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Bend
Vertragsrecht (Fall)
Vertragsrecht
Bitte lesen: §§ 2, 106, 107, 108, 109, 110, 130, 131 BGB
Dem Gesellen G fällt am Freitag um 9 Uhr ein, dass er vergessen hat, seinen Lottoschein abzugeben. Da er selbst vor Schließung der Annahmestelle keine Gelegenheit dazu haben wird, bietet er dem 16jährigen Auszubildenden A 5€ dafür, dass er den Lottoschein für ihn zur Annahmestelle bringt. A verspricht, den Auftrag in seiner Mittagspause auszuführen. Als er nach einem hastigen Mittagsessen gegen Ende der Mittagspause bei dem ungeduldigen G erscheint, händigt dieser den Lottoschein gerade dem 19jährigen B aus. Dem A erklärt G, er habe nicht mehr mit seinem Erscheinen gerechnet und betraue auch lieber den älteren B mit dieser Aufgabe. A, der nach der ganzen Hetze wenigstens die 5 € verdienen will, besteht darauf, den Lottoschein selbst zur Annahmestelle zu bringen. Der verärgerte G hält dem entgegen, dass ihre Vereinbarung vom Vormittig wegen der Minderjährigkeit des A ohnehin unwirksam ist.
Hat A gegen G einen Anspruch auf Vergütung in Höhe von 5 €?
Lösungsskizze
Ein Vergütungsanspruch des A gegen G kann sich nur aus einem Vertrag ergeben. Der Vertrag ist ein Rechtsgeschäft, an dessen Abschluss (mindestens) zwei Personen beteiligt sind, die durch ihre übereinstimmenden Willenserklärungen bestimmte Rechtsfolgen herbeiführen wollen.
Als Grundlage für einen Anspruch des A gegen G auf Vergütung in Höhe von 5 € kommen § 675 BGB (entgeltliche Geschäftsbesorgung), § 611 Abs. 1 BGB (Dienstvertrag) oder § 632 Abs. 1 BGB (Werkvertrag) in Betracht.
Hier kann die nicht einfache Abgrenzung dahinstehen. Haben A und G einen wirksamen Vertrag geschlossen, dann folgt aus ihm der Vergütungsanspruch des A unabhängig davon, welchem gesetzlichen Vertragstyp die Absprache zuzuordnen ist.
Ein Vertragsschluss setzt zwei wirksame, inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner voraus. Da die Initiative zum Vertragsschluss meist von einem der Beteiligten ausgeht, werden die Willenserklärungen im Gesetz als Antrag (vielfach auch Angebot genannt) und Annahme bezeichnet.
I. Angebot des G
1. Abgabe und Zugang der Willenserklärung
a) Wille, einen inhaltlich bestimmten Vertrag mit A zu schließen
b) Erklärung des Willens
c)Abgabe der Willenserklärung
c) Zugang bei A
aa) Das an A gerichtete Angebot wird als empfangsbedürftige Willenserklärung erst mit Zugang beim Empfänger wirksam (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da A die Erklärung akustisch richtig verstanden hat, ist die Erklärung des G dem A zugegangen.
bb) Erklärungsempfänger A ist als Minderjähriger nur beschränkt geschäftsfähig (§§ 2, 106 BGB). Grundsätzlich ist deshalb gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB Zugang beim gesetzlichen Vertreter erforderlich. Hier genügt gemäß § 131 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. BGB Zugang bei A, weil ein Vertragsangebot für dessen Empfänger lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
2. Widerruf des Angebots
a) Nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB: Zugegangen war das Angebot bei A schon am Morgen. Der Widerruf in der Mittagspause war somit verspätet und konnte das Wirksamwerden des Angebotes nicht mehr verhindern.
b) Ein Widerrufsrecht nach § 109 Abs. 1 BGB scheitert in jedem Fall daran, dass G die Minderjährigkeit des A und das Fehlen der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (der Eltern) gekannt hat, § 109 Abs. 2 BGB.
II. Annahme des A
1. Abgabe und Zugang der Willenserklärung
a) Wille, das konkrete Vertragsangebot des G anzunehmen
b)-d) wie oben I. 1., unproblematisch, deshalb nur kurz festzustellen.
2. Wirksamkeit der Willenserklärung gemäß § 107 BGB
a) Durch die Annahme des Vertragsangebots würde sich der minderjährige A zur Abgabe des Lottoscheins verpflichten. G hat damit (wenn die Annahme wirksam ist) einen entsprechenden Erfüllungsanspruch gegen A und könnte bei Nichterfüllung Schadensersatz verlangen. Die Annahmeerklärung ist für A also nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.
b) Eine Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter lag nicht vor. Die Annahmeerklärung des A war somit nicht wirksam. Auch eine Wirksamkeit des Vertrages gemäß § 110 BGB kommt hier nicht in Betracht. Der Vertrag ist also gemäß § 108 Abs. 1 BGB bis zur Genehmigung durch die Eltern des A schwebend unwirksam. Die vertragliche Bindung des A hängt damit von der Genehmigung seiner Eltern ab. Die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages hindert jedoch nicht die rechtsgeschäftliche Bindung des G.
Folglich ist noch kein Vertragsanspruch des A entstanden, doch ist G weiterhin an sein Angebot gebunden. G kann sich dieser Verpflichtung nicht unter Hinweis auf die Minderjährigkeit des A entziehen. G muss vielmehr gemäß § 108 Abs. 2 BGB vorgehen.
