erbringen kann, den gleichen Lohn erhalten?

Von wem? Warum soll ein Arbeitgeber das bezahlen?

Aber dennoch haben wir ja viele soziale Regelungen (man denke an Steuervergünstigungen wie außergewöhnliche Belastungen etc)

Diese Aussage bedeutet: Etwas ist gerecht, weil wir es als Regel installiert haben!

Eine zumindest angreifbare These....:cool
 
Du gehst von einer branchenspezifischen Pf. aus, das hat aber nichts mit der aggregierten makroök. Pf. zu tun. Natürlich wird in einzelnen Bereichen nicht einfach die Arbeit durch Maschinen ersetzt werden können, aber wolkswirtschaftlich in der Gesamtheit passiert das tendenziell schon immer mehr...
Man denke zb nur mal an den Quantenrechner. In ein paar Jahren wird das ding soweit sein, dass es problemlos beste Spracherkennungssoftware umsetzen können wird. Die Folge werden dramatische Veränderungen bei Callcentern sein. Verrechne das mal mit den Hillary Frisören😉 😀

Akzeptiert (ich heiße ja nicht Dirk, und komme auch nicht aus Bonn, da brauch ich dann ja auch nicht IMMER das letzte Wort haben ..... 😛 😀 )!
 
Zum Thema soziale Gerechtigkeit:

Ist der Begriff an sich nicht ein Widerspruch in sich selbst?

Als gerecht würde ich bezeichnen, wenn alle nach den gleichen Regeln spielen.

Als sozial widerum würde ich es bezeichnen, wenn die Regeln für jeden so angepasst werden, dass alle in etwa zu dem gleichen Ergebnis (Monatslohn oder was auch immer) kommen.

Eine gerechte Wirtschaftsform würde also ganz klar die Leistungsstärkeren begünstigen während eine soziale versucht alle anzugleichen.

Was nun besser ist oder ob vielleicht ein Mittelding geeignet ist, das ist natürlich Ansichtssache. Aber der Begriff an sich ist absurd.
 
Ein großes Problem liegt in der genauen Definition von "gerecht"!!

Nach welchem Maßstab soll denn etwas gerecht sein? Nach dem Leistungskriterium oder nach sozialistischen Grundsätzen? Da fängt doch die Diskussion schon an.
 
ein großes Problem liegt in der genauen Definition von "gerecht"!!

Nach welchem Maßstab soll denn etwas gerecht sein? Nach dem Leistungskriterium oder nach sozialistischen Grundsätzen? Da fängt doch die Diskussion schon an. 😀

Genau da liegt das Problem - es gibt keine "genaue Definition" von Gerechtigkeit, sondern viele verschiedene (z.B. in der BWL bedeutsam: distributive, prozedurale und interaktionelle G.), aus verschiedenen Bereichen (Ethik, Psycho), weil der Begriff subjektiv ist 😛. Ansichten über Gerechtigkeit hängen auch von der sozialen Umwelt/Kultur ab und wandeln sich auch im Laufe der Zeit...
 
Nein, bedaure, da musst Du noch mal nacharbeiten....



Da geht das Theater ja schon los!

Wieso soll ein behinderter Mensch der angenommen aufgrund seiner speziellen Behinderung (Achtung: Das ist hier keine Diskriminierung!!) nur 80% der Leistung eines nicht behinderten erbringen kann, den gleichen Lohn erhalten?

Von wem? Warum soll ein Arbeitgeber das bezahlen?



Diese Aussage bedeutet: Etwas ist gerecht, weil wir es als Regel installiert haben!

Eine zumindest angreifbare These....😎

Zum ersten Punkt:
Natürlich soll ein AG das nicht bezahlen, die Gemeinschaft über Steuern jedoch schon. Das verstehe ich eben unter dem sozialen Prinzip, dass Schwächen durch die Gemeinschaft (und nicht durch den einzelnen AG) ausgeglichen werden.


zum zweiten Punkt:
Also sooo streng habe ich das dann doch nicht gemeint😀 Das wäre ja dann fast schon diktatorisch, und da ich kein Diktator bin, kann ja auch nicht ajede Regel gerecht sein😛 😀
Was im einzelnen gerecht ist, ohweh das ist eine Frage, die niemals abschließend zu beantworten ist. Auch im Zeitablauf ändern sich ja die Vorstellungen dazu sehr. Man denke nur mal an die Todesstrafe. Vor Jahrhunderten war sowas sehr gerecht, heute wird sie zumeist abgelehnt...(Ausnahme von Studenten, die grade eine Klausur hinter sich haben und "nicht ganz" mit der Fragestellung zufrieden waren?😀 )
 
Genau da liegt das Problem - es gibt keine "genaue Definition" von Gerechtigkeit, sondern viele verschiedene (z.B. in der BWL bedeutsam: distributive, prozedurale und interaktionelle G.), aus verschiedenen Bereichen (Ethik, Psycho), weil der Begriff subjektiv ist 😛. Ansichten über Gerechtigkeit hängen auch von der sozialen Umwelt/Kultur ab und wandeln sich auch im Laufe der Zeit...

Hmm, kommt mir irgendwie bekannt vor🙄 , ist das von Dir???
 
Akzeptiert (ich heiße ja nicht Dirk, und komme auch nicht aus Bonn, da brauch ich dann ja auch nicht IMMER das letzte Wort haben ..... 😛 😀 )!

Auch zu diesem Thema muss ich mal das letzte (?) Wort ergreifen... 😛 😀

Leider hat die etwas fruchtlose Diskussion um soziale Gerechtigkeit das eigentliche Thema Mindestlohn verdrängt.

Ich halte das für eine Phantomdebatte, mit der bestimmte Politiker sich als besonders sozial profilieren wollen. Es gibt doch in Deutschland in vielen Branchen faktisch Mindestlöhne, und zwar durch die Flächentarifverträge. Eine besondere Wohlfahrtswirkung ist dadurch nicht zu erkennen.

Einen länderübergreifenden Mindestlohn brauchen wir gar nicht zu diskutieren – warum sollten Länder, die Dienstleistungen billiger anbieten können, sich diesen Wettbewerbsvorteil nehmen lassen?

Es gibt aber ein wichtiges Argument, das für Mindestlöhne spricht: und zwar wenn man Kombilöhne einführen wollte. In diesem Falle verhindert man, dass die Arbeitgeber ihren Anteil auf null herunterfahren. Das ist auch der Grund, weswegen es in den USA einen Mindestlohn gibt: Dort werden Geringverdiener durch eine negative Einkommenssteuer subventioniert. Warum dieses wirklich sinnvolle Modell in Deutschland nicht diskutiert wird (selbst von der FDP, wo es Programmatik ist!), ist mir schleierhaft.
 
Mit dieser Überlegung können wir beantworten, warum es in Deutschland Automaten zum Paketabholen gibt, solche Dinger in den USA aber undenkbar wären.

Das beste ist, dass die Post das auch noch als Serviceverbesserung verkauft – ein echter Hammer!

Allerdings stammt Starbucks aus den USA – da bekomme ich einen Kaffee, der sehr viel teurer ist als in einer Kaffeebar und das auch noch ohne Service... (auch ich lese gelegentlich die Zeit, und diese Geschichte über den schlechter werdenden Service fand ich sehr herzerfrischend.)
 
. (auch ich lese gelegentlich die Zeit, und diese Geschichte über den schlechter werdenden Service fand ich sehr herzerfrischend.)

Ich fan ihn beknackt, weil er wieder nur rumgeheult hat...

Kann doch jeder selbst entscheiden, ob er ein Billy-Regal für 2,50 € zum Selbstaufbauen nimmt oder sich seine Bücherwand von jemanden für 25 € / Std. aufbauen lässt.

Was soll das Gelaber um die Servicewüste Deutschland? Auch hier ist alles käuflich nur wegen der de facto Mindestlöhne ist nicht jeder Service für jeden bezahlbar.

Und wer Service erbirngen könnte, tut's nicht, weil er von Alg-II besser lebt und gar nicht nachvollziehen kann, warum er dafür nen Handschlag tun sollte.
 
Und wer Service erbirngen könnte, tut's nicht, weil er von Alg-II besser lebt und gar nicht nachvollziehen kann, warum er dafür nen Handschlag tun sollte.

Ach neee, das ist jetzt doch ein bißchen sehr viel Klischee, René!

Hier in Bonn vorm Karstadt stand eine Weile einer, der wollte Schuhe putzen. Hatte aber keine Kunden, der Arme, weil es den Leuten unangenehm ist, dass einer vor ihnen kniet und das macht. (Ich nehme mich da auch nicht aus...)

Das ist halt auch eine Mentalitätsfrage. Keiner würde an eine Tanke fahren, die ein, zwei Cent teurer ist, dafür aber einen Tankwart hat (wobei ich so eine Tankstelle mal auf Rügen erlebt habe & das eigentlich sehr angenehm fand: die Hände stinken hinterher nicht). Und auch sonst wird man doof angeguckt, wenn man nicht das billigste kauft, sondern irgendwo hingeht, wo man ordentlichen Service dazu bekommt.

Aber das wird sich zwangsläufig in ein paar Jahren ändern. Die Leute werden immer älter & sind auf Dienstleister angewiesen. Meine Eltern z.B. haben ihr Haus zum ersten Mal renovieren lassen & das nicht selbst gemacht.
 
hat jetzt nichts mit Mindestlöhnen, aber dennoch mit Mindestpreisen zu tun. Ich find den Artikel recht gut und möchte ihn euch nicht vorenthalten.....

https://www.cesifo-group.de/portal/...ad=portal&_schema=PORTAL&item_link=stp078.htm

Tja - der wirtschaftliche Unsinn der Politik nimmt kein Ende.

Ich bin langsam ernsthaft am Überlegen, ob das wirklich sone gute Idee war, sich ökonomisch fortzubilden. Man regt sich nur auf, das ist nicht gesund.

Diese Gesundheitskosten habe ich bei meiner Studienentscheidung gar nicht in die Nutzenkalkulation mit aufgenommen...😱
 
Ich bin langsam ernsthaft am Überlegen, ob das wirklich sone gute Idee war, sich ökonomisch fortzubilden. Man regt sich nur auf, das ist nicht gesund.


Etwas sehr ähnliches hab ich neulich zu nem Freund gesagt. Ändern werden wir sowieso nichts, da wäre ich manchmal doch lieber wieder unwissend und würde dafür nicht jedesmal an die Decke gehen wenn ich zufällig in ne Polit Talkshow zappe.
 
hat jetzt nichts mit Mindestlöhnen, aber dennoch mit Mindestpreisen zu tun. Ich find den Artikel recht gut und möchte ihn euch nicht vorenthalten.....

https://www.cesifo-group.de/portal/...ad=portal&_schema=PORTAL&item_link=stp078.htm


Die Seite ist nicht schlecht. Hab gerade ein wenig im Archiv gestöbert und bin auf diesen Artikel gestoßen. https://www.cesifo-group.de/portal/...ad=portal&_schema=PORTAL&item_link=stp072.htm

Prof. Sinn plädiert dort für ein System bei dem der Staat einen Zuschuß zu besonders niedrigen Löhnen zahlt. Zitat: "Ein neues sozialstaatliches System, das trotz Faktorpreisausgleich sowohl die sozialen Werte Europas bewahrt als auch Massenarbeitslosigkeit verhindert, beruht auf Lohnzuschüssen statt auf Lohnersatzleistungen. Jeder sollte arbeiten, zu welchem Lohn es auch immer eine Stelle für ihn gibt, und der Staat zahlt zu diesem Lohn im Bedarfsfalle ein zweites staatliches Einkommen hinzu, so dass ein sozial akzeptabler Lebensstandard gewährleistet ist"

Ob so ein System nun wünschenswert sei oder auch nicht, meiner Meinung nach kann es nicht funktionieren. Vielleicht übersehe ich da etwas, aber was sollte den Unternehmer in diesem System davon abhalten, einen symbolischen Lohn von z.B. 50 Cent zu zahlen, wenn er weiß, dass er zu diesem Lohn Arbeiter findet die den Rest vom Staat bezahlt bekommen?
 
Danke, werd ich mir heute abend mal in aller Ruhe durchlesen. Muss mich jetzt erst mal noch mit Bitzs Gedanken zum Finanzierungsmanagement befassen.

Gruß,
Florian
 
Ach neee, das ist jetzt doch ein bißchen sehr viel Klischee, René!
Leider tatsächlich kein Klischee. Und teilweise schon fast verständlich. Mein Bruder macht gerade eine Lehre - zweites Lehrjahr. 415 EUR brutto. Ihm ist jetzt eine Mieterhöhung (für seine winzige Einzimmerwohnung) ins Haus geflattert. In einem Anflug von Frust meinte er, seine Lehre zu schmeißen und besser von Hartz IV zu leben. 🙁 Da wird ihm die Wohnung bezahlt und er bekommt obendrauf noch 300 EUR im Monat zum Leben (dumm ist, dass er's auch noch so genau weiß, weil er schonmal ein hables Jahr drauf angewiesen war). Das ist in der Summe mehr als er jetzt hat, wo er eine Lehre macht, um dem Staat (vor allem auch in der Zukunft) eben nicht zur Last zu fallen.

Klar ist, das ist aus meiner Sicht kein Argument, die Lehre zu schmeißen, denn damit kann er in der Zukunft mehr anfangen als ohne. Seinen Frust kann ich aber auch verstehen. Eine Bezuschussung seines Lehrlingsgehaltes auf ein Niveau, dass vom Staat als soziales Minimum anerkannt ist (ergo das, was als "Sozialhilfe" gezahlt wird), wäre da ja wohl die bessere (und staatlicherseits auch konsequentere) Lösung.
 
Interessante Diskussion....

Könnte dazu ein nettes Buch von Prof. Ulrich van Suntum empfehlen. Für Ökonomen und nicht-ökonomen klar geschrieben.
Beschreibt u.a. auch die sog. "Hobby"-Ökonomen die Sonntag Abends immer bei Sabine Christiansen sind 🙂

Gruss

Chris
 
Klar ist, das ist aus meiner Sicht kein Argument, die Lehre zu schmeißen, denn damit kann er in der Zukunft mehr anfangen als ohne. Seinen Frust kann ich aber auch verstehen. Eine Bezuschussung seines Lehrlingsgehaltes auf ein Niveau, dass vom Staat als soziales Minimum anerkannt ist (ergo das, was als "Sozialhilfe" gezahlt wird), wäre da ja wohl die bessere (und staatlicherseits auch konsequentere) Lösung.

Da bin ich aber anderer Meinung. Er macht eine Lehre und verzichtet heute auf Einkommen zugunsten eines (wahrscheinlich) in Zukunft höheren Einkommens – denn mit abgeschlossener Berufsausbildung wird er sicher bessere Beschäftigungschancen haben und mehr verdienen als als Ungelernter.

Das ist bei Abiturienten und Studenten nicht anders. Wenn Du also Leuten in ihrer Ausbildungsphase staatlicherseits Geld zuschieben willst, dann auch denen...
 
Klar ist, das ist aus meiner Sicht kein Argument, die Lehre zu schmeißen, denn damit kann er in der Zukunft mehr anfangen als ohne. Seinen Frust kann ich aber auch verstehen. Eine Bezuschussung seines Lehrlingsgehaltes auf ein Niveau, dass vom Staat als soziales Minimum anerkannt ist (ergo das, was als "Sozialhilfe" gezahlt wird), wäre da ja wohl die bessere (und staatlicherseits auch konsequentere) Lösung.

Die gibt es aber bereits: Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)! Schick ihn zum Arbeitsamt, da werden ihm geholfen.

Auszubildende haben keinen Anspruch auf AlgII, dafür aber besagte BAB oder für Studenten BaföG.
 
Wie gesagt, ob Kombilöhne sinnvoll sind oder nicht lasse ich an dieser Stelle offen. Meine Frage bezog sich lediglich darauf, ob das von Sinn entwickelte System so überhaupt funktionieren kann.
 
Wie gesagt, ob Kombilöhne sinnvoll sind oder nicht lasse ich an dieser Stelle offen. Meine Frage bezog sich lediglich darauf, ob das von Sinn entwickelte System so überhaupt funktionieren kann.

Dieses System funktioniert — aber nur, wenn man zusätzlich einen Mindestlohn installiert. Die USA machen es so: dort werden Niedriglöhner mit einer negativen Einkommensteuer unterstützt. Es ist sogar so, dass diese Subvention eine Weile steigt, wenn mehr verdient (also mehr gearbeitet) wird.

Das System der nagativen Einkommenssteuer scheint mir im Übrigen sinnvoller zu sein als die Kombilöhne – die sind viel zu kompliziert. Die Steuer ist mit viel weniger Bürokratie verbunden, weil sie jedem (!) bezahlt wird, der (in den USA) unter 12.000 Dollar/Jahr verdient.
 
Wenn sich Politiker wie Ökonomen verhalten sollten sie aber eigentlich auch unter den gleichen Konsequenzen arbeiten, d.h. volle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und d. h. Rücktritt ohne vollen Einkommensausgleich durch frühzeitige Pensionszahlungen oder einkommenserhöhende Jobübernahme in parteiabhängigen Gremien .
Rosinenpicker gehören konsequent auf Wasser und Brot gesetzt, und daß das nicht passiert ist eindeutig Schuld der bundesdeutschen Justiz, deren völliges Versagen dieses Politikerunwesen der letzten 20 Jahre erst ermöglicht hat.

Ach nee, diese Politikerschelte ist jetzt aber doch etwas sehr platt (wenn auch verständlich 😀).

Erstens ist mir nicht bekannt, dass Herr Schrempp, der den Börsenwert von DaimlerBenz/DaimlerChrysler in seiner Amtszeit erheblich gesenkt hat, heute bei Wasser und Brot leben würde.

Und zweitens liefert die ökonomische Theorie eine sehr gute Erklärung für das Verhalten der Politiker, nämlich in der Neuen Politischen Ökonomie. Wenn mann dass Gewinn-/Nutzenmaximierungskalkül aus der Mikroökonomie konsequent auf politisches Handeln anwendet, stellt man fest, dass sich die Politiker durchaus rational verhalten. Das ist für das Land als Ganzes vielleicht nicht optimal, aber dieses Gefangenendilemma ist nicht leicht aufzulösen.