Vertragsrecht
Bitte lesen: §§ 2, 106, 107, 108, 109, 110, 130, 131 BGB
Dem Gesellen G fällt am Freitag um 9 Uhr ein, dass er vergessen hat, seinen Lottoschein abzugeben. Da er selbst vor Schließung der Annahmestelle keine Gelegenheit dazu haben wird, bietet er dem 16jährigen Auszubildenden A 5€ dafür, dass er den Lottoschein für ihn zur Annahmestelle bringt. A verspricht, den Auftrag in seiner Mittagspause auszuführen. Als er nach einem hastigen Mittagsessen gegen Ende der Mittagspause bei dem ungeduldigen G erscheint, händigt dieser den Lottoschein gerade dem 19jährigen B aus. Dem A erklärt G, er habe nicht mehr mit seinem Erscheinen gerechnet und betraue auch lieber den älteren B mit dieser Aufgabe. A, der nach der ganzen Hetze wenigstens die 5 € verdienen will, besteht darauf, den Lottoschein selbst zur Annahmestelle zu bringen. Der verärgerte G hält dem entgegen, dass ihre Vereinbarung vom Vormittig wegen der Minderjährigkeit des A ohnehin unwirksam ist.
Hat A gegen G einen Anspruch auf Vergütung in Höhe von 5 €?
Lösungsskizze
Ein Vergütungsanspruch des A gegen G kann sich nur aus einem Vertrag ergeben. Der Vertrag ist ein Rechtsgeschäft, an dessen Abschluss (mindestens) zwei Personen beteiligt sind, die durch ihre übereinstimmenden Willenserklärungen bestimmte Rechtsfolgen herbeiführen wollen.
Als Grundlage für einen Anspruch des A gegen G auf Vergütung in Höhe von 5 € kommen § 675 BGB (entgeltliche Geschäftsbesorgung), § 611 Abs. 1 BGB (Dienstvertrag) oder § 632 Abs. 1 BGB (Werkvertrag) in Betracht.
Hier kann die nicht einfache Abgrenzung dahinstehen. Haben A und G einen wirksamen Vertrag geschlossen, dann folgt aus ihm der Vergütungsanspruch des A unabhängig davon, welchem gesetzlichen Vertragstyp die Absprache zuzuordnen ist.
Ein Vertragsschluss setzt zwei wirksame, inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner voraus. Da die Initiative zum Vertragsschluss meist von einem der Beteiligten ausgeht, werden die Willenserklärungen im Gesetz als Antrag (vielfach auch Angebot genannt) und Annahme bezeichnet.
I. Angebot des G
1. Abgabe und Zugang der Willenserklärung
a) Wille, einen inhaltlich bestimmten Vertrag mit A zu schließen
b) Erklärung des Willens
c)Abgabe der Willenserklärung
c) Zugang bei A
aa) Das an A gerichtete Angebot wird als empfangsbedürftige Willenserklärung erst mit Zugang beim Empfänger wirksam (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da A die Erklärung akustisch richtig verstanden hat, ist die Erklärung des G dem A zugegangen.
bb) Erklärungsempfänger A ist als Minderjähriger nur beschränkt geschäftsfähig (§§ 2, 106 BGB). Grundsätzlich ist deshalb gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB Zugang beim gesetzlichen Vertreter erforderlich. Hier genügt gemäß § 131 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. BGB Zugang bei A, weil ein Vertragsangebot für dessen Empfänger lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
2. Widerruf des Angebots
a) Nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB: Zugegangen war das Angebot bei A schon am Morgen. Der Widerruf in der Mittagspause war somit verspätet und konnte das Wirksamwerden des Angebotes nicht mehr verhindern.
b) Ein Widerrufsrecht nach § 109 Abs. 1 BGB scheitert in jedem Fall daran, dass G die Minderjährigkeit des A und das Fehlen der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (der Eltern) gekannt hat, § 109 Abs. 2 BGB.
II. Annahme des A
1. Abgabe und Zugang der Willenserklärung
a) Wille, das konkrete Vertragsangebot des G anzunehmen
b)-d) wie oben I. 1., unproblematisch, deshalb nur kurz festzustellen.
2. Wirksamkeit der Willenserklärung gemäß § 107 BGB
a) Durch die Annahme des Vertragsangebots würde sich der minderjährige A zur Abgabe des Lottoscheins verpflichten. G hat damit (wenn die Annahme wirksam ist) einen entsprechenden Erfüllungsanspruch gegen A und könnte bei Nichterfüllung Schadensersatz verlangen. Die Annahmeerklärung ist für A also nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.
b) Eine Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter lag nicht vor. Die Annahmeerklärung des A war somit nicht wirksam. Auch eine Wirksamkeit des Vertrages gemäß § 110 BGB kommt hier nicht in Betracht. Der Vertrag ist also gemäß § 108 Abs. 1 BGB bis zur Genehmigung durch die Eltern des A schwebend unwirksam. Die vertragliche Bindung des A hängt damit von der Genehmigung seiner Eltern ab. Die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages hindert jedoch nicht die rechtsgeschäftliche Bindung des G.
Folglich ist noch kein Vertragsanspruch des A entstanden, doch ist G weiterhin an sein Angebot gebunden. G kann sich dieser Verpflichtung nicht unter Hinweis auf die Minderjährigkeit des A entziehen. G muss vielmehr gemäß § 108 Abs. 2 BGB vorgehen.