Das Problem ist, dass Ökonomen zwar Vorschläge haben, wie es mögliherweise (!) besser laufen könnte. Doch diese Vorschläge sind in weiten Kreisen der Bevölkerung unpopulär. Nicht umsonst haben die CDU bei der Bundestagswahl und jetzt die ÖVP in Österreich eins auf die Mütze bekommen.
 
Dieses System funktioniert — aber nur, wenn man zusätzlich einen Mindestlohn installiert.

Ist aber nicht gerade das der Sinn des Kombilohns (oder auch der neg. Einkommensteuer, die ja auch eine Art Kombilohn ist), dass die Löhne sich frei auf dem Markt entwickeln können? So bekommt jeder Arbeit weil der Lohn soweit sinken kann wie es der Produktivität des Arbeitslosen entspricht. Und wer dann zuwenig zum Leben verdient, bekommt was dazu. Ein Mindestlohn würde diesen Effekt doch wieder zu nichte machen, oder?
 
Ist aber nicht gerade das der Sinn des Kombilohns (oder auch der neg. Einkommensteuer, die ja auch eine Art Kombilohn ist), dass die Löhne sich frei auf dem Markt entwickeln können? So bekommt jeder Arbeit weil der Lohn soweit sinken kann wie es der Produktivität des Arbeitslosen entspricht. Und wer dann zuwenig zum Leben verdient, bekommt was dazu. Ein Mindestlohn würde diesen Effekt doch wieder zu nichte machen, oder?

Ja, zum Teil. Aber irgendwo musst Du bei so einem System eine Untergrenze ziehen. Sonst passiert Dir genau das: die Arbeitgeber zahlen 10 Cent Stundenlohn, den Rest zahlt die Allgemeinheit. Das kann es nicht sein.

Außerdem: wer bestimmt denn wie hoch die Produktivität z.B. einer Putzfrau oder eines Müllwerkers in Geldeinheiten ist? Nochmal das Beispiel aus Sachsen. Da wurde eine Müllabfuhr privatisiert, die Müllwerker verdienten plötzlich nur noch die Hälfte für denselben Job. Ist ihre Produktivität gesunken? Nein, das was die weniger verdienen, fließt jetzt in die Taschen des Unternehmers.
 
Sonst passiert Dir genau das: die Arbeitgeber zahlen 10 Cent Stundenlohn, den Rest zahlt die Allgemeinheit.
Hab ich zunächst auch gedacht. Aber es ist doch so:
Angenommen der Mindestlohn für Putzfrauen betrage 12 Euro.
Bei einem Stundenlohn von 12 Euro werden nur wenige Menschen eine Putzfrau einstellen. Entfällt nun der Mindestlohn und der Staat verpflichtet sich, den Stundenlohn in Zukunft zu ergänzen, so würde jeder versuchen für 10 Cent eine Putzfrau einzustellen. Die könnte sich das auch leisten, weil den Rest der Staat zahlt. Das wäre dann natürlich das von dir angesprochene Problem.

Bei dem Lohn von 10 Cent ist die Nachfrage nach Putzfrauen aber um soviel größer als das Angebot, dass der Stundenlohn wieder hochkonkurriert wird. Er wird natürlich nicht bei 12 Euro landen, aber ganz sicher auch nicht bei 10 Cent. Das ifo Institut schätzt, dass der Lohn für einfache Arbeit um ca. 2/3 fallen würde, wenn 2,3 Millionen gering qualifizierte zusätzlich beschäftigt werden sollen.

[...]Ist ihre Produktivität gesunken? Nein, das was die weniger verdienen, fließt jetzt in die Taschen des Unternehmers.

Erstens wurden sie vorher vermutlich über ihrer Produktivität bezahlt. Ein Sinken des Lohnes könnte also durchaus auch durch ein Anpassen an die tatsächliche Produktivität begründet sein.

Zweitens kann der Unternehmer sich das Geld nur deshalb in die Taschen stecken weil ihm die Kommune ein Monopol sichert.
 
Hab ich zunächst auch gedacht. Aber es ist doch so:
Angenommen der Mindestlohn für Putzfrauen betrage 12 Euro.
Bei einem Stundenlohn von 12 Euro werden nur wenige Menschen eine Putzfrau einstellen. Entfällt nun der Mindestlohn und der Staat verpflichtet sich, den Stundenlohn in Zukunft zu ergänzen, so würde jeder versuchen für 10 Cent eine Putzfrau einzustellen. Die könnte sich das auch leisten, weil den Rest der Staat zahlt. Das wäre dann natürlich das von dir angesprochene Problem.

Bei dem Lohn von 10 Cent ist die Nachfrage nach Putzfrauen aber um soviel größer als das Angebot, dass der Stundenlohn wieder hochkonkurriert wird. Er wird natürlich nicht bei 12 Euro landen, aber ganz sicher auch nicht bei 10 Cent. Das ifo Institut schätzt, dass der Lohn für einfache Arbeit um ca. 2/3 fallen würde, wenn 2,3 Millionen gering qualifizierte zusätzlich beschäftigt werden sollen.

Das klingt überzeugender als Kombi- mit Mindestlöhnen zu kombinieren.

Hm ... oder vielleicht doch nicht ...:

Wie soll das "Hochkonkurrieren" funktionieren?

Nehmen wir die Putzfrauen: Der Lohn liegt bei 10 Cent, die Nachfrage steigt ins Unermessliche. Der Lohn für die Frau wird aufgestockt durch staatliche Transferleistugen auf 12 €.

So, Putzfrau putzt nun in Blankennese für 12 €, davon 11,90 € vom Staat und 10 Cent vom Facharzt für Schönheitsoperationen. Der benachbarte Frauenarzt will auch ne Putzfrau, findet aber keine mehr am Arbeitsmarkt. Er fängt die Putze morgens um 6 ab und bietet ihr 5€. Warum sollte sie wechseln? Bei dem derzeitigen Arbeitgeber weiß sie was sie hat, bei dem andern ist's ungewiss. Was sie aber sicher weiß ist: Egal wo ich arbeite, ich krieg 12 €.

Sie wird erst überlegen, wenn der Frauenarzt 12,10 € bietet. Das ist dem aber zu teuer, sonst hätte er ja heute schon eine Putze.

:confused
 
Wie soll das "Hochkonkurrieren" funktionieren?

Er fängt die Putze morgens um 6 ab und bietet ihr 5€. Warum sollte sie wechseln? Bei dem derzeitigen Arbeitgeber weiß sie was sie hat, bei dem andern ist's ungewiss. Was sie aber sicher weiß ist: Egal wo ich arbeite, ich krieg 12 €.
😕

Richtig. Deshalb müsse das System lt. Prof. Sinn so gestaltet sein dass es einen Zuschuß gibt der vom selbstverdienten Einkommen abhängig ist. Sinn möchte das über eine negative Einkommensteuer machen. In dem Falle würde es sich also für die Putzfrau lohnen zu dem 5 Euro Job zu wechseln, ihre Zuschüße würden dadurch steigen.
 
Richtig. Deshalb müsse das System lt. Prof. Sinn so gestaltet sein dass es einen Zuschuß gibt der vom selbstverdienten Einkommen abhängig ist. Sinn möchte das über eine negative Einkommensteuer machen. In dem Falle würde es sich also für die Putzfrau lohnen zu dem 5 Euro Job zu wechseln, ihre Zuschüße würden dadurch steigen.


Was ich jetzt noch nicht kapiere ist Folgendes:

Genau das System existiert heute schon seit Jahren in der Praxis und heißt AlgII / Hartz IV:

Der Lohn wird aufgestockt auf Sozialhilfeniveau, bei Erwerbseinkommen gibts gestaffelte Freibeträge, wer mehr verdient kann auch mehr behalten. Das geht solange, bis man aus eigener Kraft über dem Sozialhilfeniveau liegt.

Wo ist noch regelungsbedarf, wenn man ein solches System befürwortet?
 
Genau das System existiert heute schon seit Jahren in der Praxis und heißt AlgII / Hartz IV:

Der Lohn wird aufgestockt auf Sozialhilfeniveau, bei Erwerbseinkommen gibts gestaffelte Freibeträge, wer mehr verdient kann auch mehr behalten. Das geht solange, bis man aus eigener Kraft über dem Sozialhilfeniveau liegt.

Wenn ich Prof. Sinn richtig verstanden habe müsste seiner Meinung nach das Sozialhilfeniveau drastisch gesenkt werden und der Zuverdienst komplett beim Betroffenen verbleiben.

Heute darf ein Bezieher von AlgII zwar dazu verdienen, darf von dem Zusatzeinkommen aber nur 100 Euro + 20 % behalten. Und auch ohne Zuverdienst kann er sich ein ganz angenehmes Leben machen.

In Sinns System müsste man auf jeden Fall zusätzlich arbeiten gehen, sonst reichts nicht zum Leben. Wovon er weg möchte ist, dass durch eine relativ hohe Sozialhilfe defacto ein monatlicher Mindestlohn geschaffen wird unter dem niemand arbeiten geht.
 
@OekonomieIstAlles

Mal ein reales Beispiel:

Eine Erzieherin bekommt AlgII. Mit dem Geld kommt sie über die Runden, möchte aber noch ein bisschen was dazu. Daraufhin nimmt Sie zusätzlich einen 400 Euro Job an bei dem sie 5 Tage die Woche jeden Nachmittag für 5 Stunden Kinder betreut. Sie darf von den 400 Euro 100 + 300 *0,2 = 160 Euro behalten. Davon gehen nochmal 40 Euro für eine Monatsfahrkarte ab. bleiben also 120 Euro. Manch einer würde da natürlich schon überlegen, ober er wegen 120 Euro mehr im Monat wirklich jeden Nachmittag von 13 - 18 Uhr auf zwei nervige Kinder aufpassen soll - aber gut, sie macht das.

Jetzt hätte sie die Möglichkeit, vormittags eine weitere 400 Euro Stelle anzunehmen. 5 Stunden täglich, von 8 - 12 Uhr. Von diesen weiteren 400 Euro dürfte sie 400 * 0,2 = 80 Euro behalten.

Sie hat also die Wahl, entweder nur von 13-18 Uhr zu arbeiten, oder wegen 80 Euro im Monat mehr schon morgens um 8 Uhr anzufangen. Den meisten dürfte die Entscheidung da nicht schwer fallen.

Ich hoffe es wurde deutlich, dass das jetzige System nicht wirklich große Anreize bietet zum AlgII noch was dazu zu verdienen.
 
@OekonomieIstAlles

Mal ein reales Beispiel:

Eine Erzieherin bekommt AlgII. Mit dem Geld kommt sie über die Runden, möchte aber noch ein bisschen was dazu. Daraufhin nimmt Sie zusätzlich einen 400 Euro Job an bei dem sie 5 Tage die Woche jeden Nachmittag für 5 Stunden Kinder betreut. Sie darf von den 400 Euro 100 + 300 *0,2 = 160 Euro behalten. Davon gehen nochmal 40 Euro für eine Monatsfahrkarte ab. bleiben also 120 Euro. Manch einer würde da natürlich schon überlegen, ober er wegen 120 Euro mehr im Monat wirklich jeden Nachmittag von 13 - 18 Uhr auf zwei nervige Kinder aufpassen soll - aber gut, sie macht das.

Jetzt hätte sie die Möglichkeit, vormittags eine weitere 400 Euro Stelle anzunehmen. 5 Stunden täglich, von 8 - 12 Uhr. Von diesen weiteren 400 Euro dürfte sie 400 * 0,2 = 80 Euro behalten.

Sie hat also die Wahl, entweder nur von 13-18 Uhr zu arbeiten, oder wegen 80 Euro im Monat mehr schon morgens um 8 Uhr anzufangen. Den meisten dürfte die Entscheidung da nicht schwer fallen.

Ich hoffe es wurde deutlich, dass das jetzige System nicht wirklich große Anreize bietet zum AlgII noch was dazu zu verdienen.

Womit wir das Problem eingegrenzt hätten:

Lässt man alles frei, senkt der AG seinen Lohn entsprechend, lässt man zuwenig frei, hat der AN keinen ausreichenden Anreiz.

Absenkung des SH-Niveaus als solches wird nicht gehen, da sagen meine Erfahrungen, dass das am unteren Limit bereits liegt und rechtsstaatliche eine Senkung nicht machbar ist.

Hat Sinn eine Lösung?
 
Hat Sinn eine Lösung?


Um den Rechtsstaat auszuhebeln? Nicht das ich wüßte.😀

Hab noch dies hier gefunden, da versucht er das Problem wohl zu lösen:

"[...]Verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten, die nicht bei irgendeinem
Einkommensniveau abgeschnitten werden, lassen
sich nur finanzieren, wenn die staatlichen Sozialleistungen
für Personen, die keinerlei Einkommen erzielen, gekürzt
werden
(Element 2). Im ifo-Modell ist sichergestellt, dass diese
Kürzung nur Personen trifft, die zwar regulär arbeiten
könnten, aber zu erkennen geben, dass sie dies nicht wollen.
Die Kommunen werden nämlich verpflichtet, für alle, die
Bedarf zeigen, eine Beschäftigung in kommunaler Regie anzubieten,
die in Höhe des heutigen ALG II entlohnt ist (Element
3). Das sozio-kulturelle Existenzminimum bleibt deshalb
ungeachtet der Reaktionen im regulären Arbeitsmarkt
ausnahmslos gesichert. Für Personen, die Anspruch auf die
Solidarität leistungsfähigerer Mitbürger erheben können, sind
Leistungen auf diesem Niveau in Deutschland sogar verfassungsrechtlich
garantiert. Dieser Anspruch wird im Rahmen
des ifo-Modells voll gewahrt. Er wird lediglich klarer
als bisher an die eigene Arbeitsleistung geknüpft
, die als Gegenleistung
für die staatlichen Hilfen erbracht werden muss.
Nur jenen, denen nachweislich keine kommunale Stelle zur
Verfügung gestellt werden kann, weil die Kommune ihrer Verpflichtung
nicht nachkommt, wird die Unterstützung in Höhe
des heutigen ALG II auch ohne eigene Arbeit gewährt."

Alleine der Satz "Für Personen, die Anspruch auf die
Solidarität leistungsfähigerer Mitbürger erheben können" lässt mich persönlich an Sinns System zweifeln. Wodurch wird der Anspruch auf Solidarität begründet?! Zumindest aber scheint es mir besser geeignet zu sein, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen als das heutige. Das kleinere Übel, so zu sagen. Aber mir gings ja auch nur um die theoretische Funktionalität, nicht darum ob das System wünschenswert ist.
 
Bei dem Lohn von 10 Cent ist die Nachfrage nach Putzfrauen aber um soviel größer als das Angebot, dass der Stundenlohn wieder hochkonkurriert wird. Er wird natürlich nicht bei 12 Euro landen, aber ganz sicher auch nicht bei 10 Cent. Das ifo Institut schätzt, dass der Lohn für einfache Arbeit um ca. 2/3 fallen würde, wenn 2,3 Millionen gering qualifizierte zusätzlich beschäftigt werden sollen.

Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich so funktioniert. Die Amerikaner und Briten werden den Mindestlohn (der ja auch nicht allzu hoch ist) nicht aus Jux und Dollerei eingeführt haben. Das Angebot an gering qualifizierten Arbeitnehmern dürfte dort – ebenso wie hier – sehr groß sein und im Zweifelsfall auch wachsen. Schließlich sind die USA ein Einwanderungsland, und Deutschlan im Endeffekt auch. Es gibt einen Zuzug detschstämmiger aus Osteuropa – und wenn die Beschäftigungsschranken für EU-Neumitglieder fallen, dürfte ein weiterer Zuzug von Menschen ohne deutsche Opas einsetzen.

Es stellt sich weiterhin die Frage, ob es gerecht ist, einem Unternehmen oder einem Zahnarzt die Putzfrau zu subventionieren, die es/er ohnehin beschäftigen müsste...

Erstens wurden sie vorher vermutlich über ihrer Produktivität bezahlt. Ein Sinken des Lohnes könnte also durchaus auch durch ein Anpassen an die tatsächliche Produktivität begründet sein.

Zweitens kann der Unternehmer sich das Geld nur deshalb in die Taschen stecken weil ihm die Kommune ein Monopol sichert.

Zweitens stimmt. Das entscheidende Wort bei erstens ist "vermutlich". Weißt Du das? Deine persönliche Zahlungsbereitschaft für die Dienstleistung Müllabfuhr dürfte steigen, je größer der Müllberg vor Deiner Tür wird... 😀

Sie hat also die Wahl, entweder nur von 13-18 Uhr zu arbeiten, oder wegen 80 Euro im Monat mehr schon morgens um 8 Uhr anzufangen. Den meisten dürfte die Entscheidung da nicht schwer fallen.

Diese ganze Hartz-IV-Situation ist ziemlich abstrus. Ganz ehrlich, ich glaube, Renés Job würde ich nicht machen wollen, egal ob verbeamtet oder angestellt...
 
Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich so funktioniert. Die Amerikaner und Briten werden den Mindestlohn (der ja auch nicht allzu hoch ist) nicht aus Jux und Dollerei eingeführt haben.
Nur weil die das so geregelt haben muss es nicht richtig sein. Hartz IV wurde auch nicht aus "Jux und Dollerei" eingeführt. Auch wenn man das manchmal glauben könnte. Deswegen muss das nicht zwangsläufig richtig sein. Dann würde sich hier jegliche Diskussion erübrigen, denn alles was so schon besteht wäre per Definition richtig.

Es stellt sich weiterhin die Frage, ob es gerecht ist, einem Unternehmen oder einem Zahnarzt die Putzfrau zu subventionieren, die es/er ohnehin beschäftigen müsste...

Es geht hier um Jobs die sonst wegen des Mindestlohns gar nicht erst entstehen weil sie zu teuer sind ohne die Subvention! Ich persönlich finde keinerlei Subvention gerecht.


Zweitens stimmt. Das entscheidende Wort bei erstens ist "vermutlich". Weißt Du das?
Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass die Lohnsenkung nicht nur durch das sinken der Produktivität begründet werden kann. Es gibt eben auch andere Möglichkeiten (wie die von mir genannte). Welche in diesem Fall vorliegt können wir beide nicht beurteilen, es sei denn Dir liegen konkrete Zahlen des Unternehmens vor.
Deine persönliche Zahlungsbereitschaft für die Dienstleistung Müllabfuhr dürfte steigen, je größer der Müllberg vor Deiner Tür wird... 😀

Richtig. Und ab einem bestimmten Betrag finde ich auf einem freien Markt jemand anderen der meinen Müll entsorgt. Und dieser Betrag liegt mit Sicherheit unter den Kosten die heute dank staatlicher Versorgung bezahlt werden.
 
Nur weil die das so geregelt haben muss es nicht richtig sein.

Muss nicht, kann aber. Wenn die negative Einkommenssteuer ohne Mindestlohn funktioniert, umso besser. Wenn nicht, dann muss so ein Instrument aber her.

Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass die Lohnsenkung nicht nur durch das sinken der Produktivität begründet werden kann.

Da hast Du mich glaube ich mißverstanden. Denn die Produktivität der Müllwerker ist ja gerade NICHT gesunken (nur ihr Lohn). Die Leute machen denselben Job wie vorher.

Es ging mir um die Frage: wie mißt man den Wert einer Dienstleistung in Geldeinheiten? Dann kannst Du natürlich zu dem Ergebnis kommen: diese Arbeit ist 2000 Euro/Monat wert oder auch nur 1000.Warum bekommt eine Krankenschwester mit viel Verantwortung für das Wohlergehen eines Patienten so viel weniger als ein VWL-Prof., der sich mit ökonomischer Theorie der Politik beschäftigt? Ist der Wert der Arbeit des Profs höher als der der Krankenschwester? Und wie bestimmt sich das?
 
Da hast Du mich glaube ich mißverstanden. Denn die Produktivität der Müllwerker ist ja gerade NICHT gesunken (nur ihr Lohn). Die Leute machen denselben Job wie vorher.
Nein, hab Dich glaube ich nicht falsch verstanden. Du hast geschrieben: "die Müllwerker verdienten plötzlich nur noch die Hälfte für denselben Job." Und fragst: "Ist ihre Produktivität gesunken?"

Deine Aussage impliziert doch dass die einzig vernünftige Erklärung dafür, ausser dass der Unternehmer sich bereichert, sei, dass die Produktivität gesunken ist. Und ich habe daraufhin darauf hingewiesen, dass es eben nicht die einzige Möglichkeit ist, sonder dass evtl. vorher, da öffentlich finanziert, mehr bezahlt wurde als die Produktivität dies eigentlich rechtfertigt. Der Grund läge dann also weder in einer Senkung der Produktivität noch in der Bereicherung des Unternehmers, sondern in einer Anpassung der Löhne an die tatsächliche Produktivität der Müllarbeiter.

Es ging mir um die Frage: wie mißt man den Wert einer Dienstleistung in Geldeinheiten?

Bin mir nicht ganz sicher, aber ich würde es mal so versuchen:

Der Unternehmer bekommt vom Kunden pro entsorgtem Müllsack 3 Euro. Die Kosten des Unternehmers inkl. Unternehmerlohn aber ohne den Lohn des Arbeiters betragen 2 Euro pro Müllsack. In einer Stunde kann ein Arbeiter 10 Müllsäcke entsorgen.
Dann wäre die Produktivität: (3 - 2) *10 = 10 Euro/Stunde


Ist der Wert der Arbeit des Profs höher als der der Krankenschwester? Und wie bestimmt sich das?

Über den "Wert" der Arbeit im nicht monetären Sinne kann ich kein allgemeingültiges Urteil fällen. Das kann jeder anders sehen. Fest steht aber, dass die Anzahl der Menschen, die die Qualifikation zur Krankenschwester haben bei weitem die Zahl derer mit Qualifikation für den Job als Professor übersteigt. Natürlich ist auch die Nachfrage nach Professoren nicht so groß wie die nach Krankenschwestern. Aber das Angebot/Nachfrage Verhältnis dürfte für den Professor eindeutig günstiger sein. In dem Moment, in dem alle Krankenschwestern auf einmal qualifiziert sind für eine Professorenstelle wird die Entlohnung eines Professors sich der einer Krankenschwester angleichen. (Ein flexibler Lohn vorausgesetzt)
 
.... wenn die staatlichen Sozialleistungen
für Personen, die keinerlei Einkommen erzielen, gekürzt
werden (Element 2). Im ifo-Modell ist sichergestellt, dass diese
Kürzung nur Personen trifft, die zwar regulär arbeiten
könnten, aber zu erkennen geben, dass sie dies nicht wollen.
Die Kommunen werden nämlich verpflichtet, für alle, die
Bedarf zeigen, eine Beschäftigung in kommunaler Regie anzubieten,
die in Höhe des heutigen ALG II entlohnt ist (Element
3). ....

Nun ja, da gilt es zweierlei zu bedenken:

1.
Auf welches Niveau soll gesenkt werden. Man bedenke, derzeit liegt AlgII bei mtl. 345 € für einen Alleinstehenden bzw. 622 € für ein Paar. Das ist alles drin, außer Kaltmiete, Betriebskosten und Heizung. Also Strom, Telefon, jeglicher Lebensunterhalt, Kleidung, Zuzahlungen Arzt und Apotheke usw. Wie weit kann man noch runter?

Zum Einen prüft sowieso schon das BVerfG, ob das noch angemessen ist. Meine persönliche Einschätzung aus der Praxis ist, dass allenfalls noch 20-30 € runter können, darunter gibt's ne Revolution oder massive Umgehung durch Schwarzarbeit und Kriminalität.

2.
Sinn will das mit kommunalen Beschäftigungsgarantien kombinieren, um die Arbeitswilligkeit zu testen. Das ist ok. Allerdings müssen diese Beschäftigungen arbeitsmarktneutral sein, um nicht reguläre Arbeitsplätze zu verdrängen. So, dann muss man aber überlegen, was die denn machen sollen. Hab grad das ZEIT-Dossier über Berlin-Marzahn gelesen. Da gibt 1-€-Jobber, deren Aufgabe es ist, anderen bei der Beantragung von AlgII zu helfen. Das ist pervers, irgendwie! Arbeitsprojekte, die Sinn vorschweben, würden ein Riesenausmaß annehmen. Sollen die Leute Gräben graben und die nächste Truppe schippt sie wieder zu? Auch das gibt Revolution.

Je länger ich drüber nachdenke, um so unschlüssiger wird mir dieses Konzept, obwohl Sinn durchaus meine Sympatie genießt (oder genießen könnte, wenn er von ihr wüsste...😀 ).

Mal nen anderer Hinweis:
Ich les' grad Hernondo de Soto "Freiheit für das Kapital". Da geht es ja um den Ansatz, dass unterentwickelte Länder deshalb hinterherhinken, weil ihnen eine funktionierendes Rechtsystem zur Absicherung von Eigentum fehlt. Unabhängig von den Einzelheiten dieses Entwicklungsansatzes fand ich eine interessante allgemeine These, die sich auch auf unser Thema hier übertragen lässt:

De Soto spitzt seine Erkenntnisse auf die These zu, dass sich die Gesetze an die lebensgewohnheiten der Menschen in der aktuellen Gesellschaft anpassen müssen! Das ist deswegen interessant, weil wir wohl intuitiv sagen würden, dass es eigentlich andersrum sein muss.

Bei ihm geht das darum, dass bspw. wegen fehlender Gfunktionierender rundbücher Menschen in Entwicklungsländern ihre eigenen Wege finden, Eigentum und Immobilien zu schaffen und abzusichern. Er nennt das die extralegalen Wege. Nun ist in der Regel das Bestreben des Staates, sowas zu unterbinden und die Menschen mit Strafen zu zwingen, nach den - zwar bestehenden aber in der Praxis nicht funktionierenden - Gesetze zu handeln.

Er zeigt im Folgenden an Hand des vor- bzw. anfangsindustriellen Englands, dass dieser Weg solange scheitert, bis de staat seine Vorschriften an die Gewohnheiten der Menschen angepasst hat - und nicht umgekehrt!!

Was heißt das jetzt für unser Problem mit AlgII / Sozialhilfe / Schwarzarbeit / Mindestlohn??
 
Wow..hier ist ja heiß diskutiert worden..!

hier gibts das Konzept von Sinn übrigens nochmals in Kurzform

https://www.cesifo-group.de/portal/...ad=portal&_schema=PORTAL&item_link=stp071.htm

@René: zu Punkt 1(Flucht in die Schwarzarbeit). Das ist doch heute schon gang und gebe. Bezahl doch mal nen Handwerker heute. Das machen die Leutz doch alles selbst bzw. eben schwarz. Warum ist das so? Weil handwerkliche Berufe eben stark "arbeitsintensiv" ergo "teuer" sind, was wiederum mit hohen Lohnnebenkosten zusammenhängt(der ganze Rattenschwanz also). Branchen die eher kapitalintensiv sind, haben das Sagen. Von daher könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass es genügend Arbeitsplätze gibt, wenn nur mal die Lohnkosten sinken würden. Auch Mitarbeiter, die vielleicht ein Unternehmer vielleicht schon gedanklich längst eingestellt hätte, aber aufgrund von zu hohen Kosten bzw. Kündigungsschutz(ist aber wieder n anderes Thema) einfach nicht rentabel waren, würden sich dann wieder rentieren.
 
@René: zu Punkt 1(Flucht in die Schwarzarbeit). Das ist doch heute schon gang und gebe. Bezahl doch mal nen Handwerker heute. Das machen die Leutz doch alles selbst bzw. eben schwarz.

Das ist sozusagen die Nachfrageseite, ich hatte jetzt mal die Angebotsseite angesprochen:

Ich gab zu bedenken, dass bei weiterer Kürzung des AlgII die Menschen sich genötigt sähen, Schwarzarbeit anzubieten. Mit Schwarzarbeit meine ich in diesem Kontext alle Einkommen, die nicht der AlgII-Behörde angegeben werden un daher neben den sozialleitungen bezogen werden. Das muss nicht unbedingt "SChwarzarbeit" im klassischen Sinne sein.

Mit unter 300 € Monatseinkommen ist kein menschenwürdiges leben in Deutschland denkbar (freiwillig Ja, das zeigen viele Praktikanten und Alternative - aber nicht zwangsweise durch stattliche Entscheidung).
 
Das ist sozusagen die Nachfrageseite, ich hatte jetzt mal die Angebotsseite angesprochen:

Ich gab zu bedenken, dass bei weiterer Kürzung des AlgII die Menschen sich genötigt sähen, Schwarzarbeit anzubieten.

ja...und genau das ist doch heute schon gängig. Meinst du etwa, dass jeder, der heute arbeitslos ist, den ganzen Tag zu Hause sitzt?

Es gibt übrigens "Experten"schätzungen, die davon ausgehen, dass auf dem Schwarzmarkt zwischen 3 und 6 Millionen(große Spanne ich weiß, jeder sieht das wohl anders..) Menschen mittlerweile beschäftigt werden. So ne kleine freie Marktwirtschaft sozusagen
 
ja...und genau das ist doch heute schon gängig. Meinst du etwa, dass jeder, der heute arbeitslos ist, den ganzen Tag zu Hause sitzt?

Weiß ich wohl - u.a. aus meiner täglichen Praxis. Allerdings sehe ich ja auch, dass viele der Kunden sagen, man kommt ganz gut aus, den Stress mit schwarzarbeiten tu ich mir nicht an. Das wird sich ändern, wenn man den Satz noch weiter runterschraubt.
 
Ich bin immer noch ein kleines bißchen erstaunt, dass die libaral-libertäre Fraktion hier so leidenschaftlich für eine Subvention (Kombilohn) plädiert 😀 😀

Der Kollege Sinn ist nicht der einzige, der sich zu diesem Thema Gedanken gemacht hat, und er muss ja mit seinen Arbeiten auch nicht unbedingt Recht haben (hat er ja bei anderen Themen auch nicht.)

Ich glaube aus drei Gründen nicht, dass sein Konzept funktioniert:
Erstens wird der Markt nicht verhindern, dass Löhne von 10 Cent bezahlt werden.
Zweitens werden – wie René zurecht angemerkt hat – deutsche Gerichte eine weitere Senkung des Unterstützungssatzes verhindern.
Drittens gibt es für eine solche Maßnahme keine demokratischen Mehrheiten, weil sie dem Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen entgegenlaufen.
 
Wir diskutieren doch nur darüber und plädieren nicht leidenschaftlich für irgendwas 🙂 😉 ! Außerdem will ich den Staat ja gar nicht abschaffen 😀
Du wirst wohl recht haben, dass es hierfür keine demokratischen Mehrheiten gibt. Allerdings sehe ich keine Gerechtigkeit im jetzigen System. Wieso sollte jemand von der Allgemeinheit(ein gesunder Mensch wohlgemerkt) finanziert werden und keine Gegenleistung erbringen?
 
Ich bin immer noch ein kleines bißchen erstaunt, dass die libaral-libertäre Fraktion hier so leidenschaftlich für eine Subvention (Kombilohn) plädiert 😀 😀

Es geht lediglich darum, ob die Ziele, die Sinn mit dem System erreichen möchte, auf diesem Wege überhaupt erreichbar sind. Und selbst wenn ich sage, dass sein System im Ganzen funktioniert (was ich nicht getan habe!), heißt das noch lange nicht, das ich überhaupt mit den erklärten Zielen einverstanden bin.
Der Kollege Sinn ist nicht der einzige, der sich zu diesem Thema Gedanken gemacht hat,

Er schreibt selbst in einer seiner Veröffentlichungen, das andere Wissenschaftler ähnliche Systeme entwickelt haben und das man ebenso diese verwenden könnne.

und er muss ja mit seinen Arbeiten auch nicht unbedingt Recht haben
Stimmt.

(hat er ja bei anderen Themen auch nicht.)

weiß ich nicht, kann aber natürlich sein.

Erstens wird der Markt nicht verhindern, dass Löhne von 10 Cent bezahlt werden.
Wieso nicht?
Zweitens werden – wie René zurecht angemerkt hat – deutsche Gerichte eine weitere Senkung des Unterstützungssatzes verhindern.
Drittens gibt es für eine solche Maßnahme keine demokratischen Mehrheiten, weil sie dem Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen entgegenlaufen.

hat beides nichts damit zu tun ob es theoretisch funktionieren würde. Aber es stimmt natürlich. Und was mich dabei immer wundert ist, dass die Wähler allem Anschein nicht unterscheiden können zwischen dem was schön wäre und dem was machbar ist. Es ist ja nicht so, dass ich es toll finde den Beziehern von AlgII das Geld zu kürzen. Aber so wie unsere Staatsfinanzen aussehen scheint es eben notwendig zu sein.
 
Erstens wird der Markt nicht verhindern, dass Löhne von 10 Cent bezahlt werden.


Weil das Arbeitsangebot von gering qualifizierten Arbeitskräften wächst. Hier durch den Zuzug aus Osteuropa (sobald die protektionistischen Übergangsregeln auslaufen), in den USA durch Zuwanderung aus Mexiko. (Die ist zwar größtenteils illegal, doch die Kinder dieser Illegalen sind amerikanische Staatsbürger.)
 
Weil das Arbeitsangebot von gering qualifizierten Arbeitskräften wächst.

Richtig. Trotzdem wird ab einem bestimmten Preis die Nachfrage nach gering qualifizierten das Angebot übersteigen. Die Frage ist natürlich wo dieser Preis liegen würde. Und ich bin mir sicher, dass er über 10 Cent pro Stunde liegen würde. Es ist aber auch keine Frage, dass er in den meisten Fällen unter dem Niveau liegen würde, welches vom Gesetzgeber als zumutbares Minimum angesehen wird. Deshalb muss, solange keine Gesezesänderung vorgenommen wird, ein Zuschuß gezahlt werden. Und auch wenn mein Endziel ein anderes ist, so bevorzuge ich doch eine Sozialhilfe die eigenen Einsatz fordert gegenüber der, die einfach so fürs Nichtstun gezahlt wird. Und wenn dann ein ehemaliger Manager im Park Müll aufsammeln muss, dann ist das natürlich für ihn persönllich eine unglaubliche Demütigung. Und natürlich soll der Mann das Recht haben zu sagen: "diese Arbeit ist unter meiner Würde, das mach ich nicht." Aber dann hat er auch keinen Anspruch auf Unterstützung!
 
Und auch wenn mein Endziel ein anderes ist, so bevorzuge ich doch eine Sozialhilfe die eigenen Einsatz fordert gegenüber der, die einfach so fürs Nichtstun gezahlt wird. Und wenn dann ein ehemaliger Manager im Park Müll aufsammeln muss, dann ist das natürlich für ihn persönllich eine unglaubliche Demütigung. Und natürlich soll der Mann das Recht haben zu sagen: "diese Arbeit ist unter meiner Würde, das mach ich nicht." Aber dann hat er auch keinen Anspruch auf Unterstützung!

Ja, aber für dieses Ziel brauchst Du keinen Kombilohn. Das Institut zur Zukunft der Arbeit aus dem schönen Bonn etwa schlägt vor, dass Hartz IV nur dann ausbezahlt wird, wenn der Empfänger dafür einer gemeinnützigen Tätigkeit nachgeht: für die Leistung soll also in jedem Falle (!) eine Gegenleitung erfolgen. Hintergrund: Dann lohnt es sich für die Betreffenden auch, eine nur geringfügig besser bezahlte Tätigkeit aufzunehmen – weil arbeiten muss er ja sowieso. Das IZA schätzt, dass so kurzfristig 800.000 Jobs entstehen.
 
[...] für die Leistung soll also in jedem Falle (!) eine Gegenleitung erfolgen.

Aber auch das ist doch in der Praxis gar nicht möglich. Wenn per Verfassung garantiert ist, dass einem Menschen in jedem Fall ein besimmtes Minimum gezahlt werden muss, wie soll dann Zwang ausgeübt werden? Mann kann die Leute ja schlecht von der Polizei abholen lassen und mit vorgehaltener Pistole zur Arbeit zwingen. Oder wie stellt das IZA sich das vor?

Prof. Sinn schreibt ja, dass die Herabsenkung des garantierten Minimums unabdingbare Voraussetzung für das funktionieren seines Modells ist! Ansonsten bringt auch der Kombilohn nichts.

Wenn diese Herabsenkung aus juristischen Gründen nicht möglich ist (weiß ich nicht, kenn ich mich nicht mit aus), dann können sowohl alle Kombilohnmodelle als auch das des IZA direkt in die Mülltonne wandern.
 
De Soto spitzt seine Erkenntnisse auf die These zu, dass sich die Gesetze an die lebensgewohnheiten der Menschen in der aktuellen Gesellschaft anpassen müssen! Das ist deswegen interessant, weil wir wohl intuitiv sagen würden, dass es eigentlich andersrum sein muss.
[...]
Er zeigt im Folgenden an Hand des vor- bzw. anfangsindustriellen Englands, dass dieser Weg solange scheitert, bis de staat seine Vorschriften an die Gewohnheiten der Menschen angepasst hat - und nicht umgekehrt!!

Was heißt das jetzt für unser Problem mit AlgII / Sozialhilfe / Schwarzarbeit / Mindestlohn??

Das Buch klingt interessant, werd mal versuchen das hier in der Bücherei zu bekommen. Aber ich kann dir nicht ganz folgen - was hat das mit AlgII etc. zu tun?
 
Ich bin immer noch ein kleines bißchen erstaunt, dass die libaral-libertäre Fraktion hier so leidenschaftlich für eine Subvention (Kombilohn) plädiert 😀 😀

Wir sind halt flexibel: Während wir mit dem bestehenden System in Frieden leben und so tun, als sei es reformierbar, unterhöhlen wir es parallel dazu subversiv im Untergrund und im Falle eines völligen Zusammenbruchs gleich mit der Alternative abwarten zu können!😎

Alles klar?😛
 
Das Buch klingt interessant, werd mal versuchen das hier in der Bücherei zu bekommen. Aber ich kann dir nicht ganz folgen - was hat das mit AlgII etc. zu tun?

Folgendermaßen:

Ich arbeite in der Rechtsstelle des Sozialamtes. Meine Arbeit besteht zu 80% darin, mich mit Leuten im Widerspruchsverfahren oder vor den gerichten um ihre Ansprüche auf Sozialhilfe zu streiten. Dabei geht es wiederum mehrheitlich darum, ihnen verschwiegene Einkünfte nachzuweisen oder ihnen klar zu machen, dass sie nicht mehr Geld brauchen bzw. bekommen können, als im Gesetz steht.

Nun habe ich bei der Lektüre von de Soto festgestellt, dass die von ihm kritisierten Zustände meine tägliche Arbeit sind - auf etwas allgemeinerer Ebene:

Ich versuche Menschen klar zu machen, dass sie sich den gesetzen anzupassen haben! De Soto sagt aber, dass daslangfristig noch nirgendwo funktioniert hat. Letztlich führt das immer dazu, dass die Gesetze den Menschen angepasst werden.

Der Gedanke treibt mich im Moment ein bisschen um.
 
Ich versuche Menschen klar zu machen, dass sie sich den gesetzen anzupassen haben! De Soto sagt aber, dass daslangfristig noch nirgendwo funktioniert hat. Letztlich führt das immer dazu, dass die Gesetze den Menschen angepasst werden.

Soweit klar. Und de Sotos Gedanke klingt auch plausibel. Aber welchen Schluß müsste man daraus ziehen? Auf die Sozialhilfe übertragen ist Schwarzarbeit der extralegale Weg, oder? Nach de Sato müsste man also das Hinzuverdienen ohne Anrechnung auf die Sozialhilfe ermöglichen. Was denkst Du?
 
Soweit klar. Und de Sotos Gedanke klingt auch plausibel. Aber welchen Schluß müsste man daraus ziehen? Auf die Sozialhilfe übertragen ist Schwarzarbeit der extralegale Weg, oder? Nach de Sato müsste man also das Hinzuverdienen ohne Anrechnung auf die Sozialhilfe ermöglichen. Was denkst Du?

Vielleicht muss man das noch etwas übergeordneter sehen:

Wir versuchen, Menschen in ein System hineinzupressen, sie drängen hinaus oder dessen Grenzen zu sprengen.

Vielleicht ist das Grundeinkommensmodell eine Lösung in diese Richtung: Jeder bekommt 1000 € monatlich und geht damit seinen Weg. Keine Voraussetzungen keine Prüfungen, aber auch keine Extrawünsche, keine Widersprüche und Klagen.

Guckst du hier:

https://www.grundeinkommen.info/

Könnte wir gleich wieder nen neuen Thread aufmachen, was makroökonomisch passiert, wenn das System eingeführt würde.

... Ich muss aber jetzt mal nen paar Seiten an meiner Seminararbeit schreiben ....

Man kommt hier ja vor lauter Denken gar nicht mehr zum Handeln!
 
Was'n jetzt los? Wer hat die ganzen Beiträge verschoben?

Ich finde nicht, dass die hier hin gehören. Wenn schon, dann richtig in die VWL-Ecke aber nicht zur Knochenmarkspende und Spaghettirezepten....🙁

.. na - egal .....
 
Von dem Grundeinkommensmodell habe ich auch schon mal was gehört. Viele Ökonomen forcieren das denke ich aber mal nicht, sondern eher Soziologen, Philosophen
(denke ich zumindest 😉 ). Erstens mal wird ausgeblendet, warum es keine Arbeitsplätze gibt(zu hohe Kosten des Faktors, Arbeitsmarkt ist zum Bürokratiedschungel geworden; siehe hier auch das "Gängelband 2006" 😀 https://www.make-love-not-law.de/).

Ich weiß nicht genau, welche Prämissen man nun erfüllen muss, um die 1000Euro zu erhalten. Muss man eine Gegenleistung erbringen?

Aber egal...die 1000Euro würden ökonomisch betrachtet auf jeden Fall einen Mindestlohn darstellen. Wenn ich 1000Euro sowieso bekomme, wieso sollte ich nen Job für 1000Euro annehmen? Und nach Abzug sämtlicher Abgaben(aus welchen dieses Grundeinkommen übrigens wiederum finanziert wird), bleibt bei vielen eben nicht viel mehr über.

Es wäre auch gesellschaftlich ungerecht, wenn jemand für "nix tun" 1000Euro bekäme und irgendein MC-Donald-Verkäufer für 8h in der ekligen Fettluft nur unwesentlich mehr(und der muss dann auch noch diejenigen, die das Grundeinkommen beziehen mitfinanzieren). Ich schätze auch, dass eventuell dann plötzlich jeder auf einmal urplötzlich arbeitslos werden würde, der im moment einen relativ niedrig bezahlten Job hat. Die Leute sind nicht dumm. Folge wäre noch weniger Beschäftigung und eine nicht möglich Finanzierbarkeit des Systems.
 
@Rene: müsstest du nicht ein erklärter Gegner eines solchen MOdells sein? Immerhin möchtest du ja den Staat "abschaffen" bzw. dafür eintreten, dass er sich soweit als möglich aus dem Leben der Bürger zurückhält!
 
Ich hatte ja drüben in einem der andren Threads schon gesagt, dass wir als Libertäre zweigleisig fahren müssen.....😀

Zum Grundeinkommen:

Ne Menge Ökonomen sind dafür. brand eins hat das vor einiger Zeit forciert, die FDP hat das im Programm und auf der Seite findest Du auch ökonomische Stimmen.

Witz an dem GE ist ja, dass es alle bekomen, die es beantragen, keine Voraussetzungen!!

Wenn man nun rechnet, dass 80 Mio. Einwohner je ca. 800 - 1000 € GE bekommen, dann kommt man in etwa auf die Summe, die unsere heutigen Sozialsystem kosten.

Gegenrechnen kann man noch die Bürokratieeinsparungen. Mit dem Geld kannst Du machen, was Du willst. Weiter arbeiten, gegen Krankheit versichern, Urlaub machen, verschenken - Sch... egal.

Einzige ökonomische Hürde für mich im Moment wäre:

Was macht ein solches GE it dem Preisniveau? Muss man befürchten, dass das rux-flux eingepreist wird und damit verschwunden ist?

Ich hatte leider noch keine Zeit, mich intensiv mit den ökonomischen Antworten auf diese Frage zu beschäftigen.
 
Hm...ok! Wenn es ALLE bekommen, könnte das schon wieder anders aussehen. Zumindest gibt es von der Seite her schon mal keine Ungerechtigkeiten! Aber im Endeffekt bekommen es ja doch nicht ALLE gleich! Denn höhere Einkommen werden ja auch höher besteuert, zahlen ergo auch mehr in den Topf(zumindest sollte es so sein...), während andere eben nicht in den Topf bezahlen. Aber gut...!

Gefahr besteht dennoch, dass viele Leute sagen, 1000Euro reichen mir und ich arbeite ein bissel "nebenbei". Dann könnte das System schon bald nicht mehr finanzierbar sein.

wie ist das mit Krankenversicherung? Muss die noch zusätzlich bezahlt werden?
 
Gefahr besteht dennoch, dass viele Leute sagen, 1000Euro reichen mir und ich arbeite ein bissel "nebenbei". Dann könnte das System schon bald nicht mehr finanzierbar sein.

Das Soll ja einer der Effekte sein:

man muss nicht mehr arbeiten, um zu leben - zumindest nicht voll. So kann man auch mal das machen, was man will, und wenn's unentgeltlich ist.

Die Befürworter verkaufen das unter dem Motto: "Wir können es uns heute leisten, nicht mehr voll zu arbeiten!" Vollbeschäftigung nach Lord Beverage ist nicht mehr aktuell!
 
Verzeih meine Unwissenheit! Wer ist Lord Beverage 😕 😀 !

Mit persönlich ist die Aussage, Vollbeschäftigung ist nicht mehr möglich, zu platt und unfundiert.
Außerdem kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das insgesamt funktionieren sollte. 1000Euro Taschengeld für meine Hobbies finde ich nicht übel muss ich sagen. Ob da die Bankschalterangestellte, die z.B. nur halbtags arbeitet und 600Euros netto mit heimbringt noch viel Lust hat(ám Beispiel meiner Mutter, welcher ca. 50% vom Staat abgezwackt werden; schlechte Steuerklasse und so...)? Insbesondere Jobs im niedrigen und mittlerem Qualifikationsniveau wären ziemlich bedroht.

Dieses System würde wohl an anderer Stelle wieder Ungerechtigkeiten schaffen, die es ja eigentlich beseitigen wollte.
 
verzeih meine Unwissenheit! Wer ist Lord Beverage 😕 😀 !

Mit persönlich ist die Aussage, Vollbeschäftigung ist nicht mehr möglich, zu platt und unfundiert.
Außerdem kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das insgesamt funktionieren sollte. 1000Euro Taschengeld für meine Hobbies finde ich nicht übel muss ich sagen. Ob da die Bankschalterangestellte, die z.B. nur halbtags arbeitet und 600Euros netto mit heimbringt noch viel Lust hat(ám Beispiel meiner Mutter, welcher ca. 50% vom Staat abgezwackt werden; schlechte Steuerklasse und so...)? Insbesondere Jobs im niedrigen und mittlerem Qualifikationsniveau wären ziemlich bedroht.

Dieses System würde wohl an anderer Stelle wieder Ungerechtigkeiten schaffen, die es ja eigentlich beseitigen wollte.

Lord Beverage ist der, der als erster gemeint hat, dass Vollbeschäftigung dann erreicht sei, wenn ca. 95% alle arbeitswilligen und -fähigen einen Job haben. Sozusagen der erste, der sone Art strukturelle Arbeitslosigkeit als systembedingt festgeschrieben hat.

Ich meinte mit meinen Worten auch nicht, dass ich auch keine Vollbeschäftigung für möglich halte. Ist halt die Meinung derer, die das GE befürworten.

Mit den Ungerechtigkeiten ist sone Sache: Wir kommen um die Frage nicht herum - Was ist gerecht/ungerecht?

Ist es gerecht, wenn alle das Gleiche (1000 €) bekommen? Irgendwie schon, oder?

Was heute unter den NAmen der "ausgleichenden Gerechtigkeit" läuft, ist ne Menge Arbeit für nix (siehe meinen Job)! Während man an der einen stelle meint, eine Ungerechigkeit behoben zu haben, reiß man sie an anderer Stelle genau dadurch wieder auf (siehe das Steuersystem mit den vielen Freibeträgen für irgendwas).
 
Arbeitsprojekte, die Sinn vorschweben, würden ein Riesenausmaß annehmen. Sollen die Leute Gräben graben und die nächste Truppe schippt sie wieder zu? Auch das gibt Revolution.

Je länger ich drüber nachdenke, um so unschlüssiger wird mir dieses Konzept, obwohl Sinn durchaus meine Sympatie genießt (oder genießen könnte, wenn er von ihr wüsste...😀 ).

Wenn da ein bißchen Phantasie hat, lassen sich bestimmt sinnvolle Projekte finden. Warum sollen die Leute nicht z.B. (!) ihre Wohngegend verschönern. Bäume pflanzen, Spielplätze und Parks anlegen, sich um ältere Nachbarn kümmern usw. Das hätte auch den Effekt, dass den Leuten der Zustand ihres Viertels nicht mehr egal ist.

Wird dadurch reguläre Arbeit verdrängt? Nein, denn diese Arbeiten wären nie in Auftrag gegeben worden.
 
Aber auch das ist doch in der Praxis gar nicht möglich. Wenn per Verfassung garantiert ist, dass einem Menschen in jedem Fall ein besimmtes Minimum gezahlt werden muss, wie soll dann Zwang ausgeübt werden? Mann kann die Leute ja schlecht von der Polizei abholen lassen und mit vorgehaltener Pistole zur Arbeit zwingen. Oder wie stellt das IZA sich das vor?

Da gibt es ja auch jetzt schon Druckmittel, z.B. die Kürzung der Ansprüche.
 
Da gibt es ja auch jetzt schon Druckmittel, z.B. die Kürzung der Ansprüche.


Wie jetzt? Also entweder ist eine bestimmte Summe Verfassungsmäßig garantiert oder nicht. Wie gesagt, ich kenn mich da nicht aus. Wurde hier aber als Argument angeführt, warum eine Kürzung bzw. vollkommenes Streichen der Grundleistung nicht möglich sei.

Gruß,
Florian
 
Wie jetzt? Also entweder ist eine bestimmte Summe Verfassungsmäßig garantiert oder nicht. Wie gesagt, ich kenn mich da nicht aus. Wurde hier aber als Argument angeführt, warum eine Kürzung bzw. vollkommenes Streichen der Grundleistung nicht möglich sei.

Im GG steht nirgendwo: Jemand hat das Recht auf soundsoviel Geld. Aber die Gerichte legen in der Praxis die Versorgungs-Verpflichtungen des Staates ziemlich großzügig aus, weswegen die Behörden relativ viele Prozesse gegen klagende Transferleistungs-Empfänger verlieren (nur René natürlich nicht 😀 😀 )

In den letzten Wochen haben ehemalige Verfassungsrichter in Interviews geäußert, dass sie bei Hartz IV die Untergrenze des verfassungsmäßigen erreicht sehen.

So, jetzt ist es aber noch ein Unterschied, ob man den Regelsatz kräftig senkt, so wie Sinn das vorschlägt, oder ob man den Regelsatz belässt und ihn nur vorübergehend als Sanktion für Unwillige senkt. Dies ist auch in der jetzigen Praxis schon möglich.
 
Ok, das ist dann was anderes. Aber wie sieht es aus, wenn derjenige sich dauerhaft weigert? Kann ihm dann auch auf Dauer das Geld gekürzt werden?
 
Ist die Frage, wie lange Du das durchhälst, mit wenig Geld. Ich glaube durchprozessiert ist das noch nicht, weil die Ämter die Sanktion zurzeit nur selten aussprechen.
 
Wenn da ein bißchen Phantasie hat, lassen sich bestimmt sinnvolle Projekte finden. Warum sollen die Leute nicht z.B. (!) ihre Wohngegend verschönern. Bäume pflanzen, Spielplätze und Parks anlegen, sich um ältere Nachbarn kümmern usw. Das hätte auch den Effekt, dass den Leuten der Zustand ihres Viertels nicht mehr egal ist.

Wird dadurch reguläre Arbeit verdrängt? Nein, denn diese Arbeiten wären nie in Auftrag gegeben worden.

Warum sollte den Leuten das Wohnviertel nicht egal sein? Wenn sie zur Arbeit gezwungen werden fördert das nicht gerade due freude am Arbeiten....

Der Verdrängungseffekt ist heute schon ein Riesenthema. Ganz schwierig in de Praxis die grenze zu ziehen.
 
Ok, das ist dann was anderes. Aber wie sieht es aus, wenn derjenige sich dauerhaft weigert? Kann ihm dann auch auf Dauer das Geld gekürzt werden?

Ist die Frage, wie lange Du das durchhälst, mit wenig Geld. Ich glaube durchprozessiert ist das noch nicht, weil die Ämter die Sanktion zurzeit nur selten aussprechen.

Man kürzt in der Regel vorübergehend auf das so genannte Unerlässliche. das sind 30% unter den 345 €. Es ist aber klar, dass man langfristig damit nicht hinkommen kann.

Deshalb schlussfolgern wir umgekehrt auch, wer dauerhaft weniger hat muss noch ne Schwarzarbeit haben, weils sonst nicht reicht.

(btw: Dirk - wieso sagst du nix zur Mehrwertsteuerdiskussion?)
 
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